Fristversäumnis für Einreichung kann mit Ermessen nicht geheilt werden.
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin in der Beschwerdesache Beschwerdeführer, vertreten durch WTHKanzlei, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt vom , betreffend die Erstattung von Vorsteuern für 01-12/2017 zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
Der Beschwerdeführer ist ein in Deutschland ansässiger Unternehmer.
Am Freitag, dem , stellte er über das elektronische Portal in Deutschland BZStOnline-Portal ( BOP ) des Bundeszentralamtes für Steuern in Deutschland(= BZSt) einen Antrag auf Erstattung österreichischer Umsatzsteuer in Höhe von 737,04 Euro, die ihm von österreichischen Unternehmern in Rechnung gestellt worden war.
Der Antrag, der von einer Mitarbeiterin der steuerlichen Vertretung eingebracht worden war, war mit der Referenznummer DE0000000009989638 versehen.
Am Samstag, dem , um 11:30 langte bei der steuerlichen Vertretung eine elektronische Nachricht vom BZSt ein, wonach der Erstattungsantrag nicht zur Bearbeitung übernommen wurde. Die Gründe für die Verweigerung der Annahme wurden nicht angeführt.
In der Folge stellte der Bf. durch seine steuerliche Vertretung einen neuerlichen Erstattungsantrag, der diese Referenznummer nicht enthielt.
Dieser Antrag wurde zur Bearbeitung angenommen und ging am in Österreich ein.
Allerdings wies das Finanzamt diesen Antrag mit Bescheid vom wegen Verspätung zurück.
Der Bf. brachte gegen die Zurückweisung mit Eingabe vom Beschwerde ein. Der Beschwerde legte er eine Kopie des Antrages vom , zum Nachweis der Rechtzeitigkeit des Erstantrages bei.
Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom mit der Begründung ab, dass der Erstattungsantrag in Österreich erst am eingegangen sei.
Mit Vorlageantrag vom brachte der Bf. vor, dass die Nichtannahme des Erstantrages ohne sein Verschulden erfolgt sei. Er ersuche daher der Beschwerde stattzugeben.
Eine Anfrage des Bundesfinanzgerichtes vom wegen des Grundes der Nichtannahme des Erstantrages wurde vom Bundeszentralamt mit Schriftsatz vom wie folgt beantwortet:
Zum Antrag vom unter der Referenznummer DE0000000009989638 wurde dem BZSt von Österreich als Grund für die Zurückweisung „Period change not allowed“
Die steuerliche Vertretung wurde per E-Mail am darüber informiert.
„Nach Kenntnis des BZSt wurde der Antrag deshalb „technisch“ zurückgewiesen, da der Antrag als Berichtigung zum Antrag DE0000000009989638 in der Version 2015-09-25T07:55:06 für den Vergütungszeitraum 01-12/2014 gestellt wurde.
Vom Antragsteller wurde die gleiche Referenznummer (Berichtigung eines Antrages) unter Änderung des Vergütungszeitraumes verwendet.“
Diese Antwort des BZSt wurde dem Bf. mit Schriftsatz vom zur Kenntnis und Stellungnahme übermittelt.
Der Bf. nahm mit Schriftsatz vom dazu wie folgt Stellung:
„Die zuständige Mitarbeiterin der steuerlichen Vertretung hat am um 11:40:00 den Antrag auf Erstattung für 2017 elektronisch eingereicht.
Dabei wurde von der zuständigen Mitarbeiterin als Bearbeitungsvorlage der Antrag für 2014 verwendet. Offensichtlich hat sie dabei aus Versehen auch die Referenznummer aus der Bearbeitungsvorlage übernommen.
Der Antrag wurde am zurückgewiesen, aber erst am nächstfolgendem Arbeitstag am erlangte die steuerliche Vertretung von der Zurückweisung Kenntnis.
Ein Korrekturantrag war wegen des Ablaufs der Einreichfrist nicht mehr möglich.
Es wird ersucht aus Billigkeitsgründen der Beschwerde stattzugeben, da diese ursprünglich fristgerecht eingereicht worden war.
Rechtslage
Gemäß § 3 Abs. 1 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen, mit der ein eigenes Verfahren für die Erstattung der abziehbaren Vorsteuern an ausländische Unternehmer geschaffen wird, BGBl. 279/1995 idF BGBl. II 222/2009 ab , hat der im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässige Unternehmer den Erstattungsantrag auf elektronischem Weg über das in dem Mitgliedstaat, in dem er ansässig ist, eingerichtete elektronische Portal zu übermitteln. Der Antrag ist binnen neun Monaten nach Ablauf des Kalenderjahres zu stellen, in dem der Erstattungsanspruch entstanden ist.
Erwägungen des Bundesfinanzgerichtes
Im Beschwerdefall endete die Frist zur elektronischen Einbringung der Vorsteuererstattungsanträge für den Erstattungszeitraum 2017 gemäß § 3 Abs. 1 der Verordnung am .
Nach der Aktenlage ist der elektronische Antrag auf Vorsteuererstattung verspätet, nämlich am gestellt worden.
Die objektive Tatsache der verspäteten elektronischen Antragstellung steht im vorliegenden Fall außer Streit und bedingt eine Zurückweisung. Nach dem Verordnungstext wird keinerlei Fristüberschreitung toleriert und die Verordnung enthält hinsichtlich dieser Frist keinen Ermessensspielraum. Es liegt hier eine gesetzliche bzw. durch eine Verordnung normierte Fallfrist vor (vgl. Elsacom NV). Selbst bei Überschreitung der Frist um auch nur einen Tag bedingt dies eine Zurückweisung.
Gemäß § 110 Abs. 1 BAO können gesetzlich festgelegte Fristen - wenn nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist - nicht geändert werden. Gesetzlich festgelegte Fristen sind solche, deren Dauer in Gesetzen oder in Verordnungen festgelegt ist. Die Verordnung BGBl. Nr. 279/1995 (auch idF BGBl. II 222/2009) sieht keine Möglichkeit zur Verlängerung der in ihrem § 3 Abs. 1 genannten Frist vor ().
Der vom Bf. vorgebrachte Umstand, dass der rechtzeitig eingebrachte Antrag vom zurückgewiesen worden sei, weil die Sachbearbeiterin den Erstattungsantrag für 2014 als Muster benutzt und irrtümlich die Referenznummer dieses Antrages verwendet habe, kann im Vorsteuererstattungsverfahren keine Berücksichtigung finden kann, da § 3 der Verordnung ausschließlich auf die objektive Tatsache der Fristversäumnis abstellt, welche den Verlust des Anspruches auf Erstattung der Vorsteuern bedingt (vgl. Haunold/Widhalm, Vorsteuererstattungsverfahren für ausländische Unternehmer, ÖStZ 1995, 235).
Auch die gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen rechtfertigen keine andere Betrachtungsweise. Der österreichische Verordnungsgeber hat durch die Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend die Änderung der Verordnung, mit der ein eigenes Verfahren für die Erstattung der abziehbaren Vorsteuern an ausländische Unternehmer geschaffen wird, BGBl. II 222/2009, ausgegeben am , die Richtlinie 2008/9/EG des Rates vom , ABl. L 44/23, zur Regelung der Erstattung der Mehrwertsteuer gemäß der Richtlinie 2006/112/EG an nicht im Mitgliedstaat der Erstattung, sondern in einem anderen Mitgliedstaat ansässige Steuerpflichtige, umgesetzt.
Um eine Erstattung von Mehrwertsteuer im Mitgliedstaat der Erstattung zu erhalten, muss der nicht im Mitgliedstaat der Erstattung ansässige Steuerpflichtige einen elektronischen Erstattungsantrag an diesen Mitgliedstaat richten und diesen in dem Mitgliedstaat, in dem er ansässig ist, über das von letzterem Mitgliedstaat eingerichtete elektronische Portal einreichen. Nach Artikel 15 der Richtlinie 2008/9/EG muss der Erstattungsantrag dem Mitgliedstaat, in dem der Steuerpflichtige ansässig ist, spätestens am 30. September des auf den Erstattungszeitraum folgenden Kalenderjahres vorliegen.
Diese Bestimmungen sind für die Mitgliedstaaten verbindlich. Mit ihnen wäre es nicht vereinbar, wenn die Frist des § 3 Abs. 1 der Verordnung individuell verlängert werden könnte ( zur insoweit vergleichbaren alten Rechtslage) bzw. ein verspätet eingereichter Antrag als rechtzeitig gewertet werden würde (in diesem Sinne auch die Judikatur des BFH vom , V R 76/98 noch zur alten, hinsichtlich des Vorliegens von Fallfristen vergleichbaren Rechtslage).
Im Beschwerdefall ist der ordnungsgemäße Antrag erst am , also nach Ablauf der Einreichfrist am bei der österreichischen Finanzverwaltung eingegangen.
Er war daher als verspätet zurückzuweisen.
Die Gründe, die zur Verspätung geführt haben, auch wenn sie auf einem Versehen beruhen, sind unbeachtlich.
Die Beschwerde war daher abzuweisen.
Zur Beseitigung von Rechtsnachteilen, die die Partei durch die Versäumung einer Frist erleidet, ist bei Vorliegen der Voraussetzungen, eine Antragstellung auf die Gewährung einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 308 BAO wegen Versäumung der Antragsfrist vorgesehen, über die vom Finanzamt zu entscheiden wäre.
Zulässigkeit einer Revision:
Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Graz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 110 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 Art. 15 RL 2008/9/EG, ABl. Nr. L 44 vom S. 23 § 3 Abs. 1 Verfahren für die Erstattung der abziehbaren Vorsteuern, BGBl. Nr. 279/1995 Art. 8 RL 2008/9/EG, ABl. Nr. L 44 vom S. 23 Art. 11 RL 2008/9/EG, ABl. Nr. L 44 vom S. 23 |
Verweise | BFH , V R 76/98 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.2101266.2018 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at