Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 24.02.2020, RV/7100328/2015

1. Abweisung 2. Verzicht der Gesellschafter auf nachrangige Forderungen aufgrund der angespannten wirtschaftlichen Lage der Gesellschaft 3. keine Festsetzungsverjährung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R. in der Beschwerdesache Bf., vertreten durch Interexpert Treuhand Steuerberatungsgesellschaft m.b.H & Co OG, Gierstergasse 6, 1120 Wien, über die Beschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom , ErfNr.xxx, betreffend Gesellschaftsteuer zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Mit dem, im Spruch dieses Erkenntnisses angeführten, Bescheid  setzte die belangte Behörde gegenüber der Beschwerdeführerin, (Bf.), für  den Forderungsverzicht  ihrer Gesellschafter in der Höhe von € 2.755.860,90 , auf Grund des Generalvergleichs  im Jahre 2005,  die Gesellschaftssteuer gemäß §§ 2 Z 2 bis 4, 7 Abs.1 Z 2 KVG mit € 27.558,61 fest ; im Wesentlichen mit der Begründung, dieser Forderungsverzicht stelle eine freiwillige Leistung der Gesellschafter da, wodurch das Vermögen der Bf. erhöht worden sei.  Dieser Forderungsverzicht habe eine Erhöhung des Wirtschaftspotentials bewirkt, auch wenn dadurch die Überschuldung der Bf. nicht gänzlich beseitigt worden sei.

Dagegen erhob die Bf., durch ihre ausgewiesene Rechtsvertretung, fristgerecht Beschwerde. Sie beantragte die Aufhebung des Bescheides, mit der Begründung der streitverfangenen Steuerfestsetzung stünde Verjährung nach § 207 BAO entgegen.

Diese Beschwerde wies die belangte Behörde mit Beschwerdevorentscheidung als unbegründet ab. Gemäß §§ 207 Abs.2, 208 Abs.1 BAO betrage im zu beurteilenden Fall die Verjährungsfrist fünf Jahre und es beginne die Verjährung mit Ablauf des Jahres in dem der Abgabenanspruch entstanden ist. Sohin habe sie mit begonnen und mit geendet. Im Hinblick auf § 209 Abs.1 BAO habe diese Frist jedoch, aufgrund von, in den Jahren 2010, 2011 und 2012 vorgenommenen, nach außen erkennbaren, Amtshandlungen zur Geltendmachung des Abgabenanspruches erst mit geendet.

Dagegen stellte die Bf., durch ihre ausgewiesene Rechtsvertretung, fristgerecht einen Vorlageantrag gemäß § 264 BAO, auf Entscheidung über ihre Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht, (BFG); im Wesentlichen mit folgender Begründung; Im Zuge des, über das Vermögen der Bf. am eröffneten, Ausgleichsverfahrens sei auf nachrangige Forderungen aus der Gesellschaftersphäre verzichtet worden. Zum Zeitpunkt dieses Verzichtes sei die in Rede stehende Forderung-aufgrund deren Nachrangigkeit und der angespannten wirtschaftlichen Lage der Bf.- mit € 0,00 zu bewerten gewesen. Zur Wertermittlung dieser Forderung sei- nach Maßgabe des § 7 Abs.2 KVG- § 14 Abs.1 BewG heranzuziehen, wonach besondere Umstände einen geringeren Wert als den Nennwert begründen würden. Ein derart besonderer Umstand, sei -nach der Rechtsprechung des VwGH- die Uneinbringlichkeit einer Forderung. Auch iSd KapAnsRL sei der Wegfall der Verbindlichkeit mit € 0,00 anzusetzen gewesen, da die erlassene Forderung für die Bf. keine Belastung mehr darstelle.

Das BFG hat hiezu erwogen:

Rechtslage:

Mit Ablauf des trat die Gesellschaftsteuer außer Kraft. Da im gegenständlichen Fall die Steuerschuld vor dem entstanden ist, sind die Vorschriften des Kapitalverkehrssteuergesetzes, (KVG), noch anzuwenden (BGBl. I Nr. 13/2014).

Nach der taxativen Aufzählung in § 2 Z 4 KVG unterliegen der Gesellschaftsteuer folgende freiwillige Leistungen eines Gesellschafters an eine inländische Kapitalgesellschaft, wenn die Leistung geeignet ist, den Wert der Gesellschaftsrechte zu erhöhen:

a) Zuschüsse

b) Verzicht auf Forderungen

c) Überlassung von Gegenständen an die Gesellschaft zu einer den Wert nicht erreichenden Gegenleistung

d) Übernahme von Gegenständen der Gesellschaft zu einer den Wert übersteigenden Gegenleistung.

Als Bemessungsgrundlage der Steuer legt § 7 Abs. 1 Z 2 KVG fest: Die Steuer wird bei Leistungen (§ 2 Z 2 bis 4) vom Wert der Leistung berechnet.

Gemäß § 8 Abs.1 KVG beträgt die Steuer beträgt 1% der Bemessungsgrundlage.

Gemäß § 14 Abs.1 Bewertungsgesetz 1955, (BewG), sind Kapitalforderungen, die nicht im § 13 bezeichnet sind, und Schulden mit dem Nennwert anzusetzen, wenn nicht besondere Umstände einen höheren oder geringeren Wert begründen.

§ 207 Abs.1 und 2 Bundesabgabenordnung, (BAO), lautet:

 „ (1) Das Recht, eine Abgabe festzusetzen, unterliegt nach Maßgabe der nachstehenden Bestimmungen der Verjährung.

(2) Die Verjährungsfrist beträgt bei den Verbrauchsteuern, bei den festen Stempelgebühren nach dem II. Abschnitt des Gebührengesetzes 1957, weiters bei den Gebühren gemäß § 17a des Verfassungsgerichtshofgesetzes 1953 und § 24a des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 drei Jahre, bei allen übrigen Abgaben fünf Jahre. Soweit eine Abgabe hinterzogen ist, beträgt die Verjährungsfrist zehn Jahre. Das Recht, einen Verspätungszuschlag, Anspruchszinsen, Säumniszuschläge oder Abgabenerhöhungen festzusetzen, verjährt gleichzeitig mit dem Recht auf Festsetzung der Abgabe.“

208 Abs.1 lit.a lautet:

„Die Verjährung beginnt in den Fällen des § 207 Abs. 2 mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist, soweit nicht im Abs. 2 ein anderer Zeitpunkt bestimmt wird.“

§ 209 Abs.1 BAO lautet:

„Werden innerhalb der Verjährungsfrist (§ 207) nach außen erkennbare Amtshandlungen zur Geltendmachung des Abgabenanspruches oder zur Feststellung des Abgabepflichtigen (§ 77) von der Abgabenbehörde unternommen, so verlängert sich die Verjährungsfrist um ein Jahr. Die Verjährungsfrist verlängert sich jeweils um ein weiteres Jahr, wenn solche Amtshandlungen in einem Jahr unternommen werden, bis zu dessen Ablauf die Verjährungsfrist verlängert ist. Verfolgungshandlungen (§ 14 Abs. 3 FinStrG, § 32 Abs. 2 VStG) gelten als solche Amtshandlungen.“

Dem gegenständlichen Verfahren wird-nach Einsichtnahme in den Bezug habenden Verwaltungsakt zur im Spruch angeführten Erfassungsnummer- folgender verfahrensrelevanter Sachverhalt zu Grunde gelegt:

Über das Vermögen der Bf. Bf. wurde am ein Ausgleichsverfahren eröffnet. Im Zuge dieses Verfahrens leisteten die Gesellschafter der Bf. auf Basis des Generalvergleichs vom den freiwilligen Verzicht auf nachrangige Forderungen gegenüber der Bf. in Gesamthöhe von € 2.755.860,90.-, im Hinblick auf die angespannte wirtschaftliche Lage der Bf.

Die belangte Behörde unternahm gegenüber der Bf. zur allfälligen Geltendmachung des in Rede stehenden Forderungsverzichtes folgendes:

  • Am : Ersuchen um Übersendung der Jahresabschlüsse 2005-2008

  • Am :  2 Ersuchen um Auskunftserteilung gemäß § 82 Abs.1 FinStrG, im Hinblick auf gesellschaftssteuerrechtliche Vorgänge in den Jahren 2005-2008

  • Am sowie

  • Am :  Schriftliche Befragung der Bf. über den Zeitpunkt der Buchung des Forderungsverzichtes (sämtliche unter 1)-4) angeführte Schreiben sind dem Adressaten zugekommen)

  • Firmenbuchabfrage im Hinblick auf eine allfällige Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der Bf.

    Erwägungen:

    Im gegenständlichen Fall war strittig, ob Geltendmachung der Gesellschaftssteuer gemäß § 2 Z 4 iVm §§ 7 Abs.1 Z 2, 8 Abs.1 KVG gegenüber der Bf. für den genannten Forderungsverzicht im Betrage von € 2.755.860,90 mit € 27.558,61 (= 1% vom Wert € 2.755.860,90) zu Recht erfolgt ist.

    Den o.a. Einlassungen der Bf. nach, wäre dieser Verzicht mit € 0,00 zu bewerten gewesen.

Leistungen sind im Sinne des § 2 Z 3 und 4 KVG dann freiwillig, wenn sie weder auf einer im Gesellschaftsvertrag noch auf einer im Gesetz begründeten Verpflichtung, sondern auf einem anderen Rechtsgrund beruhen. Als freiwillig sind vor allem alle Leistungen anzusehen, die auf Verträgen beruhen, denen nicht der Charakter eines Gesellschaftsvertrages zukommt ( ). Voraussetzung für die Steuerpflicht ist, dass der Vertrag freiwillig abgeschlossen wird. Zur Steuerpflicht führt jede Zuwendung eines Vermögensteiles durch einen Gesellschafter, die ohne gesetzlichen oder gesellschaftsvertraglichen Zwang erbracht wird und die zur Erfüllung des Gesellschaftszweckes verwendet wird ( ; ).

Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung ( , m.w.N.; ) die Meinung, dass es bei freiwilligen Leistungen bzw. freiwilligen Verzichten im Sinne des § 2 Z 4 lit. b KVG nicht auf den Nachweis einer tatsächlichen Werterhöhung ankomme, sondern lediglich auf die objektive Eignung solcher Maßnahmen, den Wert der Gesellschaftsrechte zu erhöhen. Bei Geldleistungen werde die Eignung, den Wert der Gesellschaftsrechte zu erhöhen, im Regelfall zu bejahen sein, soweit ihnen als Sonderleistung nicht eine Gegenleistung gegenübersteht, was gegenständlich nicht vorliegt. Da der Forderungsverzicht nur objektiv geeignet sein muss, den Wert der Gesellschaftsrechte zu erhöhen, wäre auch bei Sanierungsverzichten in der Regel die Gesellschaftssteuerpflicht zu bejahen, etwa bei Verzicht, um die Gesellschaft vor dem Zusammenbruch zu bewahren, zur Verlustabdeckung, auch wenn die Überschuldung dadurch nicht voll beseitigt wird, gegenüber einer bereits in Liquidation befindlichen Gesellschaft, wenn aus einer Verwertungsgesellschaft wieder eine Vollgesellschaft gemacht werden soll, nicht dagegen bei Verzicht gegenüber einer bereits in Konkurs befindlichen Kapitalgesellschaft (vgl. das Erkenntnis 93/16/0103, mit dem Hinweis auf Egly/Klenk, Gesellschaftsteuer-Kommentar4, Rzln. 120 und 145).

Bezogen auf den zu beurteilenden gegenständlichen Fall bedeuten diese rechtlichen Ausführungen, dass der in Rede stehende Forderungsverzicht der Gesellschaftssteuer im Betrage von 1% ihres Nennwertes von € 2.755.860,90 unterlegen ist. Bei diesem Forderungsverzicht hat es sich um eine freiwillige Leistung der Gesellschafter gehandelt, die jedenfalls objektiv geeignet war, den Wert der Bf. zu erhöhen, unbeschadet der Nachrangigkeit dieser Forderungen sowie der angespannten wirtschaftlichen Lage der Bf. Die von der Bf. beantragte Bewertung mit € 0,00 war daher aus gesellschaftssteuerrechtlicher Sicht abzulehnen.

Zu der am Beginn des Beschwerdeverfahrens, erfolgten Einrede der Verjährung ist-der Vollständigkeit halber- festzustellen:

Gemäß §§ 207 Abs.1, 208 Abs.1 BAO hat im zu beurteilenden Fall die Verjährungsfrist mit begonnen und hat am geendet. Es war jedoch nicht zu übersehen, dass die belangte Behörde nach außen erkennbare Handlungen gesetzt hat (Siehe Punkt 1-4 der obigen Sachverhaltsdarstellung), die auf die Vorschreibung der nunmehr bekämpften Gesellschaftssteuer ausgerichtet waren, und dass die von der belangten Behörde dokumentierte Firmenbuchabfrage, zur Feststellung des Rechtstatus der Bf. (Siehe Punkt 5 der obigen Sachverhaltsdarstellung), ebenso auf die o.a. Geltendmachung ausgerichtet war (vgl. ). Somit wurde die o.a. fünfjährige Verjährungsfrist nach Maßgabe des § 209 Abs.1 BAO unterbrochen und endete sohin erst am .

Die Festsetzung der Gesellschaftsteuer mit dem bekämpften Bescheid, der gegenüber der Bf. am erlassen worden ist, erfolgte daher sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach zu Recht.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

Zulässigkeit der Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Die gegenständliche Entscheidung gründet sich auf die oben zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, weshalb eine Revision nicht zugelassen wurde.

Aus den aufgezeigten Gründen war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 2 Z 4 KVG, Kapitalverkehrsteuergesetz, dRGBl. I S 1058/1934
§ 7 Abs. 1 Z 2 KVG, Kapitalverkehrsteuergesetz, dRGBl. I S 1058/1934
§ 207 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 208 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 209 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7100328.2015

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at