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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 04.02.2020, RV/7200080/2017

Erhebung von Einfuhrumsatzsteuer durch das Zollamt in Fällen, in denen es die Voraussetzungen des § 26 Abs.3 Z.2 UStG als nicht gegeben ansieht

Beachte

VfGH-Beschwerde zur Zahl E 960/2020 anhängig. Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom abgelehnt.; Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2020/16/0140. Mit Erk. v. hinsichtlich Spruchpunkt 1. als unzulässig zurückgewiesen, hinsichtlich Spruchpunkt 2. wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R. in der Beschwerdesache Bf., vertreten durch Vertreter, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Zollamt Wien vom , Zl. 100000/65012/2015-32, betreffend Rücknahme einer begünstigenden Entscheidung und Einfuhrumsatzsteuer nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung

1.

zu Recht erkannt:

Punkt I. des angefochtenen Bescheides wird mangels Rechtsgrundlage ersatzlos aufgehoben.

2.

beschlossen:

Die Beschwerde hinsichtlich Punkt II. wird gemäß § 260 Abs.1 lit.a BAO als nicht zulässig zurückgewiesen.

3.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Sachverhalt:

Die Bf.1 wurde mit Generalversammlungsbeschluss vom gemäß § 5 Umwandlungsgesetz (UmwG) in die Bf. umgewandelt. Letztere ist daher Gesamtrechtsnachfolgerin der Bf.1 (§ 1 UmwG).

Im Zeitraum zwischen und erklärte die Beschwerdeführerin (Bf.) als Anmelder und indirekter Vertreter der Warenempfängerin A.B. in den in der Anlage des angefochtenen Bescheides genannten Zollanmeldungen anlässlich der Überführung von Sonnenblumenöl der Fa. C-Ltd in den zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr, von der Regelung des § 26 Abs.3 Z.2 UStG Gebrauch machen zu wollen. Die Mitteilungen des Abgabenbetrages nach Art. 221 ZK sind gemäß § 74 Abs.1 ZollR-DG Abgabenbescheide und weisen die buchmäßige Erfassung des Zolles mit Beträgen von 0,00 und der Einfuhrumsatzsteuer in Höhe von insgesamt € 12.432,30 aus.

Am wurde zwischen A.B., der Firma D-sro und der C-Ltd ein Vertrag ("Contract of Assignment of Obligations") geschlossen. Laut Punkt 1. dieses Vertrages wurde zwischen der C-Ltd und A.B. als Käuferin der Kaufvertrag ("Agreement I") über nicht näher bezeichnetes Öl geschlossen. Laut Punkt 2. dieses Vertrages wurde zwischen A.B. und der D-sro der Vertrag "Agreement II" über den Transport der Waren und den Eigentumsübergang auf die D-sro geschlossen. Unter Punkt 3. des Vertrages verpflichtete sich die D-sro zur Zahlung des Kaufpreises direkt an C-Ltd. Im Gegenzug dafür verpflichtete sich C-Ltd zur Beförderung der Waren und zur Eigentumsverschaffung an A.B.. Gemäß Punkt. 4. des Vertrages wird die Zahlung des Kaufpreises bei Übergabe der Waren von A.B. an D-sro fällig. Gemäß Punkt 5. des Vertrages wurde vereinbart, dass die Forderungen der A.B. an C-Ltd ebenso wie die Verbindlichkeiten der A.B. aus dem "Agreement I" an die D-sro übertragen werden und alle Ansprüche der C-Ltd im Zusammenhang mit der Zahlung dieser Verbindlichkeiten an D-sro zu richten sind. Die C-Ltd und A.B. kamen überein, dass die Gegenleistung für die Übertragung der abgetretenen Forderungen der Höhe der genannten Verbindlichkeiten entspricht.

Die slowakische Firma D-sro bestellte bei der zypriotischen Firma C-Ltd das verfahrensgegenständliche Speiseöl, welches von C-Ltd bei der serbischen Firma E., der Produzentin des Öls, erworben wurde. C-Ltd verkaufte die Waren mit gesonderter Rechnung an A.B., ., und beauftragte die Bf. mit dem Transport der Ware in die Slowakei. Die Ware wurde im Versandverfahren T1 bis Österreich transportiert, wobei im CMR-Frachtbrief bereits "F." in der Slowakei genannt wurde. Das Versandverfahren wurde in Österreich ordnungsgemäß beendet und die Ware beim Zollamt Wien in den zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr (Verfahren 4000) überführt. Als Warenempfänger scheint in den Zollanmeldungen A.B., als Anmelder die Bf. auf.

Die Bf. erklärte in den Zollanmeldungen als Vertretungsverhältnis die indirekte Vertretung, obwohl sie laut Vollmacht der A.B. vom nur zur direkten Vertretung bevollmächtigt war, und erklärte von der Regelung des § 26 Abs.3 Z.2 UStG Gebrauch machen zu wollen.

Sodann wurde jeweils ein zweiter CMR-Frachtbrief ausgestellt, in welchem als Versender A.B. aufscheint. Die Rechnung der Firma C-Ltd wurde gemeinsam mit der Ware in die Slowakei befördert. Die Rechnungen wurden von G.H. von der D-sro nach Wien an A.B. übermittelt. Diese erstellte eine Rechnung mit einem pauschalen Aufschlag von € 200,00 an den slowakischen Empfänger, wobei A.B. ein Dienstleistungsentgelt von € 114,00 an die Bf. bezahlte und ihr selbst € 86,00 verblieben. Die Ware wurde von der D-sro direkt an die C-Ltd bezahlt, die € 200,00 wurden an A.B. überwiesen.

Das Geschäftsmodell kam durch einen Kontakt von I.J. von der Firma C-Ltd., der K.L., einen Bekannten der A.B. im Jahre 2012 ansprach, ob er ihm Firmen in Österreich vermitteln könne, die als Zwischenhändler betreffend Sonnenblumenölhandel zwischen Zypern und der Slowakei auftreten, zustande. K.L. vermittelte daraufhin seinen Bruder, M.N. und A.B. als Zwischenhändler mit denen die entsprechenden identen Verträge abgeschlossen wurden. Ansprechpartner der Bf. war deren Salesmanager O.P., der diese Vorgangsweise mit G.H. vereinbarte. Die D-sro verfügte nämlich nicht über ausreichend Eigenmittel, die anfallende Einfuhrumsatzsteuer bei einer Verzollung in der Slowakei sofort zu bezahlen, weswegen ein Zwischenhändler in Österreich geschaltet werden musste.

Mit Bescheid des Zollamtes Wien vom Zl. 100000/65012/2015-31, wurde die verfahrensgegenständliche Einfuhrumsatzsteuer auch A.B. zur Entrichtung vorgeschrieben.

Ein finanzstrafgerichtliches Ermittlungsverfahren wegen des Vorwurfs der gewerbsmäßigen Hinterziehung von Eingangs- oder Ausgangsabgaben sowie des Abgabenbetrugs durch G.H., O.P. und A.B. wurde gemäß § 202 FinStrG mit der Begründung eingestellt, dass mangels subjektiver Tatseite keine vorsätzliche Abgabenhinterziehung vorliegt. Überdies liegen nach Ansicht der Staatsanwaltschaft Wien keine Scheingeschäfte vor, da reale Warenlieferungen erfolgten.

Mit Bescheid Spruchpunkt I. des Zollamtes Wien vom , Zl. 100000/65012/2015-32, wurden die in den unter den CRN (Customs Registration Numbers) laut der Anlage dieses Bescheides ergangenen Abgabenmitteilungen enthaltenen Entscheidungen über die Einhebung der Einfuhrumsatzsteuer gemäß § 26 Abs.3 Z.2 Umsatzsteuergesetz 1994 (UStG) durch das für A.B. zuständige Finanzamt gemäß Art. 27 Zollkodex der Union (UZK) iVm § 26 Abs.1 UStG und § 2 Abs.1 Zollrechts-Durchführungsgesetz (ZollR-DG) zurückgenommen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Waren seien nicht für das Unternehmen der A.B. eingeführt worden. Mit Punkt II. wurde die Bf. aufgefordert, die bereits buchmäßig erfassten und gemäß Art. 221 ZK mitgeteilten Beträge an Einfuhrumsatzsteuer in Höhe von € 12.432,30 gemäß § 108 UZK iVm § 26 Abs.1 und 3 Z.1 UStG binnen 10 Tagen auf ein angegebenes Konto beim Zollamt Wien zu entrichten.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die in offener Frist eingebrachte Beschwerde vom . Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass bereits die Staatsanwaltschaft Wien festgestellt habe, dass es sich um die grundsätzlich steuerrechtlich zulässige und nicht unübliche Konstruktion des "Reihengeschäftes" handle. Die belangte Behörde habe zu Unrecht die Gutglaubensregel des § 26 Abs.5 lit.e UStG nicht angewendet und das Ermessen zu Unrecht geübt, da zunächst ein in Österreich ansässiger Vertretener in Anspruch zu nehmen sei.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom , Zl. 100000/65012/2015-35, hat das Zollamt Wien die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass A.B. nicht die Verfügungsmacht am eingeführten Öl übertragen worden sei. Zur Ermessensübung sei darauf zu verweisen, dass der Abgabenbetrag beiden Gesamtschuldnern, der Bf. und A.B. vorgeschrieben wurde. Zu § 26 Abs.5 lit.e UStG wurde bemerkt, dass die Bf. in weiteren drei Fällen als Vertreter fiktiver Zwischenhändler tätig geworden sei. Es seien Mitarbeiter der Bf. gewesen, die Zwischenhändler instruiert hätten, was diese zu tun hatten. Dabei sei der einzige Grund der Zwischenschaltung der Zwischenhändler in Österreich die Nichtentrichtung der Einfuhrumsatzsteuer gewesen. Die Bf. hätte daher wissen müssen, dass den Anmeldungen falsche Angaben zugrunde lagen.

Mit Eingabe vom stellte die Bf. den Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht (Vorlageantrag). Die Bf. beantragte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

Mit Erkenntnis vom , Ra 2018/16/0118, hat der VwGH erkannt, dass die Mitteilung der buchmäßigen Erfassung des Eingangsabgabenbetrages lediglich kraft Fiktion des § 74 Abs.1 ZollR-DG als Abgabenbescheid gilt. Eine in dem die Mitteilung über die buchmäßige Erfassung enthaltenden Schriftstück getroffene allfällige, darüber hinaus gehende Aussage über die von der Regelung des Art. 222 ZK abweichend gemäß § 26 Abs.5 UStG gesetzlich eintretende Fälligkeit der Abgabenschuld erlangt keine normative Qualität. Solcherart sind die bei den Mitteilungen nach Art. 221 ZL des Zollamtes enthaltenen Erläuterungen "5EV…EUSt-Anwendung von § 26 Abs.3 Z.2 UStG" und die Hinweise auf den Regelungsinhalt des § 26 Abs.5 UStG kein normativer Bestandteil eines Bescheidspruches und stellen keine begünstigenden Entscheidungen im Sinn des Art. 8 ZK dar. Der VwGH stellte weiters fest, dass die Mitteilungen gemäß Art. 221 ZK gemäß § 55 Abs.4 ZollR-DG an den indirekten Vertreter zugestellt wurden.

In der mündlichen Verhandlung vom wurde vom Vertreter der Bf. ausgeführt, dass die Abgabenfestsetzung für die EUSt in den Mitteilungen gemäß Art. 221 ZK mit 0,00 erfolgt sei. Es müsste daher ein Abgabenbescheid erlassen werden, damit die Festsetzung der EUSt im Rechtsmittelweg angefochten werden könne. Eine Beschwerde gegen allenfalls noch zu erlassende Bescheide betreffend Säumnis- oder Aussetzungszinsen würde nicht den Rechtsschutz hinsichtlich der EUSt-Vorschreibung gewähren, da Verfahrensgegenstand eines solchen Verfahrens lediglich die vorgeschriebenen Zinsen sind. Die Vetreterin des Zollamtes Wien erklärte, das Zollamt habe die Zahlungsaufforderung in Spruchpunkt II. bewusst als Bescheid bezeichnet und habe damit rechtsverbindlich über den dieser Zahlungsaufforderung zugrundeliegenden Abgabenanspruch abgesprochen.

Beweiswürdigung:

Gemäß § 166 BAO kommt als Beweismittel im Abgabenverfahren alles in Betracht, was zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes geeignet und nach Lage des einzelnen Falles zweckdienlich ist.

Gemäß § 167 Abs.1 BAO bedürfen Tatsachen, die bei der Abgabenbehörde offenkundig sind, und solche, für deren Vorhandensein das Gesetz eine Vermutung aufstellt, keines Beweises.

Gemäß Abs.2 leg. cit. hat im Übrigen die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

Das Bundesfinanzgericht gründet den festgestellten Sachverhalt auf den Inhalt des vom Zollamt Wien vorgelegten Abgabenaktes und die Ausführungen in der mündlichen Verhandlung vom .

Rechtliche Würdigung:

Gemäß Art. 201 Abs. 1 Buchstabe a ZK entsteht eine Einfuhrzollschuld, wenn eine einfuhrabgabepflichtige Ware in den zollrechtlich freien Verkehr überführt wird.

Gemäß Abs.2 leg. cit. entsteht die Zollschuld in dem Zeitpunkt, in dem die betreffende Zollanmeldung angenommen wird.

Gemäß Abs.3 leg. cit. ist der Anmelder Zollschuldner. Im Falle der indirekten Vertretung ist auch die Person Zollschuldner, für deren Rechnung die Zollanmeldung abgegeben wird.

Gemäß Art. 5 Abs.2 ZK kann die Vertretung sein

- direkt, wenn der Vertreter in Namen und für Rechnung eines anderen handelt;

- indirekt, wenn der Vertreter in eigenem Namen, aber für Rechnung eines anderen handelt.

Gemäß Art. 27 Abs.1 UZK nehmen die Zollbehörden eine den Inhaber der Entscheidung begünstigende Endscheidung zurück, wenn alle folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:

a) die Entscheidung wurde auf der Grundlage unrichtiger oder unvollständiger Informationen getroffen,

b) der Inhaber der Entscheidung wusste oder hätte wissen müssen, dass die Informationen unrichtig oder unvollständig waren,

c) wären die Angaben richtig und vollständig gewesen, so wäre eine andere Entscheidung erlassen worden.

Gemäß § 26 Abs.1 UStG gelten für die Einfuhrumsatzsteuer, soweit in diesem Bundesgesetz nichts anderes bestimmt ist, die Rechtsvorschriften für Zölle sinngemäß.

Gemäß § 26 Abs.3 Z.1 UStG sind für die Erhebung der Einfuhrumsatzsteuer die Zollämter zuständig.

Gemäß Z.2 leg. cit. sind abweichend davon für die Einhebung und zwangsweise Einbringung der Einfuhrumsatzsteuer unter folgenden Voraussetzungen die Finanzämter zuständig:

- Die Einfuhrumsatzsteuerschuld ist nach Art. 201 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften entstanden und es handelt sich um keine nachträgliche Berichtigung,

- der Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer ist Unternehmer (§ 2), im Inland zur Umsatzsteuer erfasst und die Gegenstände werden für sein Unternehmen eingeführt und

- der Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer erklärt in der Zollanmeldung, dass er von dieser Regelung Gebrach macht.

Gemäß § 26 Abs.5 leg. cit gilt in den Fällen des Abs.3 Z.2 weiters Folgendes:

a) die Einfuhrumsatzsteuer wird am 15. Des Kalendermonats der dem Tage der Verbuchung auf dem Abgabenkonto folgt, frühestens am 15. Tag des auf den Voranmeldungszeitraum, indem die Einfuhrumsatzsteuerschuld entsteht, zweitfolgenden Kalendermonats fällig.

b) Die Gebarung der Einfuhrumsatzsteuer ist mit jener der Umsatzsteuer in laufender Rechnung zusammengefast zu verbuchen.

c) Einfuhrumsatzsteuerschulden, die in einem Kalendermonat entstanden sind, gelten für die Einhebung und zwangsweise Einbringung als eine Abgabe.

d) Wurde eine unrichtige Zollanmeldung eingereicht, so gilt ein sich daraus ergebender Fehlbetrag an Einfuhrumsatzsteuer als nicht entrichtete Abgabe im Sinne des Finanzstrafgesetzes.

e) Im Falle der indirekten Vertretung ist der Anmelder nicht Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer, wenn dem Anmelder ein schriftlicher Auftrag des Vertretenen zur Anwendung der Regelung des Abs.3 Z.2 vorliegt. Dies gilt nicht, wenn der Zollanmeldung unrichtige Angaben zugrunde liegen und der Anmelder wusste oder vernünftigerweise hätte wissen müssen, dass die Angaben unrichtig sind.

Zu Spruchpunkt I.:

Die Zuständigkeit zur Erhebung der Einfuhrumsatzsteuer obliegt gemäß § 26 Abs.1 UStG grundsätzlich den Zollämtern. Die Zuständigkeit der Finanzämter zur Erhebung und zwangsweisen Einbringung der Einfuhrumsatzsteuer wird gemäß § 26 Abs.3 Z.2 UStG - bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen - durch bloße Erklärung des Schuldners der Einfuhrumsatzsteuer in der Zollerklärung begründet (Vgl. auch Ruppe/Achatz, Umsatzsteuergesetz, § 26 Tz.6/1). Eines besonderen Antrages bedarf es dazu nicht. Eine begünstigende Entscheidung oder ein Bescheid darüber ist für den Eintritt der Rechtswirkungen nicht erforderlich und gesetzlich nicht vorgesehen.

Die in § 26 Abs.5 lit.a UStG normierte Fälligkeit einer solchen Einfuhrumsatzsteuer tritt ohne Entscheidung (Bescheid) der Abgabenbehörde ein.

Die Mitteilung der buchmäßigen Erfassung des Eingangsabgabenbetrages gilt lediglich kraft der Fiktion des § 74 Abs.1 ZollR-DG als Abgabenbescheid. Eine in dem die Mitteilung über die buchmäßige Erfassung enthaltenden Schriftstück getroffene allfällige, darüberhinausgehende Aussage über die von der Regelung des Art. 222 ZK abweichend gemäß § 26 Abs.5 lit.a UStG gesetzlich eintretende Fälligkeit der Abgabenschuld erlangt keine normative Qualität.

Solcherart sind die bei den Mitteilungen nach Art. 221 ZK des Zollamtes enthaltenen Erläuterungen "5EV … EUSt-Anwendung von § 26 Abs.3 Z.2 UStG" und die Hinweise auf den Regelungsinhalt des § 26 Abs.5 UStG kein normativer Bestandteil eines Bescheidspruches und stellen nach Ansicht des VwGH (Ra 2018/16/0118 vom ) keine begünstigenden Entscheidungen im Sinn des Art. 8 ZK bzw. Art. 27 UZK dar.

Damit entbehrt der Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides jeder Rechtsgrundlage und ist ersatzlos aufzuheben.

Zu Punkt II.:

Die in Art. 217 Abs.1 ZK definierte buchmäßige Erfassung stellt eine rein innerdienstliche Tätigkeit der Zollbehörden dar, durch die diese ihrer Verpflichtung nachkommen, unmittelbar nach Vorliegen der erforderlichen Angaben den Abgabenbetrag zu berechnen und in die Bücher einzutragen. Gemäß Art. 221 Abs.1 ZK ist der Abgabenbetrag dem Zollschuldner in geeigneter Form mitzuteilen, sobald der Betrag buchmäßig erfasst worden ist. Die Mitteilung der buchmäßigen Erfassung des Eingangsabgabenbetrages gilt kraft der Fiktion des § 74 Abs.1 ZollR-DG als Abgabenbescheid. Die bei den Mitteilungen des Zollamtes nach Art. 221 ZK enthaltenen Erläuterungen "5EV … EUSt-Anwendung von § 26 Abs.3 Z.2 UStG" und die Hinweise auf den Regelungsinhalt des § 26 Abs.5 UStG sind jedoch gemäß dem Erkenntnis des , kein normativer Bestandteil des Bescheidspruches.

Der Bf. wurde somit die buchmäßige Erfassung der Einfuhrumsatzsteuer in der anlässlich der jeweiligen Abfertigung errechneten Höhe gemäß Art. 221 ZK mitgeteilt. Die in der Mitteilung darüber hinaus enthaltene Aussage über die von der Regelung des Art. 222 ZK abweichend gemäß § 26 Abs.5 lit.a UStG gesetzlich eintretende Fälligkeit der Abgabenschuld und der Hinweis "Zu entrichtender Abgabenbetrag … 0,00" erlangte somit keine normative Qualität. Vice versa bedarf auch die Abänderung dieser Aussage bzw. die Rückkehr zur Regelung des Art. 222 ZK keiner Erledigung der Abgabenbehörde im Sinne des § 92 Abs.1 BAO in Bescheidform.

Punkt II enthält lediglich eine Mitteilung über die Zahlungsfrist des Art. 108 UZK bereits an die Bf. mitgeteilter Abgabenbeträge und die Abgabenkontonummer des Zollamtes Wien. Daher ist auch Punkt II. mit keinem rechtsfeststellenden oder rechtsgestaltenden Inhalt verknüpft und begründet keine neuen Rechte und Pflichten. Beim Inhalt von Punkt II. handelt es sich somit nur um eine Zahlungsaufforderung, der keine normative Qualität zukommt. Würde man in Punkt II. eine neuerliche bescheidmäßige Abgabenvorschreibung erblicken, würde der nunmehrigen Abgabenvorschreibung "res iudicata" entgegenstehen und Punkt II. wäre ersatzlos aufzuheben.

Die Mitteilungen über die buchmäßige Erfassung von Eingangsabgaben wurden der Bf. als indirektem Vertreter anlässlich jeder einzelnen Zollabfertigung gemäß § 55 Abs.4 ZollR-DG zugestellt. Diese Abgabenbescheide sind in Rechtskraft erwachsen. Hingegen wurden der indirekt Vertretenen die Abgabenbeträge nach der Aktenlage erstmalig mit Bescheid vom Bescheid des Zollamtes Wien vom Zl. 100000/65031/2016, zugestellt (siehe ).

Gemäß § 260 Abs.1 lit.a BAO ist die Bescheidbeschwerde mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder mit Beschluss (§ 278) zurückzuweisen, wenn sie nicht zulässig ist. Gemäß § 243 BAO sind Beschwerden nur gegen Bescheide, die Abgabenbehörden erlassen, zulässig, soweit in Abgabenvorschriften nicht anderes bestimmt ist. Daraus ergibt sich, dass nur Bescheide mit Beschwerde anfechtbar sind. Daher sind Bescheidbeschwerden gegen Schriftstücke ohne Bescheidcharakter, wie die vorliegende Zahlungsaufforderung, als unzulässig zurückzuweisen (Ritz BAO-Kommentar § 92 Rz. 17; ).

Betreffend die zu Unrecht enthaltene positive Rechtsmittelbelehrung ist zu bemerken, dass es Bescheidbestandteilen, wie der Begründung oder der Rechtsmittelbelehrung an normativer Kraft fehlt. Sie sind weder rechtsmittel- noch rechtskraftfähig. Durch eine unzutreffende Rechtsmittelbelehrung kann daher nicht eine von Gesetzes wegen nicht zustehende Rechtsmittelbefugnis geschaffen werden. Auch der VwGH hat im Erkenntnis vom , 2210/79 entschieden, dass ein Bescheid, der zu Unrecht eine positive Rechtsmittelbelehrung enthält, keine im Gesetz nicht vorgesehene Berechtigung zur Erhebung eines Rechtsmittels schafft.

Die Beschwerde vom gegen Punkt II. ist daher mit Beschluss als unzulässig zurückzuweisen.

Zum Rechtsschutz der Bf. gegen diese Inanspruchnahme als Steuerschuldner stehen der Bf. nicht nur Rechtsmittel gegen die etwaige Festsetzung von Säumniszinsen nach § 26 Abs.1 UStG iVm Art. 232 ZK und § 80 ZollR-DG zur Verfügung, sondern wohl auch von der Bf. ohnehin gestellte Erstattungsanträge gemäß Art. 236 bzw. Art. 117 UZK, in welchen gemäß § 26 Abs.5 lit.e UStG zu prüfen sein wird, ob der Zollanmeldung unrichtige Angaben zugrunde lagen und die Bf. als Anmelderin wusste oder vernünftigerweise hätte wissen müssen, dass die Angaben unrichtig sind. Ebenfalls denkbar ist die Überprüfung der Richtigkeit der Gebarung und der Verbuchung der EUSt auf einem Zollamtskonto mittels Abrechnungsbescheid gemäß § 216 BAO. In allen aufgezeigten Fällen wird die Zollbehörde über die Vorfrage betreffend den Vorsteuerabzug der Warenempfänger zu entscheiden haben, die als Hauptfrage von dem für die Umsatzsteuer der A.B. und somit die Gewährung des Vorsteuerabzuges gemäß § 12 UStG zuständigen Finanzamt zu entscheiden ist.

Gemäß § 167 Abs.3 BAO ist von der Aufnahme beantragter Beweise abzusehen, wenn die unter Beweis zu stellenden Tatsachen unerheblich sind. Die von der Bf. gestellten Anträge auf Feststellung, dass die Lieferungen den slowakischen Finanzbehörden als Erwerb gemeldet wurden, der Bestätigung der umsatzsteuerrechtlichen Unbedenklichkeit durch das Zoll- bzw. Finanzamt und einer Steuerberatungskanzlei, das aufrechte Bestehen von UID- und EORI- Nummern bzw. Gewerbeberechtigungen sowie die Einvernahme von Q.R. und O.P. waren abzulehnen, da die Klärung von weiteren sachverhaltserheblichen Tatsachen für dieses Verfahren nicht erheblich ist.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Entscheidung stützt sich auf das Erkenntnis des . Es liegt somit keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vor, weshalb eine Revision nicht zulässig ist.

Klagenfurt am Wörthersee, am

Zusatzinformationen


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Materie
Zoll
betroffene Normen
Art. 27 UZK, VO 952/2013, ABl. Nr. L 269 vom S. 1
§ 26 Abs. 3 Z 2 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 26 Abs. 5 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
Verweise
/0118
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7200080.2017

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at