zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 03.03.2020, RV/7106160/2019

Keinen Beihilfenbezug über 2 Toleranzsemester und ein Verlängerungssemester wegen Krankheit hinaus

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch R in der Beschwerdesache Bf., W, vertreten durch Dr. Karin Erika Rest, Rotenturmstraße 12, Tür 6, 1010 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Wien 12/13/14 Purkersdorf vom , betreffend Abweisung des Antrages auf Gewährung von Familienbeihilfe ab März 2018 zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Der Sohn des Bf. Ra, geb. xxx begann am den Präsenzdienst.

Wegen einer Verletzung (Meniskuseinriss) wurde er am aus dem Präsenzdienst entlassen und begann am das Bachelorstudium "Technische Chemie" an der TU Wien.

Wie dem Vorlagebericht der belangten Behörde zu entnehmen ist, wurde die Familienbeihilfe bis inklusive September 2017, also acht Semester (sechs Semester Mindetstudienzeit plus zwei Toleranzsemester) gewährt und dann die Auszahlung eingestellt.

Gegen die Mitteilung wurde Beschwerde erhoben und von der belangten Behörde als Antrag auf Gewährung von Familienbeihilfe ab Oktober 2017 interpretiert.

Der Bf. brachte vor:

Sein Son sei ab dem WS 2013 an der TU inskribiert gewesen, habe aber wegen der Einberufung zum Heer nicht mit dem Studium beginnen können. Er habe sich in der Folge einen Meniskuseinriss zugezogen. Bei einer neuerlichen Stellung 09/2014 sei die Untauglichkeit festgestellt worden. In der Zwischenzeit habe er mit dem Studium begonnen, habe aber weder notwendige Laborplätze bekommen, noch die Vorlesung Mathematik 1 inskribieren können, weil diese erst wieder im Wintersemester 2014 angeboten worden sei.

Sein Sohn habe durch die Einberufung zum Heer ein Jahr verloren, die Mindeststudienzeit sei um ein Jahr zu verlängern und die Familienbeihilfe bis zum 24. Lebesnsjahr auszubezahlen.

Der Antrag wurde mit Bescheid vom ab März 2018 mit der Begründung abgewiesen, dass die um zwei Toleranzsemester und ein Verlängerungssemester wegen Krankheit verlängerte Mindeststudienzeit von sechs Semestern mit Februar 2018 beendet gewesen sei. Hingewiesen wurde auf die Möglichkeit einer Studienzeitverlängerung durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis (z.B. Krankheit), wenn dieses mindestens drei Monate ununterbrochen angedauert habe.

In der Beschwerde vom , eingelangt bei der Behörde am , gegen den Abweisungsbescheid vertrat der Bf. die Auffassung, dass es sich beim Präsenzdienst um ein unabwendbares Ereignis gehandelt habe. Beim sofort begonnen Studium habe es vor allem zu Beginn Vorlesungen und Übungen gegeben, die nur einmal im Jahr angeboten würden, und Labor und Übungsplätze Ende Oktober längst vergeben seien.

Ausdrücklich angeführt wurden mit der entsprechenden LV-Nr.

104.937 Mathematik, Übung 1

104.958 Mathematik, Übung 2

163.122 Proseminar

163.006 Labor

164.252 Praktikum

Ohne Mathematik 1 könne man im 3. Semester nicht Mathematik 2 inskribieren. Das Studium habe daher ohne Verschulden des Sohnes länger gedauert.

Die Familienbeihilfe hätte antragsgemäß auch über März 2018 hinaus bis zu Altersgrenze gewährt werden müssen.

Nachdem die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet abgewiesen worden war, stellte der Bf. mit Schreiben vom einen Vorlageantrag.

Es wurde nochmals auf jene Vorlesungen verwiesen, die erst ab dem Wintersemester 2014 besucht haben werden können (siehe Beschwerde).

Durch Bundesheer und Verletzung sei mindestens ein Studienjahr (2 Semester) verlorengegangen, sodass die Studienzeit um weitere 2 Semester hätte verlängert werden müssen. Die Familienbeihilfe hätte bis Februar 2019 gewährt werden müssen.

Vorgelegt wurde die Bestätigung des Studienerfolges mit sämtlichen Lehrveranstaltungen, Prüfungsdaten und Benotungen.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Folgender Sachverhalt wird als erwiesen angenommen:

Der Sohn des Bf. begann nach der verletzungsbedingten Entlassung aus dem Präsenzdient am am , also beginnend mit dem Wintersemester 2013/2014 das Bachelorstudium Technische Chemie an der TU Wien.

Dieses weist unbestritten eine Mindeststudienzeit von sechs Semestern auf.

Das Studium des Sohnes endete daher grundsätzlich mit dem Sommersemester 2016.

Am absolvierte er die erste Prüfung.

Die in der Beschwerde angeführten Prüfungen wurden innerhalb der Mindeststudienzeit absolviert.

Im Zeitraum nach dem bis wurden keine Prüfungen absolviert.

Im Juni 2019 beendete der Sohn das Studium.

Am vollendete er das 24. Lebensjahr.

Die belangte Behörde hat für das im Wintersemester 2013 begonnene Bachelorstudium die Mindeststudiendauer von sechs Semestern plus zwei Toleranzsemestern und ein Verlängerungssemester gem. § 2 Abs. lit.b FLAG 1967 anerkannt und die Familienbeihilfe bis um Ende des Wintersemester im Februar 2018 gewährt.

Strittig ist, wie lange der Bf. Anspruch auf den Bezug von Familienbeihilfe hatte.

Rechtlich ist dazu folgendes auszuführen:

Vorausschickend ist zu sagen, dass das Familienlastenausgleichsgesetz eine generelle Gewährung der Familienbeihilfe bis zum 24. oder 25. Lebensjahr nicht vorsieht.

Auch der Bezug bis zum 24. bzw. 25. Lebensjahr ist an bestimmte im § 2 FLAG 1967 geregelte Voraussetzungen gebunden.

Gem. § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 haben Anspruch auf Familienbeihilfe Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten. Wird ein Studienabschnitt in der vorgesehenen Studienzeit absolviert, kann einem weiteren Studienabschnitt ein Semester zugerechnet werden. Die Studienzeit wird durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis (zB Krankheit) oder nachgewiesenes Auslandsstudium verlängert. Dabei bewirkt eine Studienbehinderung von jeweils drei Monaten eine Verlängerung der Studienzeit um ein Semester.

Ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis (zB Krankheit) kann somit die Mindeststudienzeit, ergänzt um zwei "Toleranzsemester", verlängern. Eine Studienbehinderung von jeweils drei Monaten bewirkt eine Verlängerung der Studienzeit um ein Semester. Wenn daher die Behinderung pro Semester mindestens drei Monate lang ununterbrochen angedauert hat, kann eine Verlängerung der Studienzeit um ein Semester (bzw. bei längerer Dauer um mehrere Semester) erfolgen (vgl. Wimmer in Csaszar/Lenneis/Wanke, FLAG1, § 2 Rzlen 80 und 86).

Die belangte Behörde hat eine Studienbehinderung durch Krankheit (offenbar den Meniskuseinriss) ohne weitere Nachweise hinsichtlich der Dauer anerkannt.

Das Bundesfinanzgericht schließt sich diesbezüglich der Auffassung der belangten Behörde an, obwohl bereits am die erste Prüfung absolviert wurde, weil weitere Nachweise auch nicht verlangt wurden.

Dass die Veranstaltungen, wie in der Beschwerde angeführt, erst ab dem Wintersemester 2014 wieder angeboten wurde, kann kein Grund für die lange Studiendauer gewesen sein, weil diese alle, wie sich aus dem Studienerfolgsnachweis ergibt, innerhalb der Mindeststudienzeit, also bis zum Ende des Sommersemesters 2016, absolviert wurden (die Übung Mathematik 2 am ).

Es ist dem Bf. beizupflichten, dass sein Sohn allem Anschein nach zielstrebig und erfolgreich sein Studium betrieben hat, obwohl aus dem Studienerfolgsnachweis auch hervorgeht, dass er offenbar im Zeitraum nach dem und bis nicht zu Prüfungen angetreten ist. Ob dies die Ursache für die Studienverzögerung war, mag dahingestellt bleiben. Tatsache ist jedenfalls, dass keine weitere mehr als drei Monate dauernde während des Studiums aufgetretenen Studienbehinderung geltend gemacht wurde, die den Bezug der Familienbeihilfe um ein weiteres Semester, das Sommersemester 2018, rechtfertigen würde.

Ein genereller Bezug bis zur Vollendung des 24. Lebensjahres kommt aus den o.a. Gründen nicht in Betracht.

Ein Bezug bis Februar 2019, so wie im Vorlageantrag beantragt, findet im vorliegenden Sachverhalt keine Deckung.

Der Präsenzdienst, so wie im Vorlageantrag vorgebracht, ist jedenfalls kein unvorhergesehenes, unabwendbares Ereignis im Sinne der o.a. gesetzlichen Bestimmung.

Die Ableistung des Präsenzdienstes findet gem. § 2 Abs. 1 lit. g FLAG 1967 nur insoweit Berücksichtigung als der Bezug der Familienbeihilfe, allerdings auch nur im Rahmen der gesetzlichen bzw. durch zwei Toleranzsemester verlängerten Studiendauer, bis zum 25. Lebensjahr verlängert werden kann.

Dem Argument des Bf. in der gegen die Mitteilung der Einstellung erhobenen "Beschwerde", der Sohn habe auf Grund der Einberufung zum Präsenzdienst das Studium erst im Dezember 2014 beginnen können, weshalb die Mindeststudienzeit um ein Jahr, somit bis zum 24. Lebensjahr zu gewähren sei, kann daher nicht gefolgt werden.

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Möglichkeiten, den Bezug der Familienbeihilfe über die Mindeststudiendauer hinaus zu verlängern sind in § 2 FLAG 1967 ausdrücklich gesetzlich geregelt, sodass keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt, die einer Klärung durch den Verwaltungsgerichtshof bedürfte.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
Schlagworte
Verlängerungssemester wegen Krankheit
Toleranzsemester
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7106160.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at