Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 18.02.2020, RV/3100484/2016

Abweisung eines Nachsichtsansuchens: Keine Unbilligkeit bei Möglichkeit einer Zahlungserleichterung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R in der Beschwerdesache Bf, Adr_Bf, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Innsbruck vom , betreffend Abweisung eines Nachsichtsansuchens gem. § 236 BAO zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

I. Sachverhalt/Verfahrensgang

I.1. Der Beschwerdeführer (Bf) war bis Dezember 2006 Kommanditist der A_KG. Anlässlich der Anteilsveräußerung erklärte der Bf im Jahr 2007 einen Veräußerungsgewinn iHv € 1.593.564,80; die Veranlagung erfolgte erklärungsgemäß, die Einkommensteuer laut Bescheid vom iHv € 403.380,33 wurde fristgerecht entrichtet.

I.2. Bei der KG wurde im Jahr 2011 eine Außenprüfung für die Wirtschaftsjahre (1.4. - 31.3.: Anm.) 2005 - 2007 durchgeführt. Aufgrund der durch die Betriebsprüferin getroffenen Feststellungen (hauptsächlich Nichtanerkennung von Wertberichtigungen von Forderungen gegen einen ehemaligen Gesellschafter) erhöhten sich die Gewinnanteile des Bf für diese Zeiträume, was zu - infolge der Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes vom , RV/3100031/2013, in Rechtskraft erwachsenen - Nachforderungen an Einkommensteuer samt Nebengebühren iHv rund € 127.000,00 führte.

I.3. Mit Eingabe vom  beantragte der Bf die Nachsicht der aushaftenden Abgabenschuld aufgrund seiner finanziellen Situation. Seine monatlichen Einkünfte bestünden seit seiner infolge seiner gesundheitlichen Situation erfolgten Pensionierung zum  nur mehr aus seiner Pension, von welcher er 53,8 % an Unterhalt an seine Exfrau zu zahlen habe.

I.4. Das Nachsichtsansuchen wurde mit Bescheid vom abgewiesen. Der Bf habe lediglich Angaben zu seinen Pensionseinkünften gemacht, nicht jedoch dazu, ob er über Vermögen verfüge. Er habe 2007 seine Beteiligung mit einem Gewinn von € 1.593.564,80 veräußert, wobei nicht bekannt sei, was mit diesem Vermögen zwischenzeitig passiert sei. Es sei weiters nicht bekanntgegeben worden, welche weiteren Gläubiger der Bf, abgesehen von seiner Exfrau und der Abgabenbehörde, habe und weshalb er nicht für die Entrichtung der Abgabenschuld vorgesorgt habe.

I.5. In der Beschwerde vom bringt der Bf ergänzend vor, über kein Vermögen zu verfügen. Der Veräußerungsgewinn habe aus der Nichtabdeckung eines negativen Kapitalkontos resultiert. Es habe keinen Geldfluss und somit auch keine Vermögenserhöhung gegeben. Die Betriebsprüfung 2011, die zur Nachzahlung geführt habe, sei für den Bf nicht vorhersehbar gewesen.

I.6. Dieses Vorbringen des Bf erachtete die Abgabenbehörde in der abweisenden Beschwerdevorentscheidung als nicht relevant. Insbesondere wurde ausgeführt, dass das Entstehen einer Abgabenschuld aus einem Veräußerungsgewinn, der aus einem nicht ausgeglichenen negativen Kapitalkonto resultiere, Folge des allgemeinen Unternehmerwagnisses sei und daher keine sachliche Unbilligkeit darstelle, die eine Nachsichtsgewährung begründen könne.

Infolge der Unterhaltsleistungen würde sich eine Nachsicht der Abgabenschulden des Bf nur zugunsten der Exfrau  als Gläubigerin auswirken.

Aufgrund des monatlichen Nettoeinkommens des Bf iHv € 1.906,41 ergebe sich - unter Berücksichtigung der Unterhaltsverpflichtung - ein pfändbarer Betrag von ca. € 500,00. Es bestehe daher die Möglichkeit einer Zahlungserleichterung, was eine persönliche Unbilligkeit ausschließe.

I.7. Im fristgerecht gestellten Vorlageantrag wurde, ebenso wie im Nachsichtsansuchen  vom und der Beschwerde vom , die Stundung des jeweils auf dem Abgabenkonto des Bf aushaftenden Rückstandes beantragt.

I.8. Mit Schreiben vom stellte der Bf ein Zahlungserleichterungsansuchen. Beantragt wurde eine Abstattung des Abgabenrückstandes durch Zahlung von monatlichen Raten iHv € 500,00. Obgleich eine Erledigung dieses Zahlungserleichterungsansuchens aufgrund einer aus nicht mehr nachvollziehbaren Gründen angemerkten Aussetzung der Einhebung (§ 212a BAO) unterblieb, leistete der Bf ab Juni 2016 bis laufend monatliche Zahlungen iHv € 500,00.

I.9. In Ergänzung der Ausführungen in den zu der Sache ergangenen Erledigungen verweist die Abgabenbehörde im Vorlagebericht darauf, dass der Bf im April 2012 eine in seinem Eigentum befindliche Wohnung unter Einräumung eines lebenslangen Wohnungsgebrauchsrechts an seine Ehefrau übertragen habe und vermutet aufgrund der - zwar zu diesem Zeitpunkt noch nicht rechtskräftigen, aber bereits bekannten - Abgabenschulden eine vorsätzliche Vermögensverschiebung.

I.10. Mit Schreiben vom forderte das Bundesfinanzgericht den Bf auf, seine Einkommens- und Vermögenssituation anhand eines Vermögensverzeichnisses darzulegen, sowie sämtliche Verbindlichkeiten und regelmäßig zu leistenden Zahlungen bekanntzugeben. Er wurde außerdem ersucht, die Umstände der Übertragung der Eigentumswohnung im April 2012 an die Ehefrau zu schildern.

I.11. Im Rahmen einer persönlichen Vorsprache am legte der Bf eine ergänzende Stellungnahme vor. Die Übertragung der Wohnung an die Ehefrau sei erfolgt, da er an Darmkrebs erkrankt gewesen sei und der Gattin für den Fall seines Ablebens einen Wohnort sichern habe wollen. Die Übergabe habe nur zu Zwecken der Versorgung seiner Frau und Hintanhaltung eventueller Erbstreitigkeiten stattgefunden. Das Finanzamt betreffende Gründe seien keinesfalls vorgelegen. Ausdrücklich angemerkt werde, dass das Abgabenverfahren zum Schenkungszeitpunkt nicht abgeschlossen gewesen und er davon ausgegangen sei, das Verfahren zu gewinnen.

Zu der auf der Wohnung laut Grundbuch lastenden Hypothek gab der Bf an, dass diese zu löschen sei. Den zugrundeliegenden Kredit habe er nicht zu bedienen, da dieser die A_KG betroffen habe. Weitere Verbindlichkeiten - abgesehen von der aushaftenden Abgabenschuld und der Unterhaltsverpflichtung gegenüber der Exfrau - bestünden nicht.

Der Bf legte außerdem ein Vermögensverzeichnis, eine Aufstellung über laufende Zahlungen sowie weitere, seine Angaben untermauernde Unterlagen vor. Der Bf bezieht demnach aktuell eine monatliche Pension iHv € 2.152,35 netto. Davon sind gemäß eines 2008 geschlossenen Scheidungsvergleichs Unterhaltszahlungen an die Exfrau im Ausmaß von 53,8 %, aktuell sohin monatlich € 1.157,00, zu zahlen. Insgesamt belaufen sich die monatlich zu leistenden Aufwendungen einschließlich der Unterhaltsverpflichtung gegenüber der Exfrau (Betriebskosten, Lebensunterhalt, Versicherungen) auf rund € 1.900,00. Zu berücksichtigen ist, dass die Ehefrau des Bf ebenfalls eine Pension bezieht, welche zwar geringer ist als die des Bf, aber hoch genug, eine Unterhaltsverpflichtung des Bf nicht zu begründen und zum gemeinsamen Aufkommen beizutragen.

Die monatliche Zahlung an die Abgabenbehörde iHv € 500,00 ist in der vorgelegten Aufstellung nicht berücksichtigt. Neben der Pension bezieht der Bf kein weiteres Einkommen. Er verfügt über kein verwertbares Vermögen.

II. Rechtslage und Erwägungen

II.1. Gemäß § 236 Abs. 1 BAO können fällige Abgabenschuldigkeiten auf Antrag des Abgabepflichtigen ganz oder zum Teil durch Abschreibung nachgesehen werden, wenn ihre Einhebung nach der Lage des Falles unbillig wäre.

II.2. Die Unbilligkeit im Sinne des § 236 BAO kann persönlicher oder sachlicher Natur sein.

Der Bf macht in seinem Vorbringen ausschließlich das Vorliegen einer persönlichen Unbilligkeit geltend. Dass das Vorliegen einer sachlichen Unbilligkeit behauptet wurde, ist den Eingaben des Bf nicht zu entnehmen. Insbesondere ist sein Vorbringen in der Beschwerde vom , es habe im Zusammenhang mit der Anteilsveräußerung 2006 kein Geldfluss stattgefunden, nicht in dieser Art auszulegen, sondern sollte damit lediglich die Vermögenslosigkeit verdeutlicht werden bzw. replizierte der Bf damit auf die Aussage der Abgabenbehörde im Abweisungsbescheid vom , der Bf habe es unterlassen, für die Abgabenentrichtung vorzusorgen.

II.3. Eine persönliche Unbilligkeit liegt vor allem dann vor, wenn die Einhebung die Existenz des Abgabepflichtigen oder seiner ihm gegenüber unterhaltsberechtigten Angehörigen gefährden würde, oder wenn sie mit außergewöhnlichen wirtschaftlichen Auswirkungen verbunden, dh die Entrichtung nur durch eine Vermögensverschleuderung zu erreichen wäre. Die deutlichste Form der persönlichen Unbilligkeit liegt also in der Existenzgefährdung, welche gerade durch die Einhebung der Abgabe verursacht oder entscheidend ("auch") mitverursacht sein müsste ( mwN).

II.4. Die Gewährung einer Nachsicht gem. § 236 BAO setzt voraus, dass eine im Vorgang der Abgabeneinhebung selbst, somit in der Vollstreckung des Abgabenrückstandes, gelegene Unbilligkeit vorliegt. Besteht jedoch die Möglichkeit, einer im Einzelfall bestehenden Härte aus der Abgabeneinhebung im Wege einer Zahlungserleichterung abzuhelfen, so liegt eine Unbilligkeit der Einhebung nicht vor ().

Im gegenständlichen Fall hat die Abgabenbehörde selbst dem Bf in der Beschwerdevorentscheidung in Aussicht gestellt, den aushaftenden Betrag im Wege einer Ratenzahlung zu begleichen. In weiterer Folge hat der Bf ein entsprechendes Zahlungserleichterungsansuchen gestellt und leistet seit nun mehr dreieinhalb Jahren monatliche Ratenzahlungen iHv € 500,00.

Für das Bundesfinanzgericht ist im Nachsichtsverfahren die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung über die Beschwerde maßgeblich. Eine sofortige Entrichtung des gesamten Abgabenrückstandes ist dem Bf zwar nicht möglich, jedoch ist er in der Lage, Ratenzahlungen zur Abstattung des Abgabenrückstandes zu leisten. Eine Unbilligkeit der Abgabeneinhebung kann daher aufgrund der aktuellen Einkommenssituation des Bf nicht erkannt werden.

II.5. Mangels Vorliegen einer Unbilligkeit besteht kein Raum mehr für eine Ermessensentscheidung (Ellinger/Sutter/Urtz, BAO3 § 236, E 513 mwN). Die vom Bf unter Beweis gestellte Zahlungswilligkeit betreffend den aushaftenden Abgabenrückstand vermag daher, ebenso wie sein bisheriges steuerliches Verhalten, welches zu keinen Beanstandungen Anlass gegeben hatte, im Rahmen von Billigkeitserwägungen keine Berücksichtigung mehr zu finden.

Der Abgabenbehörde wäre jedoch insofern beizupflichten, als im Rahmen einer Ermessensentscheidung nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit vor allem die Tatsache Berücksichtigung finden müsste, dass sich eine allfällige Nachsicht ausschließlich zu Lasten der Abgabenverwaltung und zugunsten anderer Gläubiger des Abgabepflichtigen (gegenständlich also zugunsten der Exfrau) auswirken würde (Ellinger/Sutter/Urtz, BAO3 § 236, E 546 mwN).

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine grundsätzlich bedeutsame Rechtsfrage war im gegenständlichen Erkenntnis, welches in Übereinstimmung mit der ständigen höchstgerichtlichen Rechtsprechung erging, nicht zu lösen. Die Revision war daher nicht zuzulassen.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 236 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.3100484.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at