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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 18.03.2020, RV/6100613/2017

Energieabgabenvergütung für Dienstleistungsbetriebe

Beachte

VfGH-Beschwerde zur Zahl E 1772/2020 anhängig. Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom abgelehnt.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Albert Salzmann in der Beschwerde-sache XY, vertreten durch STB, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide der belangten Behörde Finanzamt Salzburg-Stadt vom betreffend Energieabgabenvergütung für 2014 und 2015 zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

bisheriger Verfahrensverlauf:

Am (für 2014) und am (für 2015) hat die beschwerdeführende Partei (bP) Vergütungen von Energieabgaben beantragt.

Mit Bescheiden vom hat das Finanzamt Salzburg-Stadt (FA) die og Anträge abgewiesen und dies im Wesentlichen damit begründet, dass mit dem Budgetbegleitgesetz 2011, BGBl. I Nr. 111/2010, mit Wirksamkeit ab dem die Vergütungsberechtigung auf Produktionsbetriebe eingeschränkt worden sei und daher der bP, welche einen Dienstleistungsbetrieb führe, eine Vergütung von Energieabgaben für Zeiträume nach dem nicht zustünde.

Mit Schriftsatz des steuerlichen Vertreters vom hat die bP Beschwerde gegen die abweisenden Bescheide erhoben und dies im Wesentlichen wie folgt begründet:
- Die vom FA zitierte Gesetzesänderung trete gemäß § 4 Abs 7 EnAbgVergG erst mit Genehmigung der Europäischen Kommission in Kraft. Eine solche Genehmigung liege bis zum heutigen Tag nicht vor, daher sei die Rechtslage vor dem Budgetbegleitgesetz 2011 anzuwenden.
- Eine Freistellung von der in Art 108 Abs 3 AEUV vorgesehenen Anmeldepflicht sei nicht möglich, weil nicht alle Voraussetzungen der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung Nr. 800/2008 (AGVO) vorlägen.
- Selbst unter der Annahme, dass für das Inkrafttreten der Gesetzesänderung entgegen den klaren Gesetzeswortlaut nicht eine Genehmigung der Europäischen Kommission notwendig sei, und darüber hinaus die gegenständliche Gesetzesänderung doch einer Befreiung von der Anmeldepflicht auf Grundlage der AGVO zugänglich sei, seien im streitgegenständlichen Fall wesentliche formale Erfordernisse für die Wirksamkeit der Freistellung nicht erfüllt, was gemäß Art 108 Abs 3 Satz 3 AEUV zum Verbot der Anwendung der Beihilfe (= Gesetzesänderung) führe. Gleichzeitig hat die bP auf eine Beschwerdevorentscheidung verzichtet und um direkte Vorlage an das Bundesfinanzgericht (BFG) ersucht.

Am hat das FA die Beschwerde dem BFG elektronisch zur Entscheidung vorgelegt.

Am hat die bP mittels E-Mail einen Nachtrag zur Beschwerde eingebracht, welcher sich mit dem vom VwGH beantragten EuGH-Vorabentscheidungsverfahren in der Rechtssache Dilly's Wellnesshotel GmbH befasst.

Am hat die bP einen erweiterten Nachtrag zur Beschwerde eingebracht, welcher sich ebenfalls mit der og Thematik befasst.

Am fand im BFG ein Erörterungsgespräch mit den Verfahrensparteien statt.

Mit Schriftsatz des steuerlichen Vertreters vom hat die bP die Anträge auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung und Entscheidung durch den Senat für den Beschwerdezeitraum 2013 zurückgenommen. Gleichzeitig wurde das Beschwerdebegehren eingeschränkt.

Mit Erkenntnis vom hat das BFG den nunmehr eingeschränkten Beschwerdebegehren für 2013 Folge gegeben und die ordentliche Revision an den VwGH zugelassen. Das BFG begründet diese Entscheidung im Wesentlichen damit, dass mangels Vorliegen der im Gesetz geforderten Genehmigung der Europäischen Kommission die Änderung des EAVG bisher nicht in Kraft getreten sei.

Mit Schriftsatz vom hat das FA Revision gegen das genannte Erkenntnis an den VwGH erhoben.

Mit Erkenntnis des VwGH Ro 2019/15/0013 vom hat der VwGH der Revision Folge gegeben und in der Sache selbst entschieden, indem er den Spruch des angefochtenen BFG-Erkenntnisses abändert: "Der Antrag der mitbeteiligten Partei vom auf Vergütung von Energieabgabe für das Kalenderjahr 2013 wird abgewiesen."

Mit Schriftsätzen des steuerlichen Vertreters vom hat die bP auch für 2014 und 2015 die Anträge auf Abhaltung einer mündlichen Verhandlung sowie auf Entscheidung durch den Senat zurückgenommen. Darüber hinaus wird das Beschwerdebegehren ergänzt.

Das BFG hat über die Beschwerde erwogen:

entscheidungserheblicher Sachverhalt:

Die bP ist Betreiberin eines Krankenhauses und hat als Unternehmen, dessen Schwerpunkt nicht in der Herstellung körperlicher Wirtschaftsgüter besteht, die Vergütung von Energieabgaben für die Kalenderjahre 2014 und 2015 beantragt.

Rechtslage:

§ 2 Abs 1 Energieabgabenvergütungsgesetz idF BBG 2011 lautet:
"Ein Anspruch auf Vergütung besteht nur für Betriebe, deren Schwerpunkt nachweislich in der Herstellung körperlicher Wirtschaftsgüter besteht und soweit sie nicht die in § 1 Abs. 3 genannten Energieträger oder Wärme (Dampf oder Warmwasser), die aus den in § 1 Abs. 3 genannten Energieträgern erzeugt wurden, liefern."

§ 3 Z 1 Energieabgabenvergütungsgesetz idF BBG 2011 lautet:
"Kein Anspruch auf Vergütung besteht:
1. insoweit die in § 1 Abs. 3 genannten Energieträger für die Erzeugung von Wärme, Dampf oder Warmwasser verwendet werden, ausgenommen unmittelbar für einen Produktionsprozess;"

§ 4 Abs 7 Energieabgabenvergütungsgesetz idF BBG 2011 lautet:
"Die §§ 2 und 3, jeweils in der Fassung des Budgetbegleitgesetzes 2011, BGBl. I Nr. 111/2010, sind vorbehaltlich der Genehmigung durch die Europäische Kommission auf Vergütungsanträge anzuwenden, die sich auf einen Zeitraum nach dem beziehen."

Erläuternde Bemerkungen Regierungsvorlage BBG 2011 zu § 4 Abs 7 EnAbgVergG:
"Voraussetzung für die Anwendung der geänderten Bestimmungen ist die Zustimmung der Europäischen Kommission. Die Änderung tritt für die Verwendung der Energie nach dem in Kraft. Anträge von Dienstleistungsbetrieben für Zeiträume nach dem sind daher nicht mehr zulässig. Wird die Änderung des Energieabgabenvergütungsgesetzes von der Europäischen Kommission als erlaubte staatliche Beihilfe genehmigt, dann ist die gesetzlich vorgesehene Einschränkung auf Produktionsbetriebe mit anzuwenden, sodass ab diesem Zeitpunkt Dienstleistungsbetriebe für die Verwendung von Energie keinen Anspruch auf Energieabgabenvergütung haben. Sollte die Änderung von der Europäischen Kommission nicht genehmigt werden, so bleibt die bisherige Rechtslage unverändert und es haben sowohl Produktionsbetriebe als auch Dienstleistungsbetriebe Anspruch auf eine Energieabgabenvergütung."

Beweiswürdigung:

Der Sachverhalt ergibt sich aus den vorgelegten Akten und ist unstrittig. Strittig ist ausschließlich die Rechtsfrage, ob die Änderung des EAVG durch das BBG 2011 wirksam in Kraft getreten ist.

rechtliche Erwägungen:

Das BFG ist gemäß § 63 Abs 1 VwGG in der seit geltenden Fassung (BGBl. I Nr. 33/2013), wenn der Verwaltungsgerichtshof einer Revision stattgegeben hat, verpflichtet, in der betreffenden Rechtssache mit den ihm zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechenden Rechtszustand herzustellen.

In seiner Entscheidung Ro 2019/15/0013 vom betreffend den Antrag der bP auf Vergütung von Energieabgaben für 2013 wird die og Rechtsfrage vom VwGH mit Verweis auf das am selben Tag ergangene VwGH-Erkenntnis Ro 2016/15/0041 beantwortet. Der VwGH ist dabei - nach Befassung des EuGHs im Vorabentscheidungsweg und Ergehen des Urteils vom , Dilly's Wellnesshotel (II), C-585/17 - zum Ergebnis gekommen, dass die mit dem Budgetbegleitgesetz 2011 normierte Änderungen des EAVG mit in Kraft getreten ist.

Wenn die bP vorbringt, dass nicht alle Bedingungen für die Anwendung der AGVO 800/2008 bzw 651/2014 erfüllt wären, so ist ihr zu entgegnen, dass es laut VwGH in Bezug auf das vom Gesetzgeber vorgesehene Inkrafttreten der Novelle des EAVG durch das BBG 2011 darauf nicht ankommt.
Daran vermag laut VwGH auch der Umstand nichts zu ändern, dass der EuGH in seiner Vorabentscheidung vom , C-585/17, zum wiederholten Male ausdrücklich festhält, dass die Erfüllung aller Voraussetzungen der AGVO von den nationalen Gerichten zu prüfen ist.

Obwohl der Rechtsanwender die Rechtsfrage, ob die Änderung des EAVG durch das BBG 2011 mit in Kraft getreten sei, lt EuGH bis zur Erlassung der AGVO 651/2014 am jedenfalls mit "nein" zu beantworten hatte und es nunmehr nach mehrfacher Befassung des EuGH sowie dem Vorliegen mehrerer einschlägiger Erkenntnisse der Höchstgerichte öffentlichen Rechts für den VwGH im Jahre 2020 feststeht, dass diese Gesetzesänderung mit in Kraft getreten ist, ändert dies nichts am klaren Spruch im VwGH-Erkenntnis Ro 2019/15/0013 vom .

Wenn der VwGH in seinem Erkenntnis dann in der Begründung unter Rz 14 ausführt, das angefochtenen Erkenntnis wäre daher gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben gewesen, und damit dem Spruch des eigenen Erkenntnisses widerspricht, ändert auch das nichts an der Klarheit des Spruches. Vielmehr ist davon auszugehen, dass der VwGH in der Rz 14 irrtümlich einen falschen Standard-Textbaustein verwendet hat.

Wenn die bP in ihrer Beschwerdeergänzung vom vermeint, dass dem VwGH-Erkenntnis Ro 2016/15/0041 in der Rz 26 (vorletzter Satz) zu entnehmen sei, dass die Änderung des EAVG mit Ablauf des wieder außer Kraft getreten sei, weil die Mitteilung der EAVG-Neuregelung an die Kommission mit diesem Zeitpunkt befristet sei, verkennt sie den Umstand, dass der VwGH die Veröffentlichung dieser Mitteilung ausschließlich als eine Art der Genehmigung durch die Europäische Kommission heranzieht. Ob diese Mitteilung einer Befristung unterliegt oder nicht, ist für das Inkrafttreten der Änderungen des EAVG durch das BBG 2011 ohne Bedeutung.

Soweit die bP in ihrer Beschwerdeergänzung vom vermeint, dass aufgrund des vom VwGH erkannten Inkrafttretens der Änderung des EAVG nunmehr eine "unerlaubte staatliche Beihilfe" vorliege, so ist ihr zu entgegnen, dass diese Argumentation nur bei jenen Fällen zielführend erscheint, in denen nach der Änderung des EAVG eine Energieabgabenvergütung zuerkannt wurde oder werden soll. Ein solcher Fall liegt hier nicht vor.

Inwieweit die Inkraftsetzungsnorm des BBG 2011 betreffend die Änderungen des EAVG dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot entspricht, kann hier dahingestellt bleiben, weil das BFG - angeleitet von den Entscheidungen des VwGH - keine verfassungsrechtlichen Bedenken hegt (siehe hierzu weiterführend Laudacher in SWK-Heft 34 vom , Seiten 1461ff).

Zulässigkeit einer Revision:

Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses auszusprechen, ob die Revision zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen (§ 25a Abs 1 VwGG).

Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist eine Revision zulässig, wenn es von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere, weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird (Art 133 Abs 4 B-VG in Verbindung mit Art 133 Abs 9 B-VG und § 25a Abs 1 VwGG).

Soweit Rechtsfragen für die hier zu klärenden Fragen entscheidungserheblich sind, sind sie durch höchstgerichtliche Rechtsprechung geklärt, nicht von grundsätzlicher Bedeutung oder die Auslegung des Gesetzes ist unstrittig. Damit liegt hier kein Grund vor, eine Revision zuzulassen.

Salzburg-Aigen, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.6100613.2017

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at