Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 25.02.2020, RV/7100375/2017

Keine Wiedereinsetzung bei fehlender Nachholung der versäumten Handlung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Manuela Fischer in der Beschwerdesache Bf., Adr. Wien,
über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Wien 3/6/7/11/15 Schwechat Gerasdorf vom ,
betreffend Abweisung eines Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 308 BAO (hinsichtlich Frist zur Einbringung einer Beschwerde gegen den Körperschaftsteuerbescheid 2014) zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Anbringen vom , eingebracht bei der belangten Behörde mit finanz-online am , beantragte die Bf. (deren steuerliche Vertretung) die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gem. § 308 Abs. 1 BAO hinsichtlich der Frist zur Einbringung einer Beschwerde gegen den Körperschaftsteuerbescheid 2014 vom .
Gleichzeitig wurde die Verlängerung der Frist zur Einbringung der Beschwerde bis beantragt.
Als Begründung wurde angeführt, dass der Mitarbeiter der Bf. es vor Antritt seines Urlaubes verabsäumt habe, den Antrag auf Forschungsprämie fertigzustellen bzw. ein entsprechendes Gutachten beim FFG einzuholen oder den steuerlichen Vertreter zu beauftragen eine Verlängerung der Frist zur Einbringung einer Beschwerde gegen den Körperschaftsteuerbescheid 2014 zu beantragen. Bei diesem Mitarbeiter handle es sich um eine erfahrene und sonst zuverlässige Person. Nach Bemerken der Säumnis habe der Mitarbeiter den steuerlichen Vertreter darüber aus dem Urlaub informiert. Dieses Verhalten lasse das Pflichtbewusstsein des Mitarbeiters erkennen und handle es sich bei der Fristversäumnis um einen minderen Grad des Versehens. Die Fristversäumnis für die Beschwerde habe nur einen Werktag betragen.

Die belangte Behörde wies den Antrag auf Wiedereinsetzung in die Beschwerdefrist mit Bescheid vom   ab.
In der Begründung war u.a. angeführt, dass das "Vergessen oder schlichte Übersehen des Mitarbeiters der Bf." vor Antritt seines Urlaubes den Antrag für die Forschungsprämie rechtzeitig zu stellen kein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis im Sinne des laut § 308 BAO notwendigen Erfordernisses darstellt.
Zudem sei die versäumte Handlung nicht spätestens gleichzeitig mit dem Wiedereinsetzungsantrag nachgeholt worden. D.h. es sei keine Beschwerde gegen den Körperschaftsteuerbescheid 2014 erhoben worden, sondern nur ein Antrag auf Verlängerung der Beschwerdefrist gestellt worden.

Gegen diesen Bescheid wurde am Beschwerde  erhoben.
In der Begründung wurde u.a. angeführt, dass die Stellung des Antrags auf Verlängerung der Beschwerdefrist die Nachholung der versäumten Handlung darstelle. Es hätte nämlich vor Eintritt der Rechtskraft des Körperschaftsteuerbescheides 2014, also vor dem , dieser Antrag gestellt werden müssen. Es sei unbeachtlich, dass der Körperschaftsteuerbescheid erklärungsgemäß ergangen sei und auch keine inhaltlichen Beschwerdegründe vorlägen.
Zudem habe es sich bei dem Mitarbeiter der Bf. um einen besonders verlässlichen Herrn gehandelt mit dem der steuerliche Vertreter in der Vergangenheit nur ausgezeichnete Erfahrungen gemacht habe.
Die Rechtskraft des Körperschaftsteuerbescheides sei am eingetreten und habe der Mitarbeiter am wegen des Fristenproblems Kontakt mit dem steuerlichen Vertreter aufgenommen. Die Fristversäumnis sei also sehr geringfügig gewesen.
Bei der Fristversäumnis handle es sich daher um einen minderen Grad des Versehens, sodass einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nichts im Wege stünde.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom   wies die belangte Behörde die Beschwerde als unbegründet ab.
Gemäß § 108c EStG kann die Forschungsprämie erst nach Ablauf des jeweiligen Wirtschaftsjahres, spätestens jedoch bis zum Eintritt der Rechtskraft des betreffenden Einkommen-, Körperschaftsteuer- oder Feststellungsbescheides geltend gemacht werden. Die Behörde vertrat u.a. die Ansicht, dass mit dem Wiedereinsetzungsantrag auch die Beschwerde einzubringen gewesen wäre und verwies auf die gesetzliche Bestimmung des § 308 Abs. 3 letzter Satz BAO. Mit dem Antrag auf Verlängerung der Beschwerdefrist sei die versäumte Handlung nicht nachgeholt worden.
Die Frist für die Stellung des Antrags auf Forschungsprämie sei mit Eintritt der Rechtskraft des Körperschaftsteuerbescheides 2014, somit am , abgelaufen gewesen.
Der Ansicht des steuerlichen Vertreters, dass das Fehlen inhaltlicher Beschwerdegründe gegen den Körperschaftsteuerbescheid unbeachtlich sei, folgte die Behörde nicht. Die inhaltlich unbegründete Beschwerde wäre als eine unzulässige Umgehung der gesetzlich vorgesehenen Frist für die Einbringung des Prämienantrages zu sehen. Ein besonderer Umstand für die Versäumnis des Mitarbeiters sei nicht feststellbar gewesen. Zudem stelle sich auch die Frage, ob die steuerliche Vertretung im Vorfeld von der Absicht wusste, die Forschungsprämie in Anspruch nehmen zu wollen.

Am  wurde rechtzeitig der Vorlageantrag gestellt und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung durch das Bundesfinanzgericht beantragt.
Der Antrag wurde u.a. damit begründet, dass durch den Antrag auf Verlängerung der Frist zur Einbringung der Beschwerde gegen den Körperschaftsteuerbescheid 2014 der Bestimmung des § 308 Abs. 3 BAO entsprochen worden sei.
Zur Frage ob der steuerlichen Vertretung bekannt gewesen sei, dass die Bf. beabsichtigt hatte einen Antrag zur Geltendmachung der Forschungsprämie für das Jahr 2014 zu stellen, wurde mitgeteilt, dass dies bekannt gewesen sei. Es sei jedoch mit der Bf. ausdrücklich vereinbart gewesen, dass der zuständige, im Werkvertrag, für die Bf. tätige Mitarbeiter, die Grundlagen für den Antrag ermitteln werde. Erschwerend sei hinzugekommen, dass es kurz vor Einreichung der Steuererklärung für das Jahr 2014 zu einem Wechsel der steuerlichen Vertretung der Bf. gekommen sei. Dies habe den Informationsfluss aufwendiger gestaltet.
Mit dem Vorlageantrag wurde die Vernehmung des Mitarbeiters als Zeuge zum Sachverhalt beantragt.

Die Vorlage an das BFG erfolgte am .

Wie der Insolvenzdatei zu entnehmen war, wurde am das Konkursverfahren gegenüber der Bf. eröffnet.

Mit   wurde die Bf. im Wege des Masseverwalters im Vorfeld einer Entscheidung bzw. Verhandlung um Stellungnahme und Auskunft bis zum ersucht.
U.a. wurde ersucht anzugeben ob der Antrag auf Einvernahme eines Zeugen aufrecht bleibe. In diesem Fall sei darzulegen, zu welchen Punkten konkret der Zeuge zur Wahrheitsfindung beitragen sollte, d.h. es sei das Beweisthema anzugeben.
Die Umstände der Fristversäumnis seien in den Schriftstücken bereits dargelegt worden.
Sowohl für eine mögliche Ladung als auch eine eventuell schriftliche Zeugeneinvernahme werde um Angabe der aktuellen Adresse ersucht.
Wie der steuerlichen Vertreter im Vorlageantrag angegeben hatte, sei ihm bekannt gewesen, dass ein Antrag zur Geltendmachung einer Forschungsprämie 2014 beabsichtigt gewesen sei. Damit wäre aber auch die Überwachung der Frist zur Einbringung dieses Antrages (nämlich vor Rechtskraft des Körperschaftsteuerbescheides 2014) und die Überwachung der Erstellung der Grundlagen für diesen Antrag in dessen Verantwortungsbereich gefallen. Der steuerliche Vertreter hatte auch angegeben, dass keine inhaltlichen Gründe für eine Beschwerde gegen den Körperschaftsteuerbescheid 2014 vorgelegen seien, sondern der Bescheid erklärungsgemäß ergangen sei.
Aus dem Wiedereinsetzungsantrag ging hervor, dass durch den steuerlichen Vertreter keine Überwachung oder Kontrolle der Frist für die Einbringung des Antrags auf Forschungsprämie erfolgt sei. Es sei nur vorgebracht worden, dass der (Werkvertrags-)Mitarbeiter der Bf. es verabsäumt hatte, ihn zu beauftragen einen Fristverlängerungsantrag betreffend die Einbringung einer Beschwerde zu stellen.
Mit diesem Argument wäre nicht glaubhaft gemacht, dass die Einhaltung der Frist aufgrund eines unvorhergesehenen oder unabwendbaren Ereignisses nicht möglich gewesen sei, um so die Voraussetzung für die Bewilligung der Wiedereinsetzung zu erfüllen.

Der Beschluss des BFG blieb unbeantwortet.

Die mündliche Verhandlung wurde für anberaumt und ergingen die Ladungen vom nachweislich an die Parteien. Mit der Ladung an die Bf. wurde der Beschluss vom nochmals übermittelt und um Stellungnahme bis zum ersucht.

Mit Schreiben (Fax) vom teilte der Masseverwalter mit, dass infolge Genehmigung der Schlussrechnung und des Schlussverteilungsentwurfes durch das Insolvenzgericht (Beschluss vom ) die für anberaumte mündliche Verhandlung entfallen kann.

Infolge der Zurücknahme des Antrags wurde die mündliche Verhandlung durch das BFG abgesagt und die Parteien darüber informiert.

Über die Beschwerde wurde erwogen

Gemäß § 308 Abs. 1 BAO ist gegen die Versäumung einer Frist (§§ 108 bis 110) oder einer mündlichen Verhandlung auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, daß sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
Nach § 308 Abs. 3 BAO muss der Antrag auf Wiedereinsetzung binnen einer Frist von drei Monaten nach Aufhören des Hindernisses bei der Behörde (Abgabenbehörde oder Verwaltungsgericht), bei der die Frist wahrzunehmen war bzw. bei der die Verhandlung stattfinden sollte, eingebracht werden. Bei Versäumnis einer Beschwerdefrist (§ 245) oder einer Frist zur Stellung eines Vorlageantrages (§ 264) gilt § 249 Abs. 1 dritter Satz sinngemäß. Im Fall der Versäumung einer Frist hat der Antragsteller spätestens gleichzeitig mit dem Wiedereinsetzungsantrag die versäumte Handlung nachzuholen.

Nach der gesetzlichen Bestimmung des § 308 Abs. 3 BAO ist somit eine der notwendigen Tatbestandsvoraussetzungen, um einen Wiedereinsetzungsantrag einer positiven Erledigung zuführen zu können, dass spätestens gleichzeitig mit dem Antrag die versäumte Handlung nachzuholen ist.

Diese Handlung war im gegenständlichen Fall die Beschwerde gegen den Körperschaftsteuerbescheid 2014.
Eine derartige Beschwerde wurde jedoch weder gleichzeitig mit dem Wiedereinsetzungsantrag noch später eingebracht. Es wurde lediglich beantragt, die Frist zur Einbringung der Beschwerde bis zu verlängern.

Gemäß § 309a BAO hat der Wiedereinsetzungsantrag bestimmte inhaltliche Erfordernisse zu erfüllen, die in lit a - d der Bestimmung angeführt sind. Haften dem Wiedereinsetzungsantrag diesbezügliche inhaltliche Mängel an, hat die Abgabenbehörde mit Mängelbehebungsauftrag (§ 85 Abs. 2 BAO) vorzugehen.

Der hier vorliegende Mangel, das Fehlen der gleichzeitig mit dem Wiedereinsetzungsantrag zu erhebenden Beschwerde, stellte jedoch keinen inhaltlichen Mangel iSd § 309a BAO dar. Vielmehr lag ein Mangel der Erfüllung der gesetzlichen Erfordernisse des § 308 BAO vor, d.h. es lag kein Mangel vor, der einer Verbesserung zugänglich war.

Da die versäumte Handlung, die Einbringung der Beschwerde gegen den Körperschaftsteuerbescheid, nicht gleichzeitig mit dem Wiedereinsetzungsantrag erfolgt war, war ein gesetzlicher Tatbestand des § 308 Abs. 3 BAO nicht erfüllt.
Dem Antrag auf Wiedereinsetzung war daher von vornherein der Erfolg versagt.

Der lediglich erfolgte Antrag auf Verlängerung der Beschwerdefrist ohne gleichzeitige Nachholung der versäumten Handlung, nämlich die Einbringung und Vorlage der Beschwerde gegen den Körperschaftsteuerbescheid 2014, erfüllte daher die gesetzliche Voraussetzung nicht.

Selbst wenn die Vorlage der Beschwerde gleichzeitig mit dem Antrag erfolgt wäre, wäre dem Wiedereinsetzungsantrag kein Erfolg beschieden gewesen.
Weder waren das Versäumnis des Mitarbeiters der Bf. hinsichtlich der Klärung nötiger Fragen für den Antrag auf Forschungsprämie noch das Versäumnis hinsichtlich der Information des steuerlichen Vertreters über den Ablauf der Beschwerdefrist als unvorhergesehene oder unabwendbare Ereignisse zu qualifizieren.
Auch war die fehlende Überwachung der Fristen (Rechtskraft des Körperschaftsteuerbescheides 2014, Erstellung der Grundlagen zum Antrag auf Forschungsprämie) durch den berufsmäßigen Vertreter trotz Wissen über die Absicht der Bf. einen Antrag zur Geltendmachung einer Forschungsprämie 2014 stellen zu wollen, nicht als minderer Grad des Versehens zu beurteilen, ist doch bei der Verschuldensfrage an rechtskundige Parteienvertreter ein strengerer Maßstab anzulegen. 

Da der Wiedereinsetzungsantrag mangels gleichzeitiger Nachholung der versäumten Handlung, der Einbringung der Beschwerde gegen den Körperschaftsteuerbescheid 2014, die gesetzlichen Voraussetzungen nicht erfüllte, war dieser als unbegründet abzuweisen.

Über die Beschwerde war wie im Spruch angeführt zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision

Die Revision ist gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.
Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen und aktuellen Rechtsprechung des VwGH ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 308 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 308 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7100375.2017

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at