Mangelhafte Beschwerde - Mängelbehebungsauftrag des Finanzamtes nicht erfüllt - Zurückgenommenerklärung durch das BFG
Entscheidungstext
BESCHLUSS
Das Bundesfinanzgericht fasst durch seinen Richter Dr. Alexander Hajicek über die Beschwerde der R**** GmbH, [Adresse], nunmehr des Mag. D**** M**** als Masseverwalter im Insolvenzverfahren der R**** GmbH, [Adresse], gegen die Bescheide des Finanzamtes Wien 1/23 vom , betreffend Umsatzsteuer für die Jahre 2010 sowie 2012 bis 2014, den Beschluss:
Die Beschwerde wird als zurückgenommen erklärt.
Das Beschwerdeverfahren wird eingestellt.
Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist nicht zulässig.
Begründung
Die beschwerdeführende GmbH (Bf.) war im Bereich Immobilienverwaltung tätig. Den Betriebsgegenstand bildete der Kauf und Verkauf von Grundstücken.
Im Betrieb der Bf. fand im Jahr 2017 eine Betriebsprüfung (Bp.) statt, im Zuge derer ua auch Feststellungen betreffend die Umsatzsteuer für 2010 und 2012 bis 2014 getroffen wurden.
Das Finanzamt (FA) folgte den Feststellungen der Bp. und erließ - neben nicht Gegenstand dieses Beschlusses bildenden Bescheiden betreffend Körperschaftsteuer und Haftung für Kapitalertragsteuer - nach erfolgter Wiederaufnahme neue Sachbescheide betreffend Umsatzsteuer für 2010 und 2012 sowie Umsatzsteuerbescheide für 2013 und 2014.
Die Bf. erhob durch ihre steuerliche Vertretung ua gegen die Umsatzsteuerbescheide Beschwerde und führte aus, die Vertretung sei erst diese Woche übernommen worden, daher sei eine Einarbeitung erforderlich. Die Begründung werde bis nachgereicht.
Das FA erließ einen Mängelbehebungsauftrag gemäß § 85 Abs. 2 BAO mit folgendem Inhalt:
„Ihre Beschwerde vom gegen Umsatzsteuer 2010 und 2012-2014; Körperschaftsteuer 2010-2014; Haftungsbescheide Kest 2010-2014 vom weist die nachfolgenden Mängel auf:
Fehlen eines Inhaltserfordernisses
Die Erklärung, in welchen Punkten der Bescheid angefochten wird;
Die Erklärung, welche Änderungen beantragt werden;
Eine Begründung
Die angeführten Mängel sind (…) bis zum zu beheben.
Bei Versäumung dieser Frist gilt die Beschwerde als zurückgenommen“
Innerhalb der gesetzten Frist erstattete die Bf. einen Mängelbehebungsschriftsatz, in welchem sie ihr Beschwerdebegehren konkretisierte und inhaltliche Vorbringen zu ausgewählten, nicht die Umsatzsteuer betreffenden Textziffern des Bp.- Berichts erstattete. Abschließend beantragte sie, den Gewinn 2011 zu kürzen und den Körperschaftsteuerbescheid 2012 unter Berücksichtigung des sich daraus ergebenden Verlustvortrages zu korrigieren. Des Weiteren seien die Kapitalertragsteuerbescheide 2011 bis 2014 jedenfalls um die im Beschwerdebegehren vorgebrachten Punkte zu korrigieren.
In der Beschwerdevorentscheidung (BVE) gab das FA der Beschwerde teilweise statt und änderte den Bescheid betreffend Haftung für Kapitalertragsteuer 2014 zu Gunsten der Bf. ab. Hinsichtlich der angefochtenen Umsatzsteuerbescheide führte das FA aus, dass in den von der Bf. eingebrachten Ergänzungen kein Beschwerdebegehren vorgebracht worden sei und daher eine abweichende Entscheidung obsolet sei.
Die Bf. beantragte daraufhin fristgerecht die Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht.
Im Vorlagebericht ersuchte das FA um Abweisung der Beschwerde im Sinne der BVE.
Mit Beschluss des HG Wien vom **.**.**** zu **S***** wurde über das Vermögen der Bf. ein Konkursverfahren eröffnet. Zum Masseverwalter bestellt wurde Rechtsanwalt Mag. D**** M****.
Mit Beschluss des HG Wien vom **.**.**** wurde die Schließung des Unternehmens angeordnet. Mit Beschluss des HG Wien vom **.**.**** wurde bekanntgemacht, dass Masseunzulänglichkeit vorliegt.
In einem Abgabenverfahren tritt nach der Konkurseröffnung der Masseverwalter an die Stelle des Gemeinschuldners, soweit es sich um Aktiv- oder Passivbestandteile der Konkursmasse handelt. Abgaben sind daher, auch soweit sie Konkursforderungen darstellen, während des Konkursverfahrens gegenüber dem Masseverwalter, der insofern den Gemeinschuldner repräsentiert, festzusetzen (vgl. Ellinger/Iro/Kramer/Sutter/Urtz, BAO3 § 79 E 39 ff mwN).
Es ist somit in diesem Verfahren seit der Konkurseröffnung der Masseverwalter als Partei zu behandeln.
Gemäß § 85 Abs. 2 BAO berechtigen Mängel von Eingaben (Formgebrechen, inhaltliche Mängel, Fehlen einer Unterschrift) die Abgabenbehörde nicht zur (sofortigen) Zurückweisung. Inhaltliche Mängel liegen nur dann vor, wenn in einer Eingabe gesetzlich geforderte inhaltliche Angaben fehlen.
§ 250 Abs, 1 BAO normiert die notwendigen Inhalte einer Beschwerde. Diese sind:
die Bezeichnung des Bescheides, gegen den sie sich richtet;
die Erklärung, in welchen Punkten der Bescheid angefochten wird;
die Erklärung, welche Änderungen beantragt werden;
eine Begründung.
Entspricht die Bescheidbeschwerde nicht den in § 250 Abs. 1 BAO umschriebenen Erfordernissen, so hat gemäß § 85 Abs. 2 BAO das FA dem Beschwerdeführer die Behebung dieser inhaltlichen Mängel mit dem Hinweis aufzutragen, dass die Bescheidbeschwerde nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden Frist als zurückgenommen gilt (vgl. Ritz, BAO6 § 250 Rz 2).
Die Beschwerde enthielt keine Erklärung, in welchen Punkten die Bescheide angefochten werden, keine Darlegung der beantragten Änderungen sowie keine Begründung.
Auf Grundlage dieser Beschwerde hat das FA zu Recht einen Mängelbehebungsauftrag erteilt und der Bf. aufgetragen, diese Mängel in einer bestimmten Frist zu beheben. Die Bf. wurde im Mängelbehebungsauftrag auch darauf hingewiesen, dass bei Versäumung dieser Frist die Beschwerde als zurückgenommen gilt.
Die Bf. brachte fristgerecht einen Mängelbehebungsschriftsatz ein, welcher allerdings lediglich Ausführungen zu Textziffern des Bp.-Berichts enthält, die ausschließlich Feststellungen zur Körperschaftsteuer und Kapitalertragsteuer betreffen.
Die Angabe der Beschwerdepunkte grenzt den Bereich ab, über den in der meritorischen Erledigung der Beschwerde jedenfalls abzusprechen ist. Dem Inhaltserfordernis des § 250 Abs. 1 lit b wird zB entsprochen, wenn der Bescheid „in seinem gesamten Umfang“ angefochten wird und beantragt wird, eine erklärungsgemäße Veranlagung vorzunehmen (vgl. Ritz, BAO6 Rz 9f).
Das in § 250 Abs. 1 lit. c BAO statuierte Erfordernis der Erklärung, welche Änderungen beantragt werden, soll das Finanzamt bzw das Verwaltungsgericht in die Lage versetzen, klar zu erkennen, welche Unrichtigkeiten der Bf. dem Bescheid anlastet und beseitigt wissen will (). Es muss sich der Beschwerde, allenfalls im Zusammenhang mit dem bekämpften Bescheid oder mit anderen aktenkundigen Erklärungen des Abgabepflichtigen entnehmen lassen, welchen normativen Inhalt die von ihm angestrebte Beschwerdevorentscheidung bzw das von ihm angestrebte Erkenntnis haben soll (; ). Die beantragten Änderungen sind konkret zu bezeichnen, es sind konkrete Beträge zu nennen ().
Eine Begründung gemäß § 250 Abs. 1 lit d BAO soll die Behörde in die Lage versetzen, klar zu erkennen, aus welchen Gründen der Beschwerdeführer die Bescheidbeschwerde für gerechtfertigt hält bzw für Erfolg versprechend hält ().
Im Beschwerdefall ist festzustellen, dass durch den Mängelbehebungsschriftsatz dem erteilten Mängelbehebungsauftrag nur unzureichend entsprochen wurde, da keinerlei Vorbringen betreffend Umsatzsteuer erstattet wurde. Die Bf. hat somit nicht zu Erkennen gegeben, in welchen Punkten die Umsatzsteuerbescheide angefochten werden oder welche Änderungen beantragt werden; zudem fehlt es auch an einer Begründung betreffend Umsatzsteuer.
Wird einem berechtigten behördlichen Auftrag zur Mängelbehebung überhaupt nicht, nicht zeitgerecht oder zwar innerhalb der gesetzten Frist aber – gemessen an dem sich an den Vorschriften des § 250 Abs. 1 BAO orientierten Mängelbehebungsauftrag – unzureichend entsprochen, gilt die Beschwerde kraft Gesetzes als zurückgenommen.
Nach § 278 Abs. 1 BAO hat das Bundesfinanzgericht zuerst zu überprüfen, ob die Beschwerde mit Beschluss als unzulässig oder als zu spät eingereicht zurückzuweisen (§ 206 BAO) oder als zurückgenommen (§§ 85 Abs. 2, 86a Abs. 1 BAO) oder als gegenstandlos (§§ 256 Abs. 3, 261 BAO) zu erklären ist.
Im Streitfall hat das FA zu Recht einen Auftrag zur Mängelbehebung erlassen. Dieser wurde durch die Bf. - soweit es Umsatzsteuer betrifft - unzureichend erfüllt. Die Beschwerde ist daher im Umfang des Spruches dieses Beschlusses gemäß § 278 Abs. 1 iVm § 85 Abs. 2 BAO als zurückgenommen zu erklären.
Zur Unzulässigkeit der Revision:
Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da sich die Rechtsfolge im Falle der unzureichenden Erfüllung eines Mängelbehebungsauftrages unmittelbar aus § 85 Abs. 2 BAO ergibt liegt keine Rechtsfrage vor, der gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt. Zudem folgt dieser Beschluss der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 85 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 250 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.7104060.2019 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at