Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 19.02.2020, RV/7100416/2020

Zwangsstrafe

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R. in der Beschwerdesache Bf., über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt vom , betreffend Festsetzung einer Zwangsstrafe gemäß § 111 Abs. 1 BAO nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt: 

Der angefochtene Bescheid wird gemäß § 279 BAO abgeändert. Die Zwangsstrafe wird mit 300 Euro festgesetzt.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.

Entscheidungsgründe

Sachverhalt und Verfahrenslauf

Mit Schreiben vom forderte die belangte Behörde den Beschwerdeführer (in der Folge: Bf.) auf, eine detaillierte Aufgliederung seiner innergemeinschaftlichen Lieferungen des Jahres 2017, nach Staaten getrennt, nachzureichen, da die von ihm in der Umsatzsteuererklärung erfassten Lieferungen um rund 200.000 Euro von den an die belangte Behörde gelmeldeten MIAS-Daten abweichen würden. Das Schreiben wurde dem steuerlichen Vertreter des Bf. über FinanzOnline zugestellt.

Mit Vorhalt vom forderte die belangte Behörde den Bf. nochmals zur Einreichung oben angeführter Aufgliederung auf, da er die im Schreiben vom gesetzte Frist bis zum nicht eingehalten habe. Falls der Bf. bis zum diesen Vorhalt nicht ordnungsgemäß beantworte, beabsichtige die Behörde eine Zwangstrafe in der Höhe von 3.000 Euro zu verhängen. Auch dieses Schreiben wurde dem steuerlichen Vertreter des Bf. über FinanzOnline zugestellt

Mit Bescheid vom verhängte die belangte Behörde eine Zwangsstrafe gemäß § 111 BAO in Höhe von 3.000 Euro, mit der Begründung, dass die Beantwortung des Vorhalts vom bezüglich der Differenz zwischen dem MIAS-System und der vom Bf. angegebenen innergemeinschaftlichen Lieferungen nicht vorgenommen worden sei.

Am wurde das Ergänzungsersuchen seitens des Bf. beantwortet. Es seien zusammenfassende Meldungen von damaligen steuerlichen Vertreter nicht vollständig bzw. nicht übermittelt worden. Nunmehr seien die entsprechenden Daten via FinanzOnline nachgemeldet bzw. korrigiert worden.

Mit Bescheid vom setzte die belangte Behörde die Umsatzsteuer für das Jahr 2017 fest. Dabei kam es zu einer Abgabengutschrift von 11.810,81 Euro.

Mit Schriftsatz vom erhob der Bf. Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid.  Im Zeitraum Mai bis Juni 2019 habe es beim Bf. bereits ein telefonisches Ergänzungsersuchen gegeben, das mit einer berichtigten Umsatzsteuervoranmeldung für 05/2019 erledigt worden sei. Der steuerliche Vertreter habe das Ergänzungsersuchen als vermeintlich beantwortet betrachtet. Einem zum damaligen Zeitpunkt möglicherweise noch offenen Eintrag in der Liste der Ergänzungsersuchen sei daraufhin leider wenig Beachtung geschenkt worden, weil es vermeintlich erledigt gewesen sei. Weitere Schreiben, inklusive jenem in welchem die Festsetzung der Zwangsstrafe angedroht worden sei, wären nicht bekannt bzw. bewusst gewesen.

Der steuerliche Vertreter habe das Mandat für den Bf. sowie die von diesem geführte Gesellschaft Mitte/Ende 2018 übernommen. Nach Übernahme der steuerlichen Vertretung und der laufenden Buchhaltung sei festgestellt worden, dass sich einige Fragen über die Art und Qualität der Leistungserbringung durch den Vorgänger, den damaligen steuerlichen Vertreter, ergeben hätten. So wäre die Offene-Posten-Liste nicht tagesaktuell gewesen, oder die Zahlungszuordnung zu ähnlich lautenden Debitoren oder Kreditoren sei nicht korrekt erfolgt. Ebenso habe es Korrekturbedarf bei den im Ergänzungsersuchen hinterfragten Zusammenfassenden Meldungen gegeben. Es wäre mit der Aufarbeitung und Berichtigung der Daten begonnen worden. Diese Bearbeitung habe sich jedoch leider bis in den Sommer 2019 hingezogen und sei Bestandteil einer Forderung bzw. eines Gerichtsverfahrens des Bf. gegen die damalige steuerliche Vertretung. Eine fachlich korrekte Beantwortung des Ergänzungsersuchens wäre auch erst nach Aufarbeitung der Unterlagen verlässlich und zielführend möglich gewesen.

Es sei zu keiner Zeit beabsichtigt gewesen, den Verpflichtungen gegenüber den Abgabenbehörde nicht vollumfänglich nachzukommen. Umgehend nach Bekanntwerden, sei Kontakt mit dem Teammitarbeiter aufgenommen worden, die erforderlichen Daten angefordert oder eingeholt und die Fragen innerhalb der kurzen Nachfrist ordnungsgemäß beantwortet worden. Es werde daher um Aufhebung oder um erhebliche Minderung der Zwangsstrafe ersucht.

Diese Beschwerde wies die belangte Behörde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet ab. Es könne im vorliegenden Fall davon ausgegangen werden, dass den Bf. an der nicht fristgerechten Einreichung der geforderten Unterlagen ein Verschulden treffe, wobei ein allfälliges Verschulden des Vertreters dem Verschulden des Vertretenen gleichzuhalten sei.

Mit Schreiben vom begehrte der Bf. die Vorlage der Bescheidbeschwerde zur Entscheidung an das Verwaltungsgericht unter gleichzeitiger Beantragung der Abhaltung einer mündlichen Verhandlung. Ergänzend zur Bescheidbeschwerde wurde angemerkt, dass bei Würdigung der Gesamtumstände im Rahmen des Ermessens die Höhe der verhängten Zwangsstrafe unangemessen hoch erscheine.

Mit Schreiben vom legte die belangte Behörde die Bescheidbeschwerde dem Verwaltungsgericht vor.

Am fand die beantragte mündliche Verhadlung am Sitz des Verwaltungsgerichts statt. Dabei wurde im Wesentlichen der bereits dargestellte Sachverhalt bzw. Verfahrenslauf erläutert und festgehalten, dass der Bf. in der Vergangenheit bei der Beantwortung von Vorhalten kein säumiges Verhalten an den Tag gelegt habe, jedoch immer wieder mit der Entrichtung von Abgaben säumig sei.

Sachverhalt

Das Verwaltungsgericht geht von folgendem entscheidungsrelevanten Sachverhalt aus:

Mit Schreiben vom forderte die belangte Behörde den Beschwerdeführer (in der Folge: Bf.) auf, eine detaillierte Aufgliederung seiner innergemeinschaftlichen Lieferungen des Jahres 2017, nach Staaten getrennt, nachzureichen. Dieser Vorhalt wurde seitens des Bf. nicht beantwortet.

Mit Vorhalt vom forderte die belangte Behörde den Bf. nochmals zur Einreichung oben angeführter Aufgliederung auf. Gleichzeitig wurde die Verhängung einer Zwangsstrafe von 3.000 Euro angedroht, sollte der Vorhalt nicht bis zum beantwortet werden.

Beide genannten Schreiben wurde dem steuerlichen Vertreter des Bf. über FinanzOnline zugestellt.

Auch diese Frist wurde vom Bf. nicht eingehalten. Die Nichteinhaltung der Frist erfolgte, weil der steuerliche Vertreter irrig davon ausgegangen ist, dass der Vorhalt bereits erledigt sei.

Nach Verhängung der verfahrensgegenständlichen Zwangsstrafe im anfochtenen Bescheid, nahm der Bf. die Vorhaltsbeantwortung am vor.

Bei der Veranlagung der Umsatzsteuer 2017, welche nach Vorhaltsbeantwortung erfolgte, kam es zu einer Gutschrift von 11.810,81 Euro.

Beweiswürdigung

Die festgestellte Sachverhalt ergibt sich widerspruchsfrei aus den oben genannten Dokumenten, welche im verwaltungsgerichtlichen Akt vorliegen sowie aus dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung.

Der Sachverhalt ist, wie die Verfahrensparteien im Rahmen der mündlichen Verhandlung bestätigten, zwischen den Parteien unstrittig. Davon abweichende Analtspunkte sind im Rahmen des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nicht hervorgetreten.

Glaubwürdig sind die Ausführungen des steuerlichen Vertreters, wonach die Nichtbeantwortung des Vorhalts auf einem Versehen im organisatorischen Ablauf des Vertreters beruht, da im gesamten Verfahren nicht hervorgetreten ist, dass der Bf. oder sein Vertreter ein Interesse an der Verschleppung des Verfahrens haben könnten. Ein solcher Vorwurf wurde auch seitens der belangten Behörde nicht erhoben.

Die Höhe der Abgabengutschrift ist dem Umsatzsteuerbescheid vom zu entnehmen.

Erwägungen

Gemäß § 111 BAO sind die Abgabenbehörden berechtigt, die Befolgung ihrer auf Grund gesetzlicher Befugnisse getroffenen Anordnungen zur Erbringung von Leistungen, die sich wegen ihrer besonderen Beschaffenheit durch einen Dritten nicht bewerkstelligen lassen, durch Verhängung einer Zwangsstrafe zu erzwingen.

Bevor eine Zwangsstrafe festgesetzt wird, muß der Verpflichtete unter Androhung der Zwangsstrafe mit Setzung einer angemessenen Frist zur Erbringung der von ihm verlangten Leistung aufgefordert werden. Die Aufforderung und die Androhung müssen schriftlich erfolgen, außer wenn Gefahr im Verzug ist.  Die einzelne Zwangsstrafe darf den Betrag von 5.000 Euro nicht übersteigen.

Im gegenständlichen Fall steht fest, dass die von der belangten Behörde begehrten Auskünfte hinsichtlich der Differenz zwischen dem MIAS-System und der vom Bf. in dessen Umsatzsteuererkärung angegebenen innergemeinschaftlichen Lieferungen nur von diesem selbst erstatten lassen. Es liegt sohin eine unvertretbare Leistung im Sinne des § 111 Abs. 1 BAO vor.

Unstrittig wurde die Verhängung der Zwangsstrafe in Höhe von 3.000 Euro entsprechend der Vorgaben des § 111 Abs. 2 BAO schriftliche, im Wege des FinanzOnline, angedroht und in weiterer Folge, nach Verstreichen der gesetzten Frist mit Bescheid verhängt.

Die Verhängung einer Zwangsstrafe liegt dem Grunde und der Höhe nach im Ermessen der Abgabenbehörde ().

Zweck der Zwangsstrafe ist es, die Abgabenbehörde bei der Erreichung ihrer Verfahrensziele zu unterstützen und die Partei zur Erfüllung ihrer abgabenrechtlichen Pflichten zu verhalten (). Er liegt nicht in der Bestrafung der Person (vgl. ).

Die angedrohte Höhe der Zwangsstrafe ist gleichzeitig die Obergrenze für deren Festsetzung. Sie begrenzt daher auch die bestehende Änderungsbefugnis im Rechtsmittelverfahren (vgl. ). Im Rechtsmittel­verfahren bezüglich die Zwangs­strafe festsetzender Bescheide sind nicht nur jene Umstände zu berücksichtigen, die bei der Festsetzung der Behörde bekannt waren (Ritz, BAO, 6. Auflage, § 111 Rz 10 mVa ), sondern auch weitere, etwa in der Bescheidbeschwerde geltend gemachte und in freier Beweiswürdigung als zutreffend beurteilte Umstände. Treten in Beschwerdeverfahren Umstände zu Tage, die eine Minderung der Zwangsstrafe angemessen erscheinen lassen, sind diese demnach zu berücksichtigen.

Bei der Ermessensübung ist ua zu berücksichtigen (Ritz, BAO, 6. Auflage, § 111 Rz 10):

  • das bisherige die Erfüllung abgaben­rechtlicher Pflichten betreffende Verhalten der Partei;

  • der Grad des Verschuldens der Partei,

  • die Höhe allfälliger Abgabennachforderungen bei Zwangs­strafe wegen Nichteinreichung der Abgabenerklärung;

  • wirtschaftliche Verhältnisse des Abgabe­pflichtigen;

  • die abgaben­rechtliche Bedeutung (Auswirkung) der verlangten Leistung.

Im gegenständlichen Fall konnte nicht festgestellt werden, dass der Bf. bereits vor oder auch nach der Erlassung des angefochtenen Bescheides der Erfüllung seiner Verpflichtungen in Zusammenhang mit der Beantwortung abgabenbehördlicher Ergänzungsersuchen nicht ordnungsgemäß nachgekommen ist.

Das Verwaltungsgericht sieht keine Veranlassung, der Verantwortung des Bf., wonach die Nichterfüllung des Auskuunftsersuchens Folge eines Versehens des steuerlichen Vertreters war, als bloße Schutzbehauptung zu wertern. Dies deshalb, weil dem Auskunftsbegehren nach Festsetzung der Zwangsstrafe innerhalb kurzer Zeit, noch vor Erhebung der Beschwerde gegen die Zwangsstrafe, entsprochen worden ist. Zudem ergab sich aus den von der belangten Behörde begehrten Daten, bei Bescheiderlassung keine Nachforderung, sondern ein Guthaben. Der Bf. und insbesondere dessen steuerlicher Vertreter, der die verspätete Vorhaltsbeantwortung als in seinen Verantwortungsbereich liegend  eingestanden hat, hatte daher keinen Grund, dem Auskunftsbegehren nicht nachzukommen.  Wäre dem Bf. bzw. seinem steuerlichen Verteter bewusst gewesen, dass ein mit Zwangsstrafe bedrohtes Auskunftsersuchen unerledigt ist, so wäre es ihm ohne weiteres möglich gewesen, diesbezüglich um Fristverlängerung zu ersuchen.

Insgesamt liegt nach Ansicht des Verwaltungsgerichts daher nur ein minderer Grad des Verschuldens vor. Vorwerfbar ist dem Bf. bzw. seinem Vertreter, dass er es nach Erhalt des zweiten Vorhalts unter Androhung einer erheblichen Zwangsstrafe unterlassen hat, bei der belangten Behörde Erkundigung einzuholen, ob der Vorhalt unter Umständen doch nicht bereits erledigt sei, wovon der Bf. bzw. sein steuerlicher Vertreter fälschlich ausgegangen ist.

Angesichts der Gesamtumstände, vor allem im Hinblick darauf, dass dem Fiskus kein Schaden entstanden ist und die versäumte Handlung nach Verhängung der Zwangsstrafe umgehen nachgeholt worden ist, erscheint es dem Verwaltungsgericht angemessen und ausreichend, die Zwangsstrafe auf den im Spruch genannten Betrag festzulegen. Damit wird dem vom Gesetz vorgegebenen Zweck der Zwangsstrafe, die Abgabenbehörde bei der Erreichung ihrer Verfahrensziele zu unterstützen und die Partei zur Erfüllung ihrer abgabenrechtlichen Pflichten zu verhalten, nach Lage des Falles ausreichend Rechnung getragen. Es besteht kein Zweifel, dass die Verhängung der im Spruch genannten Zwangsstrafe ihrer Höhe nach ausreichend ist, um den Bf. zur ordnungsgemäßen Beantwortung von Vorhalten sowohl im gegenständlichen Fall als auch in Zukunft anzuhalten.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das gegenständliche Erkenntnis steht im Einklang mit der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt daher nicht vor, weshalb eine Revision gegen dieses Erkenntnis unzulässig ist.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 111 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7100416.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at