Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 31.01.2020, RV/4100457/2012

Umsatzsteuerkarussellbetrug

Beachte

VfGH-Beschwerde zur Zahl E 923/2020 anhängig. Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom abgelehnt.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Vorsitzenden Richter VS und die weiteren Senatsmitglieder Richterin RI, LR1 und LR2 im Beisein der Schriftführerin SF in der Beschwerdesache Bf, vertreten durch SteuerlicherVertreter , über die Beschwerde vom gegen die Bescheide der belangten Behörde FA vom betreffend Umsatz- und Körperschaftsteuer für das Jahr 2010, und über die Beschwerde vom gegen die Bescheide der belangten Behörde FA vom betreffend Umsatz- und Körperschaftsteuer für das Jahr 2011 in der Sitzung am zu Recht erkannt:

Den Beschwerden gegen die Körperschaftsteuerbescheide 2010 und 2011 wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Die angefochtenen Körperschaftsteuerbescheide werden abgeändert.

Die Beschwerden gegen die Umsatzsteuerbescheide 2010 und 2011 werden gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen. Gleichzeitig wird der angefochtene Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2010 abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind dem Ende der Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Die Beschwerdeführerin (Bf.) ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit Sitz in Österreich, deren Tätigkeit der Handel mit Waren ist.

In ihrer Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2010 erklärte die Bf. Umsätze in Höhe von 780.326,74 EURO, welche zur Gänze gemäß Art. 6 Abs. 1 UStG 1994 als innergemeinschaftliche Lieferungen steuerfrei wären. Weiter wurden mit 20% zu versteuernde innergemeinschaftliche Erwerbe in Höhe von 648.179,29 EURO sowie gemäß Art. 3 Abs. 8 zweiter Satz UStG 1994 als gemäß Art. 25 Abs. 2 UStG 1994 im Inland als besteuert geltende Erwerbe im Ausmaß von 121.570,90 EURO erklärt. Schließlich wurden noch ein Gesamtbetrag von Vorsteuern in Höhe von 1.615,33 EURO und Vorsteuern aus dem innergemeinschaftlichen Erwerb von 129.635,86 EURO ausgewiesen.

Im Jahr 2011 fand bei der Bf. eine Außenprüfung betreffend die "Umsatzsteuer und die Zusammenfassende Meldung" für den Zeitraum 7/2010 bis 12/2010 statt. In seinem Bericht vom hielt der Prüfer unter der Tz.1 "innergemeinschaftliche Lieferungen" u.a. Folgendes fest: In den Umsatzsteuervoranmeldungen für die Monate September und Dezember 2010 seien steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen in Höhe von 402.092,85 EURO bzw. 263.823,69 EURO erklärt worden. Eine Überprüfung habe ergeben, dass die UID Nummern der italienischen Kunden ungültig seien. Die Steuerfreiheit sei daher zu versagen. Weiters werde festgehalten, dass Ermittlungen den Hinweis ergeben hätten, dass das geprüfte Unternehmen Teil eines grenzüberschreitenden Umsatzsteuerbetruges sein könnte. Unter der Tz.2 "Dreiecksgeschäfte" hielt der Prüfer u.a. fest: Im Dezember 2010 seien Waren (Nintendo Konsolen) von einem slowenischen Kunden eingekauft worden. Die Eingangsrechnung vom in Höhe von 114.197,20 EURO sei in der UVA 12/2010 als innergemeinschaftlicher Erwerb erklärt worden. Laut Lieferschein seien die Waren direkt an den italienischen Abnehmer der Bf. befördert worden. Die Ausgangsrechnung an den italienischen Abnehmer enthalte den Hinweis "Art 25 UStG innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft". Auch in diesem Falle sei die UID Nummer des italienischen Abnehmers ungültig. Eine Aufnahme in die zusammenfassende Meldung sei nicht erfolgt. Ein Vorsteuerabzug aus diesem Erwerb in Höhe von 22.839,44 EURO stehe nicht zu.

Das Finanzamt folgte den Feststellungen des Prüfers und erließ einen Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2010, mit dem es erklärungsgemäß von einem Gesamtbetrag der Bemessungsgrundlagen für Lieferungen und sonstigen Leistungen in Höhe von 780.326,74 ausging und davon als echt steuerbefreit einen Betrag von 114.410,20 EURO in Abzug brachte. Der Restbetrag von 665.916,54 EURO wurde einer Umsatzsteuer in Höhe von 20% unterworfen und somit Umsatzsteuer von 133.183,31 EURO festgesetzt. Der mit 20% zu versteuernde Gesamtbetrag der steuerpflichtigen innergemeinschaftlichen Erwerbe wurde erklärungsgemäß mit 648.179,29 EURO angesetzt, die darauf entfallende Umsatzsteuer mit 129.635,86 EURO. Die geltend gemachten Vorsteuern aus dem innergemeinschaftlichen Erwerb in Höhe von 129.635,42 EURO wurden um den Betrag von 22.839,44 EURO auf einen Betrag von 106.796,42 EURO verringert. Weiter kamen erklärungsgemäß Vorsteuern von 1.615,33 EURO zum Ansatz. Daraus ergab sich eine Zahllast von 154.407,42 EURO.

Im gleichzeitig erlassenen Körperschaftsteuerbescheid für das Jahr 2010 erfolgte keine Berücksichtigung der nachbelasteten Umsatzsteuer als Betriebsausgabe. Es wurden erklärungsgemäß Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 894,35 EURO angesetzt.

Gegen diese Bescheide erhob die Bf. Beschwerde (vormals Berufung) und begehrte die Umsatzsteuer in Höhe einer Gutschrift von 1.615,33 EURO festzusetzen. Im Falle einer Abweisung der Beschwerde gegen den Umsatzsteuerbescheid möge die belastete Umsatzsteuer im Körperschaftsteuerbescheid als Betriebsausgabe angesetzt werden.

Begründend wurde im Wesentlichen Folgendes ausgeführt: Die Bf. sei am gegründet worden und stehe im Alleineigentum von ri NA, einem italienischen Staatsbürger mit Wohnanschrift in Rom, der auch alleiniger Geschäftsführer sei. Im September 2010 habe die Bf. begonnen Elektronikbauteile (Computerbauteile, Monitore etc.) aus Slowenien zu importieren und nach Italien zu verkaufen. Im Verlauf des Jahres 2010 hätten folgende Warenbewegungen stattgefunden:

Eingangsrechnungen 2010


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Datum
Nr
Absender
UID
Betrag
Typ
1
L*** rof d.o.o.
UIDSL-0
197.067,55 €
igL
2
L*** rof d.o.o.
UIDSL-0
196.179,79 €
igL
3
L*** rof d.o.o.
UIDSL-0
43.999,05 €
igL
4
L*** rof d.o.o.
UIDSL-0
210.392,90 €
igL
5
L*** rof d.o.o.
UIDSL-0
5.948,61 €
igD
6
L*** rof d.o.o.
UIDSL-0
114.197,20 €
igD
7
L*** rof d.o.o.
UIDSL-0
1.425,09 €
igD
769.210,19 €

Ausgangsrechnungen 2010


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Datum
Nr
Absender
UID
Betrag
Typ
1
F*** S.r.l.
UIDIT-7
201.496,07 €
igL
2
F*** S.r.l.
UIDIT-7
200.596,78
igL
3
F*** S.r.l.
UIDIT-7
44.351,04 €
igL
4
F*** S.r.l.
UIDIT-7
212.076,08 €
igL
5
M*** S.r.l.
UIDIT-9
5.967,20 €
igD
6
C***
UIDIT-6
114.410,20 €
igD
7
F*** S.r.l.
UIDIT-7
1.429,37 €
igD
780.326,74 €

Die ersten vier Warengeschäfte seien seitens der Bf. als innergemeinschaftliche Lieferungen von Slowenien nach Österreich und anschließend von Österreich nach Italien behandelt worden, die folgenden drei Warengeschäfte aber als innergemeinschaftliche Dreiecksgeschäfte. Im angefochtenen Umsatzsteuerbescheid sei das Rechtsgeschäft mit der Firma C*** aus Rom als steuerfreie Innergemeinschaftliche Lieferung anerkannt, die restlichen Lieferungen in Höhe von 665.916,54 EURO aber als steuerpflichtige Umsätze behandelt worden. Von der festgesetzten Erwerbsteuer in Höhe von 129.635,86 EURO sei lediglich ein Betrag von 106.796,42 EURO als abzugsfähige Vorsteuer eingestuft worden. Erklärt worden seien aber die ersten vier Lieferungen als steuerfrei innergemeinschaftliche Lieferungen und die restlichen Lieferungen als steuerfreie innergemeinschaftliche Dreiecksgeschäfte, sodass sich insgesamt auf Grund der unbestrittenen Vorsteuern aus Miete etc. eine Gutschrift von 1.615,33 EURO ergeben habe.

Der Geschäftsführer der Bf. habe die UID seiner Kunden nicht durch das online System (Finanzonline bzw. VIES) geprüft. Er sei sich gar nicht im Zweifel gewesen, dass er es mit reellen Geschäftspartnern zu tun habe, weil er sich bei den Behörden in Italien erkundigt und positive Auskünfte erhalten habe. Für die Firma M*** aus Rom liege eine Bestätigung der Agenzia delle Entrate vor, die im August 2011 ausgestellt worden sei. Sie sei zwar im Nachhinein ausgestellt worden, belege aber, dass noch im August 2011 eine aufrechte UID vorgelegen sei, die im Jahr 2007 vergeben worden sei. Ferner werde bestätigt, dass es bis in den August 2011 keine Zeiträume gegeben habe, in denen die Tätigkeit unterbrochen worden sei. Auch sei die UID dieser Kundin in einem amtlichen Firmenbuchauszug vom angeführt. Betreffend die Firma F*** aus Neapel liege eine solche Bestätigung nicht vor, es gäbe aber ein Protokoll vom in dem die UID der Gesellschaft angeführt werde. Auch sei die UID im Firmenbuch gespeichert. Dass die UID Nummern der Kunden bei Abfragen durch das Finanzamt als ungültig bezeichnet wurden, erkläre sich damit, dass Italien alle UID Nummern gelöscht habe und die Unternehmer aufgefordert hätte, sich neu registrieren zu lassen. Auch andere Unternehmer mit italienischen Kunden hätten dasselbe Problem gehabt. Österreich begrenze die Gültigkeit von UID Nummern lösche sie aber nicht aus dem System, sodass es im Nachhinein möglich sei, zu erkennen, dass eine UID Nummer bis zu einem gewissen Zeitpunkt Gültigkeit gehabt habe.

Es sei richtig, dass für die durchgeführten Warenbewegungen keine zusammenfassenden Meldungen erstattet worden seien. Als der Fehler erkannt worden sei, habe er nicht behoben werden können, weil die Bf. keine aufrechte UID Nummer mehr habe und die Meldungen daher nicht mehr erstatten könne und weil die UID Nummern der Warenempfänger nicht mehr im System seien.

Es gäbe zwar die aufgezeigten Mängel, es sei aber außerhalb des Einflussbereiches des Bf. gelegen, dass diese Mängel nicht behoben werden könnten, weil Italien zwei Maßnahmen gesetzt habe, die zum einen nicht vorhersehbar gewesen seien und zum anderen die Bf. nachträglich in eine offenbar ausweglose Situation gebracht hätten. Die Umsatzsteuer sei so konzipiert, dass sie den Unternehmer nicht belasten solle. Der Geschäftsführer der Bf. sei im guten Glauben gewesen, weil er sich auf die Auskunft der italienischen Behörden verlassen habe können.

Der Beschwerde sind die dort genannten Unterlagen sowie eine Stellungnahme der italienischen Steuerberaterin Dottoressa an S***, über die Behandlung von innergemeinschaftlichen Erwerben und Dreiecksgeschäften in Italien angeschlossen.

In seiner Stellungnahme zur Beschwerde führte der Prüfer aus, dass die für die Jahre 2010 und 2011 durchgeführten USO Prüfungen aufgrund eines Informationsaustausches mit Eurocanet (Europäisches Netzwerk Karussellbetrugsbekämpfung) erfolgt sei, wonach die Bf. als möglicher Empfänger von Lieferungen eines Brokers in einem anderen Mitgliedsstaat aufscheine. Konkret handle es sich um die Firma L*** rof d.o.o. aus Slowenien. Im Zuge der USO Prüfungen sei festgestellt worden, dass die Bf. anscheinend der einzige Kunde der slowenischen Firma gewesen sei, und der Geschäftsführer der Bf. gleichzeitig Managing Direktor der Firma L*** rof gewesen sei. Außerdem gäbe es keinen Nachweis von im Geschäftsleben üblichen Bestellvorgängen, Schriftverkehr, Lieferbedingungen, Zahlungsmodalitäten etc.

Anfragen bei den Behörden der italienischen Finanzverwaltung hätten ergeben, dass die Kunden F*** und E*** rof S.r.l. (ab 2011) im Verdacht stünden, missing trader zu sein. Eine behördliche Auskunft aus Slowenien betreffend die Firma L*** rof laute dahingehend, dass die Bf. der einzige Kunde der slowenischen Firma sei. Die slowenische Behörde vermute, dass die slowenische Firma verdächtige Transaktionen durchgeführt habe, welche durch die Bf. betrieben werde, gemanagt von ri NA.

Das sich so ergebende Gesamtbild lasse somit darauf schließen, dass die Bf. Teil eines Umsatzsteuerkarussells sei.

In der Folge erließ das Finanzamt den Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2011 und wich dabei von der Umsatzsteuererklärung der Bf. ab. Darin verzeichnete die Bf. einen Gesamtbetrag der Bemessungsgrundlagen für Lieferungen und sonstige Leistungen in Höhe von 1.203.708,99 EURO, der zur Gänze als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen deklariert wurde. Weiters wurden Erwerbe gemäß Art. 3 Abs. 8 zweiter Satz UStG 1994, die gemäß Art. 25 Abs. 2 UStG 1994 im Inland als besteuert gelten, in Höhe von 1.199.967,67 EURO erklärt. Unter Berücksichtigung einer Vorsteuer von 392,20 EURO ergab sich eine Gutschrift von 392,20 EURO. In Anlehnung an die Außenprüfung für das Jahr 2010 behandelte das Finanzamt den erklärten Betrag von 1.199.967,67 als steuerpflichtigen innergemeinschaftlichen Erwerb mit einem Umsatzsteuersatz von 20%, sodass eine Erwerbsteuer von 239.993,53 EURO zum Ansatz gelangte. An Vorsteuern wurde lediglich der erklärte Betrag von 392,20 EURO berücksichtigt. Die Erwerbsteuer wurde nicht als Vorsteuer abgezogen. Somit ergab sich eine Zahllast von 239.601,33 EURO.

Im Körperschaftsteuerbescheid für das Jahr 2011 erfolgte keine Berücksichtigung der nachbelasteten Umsatzsteuer als Betriebsausgabe. Veranlagt wurden Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe eines Verlustes von -5.309,65 EURO.

Auch gegen den Umsatzsteuerbescheid und den Körperschaftsteuerbescheid für das Jahr 2011 erhob die Bf. Beschwerde (vormals Berufung) und verwies auf die für das Jahr 2010 eingebrachte Beschwerde. Die vorgeschriebene Erwerbsteuer sei als Vorsteuer wieder anzusetzen, sodass letztlich die erklärte Umsatzsteuergutschrift von 392,20 EURO vorzuschreiben wäre. Weiter stellte die Bf. die Wareneinkäufe und Warenverkäufe des Jahres 2011 wie folgt dar:

Eingangsrechnungen 2011


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Datum
Nr
Absender
UID
Betrag
Typ
1
L*** rof d.o.o.
UIDSL-0
115.540,00 €
igD
2
L*** rof d.o.o.
UIDSL-0
113.485,00 €
igD
3
L*** rof d.o.o.
UIDSL-0
114.845,47 €
igD
4
L*** rof d.o.o.
UIDSL-0
103.916,57 €
igD
5
L*** rof d.o.o.
UIDSL-0
106.755,00 €
igD
6
L*** rof d.o.o.
UIDSL-0
5.958,84 €
igD
7
L*** rof d.o.o.
UIDSL-0
103.275,00 €
igD
8
L*** rof d.o.o.
UIDSL-0
2.737,30 €
igD
9
L*** rof d.o.o.
UIDSL-0
25.980,10 €
igD
10
L*** rof d.o.o.
UIDSL-0
95.425,00 €
igD
11
L*** rof d.o.o.
UIDSL-0
96.250,00 €
igD
12
L*** rof d.o.o.
UIDSL-0
2.568,42 €
igD
13
L*** rof d.o.o.
UIDSL-0
48.966,00 €
igD
14
L*** rof d.o.o.
UIDSL-0
136.878,72 €
igD
15
L*** rof d.o.o.
UIDSL-0
127.386,25 €
igD
1,199.967,67 €

Ausgangsrechnungen 2011


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Datum
Nr
Absender
UID
Betrag
Typ
1
F*** S.r.l.
UIDIT-7
115.900,00 €
igD
2
F*** S.r.l.
UIDIT-7
113.825,00 €
igD
3
F*** S.r.l.
UIDIT-7
115.339,17 €
igD
4
F*** S.r.l.
UIDIT-7
104.230,46 €
igD
5
F*** S.r.l.
UIDIT-7
107.000,00 €
igD
6
F*** S.r.l.
UIDIT-7
6.093,18
igD
7
E*** rof S.r.l.
UIDIT-2
103.500,00 €
igD
8
F*** S.r.l.
UIDIT-7
2.745,52 €
igD
9
M*** S.R.L.
UIDIT-9
26.041,00 €
igD
10
E*** rof S.r.l.
UIDIT-2
95.625,00 €
igD
11
M*** S.R.L.
UIDIT-9
96.500,00 €
igD
12
M*** S.R.L.
UIDIT-9
2.576,13 €
igD
13
M*** S.R.L.
UIDIT-9
49.282,50 €
igD
14
M*** S.R.L.
UIDIT-9
137.286,03
igD
15
M*** S.R.L.
UIDIT-9
127.765,00 €
igD
1,203.708,99 €

Nach Vorlage der Beschwerde an die Rechtsmittelinstanz übermittelte der steuerliche Vertreter dem Gericht noch einen Schriftsatz eines vom Geschäftsführer der Bf. zwischenzeitig beauftragten italienischen Anwalts AVV. et T***, in welchem dieser zusammengefasst ausführt, dass nach der Rechtsprechung des EUGH der Vorsteuerabzug nur versagt werden könne, wenn der Abnehmer wusste oder wissen hätte müssen, dass die Umsätze Teil eines Umsatzsteuerbetruges seien. Es sei Sache der Steuerbehörden dies nachzuweisen. Die Bf. sei beschuldigt worden, Waren, die Eigentum einer nicht bestehenden italienischen Rechtsperson gewesen seien, exportiert zu haben. Der Bf. sei vorgeworfen worden, sie hätte nicht im guten Glauben gehandelt, weil sie nicht die Umsatzsteuerregistrierungsnummer der Kunden abgefragt hätte. Die betreffende Prüfung sei nur Stunden nach der Einführung der VIES-Normen in Italien erfolgt, infolgedessen es in Italien zu einem "black out" im IT-System der italienischen Steuerbehörden gekommen sei. Die Vorgehensweise der österreichischen Steuerbehörden sei ungesetzmäßig. Es seien die laufenden Bankkonten der Bf. gesperrt worden und hätten in der Folge die slowenischen Steuerbehörden auch dem slowenischen Hauptlieferanten, dessen Mitverwalter der Geschäftsführer der Bf. sei, die Konten gesperrt mit der Begründung, dass die Verkaufstransaktionen an die Bf. ungesetzmäßig gewesen seien. Da die Verkaufstransaktionen im Vorhinein bezahlt worden seien, seien die gesperrten Gelder nicht Eigentum der zwei blockierten Gesellschaften. Der Geschäftsführer der Bf. habe durch amtliche Urkunden bewiesen, dass die Kunden der Bf. existierten. Insbesondere habe die Bf. bewiesen, dass die am Tag der Rechnungsausstellung als geschlossen angesehene Gesellschaft von der italienischen Steuerbehörde von Amts wegen und rückwirkend geschlossen worden sei. Dies werde in Italien häufig praktiziert. Bei einer rückwirkenden Schließung stelle die Steuerbehörde "mangels natürlicher Personen und Elementen, die das tatsächliche Funktionieren der Rechtsperson festlegen sollen", ein "Dokument" aus, "wodurch die Firma am Tag des letzten tatsächlichen Dokumentes als geschlossen anzusehen" sei, "wobei das Dokument das Erscheinen vor einer öffentlichen Behörde bescheinigt". Der Geschäftsführer der Bf. sei überdies schwer erkrankt und müsse von einer Mindestrente von rund 5.800,00 EURO pro Jahr leben.

Das Finanzamt nahm zu diesen Ausführungen mit Schriftsatz vom Stellung. Zunächst habe nur der Verdacht bestanden, die Bf. sei Teil eines grenzüberschreitenden Karussellbetruges gewesen. Nunmehr hätten aber Anfragebeantwortungen der italienischen Finanzverwaltung und Ermittlungen des CLO definitiv bestätigt, dass es sich bei den vermeintlichen Abnehmern F*** s.r.l., M*** s.r.l. sowie C*** um sogenannte Missing Trader handle. Da die UID-Nummern der italienischen Kunden im Zeitpunkt der Lieferung ungültig gewesen seien, und die Ermittlungen ergeben hätten, dass die Bf. Teil einer grenzüberschreitenden Umsatzsteuermalversation gewesen sei, sei die Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferungen zu versagen. Bezüglich der Dreiecksgeschäfte sei festzuhalten, dass ebenfalls die UID-Nummern der Kunden ungültig gewesen seien und eine Aufnahme in die zusammenfassenden Meldungen nicht erfolgt sei.

In der mündlichen Senatsverhandlung vom wurde Folgendes zu Protokoll gegeben:

[…]

[Steuerlicher Vertreter]: Zunächst darf mit der Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung vom bekannt geben, dass Herr ri NA schwer erkrankt ist und die Reise nach Klagenfurt nicht antreten konnte. Wir hätten es an sich gerne gehabt, wenn Herr NA persönlich erschienen wäre, damit sich der Senat von ihm ein persönliches Bild machen kann. Weiters möchte ich festhalten, dass die Eingabe von Herrn Dr. T*** nicht unsere Diktion wiedergibt. Ich wollte diese Eingabe aber dem Gericht nicht vorenthalten, um allfällige Haftungsfolgen auszuschließen. Die zentrale Frage ist wohl, hat die Bf. davon ausgehen können, dass die Warenabnehmer reelle Geschäftspartner sind. In Italien ist bei juristischen Personen Steuernummer und UID-Nr. ident. Es hat im Jahr 2010 mehrere Rundschreiben des italienischen Finanzamtes gegeben. In einem Rundschreiben vom hat das italienische Finanzamt die Steuerzahler aufgefordert, sich bis zu einem bestimmten Termin neu als Unternehmer zu registieren, damit die italienische UID-Nr. aktiv bleibt. Der Termin ist uns nicht bekannt.

[Amtsvertreterin]: Nach meinem Wissen und Erfahrung hat die italienische Finanzverwaltung eigentlich nur bei verdächtigen Firmen die UID-Nr. gelöscht und diese Firmen aufgefordert, wenn sie reelle Unternehmer sind, sich bei der Finanzverwaltung wieder neu registrieren zu lassen.

[Steuerlicher Vertreter]: Aus unseren italienischen Unterlagen - wir haben leider keine deutsche Übersetzung dabei - geht aber hervor, dass sich jeder italienische Unternehmer neu registrieren lassen musste.

[Amtsvertreterin]: Dies widerspricht dem . Dort heißt es, dass seitens der italienischen Finanzverwaltung rückwirkend bei bestimmten Unternehmern die UID-Nr. bzw. die gesamten damit verbundenen Datensätze gelöscht wurden.

Der Erlass wird der steuerlichen Vertretung überreicht.

Das Rundschreiben vom wird dem FA überreicht.

[Prüfer]: Nach Einsicht in das Rundschreiben kann ich bei meinen Italienischkenntnissen keine Bestätigung dafür finden, dass die Datenlöschung alle Unternehmer betroffen hat.

[Steuerlicher Vertreter]: Der Erlass des BMF betrifft nur die rückwirkende Löschung von Unternehmen. Im gegenständlichen Fall ist es aber anders. Am zum Zeitpunkt der Prüfung waren im VIES die UID-Nrn. nicht sichtbar, aber dennoch gültig. Ab dem also dem Rundschreiben konnte man als Unternehmer die Eintragung ins VIES neu beantragen. Das Finanzamt hatte 30 Tage Zeit, diesen Antrag abzuweisen. Ab dem 31. Tag nach dem Antrag war der Unternehmer somit seinem Antrag gemäß berechtigt, am Binnenmarkt teilzunehmen. Wenn ich gefragt werde, warum die Bf. nicht schon zu Beginn ihrer Geschäftsbeziehung ab September 2010 mit den Abnehmern VIES-Abfragen gemacht hat, dann gebe ich an, dass das VIES-System in Italien damals generell noch nicht funktionierte.

[Prüfer]: Das kann nicht sein, ich habe sehr wohl in den Jahren vor 2011 laufend Abfragen im VIES betreffend italienische Firmen gemacht und regelmäßig UID-Nrn. bestätigt bekommen.

[Steuerlicher Vertreter]: Ich vermute, dass die generelle UID-Nrn.-Löschung auf solche generelle Probleme in VIES für Italien zurückzuführen sind. Die gegenständlichen Abnehmer haben dann aber offenbar sich nicht neu registrieren lassen.

[Amtsvertreterin]: Ich darf zum Ablauf der Prüfung noch allgemein festhalten: Wir haben eine Mitteilung der Eurocanet bekommen, dass die Bf. Teil es Umsatzsteuerkarussellbetruges sein könnte. Herr P*** hat dann geprüft und die entsprechenden UID-Nrn.-Abfragen getätigt, die allesamt die Auskunft nicht gültig ergeben haben. Dann wurden auch offizielle Ansuchen an die italienischen Finanzbehörden gestellt und wir haben zurückbekommen die Bestätigung, dass es sich bei allen Abnehmern um Scheinfirmen, um Missing Trader, handle. Außerdem haben wir von der Eurocanet am Listen übermittelt bekommen, in denen die gegenständlichen Abnehmer als Missing Trader vermerkt sind.

[Steuerlicher Vertreter]: Wenn das Finanzamt erst im Jahr 2014 Gewissheit hatte, dass die Abnehmer Missing Trader sind, wie kann man dann von der Bf. verlangen, dass sie dies schon zum Zeitpunkt ihrer Lieferungen wusste oder wissen hätte müssen.

Innergemeinschaftliche Lieferungen

Abnehmer F*** S.r.l.:


[Prüfer]: Abfragen am und am im VIES haben ergeben, dass die ausländische UID ungültig ist. Eine weitere Abfrage im Juli 2011 haben dasselbe ergeben. Außerdem hat eine Abfrage vom ergeben, dass betreffend die F*** keine Bestätigungsverfahren durchgeführt wurden. Somit konnte auch Herr NA keine Abfrage gemacht haben.

[Steuerlicher Vertreter]: Wir verweisen diesbezüglich nochmals auf das als Anhang zur Beschwerde vorgelegte Protokoll der Landesdirektion I Neapel / Prüfungsamt. Dort ist die Steuernummer der F*** mit [Nummer] angeführt. Wenn in diesem Protokoll vom weiters angeführt ist, dass die F*** keinerlei Tätigkeit ausführt, dann heißt das zumindest, dass die UID-Nr. bis zur Zustellung dieses Bescheides am gültig war. Weiters verweisen wir auf den Eintrag im Firmenbuch, wo die Partita Iva angeführt ist. Dieser Auszug ist vom . Wir können nicht sagen, wie das Firmenbuch zu diesen Daten kommt und ob sie vom Firmenbuch überprüft werden. In Italien konnte man eine UID-Nr. haben war aber doch nicht im VIES-System.

[Amtsvertreterin]: Wir verweisen zunächst auf die Einstufung der F*** als Missing Trader durch die Eurocanet. Die entsprechende Liste legen wir vor. Die Liste wird zum Akt genommen. Steuerlicher Vertreter erhält Ablichtung.

[Steuerlicher Vertreter]: Diese Liste zeigt für jede Rechnung eine Einstufung mit dem Vermerk Missing Trader oder auch mit dem Vermerk dubious-checking. Wir verstehen nicht, warum bei ein und demselben Abnehmer bei einer Rechnung der Vermerk Missing Trader und bei der nächsten Rechnung dubious-checking aufscheint. Was wir auch nicht verstehen, dass ein und dieselbe Rechnung für einen Abnehmer (C***) einmals als Missing Trader bezeichnet ist und einmal mit apparently normale trade.

[Amtsvertreterin]: Dazu können wir nichts sagen.

[Amtsvertreterin]: Außerdem verweisen wir auf eine Auskunft der italienischen Behörden vom : Dort heißt es betreffend die Fa. F***: Unsere Büro führte eine steuerliche Prüfung am Sitz des italienischen Unternehmens, sondern an dieser Adresse gab es kein Signal über die Wirksamkeit des italienischen Unternehmens. Die italienische Firma steht im Verdacht eine fehlende Trader zu werden. So die UID-Nr. wurde gelöscht und aufgehoben am für inländische Transaktionen.

[Steuerlicher Vertreter]: Wir haben diese Auskunft der italienischen Behörden vorliegen. Das Datum wird wohl das Datum der Rückwirkung der Aufhebung sein.

[Prüfer]: Am wurde offenbar die UID-Nr. auch für inländische Aktivitäten gesperrt. Die UID-Nr. für Binnenmarktaktivitäten wurden offenbar schon früher gelöscht.
[….]

Innergemeinschaftliche Dreiecksgeschäfte

Zur Fa. F*** gilt das oben Gesagte.

Fa. M*** S.r.l.:


[Prüfer]: Abfragen im VIES vom und haben ergeben: Ausländische UID ungültig.

[Steuerlicher Vertreter]: Wir verweisen auf die Bestätigung der italienischen Agenzia Entrate vom .

[Amtsvertreterin]: Lt. BMF-Erlass dürfen die FA Bestätigungen der Agenzia Entrate nicht akzeptieren, wenn es sich um einen Betrugsfall handelt. Sonst an sich schon.

[Steuerlicher Vertreter]: Wir legen eine beglaubigte Übersetzung dieser Bestätigung vor.

Die deutsche Übersetzung wird verlesen. Dem FA wird eine Ablichtung ausgehändigt und eine Ablichtung zum Akt genommen.

[Amtsvertreterin]: Wir verweisen auf einen Bericht der Guarda di Finanza vom wonach die Fa. M*** eine Scheinfirma sei und die Firma die Steuererklärung nicht eingereicht habe und die Umsatzsteuer nicht entrichtet habe.

Eine Ablichtung des Berichts wird der steuerlichen Vertretung ausgehändigt.

[Steuerlicher Vertreter]: Dazu möchte ich folgendes sagen: Die Bf. an die Fa. M*** nur genau ein Handy von € 88,00 geliefert, sonst andere Elektrowaren wie z.B. Festplatten, Notebooks, Monitore, Fotokameras, Intel-Prozessoren etc. Im Bericht der Guarda di Finanza wird nicht in Zweifel gezogen, dass die Bf. nicht Waren an M*** tatsächlich geliefert hat.

[Amtsvertreterin]: Wir schließen aus dieser Bescheinigung, dass M*** ein Missing Trader war.

[Steuerlicher Vertreter]: Das ist nur ein Bericht der Guarda die Finanza aber noch kein rechtskräftiges Steuer- oder Strafurteil. Es gilt die Unschuldsvermutung.

[Amtsvertreterin]: M*** scheint auch in der Liste der Eurocanet auf.


Firma C***


[Prüfer]: Dazu gibt es keine Auskunft aus Italien. Die Firma befindet sich aber auf der Liste der Eurocanet. Die Abfrage im VIES vom hat folgende Auskunft ergeben: UID gültig vom bis .

[Steuerlicher Vertreter]: Kein weiteres Vorbringen dazu.

[Prüfer]: Hier hätte eine Abfrage der Bf. aber ergeben müssen, dass die UID nicht gültig ist.


Fa. E***
Steuerlicher Vertreter: Vorgelegt wird wieder eine Bestätigung der Agenzia Entrate vom mit beglaubiger Übersetzung.

Bestätigung wird verlesen. Eine Ablichtung wird dem FA ausgehändigt und eine Ablichtung zum Akt genommen.

[Amtsvertreterin]: Die auf der Bescheinigung der Agenzia Entrate ausgewiesene Sitzadresse der E*** ist eine reine Postadresse. Dies ergibt sich aus einem Bericht der italienischen Behörden vom .

Eine Ablichtung wird der steuerlichen Vertretung ausgehändigt und eine Ablichtung zum Akt genommen.

[Steuerlicher Vertreter]: Die Rechnungen der Bf. an die E*** tragen das Datum 11.2. und . Sechs Monate später am bestätigt die Agenzia Entrate, dass die Firma existiert und die ab dem zugewiesene UID-Nr. [Nummer]. Am erstellt die Guarda die Finanza ihren Bericht. Wie soll unser Mandant gewusst haben, dass es sich hier allenfalls um einen Missing Trader handeln könnte.

[Prüfer]: Er hat jedenfalls keine UID-Nr.-Abfrage gemacht. Eine Abfrage im VIES am hatte das Ergebnis: Ausländische UID ungültig.

[Steuerlicher Vertreter]: Zu der UID-Nr.-Abfrage des Finanzamtes will ich noch sagen, dass diese alle Abnehmer betreffend im März 2011 erfolgten. Es kann jetzt durchaus sein, dass sich diese Abnehmer zu diesem Zeitpunkt nur noch nicht neu registrieren haben lassen.

[Prüfer]: Ich habe alle diese UID-Nrn. auch später noch abgefragt, glaublich zum Zeitpunkt des Einbringens der Beschwerde. Die Abfrageergebnisse waren immer: UID-Nr. ungültig.

[Steuerlicher Vertreter]: Eine Abfrage der UID-Nr. im VIES der E*** gerade jetzt hat ergeben: Mehrwertsteuernummer ungültig.

[Amtsvertreterin]: Auch die E*** auf der Liste der Eurocanet als Missing Trader.

[Steuerlicher Vertreter]: Wir möchten eine CD mit Korrespondenzen und Verträgen zwischen der Bf. und den gegenständlichen Abnehmern vorlegen. Aus diesen Korrespondenzen geht hervor, dass für den Bf. die Abnehmer als reelle Unternehmer erscheinen mussten.

Vorsitzender: Ich ersuche um Übermittlung eines Ausdrucks all dieser Dokumente mit deutscher Übersetzung binnen zwei Wochen."

[…]

Die mündliche Verhandlung wurde sodann vertagt.

Mit Schreiben vom übermittelte die Bf. ein Konvolut von Emails zwischen ihr und den italienischen Kunden betreffend Kontaktnahme, Erkundigungen nach Verfügbarkeit von Waren, Bestellungen von Waren, Erstellung von "Proforma-Rechnungen" etc. und weitere Belege. Diese Unterlagen wurden sodann im Schriftsatz kommentiert. Aus diesen Unterlagen sei zu ersehen, dass für die Bf. bzw. ihren Geschäftsführer die italienischen Kunden real existiert hätten. Herr NA habe sich bemüht alle relevanten Daten seiner Kunden zu erhalten. Die Einholung eines Angebotes von einer Spedition für den Warentransport nach Rom und Neapel zeige, dass die Waren existiert hätten. Sie hätten sich in einem genau bezeichneten Lager im Inland befunden. Daraus sei auch zu erkennen, dass es auch Geschäfte gegeben habe, die nicht als Dreiecksgeschäfte einzustufen waren, sondern als voneinander unabhängige innergemeinschaftliche Lieferungen von Slowenien nach Österreich und von Österreich nach Italien.

In Zusammenfassung der Ausführungen von Dr. an S*** wurde weiters die Vorgangsweise Italiens bezüglich des VIES dargestellt. Offenbar hätten italienische Firmen schon vor 2010 UID-Nummern gehabt, unabhängig davon, ob sie in Geschäftsbeziehungen mit anderen Unternehmen gestanden seien oder nicht. Bei Kapitalgesellschaften sei die Steuernummer und die UID-Nummer identisch gewesen. Die Steuernummern seien mit den anderen Daten im Firmenbuch gespeichert gewesen. Für NA sei daher klar gewesen, dass die italienischen Kunden eine UID-Nummer gehabt haben, und habe er in einem eigens aufgelegten Formblatt auch nach der UID gefragt. Italien habe bis zum Jahr 2009 das VIES nicht wahrgenommen. Erst 2010 sei eine Registrierung der UID in VIES vorgenommen worden. NA habe daher VIES nicht als Methode zur Überprüfung der Gültigkeit einer UID angesehen. Er habe sich direkt beim Finanzamt erkundigt und die schon vorgelegten Bestätigungen erhalten. Erst ab habe in Italien die Verpflichtung bestanden sich in VIES eintragen zu lassen. VIES habe dann die schon bestehenden UID-Nummern, die zunächst nur innerstaatliche Funktion gehabt hätten, auf den europäischen Markt erweitert. Dabei sei der Antrag auf Eintragung in das VIES als Willenserklärung angesehen worden, am europäischen Markt teilzunehmen. Das italienische Finanzamt habe dann 6 Monate Zeit gehabt, zu einem Antrag tiefere Nachforschungen anzustellen. Es seien nicht nur "böse" Unternehmer wieder aus dem VIES gelöscht worden, sondern auch solche, die einen unvollständigen oder fehlerhaften Antrag gestellt hätten, oder wieder ausgetragen werden wollten. Dabei sei es zu Rechtsunsicherheiten gekommen, weshalb (erst) im August 2011 ein Rundschreiben der italienischen Finanzverwaltung hinausgegeben worden sei, wie die Eintragung in das VIES genau zu handhaben sei. Diese unsichere Phase von Mai 2010 bis Dezember 2011 falle genau mit der Tätigkeit der Bf. zusammen.

In seiner Stellungnahme vom führte das Finanzamt im Wesentlichen aus, dass es einem Karussellbetrug immanent sei, dass Lieferungen sehr wohl stattfänden, sich aber in den Paketen nicht die in den Dokumenten aufgeführten Waren befänden. Es sei daher bei Betrugsfällen die gängige Praxis, Lieferungen an Hand von Spediteursbescheinigungen oder anderen Formdokumenten nachzuweisen. Es sei bei missbräuchlichen Firmen üblich, den "Anschein der Realität" zu erwecken. Die gegenständlichen italienischen Firmen seien keine reell tätigen Unternehmer.

Zum nachgereichten Schriftverkehr der Bf. mit italienischen Abnehmern sei festzuhalten, dass während der Außenprüfung kein Schriftverkehr vorhanden gewesen bzw. dem Prüfer übermittelt worden sei. Es habe auch keine CD gegeben. Plötzlich tauche eine CD auf, die - nach Auskunft der rechtsanwaltschaftlichen Vertretung aus Italien bei der mündlichen Verhandlung am - nicht überreicht werden könne, weil diese sich angeblich nicht bzw. nur mit einem Code öffnen lasse. Schon deswegen bestünden Zweifel, ob diese CD überhaupt vorhanden sei und ob die nunmehr überreichten Kopien der Emails echt seien. Wenn in der Email vom der Firma M*** an die Bf. auf die Homepage der Bf. verwiesen werde, dann ist festzuhalten, dass eine Homepage der Bf. gar nicht existiere. Unabhängig davon könne aus dem nachgereichten Schriftverkehr nichts gewonnen werden.

Beim Erörterungsgespräch am wurde Folgendes zu Protokoll gegeben:

[Steuerlicher Vertreter]: Mir wurde in der Zwischenzeit von Fr. Dr. O*** die CD per Post geschickt. Den Inhalt der CD habe ich außerdem noch per E-Mail geschickt bekommen. Der Inhalt der CD ist problemlos in Outlook zu lesen. Ich habe den Inhalt der CD heute auf meinem Notebook mit und wir können sie gemeinsam anschauen. Auf dieser CD befindet sich aber auch interne Korrespondenz zwischen der Bf. und seinem Buchhalter B***, der für die Bf. offensichtlich die Buchhaltung gemacht hat. Ich glaube, dass mit einer Bekanntgabe dieser E-Mails eine gesetzliche Verschwiegenheitspflicht gebrochen werden könnte.

[Amtsvertreterin]: Wir haben Zweifel an der Echtheit der E-Mails. Uns ist bei der E-Mail vom 12:34 p.m. From: M*** aufgefallen, dass auf dem mitgeschickten Dokument offenbar der italienischen Handelskammer eine andere E-Mail-Adresse der M*** aufscheint als auf der ausgedruckten E-Mail. Die Adresse auf der ausgedruckten E-Mail lautet: M*** < M*** srl@gmail.com>.

Bei Aufruf dieser E-Mail auf dem Notebook Steuerlicher Vertreter zeigt sich, dass der Absender dieser E-Mail M*** @hotmail.com lautet.

[Steuerlicher Vertreter]: Ich kann mir diese unterschiedlichen E-Mail-Adressen nicht erklären.

[Amtsvertreterin]: Dasselbe ist bei der E-Mail der M*** vom , 17:17 vorliegend. Außerdem ist für uns fraglich, wie die deutsche Übersetzung in den E-Mail Ausdruck direkt in den Text eingefügt werden konnte. Für uns sehen die ausgedruckten E-Mails wie Word Dokumente aus.

Steuerlicher Vertreter zeigt an seinem PC, dass mit einer Weiterleitungsfunktion auch die weitergeleitete E-Mail verändert werden kann.

[Steuerlicher Vertreter]: Ich vermute, dass der Übersetzer diese E-Mails elektronisch hatte und unter Verwendung der Weiterleitungsfunktion die Original-E-Mail mit dem Übersetzungstext ergänzen konnte. Dann wurde die übersetzte E-Mail offenbar einfach ausgedruckt, ohne dass sie tatsächlich elektronisch weitergeleitet worden wäre.
Und zur Frage der verschiedenen E-Mail-Adressen der M***: Es kann durchaus sein, dass die M*** mehrere E-Mail-Adressen hatte. Allerdings erklärt das noch nicht, warum der Ausdruck mit dem elektronischen Original nicht übereinstimmt.

[Amtsvertreterin]: Wir halten fest, dass man die ausgedruckten E-Mails offenbar inhaltlich verändern konnte. Außerdem verweisen wir darauf, dass auf der E-Mail vom der M*** davon die Rede ist, dass die M*** die Website der Bf. gesehen habe. Unsere Abfragen während der Prüfung und auch aktuell haben jedoch keine Website [Name Bf] gezeigt.

Steuerlicher Vertreter: In der mir vorliegenden E-Mail-Datenbank scheint folgende Website Adresse auf: [Name Bf].at. Es liegt eine Rechnung der Firma Computer Consulting DI V*** GmbH vom vor. Darin wird unteranderem das Webhosting für die Adresse [Name Bf.].at in Rechnung gestellt. Es wurden 500mb Webspace zur Verfügung gestellt. Außerdem wurde eine SQL-Server zur Verfügung gestellt, auf dem man gezielt nach Waren/Angeboten suchen kann.

Festgehalten wird, dass eine aktuelle Abfrage kein Ergebnis ergibt.

[Prüfer]: Ich habe jetzt eine Abfrage unter archiv.org gemacht und tatsächlich die Website der [Name Bf] gefunden. Diese hat offenbar in den Jahren 2010 - 2014 bestanden.

[Amtsvertreterin]: Bei der im Schriftsatz [Steuerlicher Vertreter] vom unter Pkt. 019 dargestellten Anfrage sind nicht sehr kleine Stückzahlen angefragt worden, sondern eigentlich große Stückzahlen pro Warenposition (30 Stück oder 50 Stück).

[Prüfer]: Ich habe damals die Bf. in den Räumlichkeiten des damaligen Steuerberaters geprüft. Die Bf. hatte ihren Sitz unter der Adresse des damaligen Steuerberaters. Ich habe nur die Buchhaltungsunterlagen zur Verfügung gestellt bekommen. Die jetzt vorgelegten Korrespondenzen wurden mir nicht vorgelegt. Ich hatte keinen persönlichen Kontakt mit Herrn NA.

[Steuerlicher Vertreter]: Wenn ich gefragt werde, warum die Lieferungen von der slowenischen Firma L***, an der auch Herr NA beteiligt war, über die [Name Bf] nach Italien durchgeführt wurden und nicht direkt von L*** an die italienischen Abnehmer, wo doch für die [Name Bf] nur eine sehr geringe Spanne verblieben ist, gebe ich an, dass ich das auch Fr. O*** gefragt habe. Nach Rücksprache mit Herrn NA hat sie mir dazu mitgeteilt, dass Herr NA bewusst eine österreichische Firma zwischengeschaltet hat, weil er sich ein Standbein in Österreich aufbauen wollte. Der Standort Österreich war für ihn sehr attraktiv wegen geringer Korruption etc. Er wollte sich dauerhaft einen Markt in Österreich aufbauen. Herr NA ist an der [Name Bf] zu 100% beteiligt. Er hatte daher sicher ein Interesse die Gewinnspanne in dieser Firma zu lukrieren und nicht in der slowenischen Firma L*** an der er nicht beteiligt war, sondern nur Geschäftsführer war.

[Steuerlicher Vertreter]: Wenn ich weiters gefragt werde, warum die Bf. keine ZM ausgefüllt und abgegeben hat, dann kann ich dazu keine Angaben machen.

[Prüfer]: Ich möchte noch festhalten zum Pkt 2 im Schriftsatz der Bf. vom , dass ich keine Alternative vorgeschlagen habe. Ich wollte eigentlich nur wissen, warum sich die [Name Bf] in Italien nicht mit einer italienischen UID-Nummer registrieren hat lassen. Bei den Dreiecksgeschäften hätte sich zu Folge Art. 3 Abs. 8 zweiter Satz UStG dann gar kein innergemeinschaftlicher Erwerb in Österreich ergeben.

[Amtsvertreterin]: Ich verweise auf C-536/08, C-539/08.

[Steuerlicher Vertreter]: Das bezweifle ich. Die Bf. hätte in Italien nur eine UID-Nummer bekommen, wenn sie diese ausschließlich dafür verwendet an Private oder Nichtunternehmer liefert.

[Steuerlicher Vertreter]: Wenn mir vorgehalten wird, dass die ausgedruckten E-Mails vom äußeren Erscheinungsbild der Adressierungen (E-Mail Kopf) von der Druckversion der E-Mails am PC sich unterscheiden, dann gebe ich an, dass man die Druckversion individuell gestalten kann. Außerdem würde ich jetzt einen Ausdruck dieser E-Mails vornehmen, dann würde ich auf dieser Druckversion ganz oben links fett gedruckt aufscheinen.

[Amtsvertreterin]: Wir sind außerdem der Auffassung, dass die zunächst anerkannte Vorsteuer aus dem innergemeinschaftlichen Erwerb der Waren im Jahr 2010 aus Slowenien nicht zusteht. Der Bf. hat gewusst oder hätte wissen müssen, dass diese Umsätze Teil eines Umsatzsteuerbetruges sind. Wir reichen den genauen Vorsteuerbetrag nach.

In weiterer Folge teilte das Finanzamt dem Gericht geänderte Besteuerungsgrundlagen für die Umsatzsteuer des Jahres 2010 mit, welche die Bf. (abgesehen von der rechtlichen Würdigung) als zutreffend bezeichnet hat.

In der nach Vertagung fortgesetzten mündlichen Senatsverhandlung am wurde noch Folgendes zu Protokoll gegeben:

Dr. O***: Ich lege einen Ausdruck von im Juli 2019 von mir mit der Internetproviderfirma der [Name Bf], Firma Computer Consulting DI V*** GmbH, geführten E-Mail-Verkehr vor. Daraus ergibt sich, dass die im Verfahren vorgelegten E-Mails echt und richtig sind.

Der Ausdruck wird als Beilage ./A zum Akt genommen und verlesen. Das FA erhält eine Ablichtung.

[Prüfer]: Ich verstehe nicht, warum bei diesem E-Mail-Verkehr im Juli 2019 die Kostenfrage für die Erstellung des seinerzeitigen E-Mail-Verkehrs der Bf. mit den Abnehmern erörtert wird, wenn der Provider ohnedies schon im Jänner 2012 für Hrn. NA eine entsprechende Datei erstellt hat.

Dr. O***: Ich habe den Provider kontaktiert, weil vom FA der Vorwurf kam, die E-Mails auf der CD seien gefälscht. Im Jänner 2012 hat der Provider den gesamten E-Mail-Verkehr der [Name Bf.] auf einen Server gestellt. Herr NA konnte auf diesen Server zugreifen und hat die Daten auf einer CD gespeichert, deren ausgedruckten Inhalt wir im Verfahren vorgelegt haben.

[Steuerlicher Vertreter]: Hätte der Provider die seinerzeitigen E-Mails der Bf. wiederherstellen können, dann wäre das der Beweis dafür gewesen, dass die CD bzw. die darauf gespeicherten Unterlagen echt und richtig sind.

[Amtsvertreterin]: Wir wollen jetzt den E-Mail-Verkehr der Bf. mit den Abnehmern nicht rundweg bezweifeln. Das ist eigentlich auch nicht relevant. Herr NA wurde über seinen damaligen Steuerberater im Zuge der Prüfung im März 2011 zur Vorlage der Geschäftsunterlagen aufgefordert. Dieser E-Mail-Verkehr wurde damals nicht vorgelegt. Wir sehen den Beweis als erbracht an, dass die Abnehmer Missing Trader sind. Für uns liegt ein Umsatzsteuerbetrugsfall vor.

[Steuerlicher Vertreter]: Der Umstand, dass Herr NA erst im Jänner 2012 bei seinem Provider den E-Mail-Verkehr angefordert hat, zeigt, dass er diese E-Mails zum Zeitpunkt der Aufforderung zur Vorlage der Geschäftsunterlagen offenbar nicht hatte. Für die Frage, ob die Bf. in einen Umsatzsteuerbetrugsfall verwickelt war oder nicht, ist maßgeblich, was Herr NA im Streitzeitpunkt wissen konnte. Wir sprechen immer vom heutigen Wissensstand.

[Amtsvertreterin]: Dass die Bf. bewusst in einen Umsatzsteuerbetrug verwickelt ist, ergibt sich für uns aus Folgendem: Die Bf. hat die UID-Nrn. der Abnehmer nicht abgefragt und auch keine ZMs abgegeben. Alle UIDs der Abnehmer sind rückwirkend gelöscht worden.

[Steuerlicher Vertreter]: Die vorgelegten E-Mails zeigen den Informationsstand von Hrn. NA im Streitzeitraum. Der Umstand, dass beim ET hervorgekommen ist, dass E-Mails der M*** unterschiedliche Absender-Adressen hatten, auf der elektronischen Datei und beim schriftlichen Ausdruck, könnte damit erklärt werden, dass die Bf. die M*** in Outlook mit beiden E-Mail-Adressen als Kontakt gespeichert hatte. Im Falle eines Ausdrucks nimmt sich dann Outlook eine dieser beiden Kontaktadressen und weist sie als Absender aus. Das könnte auch am PC des Übersetzers passiert sein. Der Inhalt der E-Mails hat übereingestimmt.

[Prüfer]: Herr NA hat jegliche umsatzsteuerliche Sorgfaltspflicht außer Acht gelassen. Grundsätzlich sind Umsätze umsatzsteuerpflichtig. Nur wenn gewisse Voraussetzungen erfüllt sind, sind sie steuerfrei. Es ist schade, dass er heute nicht erschienen ist. Da könnte man ihn genauer befragen.

[Steuerlicher Vertreter]: Wir verweisen auf die Bestätigungen der Agenzia del Entrate.

[Prüfer]: Diese Bestätigungen bestätigen nur, dass die Abnehmer eine Steuernummer hatten. Nicht aber, dass sie eine UID-Nr. in dem Sinne hatten, dass sie am Binnenmarkt hätten teilnehmen können.

Herr Vorsitzender verliest die beglaubigten deutschen Übersetzungen der Bestätigungen der Agenzia del Entrate betreffend E*** und M***.

[Amtsvertreterin]: Das FA beantragt, die Beschwerden betreffend Umsatzsteuer als unbegründet abzuweisen und bezüglich der Umsatzsteuer 2010 zum Nachteil der Bf. abzuändern. Die innergemeinschaftlichen Lieferungen sind gem. Art. 6 Abs. 1 UStG pflichtig, weil die Bf. wusste bzw. wissen hätte müssen, dass die Lieferungen im Zusammenhang mit einem Umsatzsteuerbetrug stehen. Die Vorsteuern aus den innergemeinschaftlichen Erwerb sind daher ebenfalls nicht abzugsfähig. Bezüglich des Dreiecksgeschäftes ist bei der Bf. der innergemeinschaftliche Erwerb steuerpflichtig, die Vorsteuern sind nicht abzugsfähig. Hinsichtlich der Abnehmer liegen Bestätigungen der italienischen Finanzbehörden vor, die zeigen, dass sich dabei um Missing Trader handelt. Mit diesen Firmen hat die Bf. zu tun gehabt. Außerdem war die Bf. die einzige Kundin der Firma L*** aus Slowenien. Bei der Körperschaftsteuer kann die nachgeforderte Umsatzsteuer als Betriebsausgabe berücksichtigt werden.

[Steuerlicher Vertreter]: Es wird die Stattgabe der Beschwerden beantragt. ri NA hatte damals nicht wissen können, dass er mit solchen Firmen zu tun hat. Ich verweise auf die Bestätigungen der Agenzia del Entrate, auf die sich Herr NA stützen konnte. Dass es eigentlich zwei UIDs gegeben hat, dieses Wissen kann man vor einem "Normalsterblichen" nicht verlangen. Das VIES hat er nicht gekannt. Der E-Mail-Verkehr zeigt, dass Herr NA seine Geschäftspartner kennen lernen wollte und zeigt auch den Wissenstand des Herrn NA zum damaligen Zeitpunkt. Die Liste der Eurocanet enthält Ungereimtheiten und erscheint daher nicht zuverlässig.

Über die Beschwerden wurde erwogen:

  • Umsatzsteuer:

Gemäß Art. 6 Abs. 1 UStG 1994 in der für die Streitjahre geltenden Fassung sind die innergemeinschaftlichen Lieferungen gemäß Art. 7 leg.cit. steuerfrei.

Art. 7 UStG 1994 in der für den Streitzeitraum geltenden Fassung lautet:

Innergemeinschaftliche Lieferung

Art. 7. (1) Eine innergemeinschaftliche Lieferung (Art. 6 Abs. 1) liegt vor, wenn bei einer Lieferung die folgenden Voraussetzungen vorliegen:

  • Der Unternehmer oder der Abnehmer hat den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet;

  • der Abnehmer ist

  • ein Unternehmer, der den Gegenstand der Lieferung für sein Unternehmen erworben hat,

  • eine juristische Person, die nicht Unternehmer ist oder die den Gegenstand der Lieferung nicht für ihr Unternehmen erworben hat, oder

  • bei der Lieferung eines neuen Fahrzeuges auch jeder andere Erwerber und

  • der Erwerb des Gegenstandes der Lieferung ist beim Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat steuerbar.

Der Gegenstand der Lieferung kann durch Beauftragte vor der Beförderung oder Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet bearbeitet oder verarbeitet worden sein.

(2) Als innergemeinschaftliche Lieferung gelten auch

  • das einer Lieferung gleichgestellte Verbringen eines Gegenstandes (Art. 3 Abs. 1 Z 1) und

  • [aufgehoben durch BGBl1996/756 ab 1997]

(3) Die Voraussetzungen der Abs. 1 und 2 müssen vom Unternehmer buchmäßig nachgewiesen sein. Der Bundesminister für Finanzen kann durch Verordnung bestimmen, wie der Unternehmer den Nachweis zu führen hat, daß der Gegenstand in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet worden ist.

(4) Hat der Unternehmer eine Lieferung als steuerfrei behandelt, obwohl die Voraussetzungen nach Abs. 1 nicht vorliegen, so ist die Lieferung dennoch als steuerfrei anzusehen, wenn die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung auf unrichtigen Angaben des Abnehmers beruht und der Unternehmer die Unrichtigkeit dieser Angaben auch bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen konnte. In diesem Fall schuldet der Abnehmer die entgangene Steuer. In Abholfällen hat der Unternehmer die Identität des Abholenden festzuhalten.

Art. 25 UStG 1994 in der für das Streitjahr geltenden Fassung regelt das Dreiecksgeschäft wie folgt:

Dreiecksgeschäft

Begriff

Art. 25. (1) Ein Dreiecksgeschäft liegt vor, wenn drei Unternehmer in drei verschiedenen Mitgliedstaaten über denselben Gegenstand Umsatzgeschäfte abschließen, dieser Gegenstand unmittelbar vom ersten Lieferer an den letzten Abnehmer gelangt und die in Abs. 3 genannten Voraussetzungen erfüllt werden. Das gilt auch, wenn der letzte Abnehmer eine juristische Person ist, die nicht Unternehmer ist oder den Gegenstand nicht für ihr Unternehmen erwirbt.

Ort des innergemeinschaftlichen Erwerbs beim Dreiecksgeschäft

(2) Der innergemeinschaftliche Erwerb im Sinne des Art. 3 Abs. 8 zweiter Satz gilt als besteuert, wenn der Unternehmer (Erwerber) nachweist, daß ein Dreiecksgeschäft vorliegt und daß er seiner Erklärungspflicht gemäß Abs. 6 nachgekommen ist. Kommt der Unternehmer seiner Erklärungspflicht nicht nach, fällt die Steuerfreiheit rückwirkend weg.

Steuerbefreiung beim innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen

(3) Der innergemeinschaftliche Erwerb ist unter folgenden Voraussetzungen von der Umsatzsteuer befreit:

  • Der Unternehmer (Erwerber) hat keinen Wohnsitz oder Sitz im Inland, wird jedoch im Gemeinschaftsgebiet zur Umsatzsteuer erfaßt;

  • der Erwerb erfolgt für Zwecke einer anschließenden Lieferung des Unternehmers (Erwerbers) im Inland an einen Unternehmer oder eine juristische Person, der bzw. die für Zwecke der Umsatzsteuer im Inland erfaßt ist;

  • die erworbenen Gegenstände stammen aus einem anderen Mitgliedstaat als jenem, in dem der Unternehmer (Erwerber) zur Umsatzsteuer erfaßt wird;

  • die Verfügungsmacht über die erworbenen Gegenstände wird unmittelbar vom ersten Unternehmer oder ersten Abnehmer dem letzten Abnehmer (Empfänger) verschafft;

  • die Steuer wird gemäß Abs. 5 vom Empfänger geschuldet.

Rechnungsausstellung durch den Erwerber

(4) Die Rechnung muß bei Anwendung der Befreiung des Abs. 3 zusätzlich folgende Angaben enthalten:

  • einen ausdrücklichen Hinweis auf das Vorliegen eines innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäftes und die Steuerschuldnerschaft des letzten Abnehmers,

  • die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, unter der der Unternehmer (Erwerber) den innergemeinschaftlichen Erwerb und die nachfolgende Lieferung der Gegenstände bewirkt hat, und

  • die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Empfängers der Lieferung

Steuerschuldner

(5) Bei einem Dreiecksgeschäft wird die Steuer vom Empfänger der steuerpflichtigen Lieferung geschuldet, wenn die vom Erwerber ausgestellte Rechnung dem Abs. 4 entspricht.

Pflichten des Erwerbers

(6) Zur Erfüllung seiner Erklärungspflicht im Sinne des Abs. 2 hat der Unternehmer in der Zusammenfassenden Meldung folgende Angaben zu machen:

  • die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer im Inland, unter der er den innergemeinschaftlichen Erwerb und die nachfolgende Lieferung der Gegenstände bewirkt hat;

  • die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Empfängers der vom Unternehmer bewirkten nachfolgenden Lieferung, die diesem im Bestimmungsmitgliedstaat der versandten oder beförderten Gegenstände erteilt worden ist;

  • für jeden einzelnen dieser Empfänger die Summe der Entgelte der auf diese Weise vom Unternehmer im Bestimmungsmitgliedstaat der versandten oder beförderten Gegenstände bewirkten Lieferungen. Diese Beträge sind für das Kalendervierteljahr anzugeben, in dem die Steuerschuld entstanden ist.

Pflichten des Empfängers

(7) Bei der Berechnung der Steuer gemäß § 20 ist dem ermittelten Betrag der nach Abs. 5 geschuldete Betrag hinzuzurechnen.

Gemäß Art. 28 Abs. 2 UStG 1994 bestätigt das Bundesministerium für Finanzen dem Unternehmer im Sinne des § 2 leg.cit. auf Anfrage die Gültigkeit einer Umsatzsteueridentifikationsnummer sowie den Namen und die Anschrift der Person, der die Umsatzsteueridentifikationsnummer von einem anderen Mitgliedsstaat erteilt wurde.

§ 12 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 in der für den Streitzeitraum gültigen Fassung legt u.a. Folgendes fest: Wurde die Lieferung oder die sonstige Leistung an einen Unternehmer ausgeführt, der wusste oder wissen musste, dass der betreffende Umsatz im Zusammenhang mit Umsatzsteuerhinterziehungen oder sonstigen, die Umsatzsteuer betreffenden Finanzvergehen steht, entfällt das Recht auf Vorsteuerabzug. Dies gilt insbesondere auch, wenn ein solches Finanzvergehen einen vor- oder nachgelagerten Umsatz betrifft.

Strittig ist im gegenständlichen Fall, ob in Rechnung gestellte Verkäufe von Waren an italienische Abnehmer als innergemeinschaftliche Lieferungen umsatzsteuerfrei sind sowie ob bezüglich in Rechnung gestellter Wareneinkäufe aus Slowenien und Warenverkäufe nach Italien die Voraussetzungen eines umsatzsteuerlichen Dreiecksgeschäftes vorliegen. Damit zusammenhängend ist zu beurteilen, ob die in Rechnung gestellten Vorgänge Teil eines Umsatzsteuerkarussellbetruges sind. Hinsichtlich der Körperschaftsteuer ist zu entscheiden, ob eine eventuell zu Recht nachbelastete Umsatzsteuer eine Betriebsausgabe bei der Ermittlung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb der Bf. darstellt.

1) Vorliegen eines Umsatzsteuerkarussellbetruges?

Nach der Aktenlage hat die Bf. vertreten durch ihren Geschäftsführer ri NA von einer Slowenischen Gesellschaft, deren Manager ebenfalls ri NA war, Warenlieferungen (elektronische Bauteile etc.) in Rechnung gestellt bekommen. Diese Waren wurden von der Bf. an verschiedene italienische Rechnungsempfänger mit einem geringen Aufschlag weiterfakturiert. Diese in der Zeit von Ende September 2010 bis März 2011 verrechneten Warentransaktionen hat die Bf. zum Teil als innergemeinschaftliche Erwerbe aus Slowenien mit anschließenden innergemeinschaftlichen Lieferungen nach Italien behandelt und zum Teil als umsatzsteuerliches Dreiecksgeschäft mit als besteuert geltenden bzw. umsatzsteuerneutralen Erwerben aus Slowenien und umsatzsteuerfreien Lieferungen nach Italien.

Es stellt sich zunächst die Frage, ob die italienischen Rechnungsempfänger sogenannte Missing Trader sind.

Dazu erhielt das Finanzamt folgende Auskünfte von italienischen Steuerbehörden:

Zur F*** S.r.l.

Es liegt eine Auskunft der italienischen Behörden vom vor. Dort heißt es sinngemäß (ins Deutsche übersetzt): Unser Büro führte eine steuerliche Prüfung am Sitz des italienischen Unternehmens durch. An dieser Adresse gab es kein Signal über die Wirksamkeit des italienischen Unternehmens. Die italienische Firma steht im Verdacht ein Missing Trader zu sein. Daher wurde die UID-Nr. gelöscht und aufgehoben am für inländische Transaktionen.

Der erkennende Senat hält diese Auskunft für stichhaltig. Die Bf. vermochte dem auch nichts Substanzielles entgegenzusetzen. Es ist daher davon auszugehen, dass die Fa. F*** ein sogenannter Missing Trader gewesen ist.

Zur M*** S.r.l.

Diesbezüglich liegt ein Bericht der Guardia di Finanza vom vor, der wörtlich lautet: Die zuständige Dienststelle der Guardia di Finanza in Bozen hat die Ermittlungen bezüglich der von der Staatsanwaltschaft in Bozen eröffnete Strafverfahren Nr. […] durchgeführt. Dank der Ermittlungen wurde entdeckt, dass eine kriminelle Organisation eine große Anzahl von Handyteilen bei italienischen entgegenkommenden Lieferanten erworben hatte und Buffer-Firmen in San Marino, Schweiz bzw. Österreich benutzten, um die Ware über "Missing Traders" wieder auf den italienischen Markt gelangen zu lassen. Die genannte […] benutzte für diese Tätigkeit verschiedene Gesellschaften. Eine dieser Gesellschaften war die Fa. M*** SRL, die als Scheinfirma für die Rechnungsausstellung zwischen einer österreichischen Firma und dem wirklichen Endabnehmer der Ware eingesetzt wurde. Die Firma hat nachträglich die vorgeschriebenen Steuererklärungen nicht eingereicht und die Umsatzsteuer nicht entrichtet. Die Firma M*** SRL wurde nur gegründet, um Scheinrechnungen auszustellen um damit Karussellbetrüge im Umsatzsteuergebiet durchzuführen.

Für den Senat gibt es keinen Grund, diesen Bericht anzuzweifeln.

Die Bf. hält diesem Bericht eine Bestätigung der italienischen Agenzia delle Entrate vom entgegen. In dieser Bestätigung ist angeführt, dass M*** seit Inhaberin der UID-Nummer UIDIT-9 sei und ab diesem Zeitpunkt bis dato keine Zeiträume registriert seien, in denen die Tätigkeit eingestellt worden sei. Diese Bestätigung erscheint zu wenig aussagekräftig. Dass M*** Inhaberin einer UID-Nummern gewesen ist, hilft der Bf. nicht weiter, zumal nach dem Vorbringen der Bf. bei jeder Kapitalgesellschaft in Italien die Steuernummer und UID-Nummer identisch sind. Im Grunde wird hier also nur bestätigt, dass M*** eine Steuernummer hatte. Es wird damit nicht bestätigt, dass M*** im VIES für den Binnenmarkt registriert war, geschweige denn als realer Unternehmer aufgetreten ist. Dass bei der Agenzia delle Entrate eine Einstellung der Tätigkeit "nicht registriert" sei, mag zutreffen, bedeutet aber noch nicht, dass man sich aktuell von der Existenz dieser Gesellschaft und ihrem tatsächlichen Tätigsein und Gebaren vor Ort überzeugt hat.

Wenn die Bf. weiter ausführt, dass der Bericht der Guardia di Finanza noch kein rechtskräftiges Steuer- oder Strafurteil darstellt und bis dahin die Unschuldsvermutung gelte, dann vermag dies die Beschwerde ebenfalls nicht zu stützen. Nicht jedem derartigen Bericht schließt sich ein Urteil an. Es kann aus verwaltungsökonomischen Gründen infolge Uneinbringlichkeiten oder mangels greifbarer Verantwortlicher zweckmäßig sein, von einem Steuerverfahren Abstand zu nehmen. Das Bundesfinanzgericht hat jedenfalls auf Grund der vorliegenden Belege bzw. Bestätigungen eine Vorfragenbeurteilung vorzunehmen. Wenn M*** ein realer Geschäftspartner der Bf. gewesen ist, dann wäre es ri NA wohl möglich gewesen, diese Firma noch im Zuge des Beschwerdeverfahrens zu kontaktieren und um ein Lebenszeichen zu bitten. Derartiges ist offenbar nicht geschehen.

Dass im Bericht der Guardia di Finanza von Handyteilen die Rede ist und die Bf. hauptsächlich andere Elektronikteile in Rechnung gestellt hat, ist bestenfalls ein Detail, welches nicht ins Gewicht fällt. Selbst wenn die Bf. hauptsächlich andere Elektronikteile geliefert hat, so ändert dies nichts an der Aussage der Guardia di Finanza, dass die M*** keine Steuererklärungen abgegeben und keine Umsatzsteuer gezahlt hat.

Es ist daher davon auszugehen, dass M*** ein so genannter Missing Trader gewesen ist.

Zur Fa. C***:

Hier gibt es keine konkreten Auskünfte von italienischen Stellen. Die dem Finanzamt übermittelte Liste der EUROCANET enthält auch Angaben zur Fa. C***. Wie die Bf. aber richtig aufzeigt, sind die Angaben von EUROCANET widersprüchlich. In drei Zeilen untereinander wird der gegenständliche Umsatz von 114.410,00 EURO jeweils aufgeführt. In der ersten Zeile wird der Umsatz mit "(Apparently) Normal trade" und in der zweiten und dritten Zeile derselbe Umsatz jeweils mit "Missing Trader" kommentiert. Diesen Widerspruch konnte das Finanzamt nicht aufklären.

Zur Fa. E*** rof S.r.l.

Einem Bericht italienischer Behörden, beim Finanzamt eingelangt am , ist Folgendes zu entnehmen: Die "E*** rof Srl" beschäftigt sich mit Großhandel von Compuern und Softwares. Sie übt ihre Aktivität seit aus, aber sie hat keine Erklärung vorgelegt, obwohl sie wertvolle Handelsgeschäfte verwirklichte. Die Gesellschaft wurde von der zuständigen Abteilung der Guardia di Finanza geprüft, was die Jahre 2008, 2009 und 2010 betrifft. Es scheint, dass die "E*** rof Srl" als Missing Trader innerhalb eines Karussellbetruges verwendet worden sein könnte. Der Verwalter [Name] wurde dem Gericht übergeben. Der Sitz der Gesellschaft ist in [Adresse in Neapel], der sich aber nur als eine Postadresse erweist. Es gibt auch eine Außenstelle in Rom [Adresse], die aber nicht geprüft wurde.

Die Bf. hält diesem Bericht eine Bestätigung der italienischen Agenzia delle Entrate vom entgegen. In dieser Bestätigung ist angeführt, dass E*** seit Inhaberin der UID-Nummer UIDIT-2 sei und ab diesem Zeitpunkt bis dato keine Zeiträume registriert seien, in denen die Tätigkeit eingestellt worden sei. Wie schon oben zur Fa. F*** ausgeführt, erscheint diese Bestätigung zu wenig aussagekräftig. Es gilt das zur Fa. F*** Gesagte.

Der Senat geht daher davon aus, dass die Fa. E*** infolge des Umstandes, dass sie keine Steuererklärungen eingereicht hat und ihr Sitz in Neapel eine reine Postadresse war, ein Missing Trader gewesen ist.

Dass die genannten Abnehmer (und dies erfasst auch die Fa. C***, für die keine konkrete behördliche Auskunft aus Italien vorliegt) Missing Trader waren, lässt sich (auch) daraus erschließen, dass ihre UID-Nummern ungültig waren. Die Ungültigkeit dieser UID-Nummern haben die Abfragen des Prüfers des Finanzamtes im Zuge der Außenprüfung im März 2011 und später noch ergeben.

Probleme Italiens mit dem VIES stehen dieser Schlussfolgerung nicht entgegen. Nach der Darstellung der Bf. seien alle italienischen UID-Nummern im Jahr 2010 gelöscht worden und hätte sich jeder Unternehmer neu in VIES registrieren lassen müssen. Da die Abfragen des Prüfers im März 2011 und auch zu einem späteren Zeitpunkt (laut Prüfer bei Einbringung der Beschwerde im Oktober 2012; eine beispielhafte Abfrage des steuerlichen Vertreters beim Verhandlungstermin am betreffend die Fa. E*** zeigte: UID-Nummer ungültig) ergeben haben, dass die UID-Nummern der italienischen Abnehmer der Bf. nicht gültig sind, können sich diese Abnehmer entweder nicht registrieren haben lassen oder sind diese Personen wegen Mängel bei der Anmeldung nicht in das VIES aufgenommen worden. Beides würde die berechtigte Frage aufwerfen, ob diese Personen reale Unternehmer gewesen sind. Wären sie reale Unternehmer mit Teilnahme am Binnenmarkt gewesen, dann hätten sie sich wohl registrieren lassen bzw. hätte es dabei wohl keine Probleme gegeben. Das Finanzamt bestreitet überdies unter Hinweis auf einen Erlass des BMF, dass damals in Italien sämtliche Unternehmer gelöscht worden seien. Vielmehr habe dies nur problematische Unternehmer betroffen. Das Argument der Bf., dass das Registrierungsverfahren in Italien bis Dezember 2011 unsicher gewesen sei, verfängt nicht, weil auch Abfragen der UID-Nummern zu einem späteren Zeitpunkt ergaben, dass diese ungültig sind.

Nach alldem sieht es der erkennende Senat für erwiesen an, dass die Firmen F*** S.r.l., M*** S.r.l., E*** rof S.r.l. und C*** als Missing Trader einzustufen sind und demnach ein Umsatzsteuerkarussellbetrug vorliegt, in den die Bf. involviert gewesen ist.

2) Bewusste Teilnahme?

Der Senat geht davon aus, dass die Bf. bzw. ihr Geschäftsführer ri NA im Namen der Bf. bewusst an einem Umsatzsteuerbetrug teilgenommen haben.

Wie ausgeführt, hat die Bf. keinerlei Abfragen im VIES nach den UID-Nummern der italienischen Abnehmer vorgenommen. Der erkennende Senat wertet den Umstand, dass die Bf. bzw. ihr Geschäftsführer nicht einmal den Versuch einer Abfrage der UID-Nummern der italienischen Abnehmer im VIES getätigt hat, als starkes Indiz für eine bewusste Teilnahme an einem Umsatzsteuerbetrug.

Die Bf. war damals schon durch einen (anderen) Steuerberater vertreten. Von einem Informationsmanko betreffend die grundsätzliche Notwendigkeit einer UID-Abfrage gemäß Art. 28 UStG 1994 kann nicht ausgegangen werden. Probleme der italienischen Finanzverwaltung mit dem VIES können keine Entschuldigung dafür sein, dass die Bf. überhaupt keine Abfragen getätigt hat, zumal - wie eine von der Bf. selbst mit der Beschwerde vorgelegten Internetseite einer Wirtschaftstreuhandgesellschaft aus dem Jahre 2011 zeigt - in Fachkreisen auf diese Problematik hingewiesen und deshalb für eine korrekte Abrechnung von innergemeinschaftlichen Lieferungen nach Italien dezidiert empfohlen wurde, die UID-Nummer des Geschäftspartners mittels einer qualifizierten Abfrage über Finanzonline oder das EU-Portal zu überprüfen. Diese Problematik war damals also schon bekannt und dennoch ist eine Abfrage hier unterblieben.

Dass die Bf. Bestätigungen der Agenzia delle Entrate eingeholt hat, vermag den Eindruck des bewussten Teilnehmens der Bf. nicht zu verwischen. Denn die Bf. hat diese Bestätigungen erst nach und auf Grund der Außenprüfung des Finanzamtes eingeholt hat. Sie wurden also nicht eingeholt, um sich von Anfang an von der Existenz dieser Abnehmer zu überzeugen, was wiederum den Schluss zulässt, dass es der Bf. gar nicht darum gegangen ist. Diese Unterlagen wurden offenbar nur benötigt, um im Steuerverfahren zu argumentieren. Dass die UID-Nummern auch in italienischen Dokumenten wie in Firmenbuchauszügen aufschienen, sagt nichts aus, zumal die italienischen UID-Nummern bei Körperschaften gleichzeitig die Steuernummern waren.

Die im Verfahren vorgelegten Kopien von Emails und anderen Belegen betreffend Kontakte zwischen der Bf. und den italienischen Gesellschaften können Abfragen im VIES nicht ersetzen, selbst wenn aus diesen Unterlagen hervorgeht, dass sich die Bf. bei Ihren italienischen Geschäftspartnern nach deren Personalien und UID-Nummern erkundigt hat.

Anzumerken ist diesem Zusammenhang auch, dass die Bf. alle diese Korrespondenzen dem Finanzamt weder im Zuge der Prüfung noch mit der Beschwerde vorgelegt hat. Die Prüfung fand in den Räumlichkeiten des damaligen Steuerberaters der Bf. statt, wo sich der Sitz der Bf. befindet. Der Prüfer hatte keinerlei Kontakt zu ri NA. Es ist nicht nachzuvollziehen, dass die Bf. in Kenntnis der Auffassung des Finanzamtes diese ihrer Meinung nach entlastenden Unterlagen nicht schon während der Prüfung bzw. mit der Beschwerdeeinbringung übermittelt hat. Der Einwand, dass ri NA diese Unterlagen zum Zeitpunkt der Aufforderung zur Vorlage der Geschäftsunterlagen nicht gehabt habe, weil er erst im Jänner 2012 bei seinem Internetprovider den Emailverkehr angefordert habe, überzeugt nicht. Zum einen, weil die Beschwerde erst danach nämlich im Oktober 2012 eingebracht wurde und also schon damals die Unterlagen hätten angeschlossen werden können. Zum anderen erstaunt, weshalb geschäftliche Korrespondenzen für den Unternehmer nur über besondere Anforderung bei einem Internetprovider verfügbar sein sollten. Im Verfahren ist außerdem hervorgekommen, dass man die Emails vor Ausdruck und Vorlage offenbar verändern konnte. Darauf weist der Umstand hin, dass sich auf den in italienischer Sprache abgefassten Emails im Textteil auch die nachträglich erstellte deutsche Übersetzung befindet.

Für eine bewusste Teilnahme an einem Umsatzsteuerbetrug spricht überdies, dass der Geschäftsführer der Bf. auch für die slowenische Gesellschaft handlungsbefugt war, und es keine einleuchtende Erklärung für den Umstand gibt, dass diese Warengeschäfte überhaupt über die Bf. abgewickelt wurden. Dazu brachte die Bf. vor, ri NA habe einen Markt in Österreich erschließen wollen, weil der Standort Österreich wegen geringer Korruption etc. sehr attraktiv sei. Auch sei es im Interesse NA gewesen, die Gewinnspanne in der Bf., an der er zu 100% Gesellschafter war, und nicht in der slowenischen Gesellschaft, wo er nur Geschäftsführer war, zu lukrieren. Dieser Darstellung ist entgegenzuhalten, dass der Aufschlag der Bf. laut den vorliegenden Eingangs- und Ausgangsrechnungen sehr gering ist (2010 rund 1,4% und 2011 rund 0,3%) und die Bf. in den Jahren 2010 und 2011 Verluste erwirtschaftet hat. Bestrebungen darüber hinaus einen Markt in Österreich zu erschließen, sind nicht aktenkundig. Und wenn es tatsächlich die Absicht NA gewesen sein soll, die Gewinnspanne in seiner Gesellschaft in Österreich und somit auf Kosten der von ihm vertretenen slowenischen Gesellschaft zu lukrieren, dann würde dies schon an Untreue gegenüber seinem slowenischen Arbeitgeber grenzen, was wiederum Zweifel an der Rechtschaffenheit von NA aufkommen und seine bewusste Teilnahme an einem Umsatzsteuerbetrug auch unter Berücksichtigung seiner Persönlichkeit denkbar erscheinen ließe. In diesem Zusammenhang ist auch zu erwähnen, dass es über die Geschäftsbeziehungen zwischen der Bf. und der durch ri NA mit der Bf. verbundenen slowenischen Gesellschaft nach den unwidersprochen gebliebenen Feststellungen des Finanzamtes keinerlei Korrespondenzen gibt, was den Verdacht nährt, dass diese Geschäftsverbindung keinen echten wirtschaftlichen Hintergrund hatte.

Ganz besonders ins Gewicht fällt, dass die Bf. keine Zusammenfassende Meldung erstattet hat. Nachvollziehbare Hindernisse, dieser Pflicht nachzukommen, liegen nicht vor. Die italienischen Gesellschaften haben der Bf. UID-Nummern bekannt gegeben. Es wäre ihr daher auch rein technisch sehr wohl möglich gewesen, Zusammenfassende Meldungen auszufüllen. Demgemäß kann die Nichtaufnahme der gegenständlichen Umsätze in die Zusammenfassende Meldung nur der bewussten Nichtoffenlegung bzw. Verschleierung gedient haben.

Das Gesamtbild der Verhältnisse spricht daher dafür, dass die Bf. bewusst an einem Umsatzsteuerkarussell teilgenommen hat.

Die umsatzsteuerlichen Konsequenzen aus der bewussten Teilnahme an einem Umsatzsteuerbetrug bestehen darin, dass Steuervorteile wie Steuerbefreiungen für involvierte innergemeinschaftliche Lieferungen und den Vorsteuerabzug (soweit überhaupt zustehend) aus den involvierten Vorumsätzen nicht zustehen (vgl. Ruppe/Achatz, UStG, 5. Auflage, Einf Tz 21/5). Gleiches muss für die Steuerbefreiung des innergemeinschaftlichen Erwerbes im Dreiecksgeschäft gelten.

Es waren daher die Beschwerden gegen die Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2010 und 2011 als unbegründet abzuweisen. Die Versteuerung der als innergemeinschaftliche Lieferungen behandelten Umsätze im Umsatzsteuerbescheid 2010 und die Versteuerung des innergemeinschaftlichen Erwerbes aus den als Dreiecksgeschäft behandelten Vorgängen ohne entsprechenden Vorsteuerabzug im Umsatzsteuerbescheid für 2011 erfolgten zu Recht.

Darüber hinaus war der Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2010 zum Nachteil der Bf. abzuändern. Die Änderungen der Besteuerungsgrundlagen gegenüber dem angefochtenen Bescheid liegen darin, dass die innergemeinschaftlichen Erwerbe der Bf. in den als Dreiecksgeschäfte behandelten Fällen nicht steuerfrei sind bzw. nicht als besteuert gelten und somit mit 20% zu versteuern sind. Überdies war der Vorsteuerabzug aus diesen Erwerben nicht zu gewähren.

Dadurch ergeben sich für die Umsatzsteuer des Jahres 2010 folgende steuerliche Konsequenzen, über die zwischen den Parteien (für den Fall, dass von einer bewussten Teilnahme an einem Umsatzsteuerbetrug ausgegangen werde) das Einvernehmen hergestellt wurde:

Steuerbarer Umsatz 658.519,97 EURO (= Summe aller Ausgangsrechnungen für innergemeinschaftliche Lieferungen) und davon 20% Normalsteuersatz ergibt USt von 131.703,99 EURO; Innergemeinschaftliche Lieferungen 0,00 EURO; Innergemeinschaftliche Erwerbe 769.210,19 EURO (Summe aller Eingangsrechnungen für innergemeinschaftliche Lieferungen und Dreiecksgeschäfte) und davon 20% USt ergibt 153.842,04 EURO; Vorsteuern lt. Erklärung von 1.615,33 EURO; Vorsteuern aus innergemeinschaftlichem Erwerb 0,00 EURO. Somit ergibt sich eine Zahllast von 283.930,70 EURO.

  • Körperschaftsteuer

Das Eventualbegehren der Bf., die nachgeforderte Umsatzsteuer als Betriebsausgabe zu berücksichtigen, besteht zu Recht. Diesbezüglich besteht Einvernehmen zwischen den Verfahrensparteien. Der Aufwand ist betrieblich veranlasst und mit einem Ersatz von dritter Seite ist nicht zu rechnen. Die Umsatzsteuernachforderungen sind daher erfolgswirksam.

Die nachgeforderte Umsatzsteuer beträgt für das Jahr 2010 285.546,03 EURO (Zahllast lt. BFG von 283.930,70 EURO zuzüglich der Umsatzsteuergutschrift lt. Erklärung von 1.615,33 EURO) und für das Jahr 2011 239.993,53 EURO (Zahllast lt. BFG 239.601,33 zuzüglich der Umsatzsteuergutschrift lt. Erklärung von 392,20 EURO).

Es war daher der Beschwerde gegen die Körperschaftsteuerbescheide für die Jahre 2010 und 2011 Folge zu geben.

Die Einkünfte aus Gewerbebetrieb der Bf. betragen daher:

2010: Einkünfte lt. FA von 894,35 EURO abzüglich USt von 285.546,03 EURO ergibt Einkünfte lt. BFG (Verlust) von -284.651,68 EURO.

2011: Einkünfte (Verlust) lt. FA von -5.309,65 EURO abzüglich USt von 239.993,53 EURO ergibt Einkünfte (Verlust) von -245.303,18 EURO.

Bei diesen Einkünften bleibt aber die Festsetzung der Körperschaftsteuer in den angefochtenen Bescheiden in Höhe von 271,59 EURO (2010) und 1.250,00 EURO (2011) unverändert.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Im gegenständliche Fall waren im Wesentlichen Sachverhaltsfragen und Beweiswürdigungsfragen zu beantworten. Dem Erkenntnis liegen daher keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zugrunde. Die Revision war daher für unzulässig zu erklären.

Klagenfurt am Wörthersee, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.4100457.2012

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at