Keine Rückgängigmachung des Erwerbsvorganges durch Austausch des Käufers
Rechtssätze
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RV/7104481/2016-RS1 | Nach der Rechtsprechung des VwGH ist ein Erwerbsvorgang dann rückgängig gemacht, wenn sich die Vertragspartner derart aus ihren vertraglichen Bindungen entlassen haben, dass die Möglichkeit der Verfügung nicht beim Erwerber verbleibt, sondern der Veräußerer seine ursprüngliche Rechtsstellung wiedererlangt. |
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R in der Beschwerdesache Bf, vertreten durch PV, über die Beschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt A vom , Steuernummer, betreffend Grunderwerbsteuer zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben und der angefochtene Bescheid gemäß § 279 Abs. 1 BAO abgeändert wie folgt:
Betrifft: Nachtrag vom 31.10./ zum Kaufvertrag vom 05./ und Nachtrag vom
Die Grunderwerbsteuer wird gemäß § 4 Abs. 2 Z 1 lit. a iVm § 7 Abs. 1 Z 1 GrEStG 1987 idF BGBl. I Nr. 36/2014 mit 2% des dreifachen Einheitswertes in Höhe von 49.800,00 Euro d.s. 996,00 Euro festgesetzt.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
1. Sachverhalt
Das Finanzamt A legte gegenständliche Beschwerde mit folgender Sachverhaltsdarstellung an das BFG vor:
"Mit Kaufvertrag vom verkauft Hr. X das Grundstück Y um einen Kaufpreis von 175.000,-- an Frau Bf. Mit Nachtrag vom wird vereinbart, dass anstelle von Fr. Bf Hr. Z dieses Grundstück kauft. Mit Bescheid vom erging an Frau Bf ausgehend vom Kaufpreis von € 175.000,-- betreffend den Kaufvertrag vom der Grunderwerbsteuerbescheid idHv. € 6.125,--. Dagegen wurde am Beschwerde erhoben. Vorgebracht wurde, dass entsprechend dem Nachtrag vom nicht Frau Bf sondern Hr. Bf das gegenständliche Grundstück gekauft habe und somit nurmehr bei Hr. Bf ein steuerbarer Vorgang vorliege. Die Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom mit der Begründung abgewiesen, dass mit dem Nachtrag der ursprüngliche Kaufvertrag nicht im Sinne des Grunderwerbsteuergesetzes (§ 17 GrEStG) aufgehoben wurde, sondern vielmehr eine Veräußerung an Hr. Bf vorliege. Der Tatbestand gem. § 17 GrEStG auf Nichtfestsetzung der GrEStG sei mangels Rückgängigmachung nicht erfüllt. Dagegen wurde am ein Vorlageantrag gestellt. Da Hr. Bf Student sei und die Kaufpreisbeschaffung durch Fr. Bf und ihre Familie erfolgt sei und diese auch die Bürgschaft für die Finanzierung übernommen habe, liege im Nachtrag eine Schenkung vor. Die Steuer sei daher ausgehend von einer Schenkung berechnet vom 3-fachen Einheitswert mit € 996,-- anzusetzen."
2. Beweiswürdigung
Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in die elektronisch übermittelten Aktenteile des Bemessungsaktes des Finanzamtes A, Steuernummer.
3. Rechtslage und Erwägungen
Vorab ist dazu zu sagen, dass für den ursprünglichen Kaufvertrag unterschiedliche Datumsbezeichnungen verwendet werden. Der Kaufvertrag wurde am und von den Vertragsparteien unterschrieben. Am erfolgte die Berichtigung der Beglaubigungsklausel hinsichtlich des Namens der Käuferin. Es handelt sich immer um den gleichen Kaufvertrag.
§ 17 GrEStG 1987 lautet:
"§ 17. (1) Die Steuer wird auf Antrag nicht festgesetzt,
1. wenn der Erwerbsvorgang innerhalb von drei Jahren seit der Entstehung der Steuerschuld durch Vereinbarung, durch Ausübung eines vorbehaltenen Rücktrittsrechtes oder eines Wiederkaufsrechtes rückgängig gemacht wird,
2. wenn der Erwerbsvorgang auf Grund eines Rechtsanspruches rückgängig gemacht wird, weil die Vertragsbestimmungen nicht erfüllt werden,
3. wenn das Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung begründen sollte, ungültig ist und das wirtschaftliche Ergebnis des ungültigen Rechtsgeschäftes beseitigt wird,
4.wenn das geschenkte Grundstück aufgrund eines Rechtsanspruches herausgegeben werden musste oder ein von Todes wegen erworbenes Grundstück herausgegeben werden musste und dieses beim Empfänger einen Erwerb von Todes wegen darstellt.
(2) Ist zur Durchführung einer Rückgängigmachung zwischen dem seinerzeitigen Veräußerer und dem seinerzeitigen Erwerber ein Rechtsvorgang erforderlich, der selbst einen Erwerbsvorgang nach § 1 darstellt, so gelten die Bestimmungen des Abs. 1 Z 1, 2 und 4. sinngemäß.
(3) Wird die Gegenleistung für das Grundstück herabgesetzt, so wird die Steuer auf Antrag der Herabsetzung entsprechend festgesetzt,
1. wenn die Herabsetzung innerhalb von drei Jahren seit der Entstehung der Steuerschuld stattfindet,
2. wenn die Herabsetzung (Minderung) auf Grund der §§ 932 und 933 des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches vollzogen wird.
(4) Ist in den Fällen der Abs. 1 bis 3 die Steuer bereits festgesetzt, so ist auf Antrag die Festsetzung entsprechend abzuändern. Bei Selbstberechnung ist in den Fällen der Abs. 1 bis 3 die Steuer entsprechend festzusetzen oder ein Bescheid zu erlassen, wonach die Steuer nicht festgesetzt wird.
(5) Anträge nach Abs. 1 bis 4 sind bis zum Ablauf des fünften Kalenderjahres zu stellen, das auf das Jahr folgt, in dem das den Anspruch auf Nichtfestsetzung oder Abänderung der Steuer begründende Ereignis eingetreten ist. Die Frist endet keinesfalls jedoch vor Ablauf eines Jahres nach Wirksamwerden der Festsetzung."
Bei den Verkehrsteuern (zu denen auch die Grunderwerbsteuer zählt) gilt der Grundsatz, dass die einmal entstandene Steuerpflicht durch später eintretende Ereignisse, insbesondere durch nachträgliche privatrechtliche Vereinbarungen, mag diesen von den Parteien auch Rückwirkung beigelegt worden sein, nicht mehr beseitigt werden kann. Spätere Änderungen können eine entstandene Steuerschuld nur dann in Wegfall bringen, wenn sie - wie etwa § 17 GrEStG- einen steuervernichtenden Tatbestand erfüllen (, 15/1307/80, , ). § 17 GrEStG stellt eine Ausnahme von dem für die Verkehrsteuern geltenden Grundsatz dar, dass die einmal entstandene Steuerpflicht durch nachträgliche Ereignisse nicht wieder beseitigt werden soll.
Nach der Rechtsprechung des VwGH ist ein Erwerbsvorgang dann rückgängig gemacht, wenn sich die Vertragspartner derart aus ihren vertraglichen Bindungen entlassen haben, dass die Möglichkeit der Verfügung nicht beim Erwerber verbleibt, sondern der Veräußerer seine ursprüngliche Rechtsstellung wiedererlangt. Ein Erwerbsvorgang ist also nur dann rückgängig gemacht, wenn der Verkäufer jene Verfügungsmacht über das Grundstück, die er vor Vertragsabschluss innehatte, wieder erlangt hat (vgl. Erkenntnisse des , vom , 2005/16/0261, , 2011/16/0001).
Seit dem höchstgerichtlichen Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , 82/16/0165 vertritt der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung hinsichtlich des in § 17 Abs. 1 Z 1 GrEStG normierten Tatbestandsmerkmales „rückgängig gemacht“ die Auffassung, dass der Verkäufer jene Verfügungsmacht wiedererlangen muss, die er vor Vertragsabschluss hatte. Dies bedeutet, dass der Verkäufer die ihm als ursprünglichen Verkäufer des in Rede stehenden Verkaufsgegenstandes zustehende Möglichkeit zurückerhalten muss, ein für ihn erfüllbares neues Verpflichtungsgeschäft nach seinem Belieben und seinen Vorstellungen abzuschließen. Bei der rechtlichen Beurteilung des Vorliegens einer Rückgängigmachung iSd § 17 Abs. 1 Z 1 GrEStG 1987 kommt es nur darauf an, dass der Verkäufer jene Verfügungsmacht über das Grundstück, die er vor dem Vertragsabschluss innegehabt hatte, durch einen der in § 17 Abs. 1 Z 1 GrEStG 1987 genannten Rechtsvorgänge wiedererlangt.
Ein Erwerbsvorgang ist also nicht im Sinne des § 17 Abs. 1 Z 1 GrEstG 1987 rückgängig gemacht, wenn der Vertrag zwar- was die Vertragsfreiheit des Schuldrechtes erlaubt- der Form nach aufgehoben wird, die durch diesen Vertrag begründete Verfügungsmöglichkeit aber weiterhin beim Erwerber verbleibt und der Verkäufer seine urspüngliche (freie) Rechtsstellung nicht wiedererlangt. In Fällen, in denen die Auflösung eines Vertrages vereinbart wird, um den Verkauf des Objektes an einen im Voraus bestimmten neuen Käufer zu ermöglichen, wobei die Auflösung des alten und der Abschluss des neuen Vertrages gleichsam uno actu erfolgen, ist nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ( siehe z. B. , 0190, , , , und ) davon auszugehen, dass der Verkäufer in Wahrheit dadurch nicht die Möglichkeit wiedererlangt hat, über das Grundstück anderweitig frei zu verfügen.
Die Begünstigung des § 17 GrEStG setzt eine Wiederherstellung des früheren Zustandes voraus. Eine solche findet auch in der Rückstellung der Gegenleistung, die der erste Erwerber dem Rückerwerber geleistet hat, durch diesen ihren Niederschlag ().
Von der Wiedererlangung einer freien Verfügungsmacht durch den Nachtrag vom 31.10./ zum Kaufvertrag vom 05./ kann insofern nicht gesprochen werden, als Ziel dieses Nachtrages eindeutig war, Herrn Z das Grundstück zu verschaffen. Punkt I. des Nachtrages lautet:
"Hinsichtlich des Kaufvertrages vom wird nunmehr festgehalten, dass anstatt Frau Bf als kaufende Partei des kaufgegenständlichen Grundstückes Y, samt dem auf diesem Grundstück befindlichen Einfamilienhaus, nunmehr Herr Z als kaufende Partei eintritt. Sohin wird der Kaufvertrag wie folgt geändert:
Herr …, kurz verkaufende Partei genannt, verkauft und übergibt hiermit an Herrn Z … und diese, im Folgenden kurz kaufende Partei genannt, kauft und übernimmt von dem Erstgenannten in sein Alleineigentum das der verkaufenden Partei zur Gänze gehörende … Grundstück..."
Punkt III. des Nachtrages lautet:
"Alle übrigen Punkte des Kaufvertrages vom und des Nachtrages vom bleiben unverändert aufrecht".
Eine Rückgängigmachung ist nicht erfolgt. Dem Finanzamt ist zu folgen, dass ein grunderwerbsteuerpflichtiger Erwerbsvorgang, nämlich die Übertragung zwischen Bf und Z vorliegt.
Dem Beschwerdebegehren ist jedoch insofern zu entsprechen, als nach der in gegenständlichem Fall anzuwendenden Fassung des Grunderwerbsteuergesetzes 1987 (bis ) der Steuersatz beim Erwerb von Grundstücken durch Familienangehörige, im gegenständlichen Fall durch den Sohn, gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 GrEStG 2 % der Bemessungsgrundlage beträgt. Gemäß § 4 Abs. 2 Z 1 lit. a GrEStG ist die Steuer vom Dreifachen des Einheitswertes (§ 6), maximal jedoch von 30% des gemeinen Wertes, wenn dieser nachgewiesen wird, zu berechnen.
Die Grunderwerbsteuer wird daher gemäß § 4 Abs. 2 Z 1 lit. a iVm § 7 Abs. 1 Z 1 GrEStG 1987 idF BGBl. I Nr. 36/2014 mit 2% des dreifachen Einheitswertes in Höhe von 49.800,00 Euro d.s. 996,00 Euro festgesetzt.
Im Übrigen war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
4. Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Die zu lösende Rechtsfrage ist durch die zitierte VwGH-Rechtsprechung hinreichend geklärt.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 7 Abs. 1 Z 1 GrEStG 1987, Grunderwerbsteuergesetz 1987, BGBl. Nr. 309/1987 § 4 Abs. 2 Z 1 lit. a GrEStG 1987, Grunderwerbsteuergesetz 1987, BGBl. Nr. 309/1987 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.7104481.2016 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at