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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 10.03.2020, RV/7102050/2019

Geltendmachung einer Haftung

Entscheidungstext

 

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R. in der Beschwerdesache Bf., vertreten durch Vertreter, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Wien 1/23 vom , Steuernummer: 12345, betreffend Haftungsbescheid zu Recht erkannt: 

1.

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben. Der Haftungsbetrag wird auf folgende Abgaben eingeschränkt:


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Abgabenart
Zeitraum
Betrag in Euro
Kapitalertragsteuer
1-12/2010
229.064,37
Kapitalertragsteuer
1-12/2011
299.598,84
Kapitalertragsteuer
1-12/2012
221.588,80
Umsatzsteuer
2010
194.852,17
Umsatzsteuer
2011
257.437,32
Umsatzsteuer
2012
187.868,80
Summe
 
1.390.410,30

Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

2.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs.4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.

Entscheidungsgründe

Der Beschwerdeführer (Bf.), geb. am , war seit Geschäftsführer der Firma A-GmbH, Firmenbuchnummer 23456. Mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom , Zl. 34567, wurde über die Firma A-GmbH ein Konkursverfahren eröffnet. Mit Beschluss des Handelsgerichte Wien vom wurde das Konkursverfahren nach Schlussverteilung aufgehoben. Die Insolvenzquote belief sich auf 0,061539 %. Mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom erfolgte gemäß § 40 FBG die Löschung der Gesellschaft wegen Vermögenslosigkeit. Die Quotenzahlung wurde auf die älteste offene Abgabenschuld, die Umsatzsteuer 2010 verrechnet.

Ab wurde bei der Firma A-GmbH mit einer Außenprüfung durch das Finanzamt Wien 1/23 begonnen, deren Rechtsgrundlage mit Prüfungsauftrag vom auf § 147 BAO iVm § 99 FinStrG geändert wurde. Die Prüfung endete am und führte zu Abgabennachforderungen gegenüber dem Masseverwalter der A-GmbH:

Haftungsbescheid für KESt 1-12/2010 vom                   € 286.506,78

Haftungsbescheid für KESt 1-12/2011 vom                   € 374.729,16

Haftungsbescheid für KESt 1-12/2012 vom                   € 277.156,57

Umsatzsteuerbescheid 2010 vom                                  € 243.565,22

Umsatzsteuerbescheid 2011 vom                                  € 321.994,80

Umsatzsteuerbescheid 2012 vom                                  € 234.980,60

Mit Vorhalt des Finanzamtes Wien 1/23 vom wurde dem Bf. mitgeteilt, dass am Abgabenkonto der Firma A-GmbH die oben angeführten Abgabenbeträge aushaften, zugleich wurden die an die Primärschuldnerin ergangenen Bescheide übermittelt. Weiters wurde dem Bf. mitgeteilt, dass zudem folgende Selbstbemessungsabgaben auf Grund einer Voranmeldung oder Meldung der A-GmbH aushaften:

Umsatzsteuer 4/2015             Fälligkeitstag          € 14.622,18

Umsatzsteuer 5/2015             Fälligkeitstag          € 23.254,65                           

Umsatzsteuer 6/2015             Fälligkeitstag          € 8.702,85

Dienstgeberbeitrag 4/2015     Fälligkeitstag          € 1.265,72

Dienstgeberbeitrag 5/2015     Fälligkeitstag          € 1.175,29

Dienstgeberbeitrag 6/2015     Fälligkeitstag          € 2.255,60

Dienstgeberbeitrag 7/2015    Fälligkeitstag          € 957,74

Zuschlag zum DB 4/2015      Fälligkeitstag          € 112,51

Zuschlag zum DB 5/2015      Fälligkeitstag          € 104,47

Zuschlag zum DB 6/2015      Fälligkeitstag          € 200,49

Zuschlag zum DB 7/2015      Fälligkeitstag          € 85,13

Der Bf. wurde aufgefordert darzutun, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten unmöglich gewesen ist und Nachweise für die Gleichbehandlung aller Gläubiger durch Darstellung der tatsächlich vorhandenen Mittel sowie der aliquoten Mittelverwendung vorzulegen.

Mit Bescheid vom , Steuernummer 12345, wurde der Bf. vom Finanzamt Wien 1/23 als Haftungspflichtiger gemäß § 9 iVm §§ 80 ff. BAO für aushaftende Abgabenschuldigkeiten der Firma A-GmbH in Anspruch genommen und aufgefordert, den Betrag von € 1.791.669,76 zu entrichten. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Bf. seiner Verpflichtung, Behauptungen und Beweisanbote zu seiner Entlastung darzulegen, nicht nachgekommen sei, weshalb angenommen werde, er sei seinen abgabenrechtlichen Pflichten schuldhafterweise nicht nachgekommen. Ebenso seien Nachweise einer erfolgten Gläubigergleichbehandlung nicht erbracht worden. Die Geltendmachung der Haftung sei die letzte Möglichkeit einen Abgabenausfall zu vermeiden, weshalb die Geltendmachung der Haftung ermessenskonform sei.

Gegen diesen Bescheid hat der Bf. mit Eingabe vom Beschwerde erhoben. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die geltend gemachten Abgabenrückstände Umsatzsteuer 2010, 2011, 2012 sowie KESt 1-12/2010, 1-12/2011 und 1-12/2012 mit Bescheiden vom bzw. und somit nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens festgesetzt worden seien und den Bf. dafür keine Haftung treffe. Die diesbezüglichen Bescheide seien dem Bf. zudem nicht zugestellt worden. Ebenso liege kein Verschulden des Bf. für Veranlagungszeiträume vor seiner Tätigkeit als Geschäftsführer vor. Zu den Haftungszeiträumen Umsatzsteuer 4-6/2015 wurde ausgeführt, dass der Bf. sich bemüht habe, sämtliche Gläubiger gleich zu behandeln, ein Gleichbehandlungsnachweis werde vorgelegt. Zur Lohnsteuer 2015 wurde bemerkt, dass die Löhne nicht von der A-GmbH, sondern vom Insolvenzentgeltfond ausbezahlt worden seien.

Mit Beschwerdevorentscheidung des Finanzamtes Wien 1/23 vom wurde der Beschwerde teilweise stattgegeben und die Haftungsinanspruchnahme um die Insolvenzquote von 0,061539 % hinsichtlich aller geltend gemachter Abgaben gekürzt. Im Übrigen wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Dem Bescheid beigelegt waren die Haftungsbescheide für die KESt 2010, 2011 und 2012 vom , die Umsatzsteuerbescheide 2010, 2011 und 2012 vom , die Niederschrift über die Schlussbesprechung vom und der Bericht gemäß § 150 BAO über das Ergebnis der Außenprüfung vom . Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die angeführten Bescheide und die Niederschrift vom dem Vorhalt vom beigeschlossen und dem Bf. somit bekannt waren. In diesem Vorhalt sei auch darauf hingewiesen worden, dass bei den Selbstbemessungsabgaben durch die Selbstbemessung die Abgabenfestsetzung geschaffen werde. Die Quotenzahlung von 0,061539 % sei nicht auf die dem Fälligkeitstag nach älteste Abgabenschuld zu verbuchen, sondern anteilig auf die vom Haftungsverfahren betroffenen Abgabenschuldigkeiten, weshalb die Haftungssumme einzuschränken war. Weiters wurde ausgeführt, ein Geschäftsführer habe sich bei Übernahme seiner Funktion darüber zu unterrichten, in welchem Ausmaß die nunmehr von ihm vertretene GmbH ihren steuerlichen Pflichten nachgekommen sei. Spätestens seit durchgeführten Hausdurchsuchungen im Juni 2012 hätte der Bf. Zweifel an den eingereichten Abgabenerklärungen haben müssen. Die KESt sei vom Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung ausgenommen und wäre bei Zufluss einzubehalten und abzuführen gewesen. Die Umsatzsteuer, der Dienstgeberbeitrag und der Zuschlag zum Dienstnehmerbeitrag seien zudem nach Entstehung des Abgabenanspruches selbst zu berechnen und vom Abfuhrpflichtigen zu entrichten.

Mit Eingabe vom stellte der Bf. den Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht (Vorlageantrag). Begründend wurde ausgeführt, dass im Haftungsbescheid das Ermessen nicht begründet worden sei.

Sachverhalt:

Der Bf. war seit Geschäftsführer der Firma A-GmbH. Über die Firma A-GmbH wurde am das Konkursverfahren eröffnet. Das Konkursverfahren wurde nach der Schlussverteilung (Quotenzahlung 0,061539 %) aufgehoben und die Firma wegen Vermögenslosigkeit im Firmenbuch gelöscht. Bei der Primärschuldnerin ist somit ein Haftungsausfall im Ausmaß von 99,93847 % für folgende Abgaben gegeben:

Haftungsbescheid für KEST 1-12/2010 vom                  € 286.330,47

Haftungsbescheid für KEST 1-12/2011 vom                  € 374.498,56

Haftungsbescheid für KEST 1-12/2012 vom                  € 276.986,01

Umsatzsteuerbescheid 2010 vom                                 € 243.565,22

Umsatzsteuerbescheid 2011 vom                                 € 321.796,65

Umsatzsteuerbescheid 2012 vom                                 € 234.846,00

Die entsprechenden Bescheide wurden dem Bf. am übermittelt. Die Abgabennachforderungen beruhen auf Grund einer Außenprüfung gemäß § 147 BAO iVm § 99 FinStrG, welche zwischen und bei der A-GmbH durchgeführt wurde. Am wurden in diesem Zusammenhang wegen des Verdachtes der Abgabenhinterziehung gemäß § 33 FinStrG Hausdurchsuchungen durchgeführt.

Weiters liegt bei der Primärschuldnerin ein Haftungsausfall im Ausmaß von 99,93847 % für folgende Selbstbemessungsabgaben vor:

Umsatzsteuer 4/2015             Fälligkeitstag          € 14.613,18

Umsatzsteuer 520/15             Fälligkeitstag          € 23.240,34                           

Umsatzsteuer 6/2015             Fälligkeitstag          € 8.697,49

Dienstgeberbeitrag 4/2015     Fälligkeitstag          € 1.264,94

Dienstgeberbeitrag 5/2015     Fälligkeitstag          € 1.174,57

Dienstgeberbeitrag 6/2015     Fälligkeitstag          € 2.254,21

Dienstgeberbeitrag 7/2015     Fälligkeitstag          € 957,15

Zuschlag zum DB 4/2015       Fälligkeitstag          € 112,44

Zuschlag zum DB 5/2015       Fälligkeitstag          € 104,41

Zuschlag zum DB 6/2015       Fälligkeitstag          € 200,37

Zuschlag zum DB 7/2015       Fälligkeitstag          € 85,08

Hinsichtlich dieser Selbstbemessungsabgaben sind an die Primärschuldnerin keine Abgabenbescheide ergangen und wurden an den Haftungspflichtigen keine Bescheide zugestellt. Die Nettolöhne wurden zumindest zum Teil vom Insolvenzentgeltfond ausbezahlt.

Nachweise für eine Gläubigergleichbehandlung wurden nicht vorgelegt.

Beweiswürdigung:

Das Bundesfinanzgericht gründet den festgestellten Sachverhalt auf den Inhalt der vom Zollamt Klagenfurt Villach vorgelegten Verwaltungsakten. Der Sachverhalt ist im Wesentlichen unbestritten.

Rechtliche Würdigung:

Gemäß § 224 Abs.1 BAO werden die in Abgabenvorschriften geregelten persönlichen Haftungen durch Erlassung eines Haftungsbescheides geltend gemacht. In diesem ist der Haftungspflichtige unter Hinweis auf die gesetzliche Vorschrift, die seine Haftungspflicht begründet, aufzufordern, die Abgabenschuld, für die er haftet, binnen einer Frist von einem Monat zu entrichten.

Gemäß § 9 Abs.1 BAO haften die in den §§ 80 ff. bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Gemäß § 80 Abs.1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Die Haftung nach § 9 BAO ist eine Ausfallshaftung. Nach dem durchgeführten Konkursverfahren und der Löschung der A-GmbH im Firmenbuch steht fest, dass die nach der erfolgten Quotenzahlung offenen Abgabenverbindlichkeiten bei der Primärschuldnerin uneinbringlich sind.

Zu den abgabenrechtlichen Pflichten eines Geschäftsführers einer GmbH gehört insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben entrichtet werden. Bei Übernahme einer Geschäftsführertätigkeit hat sich dieser darüber zu unterrichten, ob und in welchem Ausmaß die Gesellschaft bisher ihren abgabenrechtlichen Pflichten nachgekommen ist (zB ; , 2011/16/0079).

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Vertreter darzutun, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten unmöglich war, widrigenfalls angenommen wird, dass die Pflichtverletzung schuldhaft war (zB ; , 2013/16/0016).

Dazu bringt der Bf. in der Beschwerdeschrift vor, er sei erst ab , gemeint wohl , Geschäftsführer der Primärschuldnerin gewesen und die geltend gemachten Abgabenrückstände seien erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens festgesetzt worden. Bei Selbstbemessungsabgaben ist maßgebend, wann diese bei ordnungsgemäßer Selbstberechnung abzuführen gewesen wären (Fälligkeitstermin). Maßgebend ist daher der Zeitpunkt ihrer Fälligkeit, somit unabhängig davon, ob die Abgabe bescheidmäßig festgesetzt wird (zB ; , 2001/16/0291). Die belangte Behörde ist daher zu Recht davon ausgegangen, dass den Bf. eine schuldhafte Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten begangen hat, zumal er spätestens seit Juni 2012 von einer Außenprüfung auf finanzstrafrechtlicher Grundlage Kenntnis hatte und ihn somit erst recht die Verpflichtung getroffen hätte, zu prüfen, ob und in welchem Ausmaß die Gesellschaft bisher ihren abgabenrechtlichen Pflichten nachgekommen ist.

Verfügt der Vertretene über (wenn auch nicht ausreichende) Mittel, so darf der Vertreter bei der Entrichtung von Schulden Abgabenschulden nicht schlechter behandeln als die übrigen Schulden. Er hat die Schulden im gleichen Ausmaß zu befriedigen (Gleichbehandlungsgrundatz). Der Bf. ist diesbezüglich seiner qualifizierten Mitwirkungspflicht hinsichtlich des teilweisen Fehlens liquider Mittel und der anteiligen Verwendung dieser Mittel nicht nachgekommen, weshalb die Haftungsinanspruchnahme zu Recht erfolgte. Die KESt ist zudem vom Gleichbehandlungsgrundsatz ausgenommen (zB /0010).

Hingegen kommen den Einwänden, dem Bf. seien die Bescheide nicht zugestellt worden und seien die Lohnabgaben 2015 mangels liquider Mittel nicht von der Primärschuldnerin, sondern vom Insolvenzentgeltfond entrichtet worden, teilweise Berechtigung zu.

Während die Haftungsbescheide für die KESt 1-12/2010, 1-12/2011 und 1-12/2012 sowie der Umsatzsteuerbescheid 2010, 2011 und 2012 dem Vorhalt vom beigeschlossen und dem Bf.  somit zur Kenntnis gebracht wurden, wurde hinsichtlich der übrigen Abgaben auf die Rechtswirkung der Selbstbemessung verwiesen. Gemäß § 248 BAO ergibt sich, dass der zur Haftung Herangezogene jedenfalls den gegen ihn gelten gemachten Abgabenanspruch dem Grunde und der Höhe nach bekämpfen können muss (). Wurde bei Selbstbemessungsabgaben noch kein Bescheid gemäß § 201 BAO (bzw. bei Umsatzsteuervorauszahlungen gemäß § 21 Abs.3 UStG 1994) oder gemäß § 202 BAO erlassen, so ist daher ein Bescheid über den betreffenden Abgabenanspruch zu erlassen (Ritz, BAO-Kommentar § 248 Rz.5). Dem Haftungspflichtigen ist durch Zusendung einer Ausfertigung des maßgeblichen Bescheides über den Abgabenanspruch Kenntnis zu verschaffen. Das Unterbleiben einer solchen Bekanntmachung macht den Haftungsbescheid rechtswidrig (Ritz, BAO-Kommentar § 248 Rz.8; ). Für die Umsatzsteuer 04/2015 bis 06/2015, den Dienstgeberbeitrag 04/2015 bis 07/2015 und den Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 04/2015 bis 07/2015 sind keine Abgabenbescheide an die Primärschuldnerin ergangen und wurden dem Bf. keine Bescheide übermittelt. Zudem dürfte die Primärschuldnerin zu den jeweiligen Fälligkeitszeitpunkten weitgehend zahlungsunfähig gewesen sei, da auch keine Löhne mehr ausbezahlt werden konnten. Der Beschwerde gegen die Haftungsinanspruchnahme des Bf. hinsichtlich dieser Abgaben war daher stattzugeben.

Betreffend die KESt 1-12/2010, 1-12/2011 und 1-12/2012 sowie die Umsatzsteuer 2010, 2011 und 2012 wurde der Bf. hingegen zu Recht für die Haftung in Anspruch genommen.

Zur Ermessensentscheidung ist auszuführen, dass entgegen der Behauptung des Bf. im Vorlageantrag, der angefochtene Bescheid sehr wohl eine diesbezügliche Begründung enthält.

Die Haftungsinanspruchnahme liegt im Ermessen (§ 20 BAO) der Abgabenbehörde. Dieses Ermessen umfasst auch das Ausmaß der Heranziehung zur Haftung (ZB ). Gemäß § 20 BAO ist die Ermessensentscheidung innerhalb der vom Gesetzgeber gezogenen Grenzen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommender Umstände zu treffen. Dem Gesetzesbegriff Billigkeit ist dabei die Bedeutung des berechtigten Interesses des Bf. beizumessen, nicht zur Haftung für Abgaben herangezogen zu werden, deren Uneinbringlichkeit bei der Primärschuldnerin feststeht und deren Nichtentrichtung durch ihn verursacht worden ist. Dem Gesetzesbegriff Zweckmäßigkeit kommt die Bedeutung öffentliches Interesse an der Einhebung der Abgaben zu. Dem öffentlichen Interesse an der Einhebung der Abgaben ist dabei der Vorzug gegenüber den Billigkeitsgründen einzuräumen, da die Geltendmachung der Haftung die einzige Möglichkeit zur Durchsetzung des Abgabenanspruches darstellt. Zugunsten des Bf. war jedoch zu berücksichtigen, dass seit der Entstehung der jeweiligen Abgabenansprüche und der Geltendmachung der Haftung eine lange Zeit verstrichen ist. Der Betrag, hinsichtlich welchem der Bf. zur Haftung herangezogen wird, ist daher nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes im Ermessenswege um 20 % zu kürzen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da im gegenständlichen Beschwerdeverfahren keine Rechtsfragen aufgeworfen worden sind, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, sich die Entscheidung auf die angeführte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stützt und insbesondere die Ermessensentscheidung keine solche Rechtsfrage darstellt, ist eine Revision nicht zulässig.

Klagenfurt am Wörthersee, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7102050.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
DAAAC-23779