Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 26.02.2020, RV/7100051/2015

Arbeitszimmer, freiwillige Buchführung § 4 Abs. 1 EStG

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R in der Beschwerdesache Bf., vertreten durch Vertreter , über die Beschwerde gegen die Bescheide der belangten Behörde Finanzamt , betreffend Umsatzsteuer für die Jahre 2008 bis 2011, Einkommensteuer für die Jahre 2007 bis 2011, sowie Anspruchszinsen (§ 205 BAO) für die Jahre 2007 bis 2009 und 2011 zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Der Beschwerdeführer (Bf.) erklärte für die Jahre 2007 bis 2010 Einkünfte aus selbständiger Arbeit aus Erbringung sonstiger unternehmensbezogener Dienstleistungen.

Betreffend den Bf. wurden für die Jahre 2007 bis 2010 Umsatz- und Einkommensteuerbescheide erlassen, welche in Rechtskraft erwuchsen.

Im Jahr 2012 fand im Unternehmen des Bf. eine Betriebsprüfung statt.

Im Betriebsprüfungsbericht wurden folgende Feststellungen getroffen:

Tz 2: Die Aufwendungen für das im Wohnungsverband (Wohnung in Form eines Lofts) gelegene Arbeitszimmer (Konferenzraum) wurden nicht berücksichtigt und die Vorsteuer und Einkommensteuer für die Jahre 2008 und 2009 korrigiert, da die von der Judikatur zu diesem Thema aufgestellten Kriterien nicht erfüllt sind.

Tz 3: Die im Jahr 2008 beantragte begünstigte Besteuerung nicht entnommener Gewinne gem. § 11a EStG in Höhe von € 50.000,- wurde nicht gewährt, da nach Ansicht der Betriebsprüfung keine Buchführung im Sinn des § 4 Abs. 1 EStG vorliegt, weil keine laufende Verbuchung der Geschäftsfälle auf Bestandskonten vorliegt. Die Buchungen erfolgten über das Konto 9000 Privat- und Verrechnungskonto. Das betrieblich verwendete Bankkonto ist nicht im Rechnungswesen erfasst.

Tz 4: Die vom Bf. vorgenommene Nachversteuerung im Jahr 2009 für die in den Jahren 2007 und 2008 in Anspruch genommene begünstigt besteuerten Gewinne wurde korrigiert.

Tz 5 : Die im Jahr 2007 in Anspruch genommene begünstigte  Besteuerung nicht entnommener Gewinne in Höhe von € 20.000,- wurde wie auch im Jahr 2008 korrigiert.

Tz 6: Die gebildete sonstige Rückstellung wurde gewinnerhöhend aufgelöst, da nach Ansicht der Betriebsprüfung keine Gewinnermittlung gem. § 4 Abs. 1 EstG vorliegt.

Basierend auf den Feststellungen der Betriebsprüfung und den Ausführungen zur Begründung derselben im Bericht erließ das Finanzamt am  den gem. § 293b BAO berichtigten Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2007, die Bescheide zur Wiederaufnahme der Verfahren betreffend Umsatzsteuer für die Jahre 2008 bis 2010, Wiederaufnahme betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2008 bis 2010 und die neuen Sachbescheide betreffend Umsatzsteuer für die Jahre 2008 bis 2010 und die Einkommensteuer 2008 bis 2010.

Ebenfalls am wurden vom Finanzamt Anspruchszinsenbescheide für die Jahre 2007 bis 2009 erlassen.

Der Bf. erhob Berufung gegen die Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2008 bis 2010, die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2007 bis 2010, sowie gegen die Anspruchszinsenbescheide für die Jahre 2007 bis 2009, alle datiert vom .

Zur Begründung führte der Bf. aus, dass seiner Ansicht nach er aus freiem Willen eine Bilanz und eine G/V Rechnung gem. § 4 Abs. 1 EStG erstellt habe. Es entspräche nicht den Tatsachen, dass er keine Buchungen auf Bestandkonten vorgenommen habe, das Bankkonto sei überwiegend privat genutzt worden und in wirtschaftlicher Betrachtungsweise seien die Buchungen der Geschäftsfälle ordnungsgemäß und laufend über das Verrechnungskonto geführt worden, welches in dieser Form aufgrund jederzeitiger Saldierungsmöglichkeit als Bestandkonto anzusehen sei.

Es sei eine Buchführung gem. § 4 Abs. 1 EstG gegeben, weshalb die begünstigte Besteuerung für nicht entnommene Gewinne in Ansatz zu bringen sei.

Betreffend das Arbeitszimmer erklärte der Bf., dass unbestritten sei, dass für seine Tätigkeit Besprechungen in seperaten Räumen nicht nur förderlich, sondern essentiell notwendig seien, es sei weder üblich noch möglich derartige Gespräche oder Verhandlungen in "fremden" Orten zu führen. Der Konferenzraum sei vom Bf. daher auch entsprechend eingerichtet und ausgestattet worden und sei nicht für private Zwecke des Bf. geeignet. Er diene, wenn man überhaupt davon sprechen könne nur in untergeordneter Weise den privaten Bedürfnissen des Bf. als Einzelperson.

Die alternative Anmietung eines eigenen Büros außerhalb des Wohnungsverbandes wäre in wirtschaftlicher Betrachtungseise mit einem Vielfachen des Aufwandes verbunden gewesen.

Der Bf. ersuchte die sonstigen Rückstellungen aufgrund des freiwilligen Betriebsvermögensvergleiches gem. § 4 Abs. 1 EStG in Ansatz zu bringen, sowie im Jahr 2007 die begünstigte Besteuerung des nicht entnommenen Gewinnes zu gewähren.

Der Bf. stützte seine Argumentation auf UFSW RV/3356-W/02 v. und betreffend die Wahl des Steuerpflichtigen zur Buchführung gem. § 4 Abs.1 EStG.

Hinsichtlich der Beschwerde gegen die Anpruchszinsenbescheide verwies der Bf. auf seine Begründung zu den Sachbescheiden.

Das Finanzamt erließ am eine abweisende Beschwerdevorentscheidung betreffend Umsatzsteuer für die Jahre 2008 bis 2010, Einkommensteuer für die Jahre 2007 bis 2010 , sowie betreffend Anspruchszinsen für die Jahre 2007 bis 2009.

Zur Begründung der Nichtanerkennung des Vorliegens einer Buchführung gem. § 4 Abs. 1 EStG wurde ausgeführt, dass laut Feststellungen der Betriebsprüfung im Buchungsjournal außer den Umsatzsteuerverbuchungen keine laufenden Buchungen während des Jahres auf Bestandkonten vorgenommen worden seien. Die Buchungen seien über das Konto 9000 Privat- und Verrechnungskonten erfolgt. Die Vorgangsweise alle Geschäftsfälle über das Privatkonto zu verbuchen verstoße gegen die Grundsätze ordnungsgemäßer Buchhaltung, insbesondere Grundsatz der Bilanzwahrheit und Bilanzklarheit, sowie der zeitnahen Erfassung auf Bestandskonten. Auch das betrieblich verwendete Bankkonto sei nicht im betrieblichen Rechnungswesen erfasst worden, weshalb eine Buchführung gem. § 4 Abs. 1 EStG nicht vorläge und der begünstigte Steuersatz für nicht entnommene Gewinne gem . § 11a EStG nicht in Ansatz zu bringen sei; anstatt dessen sei ein Gewinnfreibetrag in Höhe von 10% des Gewinnes zu berücksichtigen.

Die Korrekturen betreffend begünstigte Besteuerung seien durchzuführen gewesen und die sonstigen Rückstellungen seien gewinnerhöhend auszulösen gewesen.

Betreffend die Aufwendungen für das Arbeitszimmer seien die von der Judikatur geforderten Voraussetzungen schon deswegen nicht erfüllt, weil im gegenständlichen Fall eine Wohnung in Form eines Lofts vorliege.

Für das Vorliegen eines Arbeitszimmers müsse dieses den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen bzw. beruflichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen bilden. Das Kriterium des Mittelpunktes der Tätigkeit sei nach dem materiellen Schwerpunkt, somit dem typischen Berufsbild zu beurteilen ().

Der Bf. arbeite im Bereich EDV Dienstleistungen, der materielle Schwerpunkt sei Anbieten, Umsetzen von EDV Lösungen für Kunden. Dabei sei ein Abhalten von Besprechungen und Verhandlungen förderlich, doch werde der Schwerpunkt der Tätigkeit auf dem PC  bzw. in den Räumen der Kunden auf deren PC anlagen geleistet.

Der gegenständliche "Konferenzraum" stelle nicht den Mittelpunkt der Betätigung des Bf. dar.

Die Rechtsprechung besage, dass beim Nichtvorhandensein eines (Arbeits-) Büros nicht zwangsläufig der benutzte Raum zu einem Mittelpunkt führe (; , 99/14/0008).

Die Vorgangsweise des Bf. alle Geschäftsfälle über das Privatkonto zu verbuchen verstosse gegen die GOB und sei daher nicht als ordnungsgemäße Buchführung gem. § 4 Abs. 1 EStG anzuerkennen.

Das Finanzamt erließ am den Umsatzsteuerbescheid und den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2011, sowie den Anspruchszinsenbescheid 2011. In diesen Bescheiden wurde zur Begründung auf die Feststellungen in der Betriebsprüfung betreffend die Jahre 2008 bis 2010 verwiesen.

Der Bf. erhob am Beschwerde gegen diese Bescheide betreffend das Jahr 2011.

Am wurde betreffend den Umsatzsteuer-, Einkommensteuer- und Anspruchszinsenbescheid 2011 eine abweisenden Beschwerdevorentscheidung erlassen und auf die Ausführungen der Begründung betreffend die Vorjahre verwiesen.

Der Bf. stellte den Antrag auf Vorlage seiner Beschwerden gegen die Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2008 bis 2011, gegen die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2007 bis 2011, sowie gegen die Anspruchszinsenbescheide für die Jahre 2001 bis 2009 und 2011 wiederholte die Ausführungen in seinen Beschwerden und erklärte, dass für die Tätigkeit der EDV Dienstleistungen die Notwendigkeit eines Arbeitsraumes bestehe und nach Ansicht des Bf. die von ihm erstellte Buchhaltung den Erfordernissen für die freiwillige Führung von Büchern gem. § 4 Abs. 1 EstG genüge.

Über die Beschwerden wurde erwogen:

Strittig ist im vorliegenden Fall ob in den Streitjahren 2007 bis 2011 eine Buchführung gemäß § 4 Abs. 1 EStG 1988 vorlag und die damit in Zusammenhang stehenden Begünstigungen für nicht entnommene Gewinne und die sonstige Rückstellung zu Recht in Anspruch genommen wurden bzw. ob die beantragten Aufwendungen für das Arbeitszimmer als Ausgaben anzuerkennen waren.

Das Bundesfinanzgericht geht im gegenständlichen Fall von folgendem entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus:

Der Bf. betrieb in den Streitjahren 2007 bis 2011 ein Einzelunternehmen mit dem Betriebsgegenstand Erbringung sonstiger unternehmensbezogener Dienstleistungen (EDV Dienstleistungen) und erzielte Einkünfte aus selbständiger Arbeit. Laut Betriebsprüfungsbericht ist der Betriebsgegenstand: Werbe-, Messewesen und sonstige Wirtschaftsdienste. Laut vorliegenden Ausgangsrechnungen verrechnete der Bf. Beratertätigkeit im Zusammenhang mit diversen Projektentwicklungen.

Der Bf. ist nicht buchführungspflichtig und erklärte, dass er seit 2007 freiwillig seine Einkünfte gemäß § 4 Abs. 1 EStG 1988 ermittelt.

Nach Feststellung der Betriebsprüfung wurden während der Streitjahre mit Ausnahme der Umsatzsteuerverbuchungen keine laufenden Buchungen auf Bestandskonten vorgenommen. Die Buchungen erfolgten über das Konto 9000 Privat- und Verrechnungskonten. Das betrieblich verwendete Bankkonto wurde nicht im Rechnungswesen erfasst. Aufwand für Werbung, Telefongebühr, Fahrt- und Reisespesen, Repräsentation etc. wurde ebenso über das Verrechnungskonto 9000 gebucht, wie auch Ertrag für Leistungserlöse.

Der Bf. betrieb sein Unternehmen von seiner Wohnung aus. Diese Wohnung hatte die Form eines Lofts. Innerhalb des loftartigen Wohnverbandes wurde ein Teil desselben vom Bf. als "Konferenzraum" bezeichnet und wurde für Besprechungen genutzt. Die Aufwendungen für den "Konferenzraum" (Möbel und anteilige Wohnungskosten) wurden als Betriebsausgaben vom Bf. abgesetzt.

Für die Jahre 2007 und 2008 beantragte der Bf. gem. § 11a EStG 1988 einen Betrag von € 20.000,- (2007) und € 50.000,- (2008) als begünstigte Besteuerung vom nicht entnommenen Gewinn.

Im Jahr 2009 hat der Bf. freiwillig die für 2007 und 2008 in Anspruch genommenen begünstigt besteuerte Gewinne in Höhe von € 70.000,- mit 10% nachversteuert.

Im Jahr 2008 wurde € 7.444,71 und im Jahr 2009 € 9.926,23 an sonstiger Rückstellung gebildet.

Im Jahr 2012 wurden von der Betriebsprüfung für die Streitjahre die Aufwendungen für den "Konferenzraum" nicht anerkannt, sowie Korrekturen betreffend die begünstigte Besteuerung nicht entnommener Gewinne, sowie der sonstigen Rückstellung vorgenommen, da die vom Bf. angenommene Besteuerung gemäß § 4 Abs. 1 EStG nicht anerkannt, sondern eine Besteuerung gemäß § 4 Abs. 3 EStG angenommen wurde.

Der Bf. erhob Beschwerde gegen die Umsatzsteuer, Einkommensteuer- und Anspruchszinsenbescheide und bekräftigte die seiner Ansicht nach bestehende Notwendigkeit eines "Konferenzraumes" und das Vorliegen einer ordnungsgemäßen Buchhaltung gem § 4 Abs. 1 EStG.

Gesetzliche Grundlagen und Judikatur:

1.) Arbeitszimmer "Konferenzraum":

Gemäß § 4 Abs. 4 EStG sind Betriebsausgaben die Aufwendungen oder Ausgaben, die durch den Betrieb veranlasst sind.

Gemäß § 20 Abs. 1 Z 2 lit d EStG 1988 dürfen bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden die Aufwendungen oder Ausgaben für ein im Wohnungsverband gelegenes Arbeitszimmer und dessen Einrichtung.

Bildet ein im Wohnungsverband gelegenes Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen, sind die darauf entfallenden Aufwendungen und Ausgaben einschließlich der Kosten seiner Einrichtung abzugsfähig.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes muss ein im Wohnungsverband gelegenes Arbeitszimmer den nach dem typischen Berufsbild des Steuerpflichtigen zu bewertenden Mittelpunkt der gesamten betrieblichen Tätigkeit darstellen und nahezu ausschließlich betrieblich genutzt werden.

2.) Betriebsvermögensvergleich gemäß § 4 Abs. 1 oder § 4 Abs. 3 EStG:

§ 4 Abs 1 EStG: Gewinn ist der durch doppelte Buchführung zu ermittelnde Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres und am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres.

§ 4 Abs 2 EStG: die Vermögensübersicht (Jahresabschluss, Bilanz) ist nach den allgemeinen Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung zu erstellen.

§ 4 Abs. 3 EStG: Der Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben darf dann als Gewinn angesetzt werden, wenn keine gesetzliche Verpflichtung zur Buchführung besteht und Bücher auch nicht freiwillig geführt werden.

§ 11a EStG: Natürliche Personen, die den Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich ermitteln, können den Gewinn bis zu dem in einem Wirtschaftsjahr eingetretenen Anstieg des Eigenkapitals, höchstens jedoch € 100.000,- mit dem ermäßigten Steuersatz gemäß § 37 Abs. 1 versteuern (begünstigte Besteuerung).

3.) Anspruchszinsen:

Anspruchszinsen im Sinne des § 205 BAO sind eine objektive Rechtsfolge, um (mögliche) Zinsvorteile oder Zinsnachteile auszugleichen, die sich aus unterschiedlichen Zeitpunkten der Abgabenfestsetzung ergeben ().

Anspruchszinsenbescheide sind an die Stammabgabenbescheide gebunden. Wenn sich diese nachträglich als rechtswidrig erweisen und abgeändert oder aufgehoben werden, sind neue, an die geänderten Stammabgabenbescheide gebundene Anspruchszinsenbescheide zu erlassen ().

Wegen der genannten Bindung sind die Zinsenbescheide nicht (mit Aussicht auf Erfolg) mit der Begründung anfechtbar, die maßgebenden Einkommensteuer-(Körperschaftsteuer-)Bescheide seien inhaltlich rechtswidrig (vgl. Ritz, BAO5, § 205 Tz 34).

Dies bedeutet, dass dann, wenn sich die Stammabgabenbescheide (Einkommensteuerbescheide) nachträglich als rechtswidrig erweisen und entsprechend abgeändert oder aufgehoben werden, diesem Umstand mit einem an den Abänderungsbescheid (Aufhebungsbescheid) gebundenen Zinsenbescheid Rechnung getragen wird. Es hätten weitere Anspruchszinsenbescheide zu ergehen. Es erfolgt jedoch keine Abänderung der ursprünglichen Zinsenbescheide (vgl.Ritz, § 205 Tz 35).

Rechtliche Würdigung:

1.) Arbeitszimmer "Konferenzraum":

Das im vorliegenden Fall als "Konferenzraum" bezeichnete und auch für Besprechungen genutzte "Arbeitszimmer" ist unstrittig im Wohnungsverband gelegen. Der Wohnungsverband besteht - wie auch aus den Ausführungen des Betriebsprüfungsberichtes ersichtlich (Tz 2) -  aus einer loftartigen Wohnung.

Ein Loft ist nach der Definition eine aus der Etage einer Fabrik umgebaute Großraumwohnung. Eine Abgrenzung eines extra Raumes zur nahezu ausschließlichen betrieblichen Verwendung ist  - abgesehen von Sanitärräumen - in diesem Fall faktisch nicht möglich.

Der Bf. hat Kosten für ein Sofa, eine Ledergruppe, Dekoration, sowie anteilige Wohnungskosten als Kosten für "Konferenzraum" geltend gemacht.

Dem Bf. wird in seiner Argumentation, dass im Falle seiner beratenden Tätigkeit Besprechungen nicht an "fremden" Orten geführt werden können, durchaus gefolgt, jedoch kann die fallweise Nutzung von Teilen seines Wohnraumes nicht dazu führen, dass - wie von der Judikatur gefordert - dieser nicht abgrenzbare Wohnungsteil den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen Tätigkeit des Bf. bildet (). Die Notwendigkeit des Raumes bedingt, dass dieser durch betriebliche Tätigkeit entsprechend ausgelastet ist (). Die vom Bf. behauptete bloß gelegentliche Nutzung für Besprechung reicht nicht aus.

Der Bf. ist beratend für diverse Auftraggeber und Projekte tätig und nach dem typischen Berufsbild eines EDV Beraters wird diese Tätigkeit schwerpunktmäßig im jeweils beratenen Unternehmen ausgeführt, weil dort die der Beratung unterliegenden Vorgänge stattfinden. Der Bf. setzt die von ihm entwickelten Projekte bei den Kunden um, die seine Dienste anfordern.

Ein einheitlich gemischt genutzter Raum im Wohnungsverband, welcher vom Bf. auch als Teil der Wohnung genutzt wird bzw. aufgrund der Einrichtung mit Sofa, Ledergruppe und Dekoration privat genutzt werden kann, stellt kein anzuerkennendes Arbeitszimmer dar (). Wird das Arbeitszimmer nicht anerkannt, sind auch die Kosten der Einrichtung des Raumes nicht abzugsfähig.

Der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes folgend, kann die Abgrenzung zwischen betrieblicher und privater Verwendung nur einheitlich für jeden Raum vorgenommen werden. Die Tatsache, dass im vorliegenden Fall die Abgrenzung des "häuslichen Arbeitszimmers" vom übrigen privat vom Bf. genutzten Teil der Wohnung nicht möglich ist, führt dazu, dass ein "Arbeitszimmer" im eigentlichen Sinn nicht vorliegen kann. Im Hinblick auf die bauliche Gestaltung ist ein sogenanntes Loft ein einheitlicher gesamter Raum, bei welchem eine Abgrenzung in betrieblichen und privaten nicht möglich ist.

Wenn der Bf. die Großraumwohnung zu eigenen privaten Wohnzwecken nutzt, kann eine ausschließliche Nutzung zu betrieblichen Zwecken eines nicht abgrenzbaren Teiles derselben, nicht vorliegen.

Der Beschwerde ist in diesem Punkt nicht Folge zu geben und die auf den "Konferenzraum" entfallenden Kosten (Tz 2) sind nicht als Betriebsausgaben anzuerkennen. Die darauf entfallende Vorsteuer ist ebenfalls nicht anzuerkennen.

2.) § 4 Abs. 1 oder § 4 Abs. 3 EStG  Ermittlung in den Streitjahren 2007 bis 2011: 

Den Ausführungen des Bf. ist zuzustimmen, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der nicht buchführungspflichtige Steuerpflichtige die Wahl trifft, ob er den Gewinn nach § 4 Abs. 1 oder § 4 Abs. 3 EStG 1988 ermittelt mit der Errichtung oder Nichterrichtung einer entsprechenden Buchführung (; ).

Eine (freiwillige) Buchführung gemäß § 4 Abs. 1 EStG 1988 setzt jedoch voraus, dass laufend Bücher geführt werden und in diese die wesentlichen Geschäftsfälle bereits im Zeitpunkt des Entstehens laufend auf Bestandskonten erfasst werden (). Es ist eine Vermögensübersicht (Jahresabschluß, Bilanz) nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung zu erstellen.

In § 131 BAO sind die Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung geregelt, welche auch für freiwillig Bücher führende Steuerpflichtige gelten.

Gemäß § 131 Abs. 1 Z 2 lit b BAO sollen auch bei freiwilliger Führung von Büchern alle Bareingänge und Barausgänge in den Büchern oder zu Grunde liegenden Grundaufzeichnungen täglich einzeln festgehalten werden.

Entscheidet sich der Steuerpflichtige zur freiwilligen Buchführung, so ist das Ergebnis der betrieblichen Einkunftsquelle durch Betriebsvermögensvergleich zu ermitteln. Entscheidend ist hierbei, dass eine ordnungsgemäße Buchführung nicht nur durch die Aufstellung einer ordnungsgemäßen Bilanz, sondern auch durch die laufende Aufzeichnung der Betriebsvorgänge gekennzeichnet ist ().

Eine freiwillige Buchführung liegt dann nicht vor, wenn nicht jederzeit über den Stand des betrieblichen Vermögens Auskunft gegeben werden kann ().

Da vom Bf. im vorliegenden Fall keine laufende Erfassung der Geschäftsfälle bereits im Zeitpunkt ihres Entstehens auf Bestandkonten geführt wurde, hat der Bf. in den Streitjahren keine laufende Buchführung geführt, sodass die Vorgangsweise des Bf. nicht als Betriebsvermögensvergleich gem. § 4 Abs 1 EStG anzuerkennen war.

Mangels Vorliegens eines Betriebsvermögensvergleiches gem. § 4 Abs. 1 EStG waren die vom Bf. beantragten Begünstigungen für Besteuerung nicht entnommener Gewinne, sowie die gebildeten sonstigen Rückstellungen nicht anzuerkennen und die von der Betreibsprüfung diesbezüglich vorgenommenen Korrekturen erfolgten zu Recht.   

Der Beschwerde des Bf. war im Punkt beantragtes Vorliegen eines Betriebsvermögensvergleiches gemäß § 4 Abs. 1 EStG in den Jahren 2007 bis 2011 abzuweisen.

3.) Anspruchszinsen:

Da im vorliegenden Fall die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2007 bis 2011 jedoch mit dem gegenständlichen Erkenntnis bestätigt werden, war die Beschwerde gegen die Anspruchszinsenbescheide 2007 bis 2009 und 2011 abzuweisen.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die zu lösenden Rechtsfragen betreffend Vorliegens eines Arbeitszimmers, des Betriebsvermögensvergleiches gem. § 4 Abs. 1 EStG, sowie Bindung der Anspruchszinsenbescheide an die Stammabgabenbescheide wurden basierend auf dem festgestellten Sachverhalt entsprechend der zu diesen Rechtsfragen vorliegenden Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes gelöst, sodass eine Revision nicht zuzulassen war.  

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7100051.2015

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