Einbehaltene Lohnsteuer ist unabhängig von der Abfuhr anrechenbar
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter GK in der Beschwerdesache Bf über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt FA vom , betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2011 zu Recht erkannt:
I.
Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.
Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
II.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG ist nichtzulässig.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE
Das Verfahren stellt sich wie folgt dar:
Der Beschwerdeführer reichte am eine Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2011 beim Finanzamt ein.
Mit Ergänzungsersuchen vom wurde der Beschwerdeführer seitens der belangten Behörde gebeten, verschiedene Fragen zu seiner Beschäftigung bei der AG1 bzw. der AG2 im Jahr 2011 zu beantworten und einen Jahreslohnzettel vorzulegen.
Einlangend mit wurde dem Vorhalt entsprochen und zusätzlich eine Arbeitsbescheinigung der AG1, Monatslohnabrechnungen sowie die An- und Abmeldungen bei der Wiener Gebietskrankenkasse vorgelegt.
Das Finanzamt erließ am einen Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2011, wobei sie Lohnsteuer aus den Beschäftigungen bei der AG2 und AG1 als nicht anrechenbar feststellte.
Dagegen richtete sich die Berufung vom mit dem Vorbringen, dass die einbehaltene Lohnsteuer aus seinen beiden Beschäftigungen bei der Berechnung der Einkommensteuer nicht angerechnet wurde.
Mit der Berufungsvorentscheidung vom wurde der Einkommensteuerbescheid 2011 geändert, indem in beschwerderelevanter Hinsicht lediglich die Lohnsteuer hinsichtlich der Beschäftigung bei der AG2 angerechnet wurde und führte begründend aus:
"Bei der Überprüfung des Jahreslohnzettels der Firma AG1 durch das Betriebsstättenfinanzamt stellte sich heraus, dass ohne Nachweis Bezüge in Höhe laut Daten des Lohnzetttels tatsächlich zugeflossen sind (Kontoauszug) und die Lohnsteuer nicht in den Jahreslohnzettel gestellt werden kann und somit der Jahreslohnzettel von der Firma AG1a auch nicht berichtigt wurde."
Im Schreiben vom beantragte der Beschwerdeführer unter dem Titel "Berufung" die Anrechnung der von der AG1 einbehaltenen Lohnsteuer und wies auf eine Doppelbesteuerung hin, da ihm bereits 422,03 € Lohnsteuer abgezogen worden sind und er nur 2.251,35 € als Nettolohn erhalten habe.
Mit Vorlagebericht vom wurde die Berufung von der belangten Behörde dem Abgabenbehörde zweiter Instanz zur Entscheidung vorgelegt.
Das Bundesfinanzgericht hat über die Beschwerde erwogen:
Die Berufung wurde vom Unabhängigen Finanzsenat nicht erledigt. Gemäß § 323 Abs 38 BAO sind die am bei dem unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz anhängigen Berufungen und Devolutionsanträge vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden im Sinn des Art 130 Abs 1 B-VG zu erledigen. Solche Verfahren betreffende Anbringen wirken mit auch gegenüber dem Bundesfinanzgericht.
Aufgrund der Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom wurde die Rechtssache der nunmehr zuständigen Geschäftsabteilung am zugeteilt.
Strittig ist, ob der seitens des Beschwerdeführers aus dem Dienstverhältnis mit der AG1 als anrechenbare Lohnsteuer geltend gemachte Betrag von 422,03 € auf die Einkommensteuerschuld 2011 anzurechnen ist.
Unstrittig ist infolge der abändernden Berufungsvorentscheidung die Anrechenbarkeit der Lohnsteuer aus dem Dienstverhältnis mit der AG2.
1. Sachverhalt
Der Beschwerdeführer war als Fassader im Zeitraum - bei der AG2 und - bei der AG1 beschäftigt. Die hinsichtlich dieser Beschäftigungen auf den Monatslohnabrechnungen und den Jahreslohnzetteln ausgewiesene Lohnsteuer in Höhe von 491,32 € bzw. 422,03 € wurden seitens beider Arbeitgeber einbehalten und die angeführten Nettolöhne tatsächlich dem Beschwerdeführer ausbezahlt.
2. Beweiswürdigung
Die Einbehaltung von Lohnsteuer ist in den monatlichen Lohnabrechnungen sowie den Jahreslohnzetteln ausgewiesen. Der Beschwerdeführer gab in seinen Anbringen wiederholt an, dass er nur den Nettobetrag nach Abzug der Lohnsteuer in bar erhalten hat. Dies war aufgrund des Vorliegens der monatlichen Lohnabrechnungen, der Arbeitsbescheinigung und der Jahreslohnzettel für den Beschwerdeführer zeitnah möglich zu überprüfen, da jedenfalls die Bruttolöhne und in den monatlichen Lohnabrechnungen auch der Nettobetrag angeführt war.
In Anbetracht, dass aktenkundig ist, dass An- und Abmeldungen für die beiden Beschäftigungen bei der Sozialversicherung vorgenommen wurden, dem Beschwerdeführer der monatliche Nettolohn zumindest aus den monatlichen Lohnabrechnungen bekannt war, und das Finanzamt hinsichtlich der Einbehaltung der Lohnsteuer nichts Gegenteiliges bzw. hinsichtlich des tatsächlichen Zahlungsflusses nichts Stichhaltiges vorbrachte, ist es glaubhaft, dass der Beschwerdeführer lediglich Nettolöhne ausbezahlt bekommen hat.
3. Rechtliche Beurteilung (siehe I.)
§ 46 EStG 1988 in der Fassung BGBl. I Nr. 111/2010 lautet auszugsweise:
"(1) Auf die Einkommensteuerschuld werden angerechnet:
1. Die für den Veranlagungszeitraum festgesetzten Vorauszahlungen,
2. die durch Steuerabzug einbehaltenen Beträge, soweit sie auf veranlagte Einkünfte entfallen.
[…]"
Gemäß § 46 Abs 1 Z 3 EStG 1988 werden auf die Einkommensteuerschuld die durch Steuerabzug einbehaltenen Beträge, soweit sie auf veranlagte Einkünfte entfallen, angerechnet.
Die durch Steuerabzug einbehaltenen Beträge sind bereits dann anzurechnen, wenn sie vom Abzugspflichtigen (zB Arbeitgeber) einbehalten worden sind. Es ist nicht erforderlich, dass der Abzugspflichtige diese Beträge an das Finanzamt auch tatsächlich oder verspätet abgeführt hat (, KESt; , Lohnsteuer).
Der Umstand, ob die einbehaltenen Beträge an das Finanzamt abgeführt wurden, ist für die Anrechnung auf die Einkommensteuerschuld gemäß § 46 Abs 1 Z 3 EStG 1988 ohne Bedeutung.
Dass dem Beschwerdeführer tatsächlich im Wege einer Anzahlung die Bruttogehälter ausbezahlt worden seien, fehlt jeder Hinweis.
Das Bundesfinanzgericht geht daher in Würdigung der vorliegenden Beweise davon aus, dass zwischen dem Beschwerdeführer und den beiden Unternehmen eine Bruttolohnvereinbarung bestand und die Angaben glaubhaft sind, dass ihm nur die in den monatlichen Lohnzetteln ausgewiesenen Nettobeträge ausbezahlt wurden.
Aufgrund der Aktenlage, insbesondere der Vorlage von Meldungen bei der Sozialversicherung, der monatlichen Lohnabrechnungen und der Jahreslohnzettel, kann auch davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer nicht mit seinen Arbeitgebern vorsätzlich zusammengewirkt hat, um Lohnsteuer zu verkürzen. Die Voraussetzungen für die Anwendung des § 83 Abs 3 EStG 1988 liegen somit im gegenständlichen Fall nicht vor.
Für das Bundesfinanzgericht besteht auch keine Bindung an die Feststellungen im Lohnsteuerverfahren ( 89/14/0172), sodass die anrechenbare Lohnsteuer (KZ 260) auch entgegen des festgestellten Lohnzettels angesetzt werden kann.
Eine Steueranrechnung ist nur insoweit zulässig, als sie auf (mit)veranlagte Einkünfte entfällt und die Bezugszahlungen auch tatsächlich erfolgt sind (Perl in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn (Hrsg), Kommentar zum EStG15 Allgemeines Rz 5).
Da die Lohnsteuer eine Erhebungsform der Einkommensteuer und quasi eine Vorausentrichtung der zu veranlagenden Einkommensteuer darstellt und die Löhne entsprechend der Feststellungen auch tatsächlich gezahlt wurden, war der Beschwerde stattzugeben und der angefochtene Bescheid wie folgt abzuändern:
Die von der AG1 einbehaltene und damit anrechenbare Lohnsteuer wird in Höhe von 422,03 € angesetzt.
Die von der AG2 einbehaltene und damit anrechenbare Lohnsteuer wird in Höhe von 491,32 € angesetzt.
4. Unzulässigkeit der Revision (siehe II.)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung liegt nicht vor, da im Wesentlichen eine Sachverhaltsfrage zu klären war und sonst der einheitlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gefolgt wurde (; ; 89/14/0172).
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 279 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 Art. 133 Abs. 4 B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 § 46 Abs. 1 Z 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.7103062.2012 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at