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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 26.02.2020, RV/7101403/2017

Ermittlung des Anrechnungshöchstbetrages bei Einkünften aus Kanada

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R in der Beschwerde­sache Bf, vertreten durch S, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Wien 8/16/17 vom , betreffend Einkommensteuer 2012, zu Recht erkannt:  

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Der Beschwerdeführer (Bf.) ist Dienstnehmer der A GmbH.

Er reichte im April 2013 eine Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2012 beim Finanzamt ein. Die Veranlagung erfolgte mit Bescheid vom erklärungs­gemäß.

Mit Schriftsatz vom übermittelte der Bf. dem Finanzamt eine geänderte Einkommensteuer­erklärung für 2012. Er stellte gleichzeitig den Antrag auf Wieder­aufnahme des Einkommensteuerverfahrens für 2012 gemäß § 303 BAO bzw. in eventu den Antrag auf Änderung des Einkommensteuerbescheides 2012 vom gemäß § 295a Abs. 1 BAO. In der Begründung ist Folgendes ausgeführt:

Der Bf. sei seit , voraussichtlich befristet bis , für seinen österreichischen Arbeitgeber in Kanada als „Business Traveller“ tätig. Zuvor sei er bereits seit Jänner 2012 im Rahmen von Business Trips in Kanada tätig gewesen.

Wegen der von vornherein befristeten Beschäftigung in Kanada sei die Ansässigkeit des Bf. für die Dauer seiner ausländischen Tätigkeit in Österreich verblieben. Als Ansässig­keits­staat komme Österreich gemäß Art. 4 Abs. 2 lit. a DBA Österreich/Kanada das Besteuerungsrecht auf das gesamte Welteinkommen des Bf. zu. Aufgrund seiner Tätigkeit in Kanada sei der Bf. in Kanada steuerpflichtig geworden.

Am sei der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2012 auf Basis des beim Finanzamt hinterlegten Lohnzettels für 2012 unter Berücksichtigung von steuerpflichtigen Bezügen in Höhe von EUR 39.931,64 erlassen worden.

Der ursprüngliche Lohnzettel für den Zeitraum 1.1. bis sei jedoch zu berichtigen gewesen, weil in diesem die Bezüge zum Teil steuerfrei gestellt worden seien. Da im DBA mit Kanada die Anrechnungsmethode zur Vermeidung der Doppelbesteuerung vorgesehen sei, sei der Lohnzettel zu berichtigen gewesen. Die Übermittlung des berichtigten Lohnzettels für den Zeitraum 1.1. bis an das Betriebsstätten­finanzamt sei veranlasst worden. Eine Kopie des berichtigten Lohnzettels 2012 liege bei.

Der Bf. sei im Jahr 2012 an mehr als 183 Tagen in Kanada tätig gewesen. Dies ergebe sich aus den im März 2014 übermittelten Kalendereintragen des Bf.. Kanada komme sohin im Sinne des Art. 15 Abs. 2 lit. a DBA Österreich/Kanada das Besteuerungsrecht auf die Bezüge, die auf die in Kanada ausgeübten Arbeitstage entfallen, zu.

Im Jahr 2012 seien in Kanada Steuern in Höhe von insgesamt CAD 26.820,36 („federal tax“ in Höhe von CAD 12.300,59 und „Quebec tax“ in Höhe von CAD 14.519,77), umgerechnet EUR 20.884,88 entrichtet worden. Die Einreichung der Steuererklärung in Kanada für das Jahr 2012 sei am erfolgt.

Die Bezüge, für welche gemäß den 205,5 in Kanada verbrachten Arbeitstagen, Kanada ein Besteuerungsrecht zukomme, betrügen EUR 50.414,90.

Gemäß Art. 23 Abs. 2 DBA Osterreich/Kanada werde bei einer in Österreich ansässigen Person die Doppelbesteuerung unter Anrechnung der im Ausland entrichteten Steuer vermieden. Gegenständlich sei daher unter Berücksichtigung des Anrechnungs­höchstbetrages ein Betrag von EUR 16.293,96 im Rahmen der Veranlagung in Österreich anzurechnen. Zur näheren Erläuterung werde auf die Beilage zur Einkommensteuer­erklärung 2012 verwiesen.

Mit Bescheid vom nahm das Finanzamt das Einkommensteuer­verfahren 2012 gemäß § 303 Abs. 1 BAO wieder auf. Im neuen Sachbescheid für 2012 vom wurden die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit iHv EUR 106.340,34 (Bezüge von der A GmbH iHv EUR 56.057,44 und Einkünfte ohne inländischen Steuerabzug iHv EUR 50.414,90, abzüglich Werbungskostenpauschbetrag iHv EUR 132,00) angesetzt. Die Anrechnung der im Ausland entrichteten Steuer erfolgte antragsgemäß iHv EUR 16.293,96.

Der Bf. erhob gegen den neuen Sachbescheid für 2012 Beschwerde, in welcher Folgendes ausgeführt ist:

Die im Einkommensteuerbescheid 2012 vom erfassten Einkünfte ohne inländischen Steuerabzug iHv EUR 50.414,90 seien zur Gänze in den steuerpflichtigen Bezügen iHv EUR 56.057,44 im Lohnzettel der A GmbH unter der Kennzahl 245 enthalten und daher doppelt erfasst worden.

Des Weiteren seien die Kosten der Betriebsratsumlage in Höhe von EUR 170,02 (Kz 724) nicht, wie beantragt, berücksichtigt worden.

Er beantrage daher die entsprechende Korrektur der Einkünfte in der Form, dass die Anrechnung der kanadischen Steuer in Höhe von EUR 16,293,96 (dies entspreche dem aus der Beilage zur Einkommensteuererklärung 2012 ersichtlichen Anrechnungs­höchstbetrag) für 2012 aufrecht bleibt.

Weiters beantrage er, die Betriebsratsumlage in Höhe von EUR 170,02 als Werbungskosten zu berücksichtigen.

Zudem beantrage er, Beiträge bzw. Rückzahlungen von Darlehen und Zinsen zur Wohnraumschaffung bzw. Sanierung von Wohnraum, wie im Einkommensteuer­bescheid 2012 vom anerkannt, iHv EUR 2.760,00 zu berücksichtigen.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom änderte das Finanzamt den Einkommen­steuer­bescheid 2012 vom ab. Die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit wurden iHv EUR 55.887,42 (Bezüge von der A GmbH iHv EUR 56.057,44, abzüglich Betriebsratsumlage iHv EUR 170,02) angesetzt. Die geltend gemachten Sonderausgaben wurden antragsgemäß berücksichtigt. Die Anrechnung der im Ausland entrichteten Steuer erfolgte jedoch nur iHv EUR 15.063,97.

Der Bf. stellte gegen die Beschwerdevorentscheidung einen Vorlageantrag, in welchem ausgeführt ist, die anrechenbare ausländische Steuer sei wie folgt zu berechnen:

Quellenstaateinkünfte EUR 50.414,90 x österreichische Einkommensteuer EUR 17.866,55 / veranlagungspflichtiges Welteinkommen EUR 55.317,64 = EUR 16.283,06.

Es werde daher die Berücksichtigung einer anrechenbaren ausländischen Steuer iHv EUR 16.283,06 beantragt.

Mit Schreiben vom ersuchte das Bundesfinanzgericht den Bf., die auf die Auslandseinkünfte entfallenden anteiligen Sechstelbezüge bekanntzugeben.

Der Bf. gab dem Bundesfinanzgericht im Antwortschreiben vom Folgendes bekannt:

- auf Kanada entfallende anteilige Sechstelbezüge (Arbeitstage insgesamt: 228,5, kanadische Arbeitstage: 205‚5): EUR 5.047,98

- für die auf Kanada entfallenden Sechstelbezüge einbehaltene Sozialversicherungs­beiträge: EUR 868,25.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Gemäß Art. 4 Abs. 1 des Abkommens zwischen der Republik Österreich und Kanada zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung bei den Steuern vom Einkommen und vom Vermögen, BGBl. Nr. 77/1981 (DBA Kanada), bedeutet im Sinne dieses Abkommens der Ausdruck „eine in einem Vertragstaat ansässige Person“ eine Person, die nach dem Recht dieses Staates dort auf Grund ihres Wohnsitzes, ihres ständigen Aufenthaltes, des Ortes ihrer Geschäftsleitung oder eines anderen ähnlichen Merkmals steuerpflichtig ist.

Ist nach Art. 4 Abs. 1 DBA Kanada eine natürliche Person in beiden Vertragsstaaten ansässig, so gilt gemäß Art. 4 Abs. 2 lit. a die Person als in dem Vertragsstaat ansässig, in dem sie über eine ständige Wohnstätte verfügt. Verfügt sie in beiden Vertragsstaaten über eine ständige Wohnstätte, so gilt sie als in dem Vertragsstaat ansässig, zu dem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat (im Folgenden als Mittelpunkt der Lebensinteressen bezeichnet).

Gemäß Art. 15 Abs. 1 DBA Kanada dürfen vorbehaltlich der Artikel 16, 18 und 19 Gehälter, Löhne und ähnliche Vergütungen, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person aus unselbständiger Arbeit bezieht, nur in diesem Staat besteuert werden, es sei denn, dass die Arbeit in dem anderen Vertragsstaat ausgeübt wird. Wird die Arbeit dort ausgeübt, so dürfen die dafür bezogenen Vergütungen in dem anderen Staat besteuert werden.

Gemäß Art. 15 Abs. 2 DBA Kanada dürfen ungeachtet des Absatzes 1 Vergütungen, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person für eine in dem anderen Vertragsstaat ausgeübte unselbständige Arbeit bezieht, nur in dem erstgenannten Staat besteuert werden, wenn

a) der Empfänger sich in dem anderen Vertragsstaat insgesamt nicht länger als 183 Tage während des betreffenden Kalenderjahres aufhält, und

b) die Vergütungen von einem Arbeitgeber oder für einen Arbeitgeber bezahlt werden, der nicht in dem anderen Staat ansässig ist, und

c) die Vergütungen nicht von einer Betriebstätte oder einer festen Einrichtung getragen werden, die der Arbeitgeber in dem anderen Staat hat.

Art. 23 Abs. 2 lit. a DBA Kanada lautet:

Bezieht eine in Österreich ansässige Person Einkünfte aus kanadischen Quellen, die nach diesem Abkommen in Kanada besteuert werden dürfen, so rechnet Österreich auf die vom Einkommen dieser Person zu erhebende Steuer den Betrag an, der der in Kanada gezahlten Steuer vom Einkommen entspricht. Der anzurechnende Betrag darf jedoch den Teil der vor der Anrechnung ermittelten Steuer vom Einkommen nicht übersteigen, der auf die Einkünfte, die in Kanada besteuert werden dürfen, entfällt.

Der Bf. hatte im Streitjahr 2012 in Österreich und in Kanada einen Wohnsitz inne. Da der Mittelpunkt seiner Lebensinteressen während der Auslandstätigkeit in Österreich verblieben ist, gilt der Bf. gemäß Art. 4 Abs. 2 lit. a DBA Kanada als in Österreich ansässig. Österreich hat als Wohnsitz- und Ansässigkeitsstaat das Besteuerungsrecht auf das gesamte Einkommen des Bf..

Da sich der Bf. im Streitjahr 2012 mehr als 183 Tage in Kanada aufgehalten hat, steht das Besteuerungsrecht an den für die Tätigkeit in Kanada bezogenen nichtselbständigen Einkünften gemäß Art. 15 Abs. 2 lit. a DBA Kanada dem Tätigkeitsstaat ( Kanada ) zu.

Gemäß Art. 23 Abs. 2 lit. a DBA Kanada kommt zur Vermeidung der Doppelbesteuerung die Anrechnungsmethode zur Anwendung.

Der VwGH hat im Erkenntnis vom , Ro 2015/13/0019, ausgesprochen, dass es bei der Anrechnung der ausländischen Steuer nicht auf die speziellen Tarifregelungen des österreichischen Steuerrechts ankommen kann. Die Anrechnung der ausländischen Steuer hat daher unabhängig davon zu erfolgen, ob bestimmte Bezüge in Österreich mit einem festen Steuersatz oder nach dem progressiven Tarif besteuert werden. Daher ist die ausländische Steuer auf die gesamte österreichische Einkommensteuer (Steuer laut Tarif und Steuer nach festen Sätzen) anzurechnen (vgl. dazu auch die Nachweise in SWI 2011, 21 f - Meinungen von Zorn, Lenneis, Renner und Gröhs). Bei der Ermittlung des Anrechnungshöchstbetrags sind in diesem Sinne zur Ermittlung des auf die ausländischen Einkünfte anzuwendenden Durchschnittssteuersatzes die gesamte österreichische Einkommensteuer (Steuer laut Tarif und Steuer nach festen Sätzen) und das gesamte Einkommen zu berücksichtigen (vgl. Loukota/Jirousek, Internationales Steuerrecht, 37. EL, Z 23 Tz 167 ff, zur Auslandssteueranrechnung im Fall „sonstiger Bezüge“; die fixbesteuerten ausländischen Sonderzahlungen sind dabei in sämtliche Daten der Formel – „Einkommensteuer“, „Auslandseinkünfte“, „Einkommen“ – einzubeziehen).

In Ansehung der Rechtsansicht des VwGH ermittelt sich der Anrechnungshöchstbetrag wie folgt:

Einkommensteuer (Tarif und fester Satz) x Auslandseinkünfte (Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit + anteilige Sechstelbezüge) / Einkommen (gesamte veranlagte Einkünfte + Sechstelbezüge)

Einkommensteuer: EUR 17.866,55 + EUR 336,62 = EUR 18.203,17

Auslandseinkünfte: EUR 50.414,90 + EUR 4.179,73 (anteilige Sechstelbezüge EUR 5.047,98 - SV–Beiträge EUR 868,25) = EUR 54.594,63

Einkommen: EUR 55.317,64 + EUR 5.610,29 (Sechstelbezüge EUR 7.524,51 - SV–Beiträge EUR 1.294,22 - Freibetrag EUR 620,00) = EUR 60.927,93

EUR  18.203,17 x EUR 54.594,63 / EUR 60.927,93 = EUR 16.311,00.

Aufgrund der höheren in Kanada entrichteten Steuer ( EUR 20.884,88) ist im gegen­ständlichen Fall der Anrechnungshöchstbetrag in Höhe von EUR 16.311,00 auf die österreichische Einkommensteuer anzurechnen.

Die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit werden – wie in der Beschwerde­vorentscheidung – iHv EUR 55.887,42 (Bezüge von der A GmbH iHv EUR 56.057,44, abzüglich Betriebsratsumlage iHv EUR 170,02) angesetzt. Die geltend gemachten Sonderausgaben werden – wie in der Beschwerdevorentscheidung – antragsgemäß berücksichtigt.

Der angefochtene Bescheid wird dementsprechend abgeändert.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Diese Voraussetzung liegt im Beschwerdefall nicht vor, da die Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () folgt.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Art. 4 Abs. 1 DBA CDN (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Kanada (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. Nr. 77/1981
Art. 15 Abs. 1 DBA CDN (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Kanada (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. Nr. 77/1981
Art. 15 Abs. 2 DBA CDN (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Kanada (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. Nr. 77/1981
Art. 23 Abs. 2 lit. a DBA CDN (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Kanada (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. Nr. 77/1981
Art. 4 Abs. 2 lit. a DBA CDN (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Kanada (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. Nr. 77/1981
Art. 15 Abs. 2 lit. a DBA CDN (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Kanada (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. Nr. 77/1981
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7101403.2017

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at