Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 10.03.2020, RV/7100964/2020

Behandlungskosten in einer Privatklinik keine außergewöhnliche Belastung

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/7100964/2020-RS1
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Steuerpflichtige, der eine abgabenrechtliche Begünstigung in Anspruch nimmt, selbst einwandfrei und "unter Ausschluss jeden Zweifels“ das Vorliegen der Umstände darzulegen, auf die die Begünstigung gestützt werden kann, wobei die Gründe im Einzelnen anzuführen sind (Behauptungs- und Nachweispflicht: Jakom/Peyerl, EStG 12. Auflage, § 34 Rz 9, mit Verweis auf ). Zwar gibt es im Abgabenverfahren keine verfahrensförmliche subjektive Beweislastregel; als allgemein anerkannte verfahrensvernünftige Handlungsmaxime gilt aber, dass die Abgabenbehörde ergebnishaft letzten Endes die Behauptungs- und Feststellungsbürde für die Tatsachen trägt, die vorliegen müssen, um den Abgabenanspruch geltend machen zu können, der Abgabepflichtige hingegen für jene, die den Anspruch aufheben oder einschränken (, unter Verweis auf Stoll, BAO-Kommentar, S 1561; ). Die steuerliche Berücksichtigung von Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastung schränkt den Abgabenanspruch ein; sie begünstigt den Abgabepflichtigen, weshalb die Behauptung und der Beweis des Vorbringens vornehmlich dem Abgabepflichtigen obliegt (vgl. -G/06; ; ).
RV/7100964/2020-RS2
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (; ) können Aufwendungen, die einem Steuerpflichtigen für die eigene medizinische Betreuung oder für die medizinische Betreuung eines unterhaltsberechtigten Angehörigen erwachsen, auch dann zwangsläufig anfallen, wenn sie die durch die gesetzliche Krankenversicherung gedeckten Kosten übersteigen, sofern die höheren Aufwendungen aus triftigen medizinischen Gründen anfallen (s dazu auch ). Bloße Wünsche und Vorstellungen der Betroffenen über eine bestimmte medizinische Betreuung sowie allgemein gehaltene Befürchtungen bezüglich der vom Träger der gesetzlichen Krankenversicherung übernommenen medizinischen Betreuung stellen noch keine triftigen medizinischen Gründe dar. Die triftigen medizinischen Gründe müssen vielmehr in feststehenden oder sich konkret abzeichnenden, ernsthaften gesundheitlichen Nachteilen bestehen, welche ohne die mit höheren Kosten verbundene medizinische Betreuung eintreten würden.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache Bf., über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt X vom , betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2018, zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid und die Beschwerdevorentscheidung (letztere vom ) bleiben unverändert.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Die Beschwerdeführerin (Bf.) war im streitgegenständlichen Jahr 2018 als Y nichtselbständig tätig.

In ihrer Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für 2018, die am elektronisch beim Finanzamt einlangte, machte sie an außergewöhnlichen Belastungen mit Selbstbehalt Krankheitskosten von 2.088,00 € sowie an außergewöhnlichen Belastungen bei Behinderung (der Grad der Behinderung der Bf. beträgt 30%) unregelmäßige Ausgaben für Hilfsmittel sowie Kosten der Heilbehandlung von 6.153,85 € geltend.

Am erging seitens des Finanzamtes ein Ersuchen um Ergänzung "betreffend Arbeitnehmerveranlagung 2018" an die Bf., das folgenden Wortlaut aufweist:

"[…]

Ergänzungspunkte:

Betreffend der zusätzlichen Kosten aus der Behinderung werden Sie ersucht, eine genaue Aufstellung samt belegmäßigem Nachweis zu erbringen (Bestätigungen, Rechnungen, Zahlungsbelege etc.). Erhaltene Ersätze, Zuschüsse, Vergütungen zur 24 Stunden-Betreuung sowie das Pflegegeld sind ebenfalls bekanntzugeben und nachzuweisen.

Wurden Therapien, Massagen etc. in Anspruch genommen, so sind diese zusätzlich durch Vorlage einer ärztlichen Verordnung (ausgestellt vor Beginn der jeweiligen Behandlung!) oder durch Zuzahlung eines Trägers der gesetzlichen Sozialversicherung nachzuweisen.

Sollte bis zur angegebenen Frist kein Nachweis erfolgen, können diese Aufwendungen nicht anerkannt werden.

[…]"

Mit ihrem Antwortschreiben vom übermittelte die Bf. dem Finanzamt zahlreiche Unterlagen und Belege, darunter eine "Aufstellung Behinderungskosten" sowie diverse Spitals-, Arzt-, Apotheken- und Optikerrechnungen. Unter den Spitalsrechnungen befanden sich auch 2 Rechnungen des Wiener Privatkrankenhauses A ("Spitalskosten-Rechnung" sowie "Honorarnote", beide vom ); die "Spitalskosten-Rechnung", die an die Bf. adressiert ist, weist "für den Aufenthalt vom bis (2 Tage, Entlassen, Zi. […])" für "chirurgische Eingriffe Gr. C" und "OP-Saalgebühren" einen Rechnungsbetrag von 2.721,01 € aus; die ebenfalls an die Bf. adressierte "Honorarnote" weist für denselben Aufenthalt für "Operationshonorar" und "Narkose" einen Rechnungsbetrag von 2.300,00 € aus (Gesamtbetrag sohin 5.021,01 €). Letzterer wurde von der Bf. am (3.511,00 €) und (1.510,01 €) bezahlt.

Am erging ein weiteres Ersuchen um Ergänzung "betreffend Arbeitnehmerveranlagung 2018" an die Bf., das folgenden Wortlaut aufweist:

"[…]

Ergänzungspunkte:

Bitte legen Sie eine Bestätigung des Sozialministeriumservice oder Ihren Behindertenpass […] vor, die Ihre Behinderung in Höhe von 30% nachweist. Des Weiteren erläutern Sie bitte, ob die beantragten zusätzlichen Kosten in Verbindung mit dieser Behinderung stehen. Ansonsten können die beantragten Kosten bezüglich der Behinderung nicht anerkannt werden.

Um die beantragten Kosten für die Brillen zu gewähren, ist eine Verordnung des Augenarztes notwendig, bitte legen Sie diese ebenfalls vor."

Am übermittelte die Bf. dem Finanzamt ein von ihr verfasstes Schreiben vom mit folgendem Wortlaut:

"[…]

Sehr geehrte Damen und Herren,

da ich Ihnen betreffend zusätzlicher Kosten in Verbindung mit der Behinderung nichts erläutern kann (med. Hintergrund fehlt), möchte ich aber dennoch hiermit bestätigen, dass die bei Ihnen mit der Arbeitnehmerveranlagung 2018 eingereichten Rechnungen (Arzt, Operation, Spitalskosten, Rehakosten) mit meiner 30%-igen Behinderung in Verbindung stehen.

Die Diagnosen und die dementsprechenden Therapien stehen auf jeder eingereichten Rechnung.

Ich hoffe, dass es keine Unklarheiten gibt und stehe auf jeden Fall für weitere Fragen zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

[…]"

Diesem Schreiben der Bf. vom war ein an die Bf. ergangener Bescheid des Sozialministeriumservice, LandesstelleZZ, C, vom , D, beigeschlossen, wonach der am eingelangte Antrag der Bf. auf Feststellung der Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Behinderten abgewiesen wird und der Grad ihrer Behinderung 30% beträgt. Begründend wurde dazu in diesem Bescheid ua. ausgeführt, dass im Ermittlungsverfahren eine ärztliche Begutachtung zur Feststellung des Grades der Behinderung durchgeführt worden sei und nach diesem Gutachten der Grad der Behinderung 30% betrage.

In diesem Gutachten ("Sachverständigengutachten (mit Untersuchung) nach der Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010") des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, LandesstelleYY, vom , das dem oa. Schreiben der Bf. vom beigeschlossen war, hatte der Sachverständige Dr. E (Fachgebiet: Orthopädie) im Rahmen des Verfahrens "Antrag auf Feststellung der Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten" nach am durchgeführter Begutachtung bei der Bf. einen Gesamtgrad der Behinderung von 30% festgestellt (degenerative Wirbelsäulenveränderungen, Cervicobrachialsyndrom, Lumbalgie: 30% Grad der Behinderung (Gdb); Zustand nach Schultereingriff rechts: 10% Gdb; Hypertonie: 10% Gdb).

Am erließ das Finanzamt den Bezug habenden Einkommensteuerbescheid (Arbeitnehmerveranlagungsbescheid) für 2018, mit dem es die von der Bf. als außergewöhnliche Belastungen mit Selbstbehalt geltend gemachten Krankheitskosten erklärungsgemäß mit 2.088,00 € anerkannte und den Freibetrag wegen eigener Behinderung (Minderung der Erwerbsfähigkeit von 25% bis 34%) gemäß § 35 Abs. 3 EStG 1988 gewährte; die als außergewöhnliche Belastungen bei Behinderung geltend gemachten Kosten (unregelmäßige Ausgaben für Hilfsmittel sowie Kosten der Heilbehandlung) wurden mit Ausnahme der im Zusammenhang mit der Operation der Bf. im Privatkrankenhaus A angefallenen Ausgaben von 5.021,01 € (siehe oben) anerkannt.

Begründend führte das Finanzamt dazu aus:

"Kosten für einen Privatarzt, Privatkrankenhaus bzw. für die Sonderklasse sind nur dann absetzbar, wenn eine medizinische Notwendigkeit vorliegt. Diese ist durch eine ärztliche Verordnung nachzuweisen. Die beantragten Ausgaben konnten mangels dieser Voraussetzungen nicht als außergewöhnliche Belastung anerkannt werden."

Gegen den angeführten Bescheid erhob die Bf. am Beschwerde "betreffend [ihre] nicht berücksichtigten privat bezahlten Arztrechnungen":

Aufgrund einer berufsbedingten, immens schmerzhaften Halswirbelsäulenerkrankung (30% Behinderung) mit fast unerträglich ausstrahlenden Schmerzen über die linke Schulter in den gesamten linken Arm seien mehrere Spitalsaufenthalte und knapp 1 Jahr Krankenstand notwendig gewesen.

Da zuletzt nach einer Nerv-Denervierung in der Halswirbelsäule die Schmerzen sich nur leicht gebessert hätten und im linken Schulterbereich jedoch sehr stark geblieben seien, sei eine gerissene Sehne (Supraspinatussehne) in der linken Schulter diagnostiziert worden.

Um einer drohenden Kündigung (nach 23 Dienstjahren und 55+) entgegenzusteuern, sei die Bf. gezwungen gewesen, so rasch als möglich einen OP-Termin zu erhalten.

Da sie leider in einem öffentlichen Spital eine Wartezeit von mehreren Monaten gehabt hätte, sei ihr nichts anderes übrig geblieben, als die Kosten für die OP und das Spital von 5.021,01 € und weitere hierfür notwendige Arztkosten privat (ohne Zusatzversicherung) zu finanzieren.

Die Bf. ersuche höflichst, den Sachverhalt diesbezüglich nochmals neu zu begutachten und zu bewerten.

Am erging seitens des Finanzamtes ein weiteres Ersuchen um Ergänzung ("betreffend Beschwerde") an die Bf., das folgenden Wortlaut aufweist:

"[…]

Ergänzungspunkte:

Grundsätzlich werden die Kosten für notwendige medizinische Behandlungen durch den jeweiligen Krankenversicherungsträger übernommen.

Die gegenständlichen Kosten für den Aufenthalt und die Operation im A sind daher nur dann absetzbar, wenn durch ein eindeutiges medizinisches Attest nachgewiesen werden kann, dass der durchgeführte Eingriff aufgrund triftiger medizinischer Gründe nicht auch in einem allgemeinen Krankenhaus auf der normalen Klasse durchgeführt werden konnte. Die triftigen medizinischen Gründe müssen in feststehenden oder sich konkret abzeichnenden ernsthaften gesundheitlichen Nachteilen bestehen, welche ohne die mit höheren Kosten verbundene medizinische Betreuung eintreten würden.

Sie werden daher gebeten, darüber einen geeigneten Nachweis zu erbringen."

Soweit aus den von der belangten Behörde dem Bundesfinanzgericht vorgelegten Verwaltungsakten ersichtlich, wurde dieses Ergänzungsersuchen vom seitens der Bf. nicht beantwortet.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab:

Nach Darlegung der Bestimmung des § 34 Abs. 1 EStG 1988 führte die belangte Behörde aus, die Bf. mache die Kosten einer Schulteroperation im Privatspital A in Wien geltend.

Gemäß ständiger Rechtsprechung () seien Aufwendungen für Operationen in Privatkrankenanstalten, die über die gesetzliche Krankenversicherung hinausgingen, dann als zwangsläufig erwachsen zu sehen, wenn triftige medizinische Gründe vorlägen.

Im gegenständlichen Fall sei die Schulteroperation in einer privaten Krankenanstalt unter Heranziehung eines Wahlarztes durchgeführt worden. Zur Beurteilung, ob die Kosten zwangsläufig erwachsen seien, sei die Bf. aufgefordert worden, eine geeignete ärztliche Bestätigung nachzureichen, die zum Ausdruck bringe, welche medizinische Behandlung ausschließlich im Privatkrankenhaus möglich gewesen sei bzw. welche konkreten medizinischen Nachteile durch die Nichtinanspruchnahme des Privatkrankenhauses gedroht hätten. In diesem Zusammenhang werde auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (; ) verwiesen, wonach höhere Aufwendungen als jene, die von der gesetzlichen Krankenversicherung übernommen würden, nur dann als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen seien, wenn sie aus triftigen medizinischen Gründen getragen würden. Da ein derartiger Nachweis nicht erbracht habe werden können, sei die Zwangsläufigkeit der Ausgaben nicht nachgewiesen.

Die Beschwerde sei daher als unbegründet abzuweisen gewesen.

In ihrem Vorlageantrag vom führte die Bf. aus, sie habe Krankheitskosten von 5.021,01 € (für die OP und das Spital) geltend gemacht und diese seien abgelehnt worden. Trotz all dem ersuche sie nochmals um Prüfung ihrer Kosten und um Berücksichtigung ihrer 30%-igen Behinderung.

Ergänzend zu ihrer Beschwerde wolle sie noch anmerken, dass in der linken Schulter eine totale Ruptur (vollständiger Riss) der Supraspinatussehne diagnostiziert worden sei. Ein schnellstmöglicher OP-Termin sei dringend notwendig gewesen, um eine operative Stabilisierung dieser Sehne zu gewährleisten und um das Zurückziehen der Sehnenanteile zu verhindern.

Bestehe eine Ruptur längere Zeit und sei der betroffene Sehnenanteil bereits zurückgezogen, komme es zur Einlagerung von Fett in den dazugehörigen Muskel. Dieser Vorgang sei größtenteils nicht mehr rückgängig zu machen und verschlechtere das Ergebnis nach einer Operation deutlich. Das Risiko einer neuerlichen Ruptur sei dann erhöht.

Sei der Riss zu groß bzw. die Sehne schon zu stark zurückgezogen und der dazugehörige Muskel geschädigt, könne mitunter eine Naht nicht mehr möglich und eine Schulterprothese der letzte Ausweg sein.

Bei ihrer Schulter-OP rechts im Jahr 2012 - ebenfalls totale Ruptur der Supraspinatussehne, welche berufsbedingt gewesen sei - habe die Bf. nach eingehender Untersuchung im SpitalFF die Information erhalten, dass ihr eine OP zustünde, jedoch sei der früheste Vormerktermin in ca. 8 Monaten. Da sie keine zusätzliche Krankenversicherung habe, möge sie es doch bitte in einem anderen Spital versuchen, um einen schnelleren OP-Termin zu erhalten. Eine Woche später sei sie im A erfolgreich operiert worden und habe sieben Monate später wieder ihren Beruf ausüben können.

Wie bereits erwähnt, sollten größere Rupturen nicht allzu lange unbehandelt bleiben, da die Gefahr des Voranschreitens der Rissgröße mit nachfolgender Schädigung des Muskels bestehe und die Sehnenteile sich zurückzögen, was schwerwiegende Folgen nach sich ziehe.

Somit sei die Bf. nun auch bei ihrer linken Schulter gezwungen gewesen, einer raschen Schulter-OP im A zuzustimmen. Für sie sei ein stationärer Aufenthalt von nur 1 Nacht notwendig gewesen, idR erfolge dieser Eingriff bei einem stationären Aufenthalt von 3-4 Tagen.

Dem Vorlageantrag der Bf. war ein ärztliches Attest des Dr. G, Arzt für Allgemeinmedizin, Adresse1, vom beigeschlossen, wonach bei der Bf. eine Operation an der linken Schulter im November 2018 aus medizinischen Gründen dringend indiziert gewesen sei.

Am wurde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Im Bezug habenden Vorlagebericht führte die belangte Behörde aus, strittig sei die Anerkennung seitens der Bf. geltend gemachter Kosten von 5.021,01 € im Zusammenhang mit einer Schulteroperation im Privatkrankenhaus A in Wien als außergewöhnliche Belastung.

Gemäß ständiger Rechtsprechung () seien Aufwendungen für Operationen in Privatkrankenanstalten, die über die gesetzliche Krankenversicherung hinausgingen, dann als zwangsläufig erwachsen zu sehen, wenn triftige medizinische Gründe vorlägen.

Zur Beurteilung, ob die Kosten zwangsläufig erwachsen seien, sei die Bf. mit Vorhalt vom aufgefordert worden, eine geeignete ärztliche Bestätigung nachzureichen, die zum Ausdruck bringe, welche medizinische Behandlung ausschließlich im Privatkrankenhaus möglich gewesen sei bzw. welche konkreten medizinischen Nachteile durch die Nichtinanspruchnahme des Privatkrankenhauses gedroht hätten.

In diesem Zusammenhang werde auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (; ) verwiesen, wonach höhere Aufwendungen als jene, die von der gesetzlichen Krankenversicherung übernommen würden, nur dann als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen seien, wenn sie aus triftigen medizinischen Gründen getragen würden.

Da ein derartiger Nachweis nicht erbracht habe werden können, sei die Zwangsläufigkeit der Ausgaben nicht nachgewiesen.

Es werde daher die Abweisung des Rechtsmittels beantragt.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Gemäß § 34 Abs. 1 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss dabei außergewöhnlich sein (Abs. 2), sie muss zwangsläufig erwachsen (Abs. 3) und sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4). Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.

Gemäß § 34 Abs. 2 EStG 1988 ist die Belastung außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst.

Gemäß § 34 Abs. 3 EStG 1988 erwächst die Belastung dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.

Alle vorstehenden Voraussetzungen müssen zugleich gegeben sein.

Strittig ist im gegenständlichen Fall die Anerkennung seitens der Bf. geltend gemachter Kosten im Zusammenhang mit einer Schulteroperation im Privatkrankenhaus A in Wien als außergewöhnliche Belastung iSd § 34 EStG 1988. Die Bf. war dort in der Zeit vom bis zum stationär aufhältig und hat gemäß den von ihr vorgelegten, Bezug habenden Rechnungen Kosten in Zusammenhang mit der Operation (Aufenthalt und Operationshonorar) von 5.021,01 € aufgewendet.

Dazu ist seitens des Bundesfinanzgerichtes Folgendes festzuhalten:

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Steuerpflichtige, der eine abgabenrechtliche Begünstigung in Anspruch nimmt, selbst einwandfrei und "unter Ausschluss jeden Zweifels" das Vorliegen der Umstände darzulegen, auf die die Begünstigung gestützt werden kann, wobei die Gründe im Einzelnen anzuführen sind (Behauptungs- und Nachweispflicht: Jakom/Peyerl, EStG12, § 34 Rz 9, mit Verweis auf ).

Zwar gibt es im Abgabenverfahren keine verfahrensförmliche subjektive Beweislastregel; als allgemein anerkannte verfahrensvernünftige Handlungsmaxime gilt aber, dass die Abgabenbehörde ergebnishaft letzten Endes die Behauptungs- und Feststellungsbürde für die Tatsachen trägt, die vorliegen müssen, um den Abgabenanspruch geltend machen zu können, der Abgabepflichtige hingegen für jene, die den Anspruch aufheben oder einschränken (, unter Verweis auf Stoll, BAO-Kommentar, S 1561; ). Die steuerliche Berücksichtigung von Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastung schränkt den Abgabenanspruch ein; sie begünstigt den Abgabepflichtigen, weshalb die Behauptung und der Beweis des Vorbringens vornehmlich dem Abgabepflichtigen obliegt (vgl. -G/06; ; ).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (; ) können Aufwendungen, die einem Steuerpflichtigen für die eigene medizinische Betreuung oder für die medizinische Betreuung eines unterhaltsberechtigten Angehörigen erwachsen, auch dann zwangsläufig anfallen, wenn sie die durch die gesetzliche Krankenversicherung gedeckten Kosten übersteigen, sofern die höheren Aufwendungen aus triftigen medizinischen Gründen anfallen (s dazu auch ; in dem diesem Erkenntnis zugrunde liegenden Beschwerdefall waren die triftigen medizinischen Gründe durch den behandelnden Arzt und den Gutachter hinreichend (und im dort angefochtenen Bescheid unwiderlegt) aufgezeigt). Bloße Wünsche und Vorstellungen der Betroffenen über eine bestimmte medizinische Betreuung sowie allgemein gehaltene Befürchtungen bezüglich der vom Träger der gesetzlichen Krankenversicherung übernommenen medizinischen Betreuung stellen noch keine triftigen medizinischen Gründe für Aufwendungen dar, welche die durch die gesetzliche Krankenversicherung gedeckten Kosten übersteigen. Die triftigen medizinischen Gründe müssen vielmehr in feststehenden oder sich konkret abzeichnenden, ernsthaften gesundheitlichen Nachteilen bestehen, welche ohne die mit höheren Kosten verbundene medizinische Betreuung eintreten würden.

Im gegenständlichen Fall hat die Bf., wie die belangte Behörde in ihrem Vorlagebericht vom zu Recht ausführt, diesen Nachweis nicht erbracht:

In dem von der Bf. vorgelegten ärztlichen Attest des Dr. G vom (siehe dazu bereits oben in der Darstellung des Verfahrensganges in diesem Erkenntnis) wird das Vorliegen triftiger medizinischer Gründe, sohin das Bestehen von feststehenden oder sich konkret abzeichnenden, ernsthaften gesundheitlichen Nachteilen, welche ohne die mit höheren Kosten verbundene medizinische Betreuung im Privatkrankenhaus eintreten würden, im gegenständlichen Fall nicht aufgezeigt (es ist dort lediglich von "medizinischen Gründen" die Rede, die für die durchgeführte Operation unbestritten gegeben sind).

Es wäre an der Bf. gelegen gewesen, einen entsprechenden Nachweis (eine geeignete ärztliche Bestätigung) über das Vorliegen triftiger medizinischer Gründe im gegenständlichen Fall vorzulegen (Behauptungs- und Nachweispflicht bei abgabenrechtlichen Begünstigungen, siehe oben); dies hat sie nicht getan (anzumerken ist, dass eine kürzere Wartezeit für sich alleine noch keinen triftigen medizinischen Grund für eine Behandlung in einem Privatspital darstellt: ). Die von der Bf. va. im Vorlageantrag vom getätigten Ausführungen zu den möglichen gesundheitlichen Folgen bei Nichtinanspruchnahme der medizinischen Betreuung im Privatkrankenhaus vermögen den oa., entsprechenden (medizinischen) Nachweis nicht zu ersetzen, weshalb die Zwangsläufigkeit der strittigen Ausgaben nicht nachgewiesen ist.

Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.

Unzulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Beschwerdefall lag keine Rechtsfrage vor, der grundsätzliche Bedeutung zukam. Die zu lösenden Rechtsfragen beschränkten sich auf solche, welche bereits in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (zB , siehe oben) beantwortet wurden. Die (ordentliche) Revision ist somit nicht zulässig.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 119 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 34 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
Verweise
Jakom/Peyerl, EStG 12. Auflage, § 34 Rz 9





ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7100964.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at