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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 31.01.2020, RV/4100116/2018

Mangels Bonität des Darlehensnehmers fremdunübliches Darlehen einer GmbH an ihren nicht beteiligten Gf als vGA

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Ri über die Beschwerde des Bf, Adr1, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Klagenfurt vom , dieses vertreten durch AmtsVertr, betreffend Kapitalertragsteuer 2015 zu Recht erkannt: 

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben. 

Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Der Beschwerdeführer (Bf) war bis zum Alleingesellschafter der S GmbH und übte zudem bis zum die Funktion eines Geschäftsführers aus.

Mit Beschluss des LG K vom wurde über die besagte Gesellschaft das Konkursverfahren eröffnet.

Im Zuge einer bei der S GmbH abgeführten Außenprüfung stellte der Prüfer in seinem Bericht ua. nachstehendes fest:

Tz 1 Verrechnungskonto Darlehen

Laut Buchhaltung der S GmbH weist das Konto 3227 – Darlehen J - eine Forderung von € 166.922,60 aus.
Dabei handelt es sich zum Zeitpunkt der Verbuchung um eine Vorteilsgewährung an eine dem Gesellschafter Bf. (Vater) nahestehende Person.

Werden einem Gesellschafter oder ihm nahestehende Person Geldmittel überlassen ist eine Überprüfung hinsichtlich Kriterien der Fremdüblichkeit (schriftliche Vereinbarung, Laufzeit, Verzinsung, Bonität, Sicherheiten, etc.) anzustellen.

Weiters muss im Vermögen der Gesellschaft eine durchsetzbare (werthaltige) Forderung an die Stelle der ausgezahlten Beträge treten und gewürdigt werden, ob eine Rückzahlung der verbuchten Beträge von vornherein nicht gewollt oder wegen absehbarer Uneinbringlichkeit nicht zu erwarten ist, womit die buchmäßige Erfassung nur zum Schein erfolgt und daher im Vermögen der Gesellschaft keine durchsetzbare Forderung an die Stelle der ausgezahlten Beträge tritt.

Aufgrund des vorliegenden Sachverhaltes wird durch die Bp daher dieser Betrag als verdeckte Gewinnausschüttung behandelt.

Die Vorschreibung der Kapitalertragsteuer 2015 erfolgt unter Hinweis auf § 95 Abs. 1 EStG mittels Abgabenbescheid an den Gesellschafter:

Bf., St.Nr. 0****
 


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2015
Verdeckte Ausschüttung
166.922,60
Davon 25% KEST
41.730,65

[..]“

Das Finanzamt folgte der Rechtsansicht des Betriebsprüfers und erließ mit Datum einen Bescheid über die Festsetzung der Kapitalertragsteuer für das Jahr 2015. In diesem Bescheid wurde - ausgehend von steuerpflichtigen Kapitalerträgen iHv € 166.922,60 - die Kapitalertragsteuer mit € 41.730,65 festgesetzt. In der Bescheidbegründung hielt die Behörde in Bezug auf die Direktvorschreibung fest, dass eine Haftung gemäß § 95 Abs. 1 EStG 1988 nicht bzw. nur erschwert durchsetzbar erscheine, zumal über das Vermögen der vorteilsgewährenden Gesellschaft das Konkursverfahren eröffnet worden sei.

In seiner Beschwerde gegen den Festsetzungsbescheid wandte der Bf ein, dass einerseits die festgestellte Bemessungsgrundlage unrichtig sei, andererseits der Tatbestand einer verdeckten Ausschüttung eo ipso nicht vorliege. So würde sich der Saldo des Gesellschafterdarlehens zum Stichtag unter Berücksichtigung von Um- und Nachbuchungen auf € 147.296,38 belaufen. Aus diesem Grunde würde sich die Bemessungsgrundlage für die Festsetzung der Kapitalertragsteuer auf € 36.224,10 vermindern. In Bezug auf das Gesellschafterdarlehen liege keine verdeckte Ausschüttung vor, da die Kriterien der Fremdüblichkeit erfüllt seien; der gesamte Vorgang habe auch in der Buchhaltung der Gesellschaft Niederschlag gefunden.

Der Bf legte seiner Beschwerde eine Saldenliste zu Konto Nr. 3227 mit einem ausgewiesenen Saldostand von € 147.296,38 per vor. Weiters wurde eine Ablichtung des mit datierten zwischen der S GmbH und J. abgeschlossenen Darlehensvertrag zu Vorlage gebracht. Darin wurde festgehalten, dass dem Darlehensnehmer ein Darlehen iHv € 155.000 zur Verfügung gestellt werde; die "Finanzierungsdauer" betrage 60 Monate und beginne mit dem Tag der ersten Teilauszahlung. Das Darlehen solle in drei Tranchen (1. Teilzahlung bis um , 2. TZ bis zum  und 3. TZ bis zum ) zur Auszahlung gelangen, wobei ein Zinssatz in Höhe von 3% p.a. als vereinbart gelte. In Punkt 4. (tit. "Sicherheiten") verpflichtete sich der Darlehensnehmer der Darlehensgeberin einen Eigentumsvorbehalt in Bezug auf jene Sachen einzuräumen, welche aus der Darlehenssumme finanziert werden. 

Mit Beschwerdevorentscheidung vom gab die belangte Behörde der Beschwerde teilweise Folge und änderte die Bemessungsgrundlage für die KESt entsprechend dem Beschwerdebegehren ab. Keine Folge wurde dem Hauptbegehren betreffend die steuerliche Anerkennung des Darlehens als fremdübliche Kreditierung gegeben. In der Bescheidbegründung wurde diesbezüglich wörtlich folgendes ausgeführt:

"Werden einem Gesellschafter von einer GmbH an der er beteiligt ist oder einer ihm nahestehenden Person, Geldmittel überlassen, kann entweder eine Kreditierung oder eine verdeckte Ausschüttung des Geldbetrages vorliegen. Wird der Geldbetrag auf einem Verrechnungskonto verbucht, ist in der Regel davon auszugehen, dass der Gesellschaft ein Rückforderungsanspruch gegenüber dem Gesellschafter zusteht, womit eine Kreditierung des überlassenen Geldbetrages angenommen werden kann.

Aus der Judikatur des VwGH (; , 2012/15/0177) zu Verrechnungskonten von Gesellschaftern ist Folgendes abzuleiten:

  • Bei Verbuchung des überlassenen Geldbetrages auf dem Verrechnungskonto des Gesellschafters kann eine verdeckte Ausschüttung nur dann vorliegen, wenn im Vermögen der Gesellschaft keine durchsetzbare Forderung an die Stelle des überlassenen Geldbetrages tritt ("werthaltiger Aktivtausch").

  • Dies ist dann der Fall, wenn eine Rückzahlung des auf dem Verrechnungskonto verbuchten Geldbetrages von vornherein durch den Gesellschafter nicht gewollt war oder wegen absehbarer Uneinbringlichkeit nicht zu erwarten war.

  • Die Uneinbringlichkeit ist absehbar, wenn der Gesellschafter über keine ausreichende Bonität bzw. die Gesellschaft über keine ausreichenden Sicherheiten verfügt, sodass es absehbar ist, dass der kreditierte Betrag (samt Zinsen) bis zum vereinbarten Ablauf der Kreditdauer nicht beglichen werden kann.

Daraus ergaben sich im Zuge einer Betriebsprüfung jeweils Prüfschritte die zu beachten waren und einer genaueren Beurteilung seitens der Finanzverwaltung unterzogen wurden:

1. Prüfung der Bonität des Gesellschafters bzw. der ihm nahestehenden Person im Zeitpunkt der Geldmittelüberlassung

a) Eine Überprüfung der Bonität setzt voraus, dass der Kreditrahmen und die Kreditdauer dokumentiert sind.

b) Sind die vertraglichen Rahmenbedingungen nicht entsprechend dokumentiert, ist davon auszugehen, dass eine kurzfristige Geldmittelüberlassung vorliegt, vergleichbar einem Kontokorrentverhältnis. Dies hat jedenfalls zur Folge, dass die Verzinsung der Forderung entsprechend hoch sein muss.

c) Bei der Beurteilung der Bonität des Gesellschafters sind folgende Elemente zu berücksichtigen (vgl. dazu ):

  • das laufende aktuelle und zukünftige Einkommen des Gesellschafters exklusive Einkommensbestandteile, die dem Grunde und der Höhe nach ungewiss sind (wie z.B. zukünftige Gewinnausschüttungen);

  • die Stabilität der Einkommenssituation: Zu berücksichtigen ist z.B. eine Verschlechterung der Einkommenssituation des Gesellschafters infolge einer Pensionierung;

  • die Ersparnisse des Gesellschafters (insbesondere Immobilien und Kapitalvermögen) unter der Bedingung, dass eine Verwertung zukünftig realistisch erscheint und keine sonstigen Gläubiger vorrangig befriedigt werden müssen (z.B. die Verwertung eines Grundstücks, welches mit einem Veräußerungs- und Belastungsverbot zugunsten eines Dritten behaftet ist, ist nicht realistisch).

  • vorhandene Schulden und Verpflichtungen des Gesellschafters (z.B. Unterhaltsverpflichtungen aufgrund einer Scheidung, sonstige Kreditverbindlichkeiten).

  • bei einer kurzfristigen, einem Kontokorrentverhältnis vergleichbare, Geldmittelüberlassung muss der Gesellschafter über eine ausreichend hohe Bonität verfügen, um die Verbindlichkeit relativ kurzfristig (innerhalb eines Jahres) tilgen zu können.

2. Prüfung der Sicherheiten des Gesellschafters bzw. der ihm nahestehenden Person:

a) Sicherheiten sollen die Gesellschaft gegen das Ausfallrisiko aus der Geldmittelüberlassung absichern, weil die Bonität des Gesellschafters gerade bei einer längerfristigen Überlassung aufgrund künftiger Entwicklungen nicht vorhersehbar ist. Die Sicherheiten müssen dabei derart ausgestaltet sein, dass die Gesellschaft in der Lage ist, ihre Forderung durch entsprechenden - ungehindert von anderen Gläubigern - Zugriff bzw. Verwertung zu befriedigen.

b) Werden bei einer Kreditierung von über 50.000 Euro und einer vereinbarten Dauer der Kreditierung von über drei Jahren keine Sicherheiten durch den Gesellschafter gewährt, deutet dies auf eine fremdunübliche Geldmittelüberlassung hin (siehe zu fehlenden Sicherheiten ). Dies wiederum ist ein starkes Indiz für eine absehbare Uneinbringlichkeit der Forderung beim Gesellschafter bereits im Zeitpunkt der Geldmittelüberlassung.

c) Werden bei Fehlen von Sicherheiten (bzw. bei Sicherheiten in nicht ausreichender Höhe) im Falle der Verschlechterung der Bonität des Gesellschafters keine unverzüglichen Maßnahmen durch die Gesellschaft gesetzt, um die Einbringlichkeit der Forderung sicherzustellen, ist eine verdeckte Ausschüttung anzunehmen. Im Zuge der Konkurseröffnung über das Vermögen der ggstdl. Gesellschaft konnten keinerlei Schritte  festgestellt werden, die eine Einbringlichkeit der Forderung sicherstellen oder gewährleisten.

3. Zusammenfassung:

a) Das Vorliegen einer fremdüblichen Geldmittelüberlassung (und damit einer durchsetzbaren Forderung der Gesellschaft gegenüber dem Gesellschafter) ist anhand der Bonität des Gesellschafters und der eingeräumten Sicherheiten zu beurteilen. Dabei ist stets das Gesamtbild der Umstände entscheidend.

b) Verfügt der Gesellschafter über eine sehr gute Bonität, kommt den Sicherheiten keine entscheidende Bedeutung zu. Verschlechtert sich allerdings im Laufe der Zeit die Bonität des Gesellschafters, kann das unveränderte Fehlen ausreichender Sicherheiten zu einer verdeckten Ausschüttung führen.

c) Ist die Bonität des Gesellschafters hingegen schlecht, muss dies durch die Einräumung entsprechender Sicherheiten (z.B. eingetragenes Pfandrecht an einer wertäquivalenten Liegenschaft) ausgeglichen werden.

Im vorliegenden Beschwerdefall ist weder aus der Bonität noch aus der Besicherung des vorliegenden Darlehens im Vermögen der Gesellschaft mit einer durchsetzbaren Forderung an Stelle der ausgezahlten Beträge zu rechnen.

Dieser Umstand wird auch eindeutig aus der Tatsache dokumentiert, dass wie im Vorhalt vom gefordert, im Konkursverfahren der darlehensgebenden Gesellschaft keinerlei Vereinbarungen hinsichtlich der Rückführung der gewährten Darlehensbeträge getroffen wurden.

Auf Grund der nachträglich durchgeführten Umbuchungen die Auswirkungen auf den Saldo des ggstdl. Verrechnungskontos hatten, jedoch zum Zeitpunkt der Beendigung der Betriebsprüfung noch nicht absehbar gewesen sind, wird die Bemessungsgrundlage des angefochtenen Bescheides auf den nunmehr ausgewiesenen Saldo i.H. von € 147.296,38 was einer Kapitalertragssteuer in Höhe von € 36.824,10 entspricht, geändert und der Beschwerde hinsichtlich der Höhe des angefochtenen Bescheides in diesem Punkt einer stattgebenden Erledigung zugeführt."

Mit Eingabe vom beantragte der Bf die Vorlage seiner Beschwerde an das Bundesfinanzgericht. Dabei verwies dieser auf sein bisheriges Vorbringen und führte ergänzend aus, dass über die S GmbH als Folge einer Brandstiftung, durch welche die wesentlichen Betriebsmittel vernichtet worden seien, mit Datum TT.MM.2016 der Konkurs eröffnet worden sei. Derzeit werde versucht im Prozesswege den Versicherer zu einer Schadenersatzleistung zu verpflichten. Der Ausgang dieses Gerichtsverfahrens habe wesentliche Auswirkung auf das Konkursverfahren.

Mit Schreiben vom habe der Masseverwalter vom Bf und seinem Vater das gesamte Darlehen iHv € 147.296,38 eingefordert. Sollte eine Verurteilung der beklagten Partei (Versicherer) zur Leistungserbringung (Auszahlung der Versicherungssumme) nicht stattfinden, dann müsste der Bf den aushaftenden Darlehensbetrag in die Konkursmasse einzahlen, womit eine verdeckte Ausschüttung jedenfalls nicht gegeben wäre.

Das Finanzamt legte die gegenständliche Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und führte in seinem Vorlagebericht ua. aus:

Aufgrund der im Sachverhalt bereits dargelegten Gründe hält die Darlehensvereinbarung im gesellschafternahen Bereich unter den gegebenen Umständen einem Fremdvergleich nicht stand - siehe obige Ausführungen. Die im Vorlageantrag vorgebrachte Meinung, dass von einer verdeckten Ausschüttung nicht mehr auszugehen sei, wenn man den aushaftenden Betrag an den Masseverwalter überweisen muss, kann nicht gefolgt werden und wird als völlig unzutreffend bezeichnet.

Die Beschwerde ist als unbegründet abzuweisen.“

Im Behördenakt einliegend findet sich ein an den Bf ergangenes  Schreiben des Masseverwalters RA Dr. NN vom , worin dieser festhält, dass der Bf während seiner Stellung als Gesellschafter der S GmbH auf dem Verrechnungskonto Verbindlichkeiten von € 166.922,60 ohne Rechtsgrundlage anlaufen habe lassen. Diese Zahlungen würden gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr gemäß § 82 GmbHG verstoßen; eine wirtschaftliche Rechtfertigung für diese Zahlungen sei nicht ersichtlich. Eine Rückzahlung des genannten Betrages sei bislang nicht erfolgt.

Im Zuge des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens wurde der Masseverwalter ersucht, bekanntzugeben, ob die offene Forderung vom Bf bzw. J. im Zuge des Konkursverfahrens berichtigt worden sei oder die Durchsetzung der Ansprüche der Masse im Wege der Klage erfolgt sei.

Mit Antwortschreiben vom teilte der Masseverwalter dem BFG mit, dass weder der Bf noch J. in Ansehung der von ihm (MV) geltend gemachten Ansprüche wegen Einlagenrückgewähr Zahlungen geleistet hätten. Er sei daher gezwungen gewesen, gerichtliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Das beim LG K zu Cg** v geführte Verfahren sei durch Abschluss eines Prämienvergleiches beendet worden.

Aus der beiliegenden Vergleichsausfertigung ist zu ersehen, dass die beiden beklagten Parteien (Bf als Erstbekl. und J. als Zweitbekl.) sich zur ungeteilten Hand verpflichtet haben einen Betrag von € 147.296,38 s.A. an die Masse zu zahlen. Laut Pkt 2. des Vergleiches können sich die beiden Beklagten von dieser Verpflichtung lösen, wenn a) binnen 14 Tagen ab Rechtswirksamkeit des Vergleiches ein Betrag von € 20.000 sowie b) längstens bis ein Betrag von € 30.000 auf das Massekonto zur Einzahlung gebracht werde.

Der Masseverwalter gab bekannt, dass bis dato von den Beklagten der erste Teilbetrag (€ 20.0000) der Masse zugeführt worden sei.

Im Zuge der am durchgeführten Erörterung gab der Bf über Befragen an, dass sein Vater J., welcher die Geschäfte der Gesellschaft geführt habe, sich ohne sein (Bf) Wissen das strittige Darlehen eingeräumt habe. Er habe von der Darlehenseinräumung erst durch die Bp erfahren. Wie die Gesellschaft das Darlehen finanziert habe, entziehe sich seiner Kenntnis. Ebenso könne er keine Angaben dazu machen, was sein Vater, zu dem er kein gutes Verhältnis habe, mit den Darlehensvaluta angeschafft habe. Er könne auch keine Angaben zur finanziellen Situation seines Vaters machen. Da er (Bf) mit der Darlehensaufnahme seines Vaters nichts zu tun gehabt habe, habe er auch nicht dessen finanzielle Situation bzw. Bonität geprüft. Er könne auch nicht angeben, ob die finanzielle Lage seines Vater in den Vorjahren stabil gewesen sei oder ob dieser andere Verbindlichkeiten gehabe habe.

Im Zuge der zeugenschaftlichen Einvernahme von J. gab dieser über Befragen durch den Richter ua. zu Protokoll, dass  es aufgrund von Unstimmigkeiten zwischen ihm und seinem Sohn Bf im Zusammenhang mit der Ausrichtung der Firma im Jahre 2014 zu einem Wechsel in der Geschäftsführung bei der S GmbH gekommen sei. Sein Sohn habe ihm mitgeteilt, dass er eine weitere Firma gründen wolle, währenddessen er (Zeuge) die Geschäfte der S GmbH leiten solle. Der ursprüngliche Geschäftsgegenstand der Firma, nämlich das Betreiben einer Gebrauchtspielebörse im Franchisingsystem, sei bis Mitte 2014 bzw. Anfang 2015 beibehalten worden; danach sei der Geschäftsgegenstand die Entwicklung und der Betrieb von Getränkeautomaten gewesen.

Am 23. bzw. 24. Feber 2015 sei in der Firma ein Brand ausgebrochen, welcher die gesamten Vorräte bzw. das ganze Vermögen der Firma vernichtet und letztlich zu einem Schaden von € 400.000 geführt habe. Der Versicherer habe bislang noch keine Versicherungsleistung erbracht.

Vor Übernahme der Geschäftsführertätigkeit sei er bei der S GmbH als Angestellter im Beschäftigungsausmaß von ca. 20 bis 25 Wochenstunden tätig gewesen.

Das von ihm (Zeugen) aufgenommen Darlehen sei nicht fremdfinanziert worden, sondern habe aus Eigenmitteln der S GmbH gestammt. Der aktenkundige Darlehensvertrag sei von ihm als Geschäftsführer namens der Darlehensgeberin gezeichnet worden.

Die finanzielle Situation der Gesellschaft sei bis zum Brand bzw. bis zur Leistungsverweigerung durch den Versicherer (Ende 2015) stabil gewesen. Erst danach hätten die finanziellen Turbulenzen begonnen, da im Zuge der Feuersbrunst sämtliche der eingelagerten Getränkeautomaten (insg. 19 Stück Vending-Automaten) vernichtet worden seien. Die Kosten eines Automaten würden sich auf € 11.500 belaufen. Der Zeuge hielt fest, dass die in der Bilanz der Gesellschaft ausgewiesenen Bankverbindlichkeiten mit dem Erwerb der genannten Automaten im Zusammenhang stünden.

Über ergänzendes Befragen gab der Zeuge an, dass er mit den zugezählten Darlehensvaluta (€ 155.000) Bitcoins erworben habe, und zwar in der Hoffnung damit hohe Kursgewinne zu erzielen. Leider sei der Verlauf der Dinge ein anderer gewesen. Im Jahr 2017 habe er gemerkt, dass sein Investment keinen Wert mehr gehabt habe; der Kurswert der Bitcoins sei auf ca. € 2.000 gefallen. Darüber hinaus sei bei jener Firma (M), welche ihm die Bitcoins veräußert hätten, die Datenbank gehackt und die Codes gestohlen worden. Jedenfalls habe er sein gesamtes Investment verloren.

Der Zeuge gab weiters zu Protokoll, dass er von seinem Geschäftsführergehalt (ca. € 900 monatlich) nicht in der Lage gewesen wäre, das Darlehen zu bedienen bzw. rückzuführen. Er habe im Zeitpunkt der Vermögensaufnahme über keinerlei Vermögenswerte verfügt. Von seiner Ehefrau lebe er schon längere Zeit getrennt. Er habe vorgehabt, das Darlehen durch Verkauf oder Übergabe der Bitcoins (respektive der diesbezüglichen Codes) an die S GmbH zurückzuführen.

Besichert habe er das Darlehen durch die Einräumung eines Eigentumsvorbehaltes. Weitere Sicherheiten in Form von Sach- oder Personalhaftungen hätten nicht existiert. 

Er habe keinen der beiden Gesellschafter von der Darlehensaufnahme in Kenntnis gesetzt, sondern habe das besagte Darlehensgeschäft eigenmächtig als Geschäftsführer getätigt. Er könne nicht angeben, zu welchem Zeitpunkt die beiden Gesellschafter von der  Darlehensaufnahme Kenntnis erlangt hätten. Dies müsse möglicherweise im Jahre 2016 gewesen sei, und zwar anlässlich der Abtretung der Geschäftsanteile an ihn (Zeugen).

Über die vorliegende Beschwerde hat das Gericht erwogen: 

Aufgrund des abgeführten Beweisverfahrens legt das Gericht nachstehenden Sachverhalt seiner Entscheidung zugrunde:

Mit dem zwischen der S GmbH als Darlehensgeberin und J. als Darlehensnehmer abgeschlossenen Darlehensvertrag vom räumte die Erstgenannte, vertreten durch den Gf J., diesem (Zweitgenannten) ein Darlehen in Höhe von insgesamt € 155.000 ein. Die Auszahlung der Darlehensvaluta erfolgte in drei Teilbeträgen zu je € 35.000, € 50.000 und € 70.000. Die erste Tranche wurde am , die zweite Tranche am und die dritte Tranche am an den Darlehensnehmer bar zur Auszahlung gebracht. Zwischen den Vertragsparteien wurde ein Zinssatz in Höhe von 3% vereinbart; die Rückzahlung der Darlehenssumme sollte in denselben Teilbeträgen erfolgen wie ausbezahlt, und zwar jeweils 60 Monate nach dem Auszahlungstag.  

Festzuhalten ist, dass es sich bei dem besagten Rechtsgeschäft um einen Fall des "Selbstkontrahierens" handelt, was grundsätzlich die Zustimmung der Gesellschafter (Generalversammlung) erfordert. Obwohl § 25 Abs. 4 GmbHG darauf hinzudeuten scheint, dass das ohne Genehmigung abgeschlossene Geschäft rechtswirksam ist und der Geschäftsführer nur schadenersatzpflichtig wird, ist nach der hM und der Rsp das Rechtsgeschäft bis zu dessen Genehmigung (schwebend) unwirksam (Artmann/Rüffler, Grundriß des österreichischen Gesellschaftsrechts, 2017, Rz 948). 

Der Bf war bis zum Mehrheitsgesellschafter der S GmbH (Geschäftsanteil in Höhe von 51% des Stammkapitals). Die restlichen 49% der Anteile wurden von MO (Mutter des Bf) gehalten.

Ab dem wurde der Vater des Bf, J., Alleingesellschafter der GmbH (s. Änderung des Gesellschaftsvertrages in Pkt. Zweitens).

Der Bf übte bis zum die Funktion des (Allein-)Geschäftführers aus; ab dem wurde diese Funktion von seinem Vater J. übernommen.

Mit Datum TT.MM.2016 wurde über das Vermögen der S GmbH das Konkursverfahrens eröffnet, welches bis dato nicht abgeschlossen ist.

Aktenkundig ist ein an das Finanzamt gerichteter Antrag der steuerlichen Vertretung der S GmbH vom , mit welchem die Herabsetzung der KöSt Vorauszahlungen für 2015 von € 10.000 auf € 1.750 begehrt wurde; dies mit dem Argument, dass das Geschäftsfeld im Bereich des DVD-Absatzes stark rückläufig sei. Ob die finanzielle Situation der Gesellschaft - wie vom Zeugen dargelegt - bis zum Ausbruch des Brandes stabil gewesen war, vermag das Gericht nicht abschließend zu beurteilen. Dass das Brandereignisses bzw. - folglich - die Leistungsverweigerung durch den Versicherer Auswirkungen auf die wirtschaftliche Situation der Gesellschaft zeitigte, ist nicht von der Hand zu weisen.  

Zur finanziellen Situation des Darlehensnehmers J. stellt das Gericht in Anlehnung an die von J. im Zuge seiner zeugenschaftlichen Einvernahme getätigten Aussagen fest, dass dieser im Zeitpunkt der Darlehensaufnahme (Dezember 2014) über keine Vermögenswerte verfügt hatte. Dieser bezog lediglich einen Geschäftsführerbezug iHv monatlich ca. € 900. Damit ist offenkundig, dass eine Darlehensrückführung aus eigenem Einkommen bzw. aus Eigenmittel im Zeitpunkt der Darlehenszuzählung für den Darlehensnehmer keinesfalls möglich gewesen wäre. J. hätte auch im Zeitpunkt der strittigen Darlehensaufnahme von keinem Kreditinstitut ein Darlehen in der gewährten Höhe und zu den festgelegten Konditionen (insbesondere im Hinblick auf die Besicherung) erhalten. Die von den Vertragsparteien (S GmbH und J.) vereinbarte Besicherung (Einräumung eines "Eigentumsvorhaltes" an den erworbenen Bitcoins bis zur vollständigen Rückzahlung des Darlehens) erweist sich als bankübliche Sicherheit in Ansehung des höchst spekulativen Elementes der angeschafften Kryptowährung als gänzlich ungeeignet.

In Anbetracht der hier offensichtlich vorliegenden mangelnden Bonität des Darlehensnehmers im Zusammenhalt mit den nicht vorhandenen bzw. untauglichen Sicherheiten stellt der Vorgang der Darlehenseinräumung (abgesehen von dem widerrechtlichen Zustandekommen des Vertrages) zweifelsohne eine fremdunübliche Geldmittelüberlassung dar. 

Eine Darlehensgewährung einer Körperschaft an ihren Anteilsinhaber, die zu unangemessenen Bedingungen erfolgt, kann eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) begründen. Eine vGA liegt dann vor, wenn unter Einbeziehung des Gesamtbildes der Verhältnisse, die Darlehenrückführung wegen mangelnder Bonität des Gesellschafters bzw. nicht oder unzureichend vorhandener Sicherheiten höchst fragwürdig erscheint.

Im vorliegenden Fall steht fest, dass der Darlehensnehmer im Zeitpunkt der Darlehensgewährung lediglich Geschäftsführer der Gesellschaft war und über keinen Geschäftsanteil verfügte. Erst mit Datum erwarb J. die Geschäftsanteile der beiden bisherigen Gesellschafter Bf (51%) und MO (49%).

Der VwGH hatte in seinem Erkenntnis vom , 85/14/0163, ausgesprochen, dass eine (verdeckte) Gewinnausschüttung grundsätzlich auch dann dem Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft zuzurechnen ist, wenn die von der Gesellschaft gewährten Vorteile nicht diesem, sondern einer ihm nahestehenden Person zufließen. Dieser Überlegung liegt der Gedanke zugrunde, dass die Überlassung von Vorteilen, die sich aus der Gesellschafterstellung ergeben, an eine nahestehende Person lediglich Einkommensverwendung darstellt, weshalb diese Überlegung nur Platz greifen könne, wenn sich überhaupt ein Vorteil des Gesellschafters aus der Gesellschafterstellung annehmen lasse. Ein solcher Vorteil könne beispielsweise "nicht unterstellt werden, wenn der Gf einer GmbH von vornherein für die eigene Tasche arbeite, wenn er also im Rahmen der GmbH eine Tätigkeit entfalte, die ausschließlich ihn und nicht die Gesellschaft bereichern soll" (). Subjektive Voraussetzung für eine vGA ist eine ausdrücklich auf Vorteilsgewährung gerichtete Willensentscheidung (Wissen und Wollen) der Körperschaft, wobei sich die Absicht der Vorteilsgewährung auch schlüssig ergeben kann. Sie liegt auch dann vor, wenn die Körperschaft von einem zu Unrecht in Anspruch genommenen Vorteil Kenntnis erlangt und nichts unternimmt, um diesen rückgängig zu machen.

Einem Anteilsinhaber kann aber jedenfalls dann keine (mittelbare) verdeckte Ausschüttung zugerechnet werden, wenn er von der Vorteilsgewährung an den Nahestehenden keine Kenntnis hatte (vgl. ua. Renner, ÖStZ 2007, 455; BFH , VIII R 54/05, BStBl II 2007). In einem derartigen Fall ist die Zuwendung allein durch die eigenmächtigen und widerrechtlichen Maßnahmen des Gf veranlasst, nicht jedoch durch das Gesellschaftsverhältnis.

Allgemein gilt, dass die Zuwendung der Gesellschaft an den Gf auch dann nicht durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, wenn die widerrechtlichen Maßnahmen durch unzureichende oder fehlende Kontrolle seitens der Gesellschafterversammlung erleichtert oder ermöglicht worden sind. Das GmbHG normiert keine Verpflichtung eines Gesellschafters zur Überwachung des Gf. Wollte man dem Gesellschafter einer GmbH allein aufgrund der unterlassenen Kontrolle eine vGA zurechnen, würde dies eine Art Gefährdungshaftung für Fehlverhalten des Gf begründen; eine derartige Haftung ist allerdings dem österreichischen Gesellschafts- und Steuerrecht fremd. Vielmehr kann in derartigen Fällen dem Gesellschafter nur dann eine mittelbare vGA zugerechnet werden, wenn angenommen werden kann, dass zunächst die GmbH dem Gesellschafter und dann der Gesellschafter dem Gf einen Vermögensvorteil zuwenden wollte und beide Zuwendungen mittelbar dadurch erfolgt sind, dass die GmbH unmittelbar an ihren Gf geleistet hat (Renner, aaO). Dies setzt aber voraus, dass der Gesellschafter von dem eigenmächtigen und widerrechtlichen Vertragsabschluss des Gf mit der Gesellschaft (Insich-Geschäft) und daraus sich ergebenden Vorteilsgewährung Kenntnis hatte und diesen (Gf) bewusst gewähren ließ.

Im Zuge seiner Einvernahme gab J. als Zeuge befragt an, dass er sich das Darlehen ohne Wissen der beiden Anteilseigner eingeräumt habe. Ebenso gab Bf bei seiner Einvernahme zu Protokoll, dass sein Vater ihn von der Darlehenseinräumung nicht in Kenntnis gesetzt habe. Er habe hierüber erst später, und zwar im Zuge der Prüfung durch die Finanzbehörde, erfahren.  

Der Zeuge J. hinterließ auf das Gericht einen glaubwürdigen Eindruck; dieser vermochte die an ihn gerichteten Fragen ohne Zögern in schlüssiger Weise zu beantworten. Einen ebenso glaubwürdigen Eindruck vermittelte auch der Bf bei seiner Vernehmung. Dass dieser als Mehrheitsgesellschafter die vom Gf gewählte Vorgangsweise, nämlich die Hingabe einer Darlehenssumme von € 155.000 für höchst spekulative Zwecke geduldet und gebilligt hätte, erscheint dem Gericht als wenig wahrscheinlich, als die Unkenntnis des Gesellschafters (Bf) von den widerrechtlichen Machenschaften des Gf. Für das erkennende Gericht besteht im ggst Verfahren jedenfalls kein ausreichender Nachweis dahingehend, dass Bf vom eigenmächtigen Handeln seines Vater im Streitjahr gewusst und dies billigend in Kauf genommen hatte.

Das Gericht hat sonach in freier Würdigung der aufgenommen Beweise erkannt, dass der Gesellschafter Bf vom Gf über dessen Rechtsgeschäft mit der Gesellschaft (Darlehensvertrag) nicht informiert wurde; sohin hatte dieser im Streitjahr keine Kenntnis über die eigenmächtige gewährte Vorteilsgewährung. 

Eine vGA, welche Grundlage für die Erlassung des in Anfechtung stehenden KESt-Bescheides gewesen ist, liegt mangels subjektiver Tatseite iZm der vGA im Jahr 2015 nicht vor.

Aus diesem Grunde war der angefochtene Bescheid aufzuheben.

Anzumerken ist, dass eine Prüfung der Frage, ob und inwieweit die Darlehenseinräumung bzw. die Unterlassung der Rückführung als Vorteil aus dem Dienstverhältnis zu qualifizieren ist, im gegenständlichen Verfahren nicht erfolgte. 

Begründung nach § 25a Abs. 1 VwGG 

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die genannten Voraussetzung liegen gegenständlich allesamt nicht vor.

Klagenfurt am Wörthersee, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Schlagworte
fremdunübliche Darlehensgewährung an Gf einer GmbH
vGA iZm der Darlehenseinräumung an gesellschafternahe Personen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.4100116.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at