Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 19.02.2020, RV/7100185/2020

Keine Anerkennung von Aufwendungen für Familienheimfahrten ohne Nachweis

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Anna Radschek in der Beschwerdesache Bf., [Adresse], über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Wien 2/20/21/22 vom , betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2018 zu Recht erkannt: 

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Der Beschwerdeführer beantragte in seiner Arbeitnehmerveranlagung 2018 die Berücksichtigung von Familienheimfahrten in Höhe von 3.672,00 Euro und doppelter Haushaltsführung in Höhe von 6.000,00 Euro.

Das Finanzamt lehnte im Bescheid vom die Berücksichtigung der geltend gemachten Werbungskosten mit der Begründung ab, der Beschwerdeführer habe trotz Aufforderung keine Unterlagen vorgelegt.

Gemeinsam mit der fristgerecht eingebrachten Beschwerde legte der Beschwerdeführer Unterlagen vor, aus denen sich ergibt, dass seine Lebensgefährtin in Ungarn lebt und dort einer Erwerbstätigkeit nachgeht.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer habe keine Belege für die Höhe der Mietzahlungen und die Größe der Mietwohnung nachgereicht. Außerdem seien die beantragten Familienheimfahrten nicht aufgelistet und keine Beweise über deren tatsächliche Durchführung erbracht worden.

Im fristgerecht eingebrachten Vorlageantrag gab der Beschwerdeführer bekannt, dass er für eine Mietwohnung mit 40m2 Wohnfläche monatlich 500,00 Euro Miete zahle, und übersandte die Zahlungsbelege.

Nachdem das Finanzamt mit Schreiben vom den Beschwerdeführer erneut ersucht hatte, Nachweise für die mit den Familienheimfahrten verbundenen Aufwendungen zu erbringen, und die dafür vorgesehene Frist ungenützt verstrichen war, legte es die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und beantragte, der Beschwerde nur bezüglich der doppelten Haushaltsführung Folge zu geben. Da kein Nachweis für die Kosten der Familienheimfahrten erbracht worden sei, werde insoweit die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Folgender Sachverhalt wird der Entscheidung zu Grunde gelegt:

Der Beschwerdeführer, der in Österreich arbeitet, lebte 2018 mit seiner Lebensgefährtin in deren Haus in Ungarn. In Österreich wohnte er in einer Mietwohnung mit einer Wohnfläche von 40m2 und zahlte dafür 2018 6.060,00 Euro an Miete. Die Lebensgefährtin ging am Familienwohnsitz einer Erwerbstätigkeit nach und erzielte Einkünfte in Höhe von 9.247,39 Euro.

Der Beschwerdeführer machte keine Angaben dazu, ob und in welcher Höhe ihm Kosten für Familienheimfahrten entstanden sind.

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen, aus denen auch die Höhe der Mietzahlungen ersichtlich ist. Da der Beschwerdeführer betreffend die von ihm angeblich durchgeführten Familienheimfahrten lediglich das höchstmögliche Pendlerpauschale beantragt und diesbezüglich die vom Finanzamt gestellten Fragen unbeantwortet lässt, ist nicht erkennbar, ob und  gegebenenfalls in welcher Höhe ihm daraus Kosten erwachsen sind.

Der festgestellte Sachverhalt war folgendermaßen rechtlich zu würdigen:

§ 16 Abs. 1 EStG 1988 definiert Werbungskosten als Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.

Gemäß § 20 Abs. 1 Z 2 lit. e EStG idF BGBl 1996/201 dürfen bei der Ermittlung der Einkünfte Kosten der Fahrten zwischen Wohnsitz am Arbeits-(Tätigkeits-)ort und Familienwohnsitz (Familienheimfahrten), soweit sie den auf die Dauer der auswärtigen (Berufs-)Tätigkeit bezogenen höchsten in § 16 Abs. 1 Z 6 lit. d leg cit angeführten Betrag übersteigen, nicht abgesetzt werden.

Liegt der Familienwohnsitz des Steuerpflichtigen außerhalb der üblichen Entfernung vom Beschäftigungsort, so können Kosten der doppelten Haushaltsführung als Werbungskosten geltend gemacht werden, wenn die Aufgabe des bisherigen Familienwohnsitzes unzumutbar ist. Der Verwaltungsgerichtshof hat wiederholt ausgesprochen, dass die Beibehaltung des Familienwohnsitzes aus der Sicht einer Erwerbstätigkeit, die in unüblicher Entfernung von diesem Wohnsitz ausgeübt wird, niemals durch die Erwerbstätigkeit, sondern immer durch Umstände veranlasst ist, die außerhalb dieser Erwerbstätigkeit liegen. Die berufliche Veranlassung der mit Familienheimfahrten verbundenen Aufwendungen wird aber angenommen, wenn dem Steuerpflichtigen die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Ort seiner Beschäftigung nicht zuzumuten ist, wobei die Unzumutbarkeit unterschiedliche Ursachen haben kann (vgl. ).

Die Unzumutbarkeit kann ihre Ursachen sowohl in der privaten Lebensführung haben als auch in der weiteren Erwerbstätigkeit des Steuerpflichtigen oder in der Erwerbstätigkeit des Ehegatten oder Lebensgefährten (vgl. etwa ). Die Unzumutbarkeit ist aus der Sicht des jeweiligen Streitjahres zu beurteilen (vgl. z.B. ).

Da die Lebensgefährtin des Beschwerdeführers nachweislich am Familienwohnsitz erwerbstätig war und dabei steuerlich relevante Einkünfte erzielte, ist die Unzumutbarkeit einer Wohnsitzverlegung unstrittig.

Im Rahmen der doppelten Haushaltsführung kommen somit als zu berücksichtigende Werbungskosten in Betracht:

  • Aufwendungen für eine zweckentsprechende Unterkunft am Tätigkeitsort;

  • Kosten der Familienheimfahrten, die gemäß § 20 Abs. 1 Z 2 lit. e EStG 1988 nur bis zum Betrag des höchsten Pendlerpauschales nach § 16 Abs. 1 Z 6 lit. d leg. cit. abzugsfähig sind (vgl. Sutter/Pfalz in Hofstätter - Reichel, Die Einkommensteuer - Kommentar, § 16 Abs. 1 Z 6 Tz 81).

Werbungskosten sind grundsätzlich von Amts wegen zu berücksichtigen. Als Werbungskosten geltend gemachte Aufwendungen sind jedoch über Verlangen der Abgabenbehörde gemäß den §§ 138, 161 BAO nach Art und Umfang nachzuweisen oder, wenn dies nicht möglich ist, wenigstens glaubhaft zu machen (vgl. ).

Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde den Beschwerdeführer mittels Vorhalt aufgefordert, sowohl die Aufwendungen für die doppelte Haushaltsführung als auch jene für die Familienheimfahrten dem Grunde und der Höhe nach nachzuweisen.

Während der Beschwerdeführer die Kosten einer Mietwohnung in Höhe von 6.060,00 Euro nachwies, erbrachte er keine Nachweise dafür, dass und gegebenenfalls in welcher Höhe ihm Fahrtkosten für Fahrten zwischen dem Familienwohnsitz und dem Arbeitsort entstanden sind.

Der Beschwerdeführer hat daher insoweit seiner Mitwirkungsverpflichtung (vgl. § 138 BAO) nicht entsprochen. Er hat keinen Nachweis über die Durchführung der Fahrten und die dadurch erwachsenen Aufwendungen erbracht. Er hat auch keine Ausführungen hinsichtlich des verwendeten Transportmittels, der Häufigkeit der Fahrten und der Höhe der tatsächlich angefallenen Kosten gemacht. Die Höhe der Fahrtaufwendungen ergibt sich auch nicht aus der vom Beschwerdeführer eingereichten Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung, weil dort bloß jener Betrag angeführt ist, der dem höchsten Pendlerpauschale nach § 16 Abs. 1 Z 6 lit. d EStG 1988 entspricht. 

Da somit gar nicht erwiesen ist, ob dem Grunde nach Aufwendungen für Familienheimfahrten angefallen sind, und es nicht auszuschließen ist, dass der Beschwerdeführer solche Fahrten in den Streitjahren nicht unternommen hat bzw. ihm Kosten nicht entstanden sind (etwa wegen kostenloser Mitfahrgelegenheiten), konnten nur die Aufwendungen für die Mietwohnung am Tätigkeitsort, nicht aber auch Kosten von Familienheimfahrten berücksichtigt werden.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da über die Rechtsfrage, ob und in welcher Höhe Kosten der doppelten Haushaltsführung anzuerkennen sind, im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entschieden wurde, war die Unzulässigkeit der ordentlichen Revision auszusprechen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise



Sutter/Pfalz in Hofstätter - Reichel, Die Einkommsteuer - Kommentar, § 16 Abs. 1 Z 6 Tz 81
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7100185.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at