Beihilfenschädlicher Studienwechsel
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache BF, vertreten durch StB, über die Beschwerde vom , eingelangt am , gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Lilienfeld St. Pölten vom zu VNR 001 über die Rückforderung zu Unrecht für das Kind K (VNR 002) für die Monate Oktober 2013 sowie März 2014 bis Februar 2016 bezogener Beträge an Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen in Höhe von insgesamt 5.446,10 € zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
Sachverhalt
Die Tochter des Beschwerdeführers studierte zunächst ab dem Wintersemester 2011/12 an der Fachhochschule A Exportorientiertes Management (Bachelorstudium). Dieses Studium wurde nach dem vierten Semester abgebrochen, die Exmatrikulation erfolgte am .
Ab dem Sommersemester 2014 studierte die Tochter des Beschwerdeführers an der Universität B Romanistik und Spanisch (Bachelorstudium).
Vom Finanzamt wurde dessen ungeachtet zunächst durchgehend Familienbeihilfe gewährt. Mit Bescheid vom wurde lediglich für den Zeitraum November 2013 bis Februar 2014 die zu Unrecht ausbezahlte Familienbeihilfe zurückgefordert, für den Zeitraum ab März 2014 dagegen weiterhin gewährt, obwohl ein beihilfenschädlicher Studienwechsel im Sinne des § 17 Abs. 1 Zif. 2 StudFG vorlag.
Erst im Zuge einer Überprüfung des Anspruches auf Familienbeihilfe (Überprüfungsbogen vom , beim Finanzamt ausgefüllt rückgelangt am ) stellte das Finanzamt fest, dass aufgrund des beihilfenschädlichen Studienwechsels für das Kind eine Wartezeit von vier Semestern entstanden war und daher die Familienbeihilfe gemäß § 17 Abs. 4 StudFG idF BGBl I Nr. 47/2008 erst nach Absolvierung von vier Semestern im neuen Studium an der Universität B wieder zugestanden wäre.
Aus diesem Grund forderte das Finanzamt mit Bescheid vom die für den Zeitraum März 2014 bis Februar 2016 zu Unrecht bezogenen Beträge an Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen zurück. Ferner wurde auch die für den Monat Oktober 2013 noch ausbezahlte Familienbeihilfe samt Kinderabsetzbetrag zurückgefordert. Insgesamt ergab sich ein Rückforderungsbetrag von 5.446,10 €. In der Begründung führte das Finanzamt aus: „Gemäß § 2 Abs. 1 Iit. b des Familienlastenausgleichgesetzes 1967 (FLAG 1967) gelten bei einem Studienwechsel die in § 17 Studienförderungsgesetz (StudFG) 1992 angeführten Regelungen auch für den Anspruch auf die Familienbeihilfe. Nach § 17 StudFG liegt ein günstiger Studienerfolg nicht vor, wenn die oder der Studierende das Studium öfter als zweimal gewechselt hat oder das Studium nach dem jeweils dritten fortgesetzt gemeldeten Semester (nach dem zweiten Ausbildungsjahr) gewechselt hat und nicht die gesamten Vorstudienzeiten für die Anspruchsdauer des nunmehr betriebenen Studiums berücksichtigt werden. Nach einem Studienwechsel nach dem jeweils 3. inskribierten Semester (oder zweitem Ausbildungsjahr) besteht Anspruch auf Familienbeihilfe erst dann, wenn die oder der Studierende in dem nunmehr gewählten Studium so viele Semester wie in den vor dem Studienwechsel betriebenen Studien zurückgelegt hat. Es sind daher alle Semester aus den vorherigen Studien, in denen eine Fortsetzungsmeldung vorgelegen ist und für die Familienbeihilfe bezogen wurde, in Bezug auf die Wartezeit bis zur Wiedergewährung der Familienbeihilfe für das neue Studium heranzuziehen. Die Familienbeihilfe für den Monat Oktober 2013 war zurückzufordern, da die Familienbeihilfe nur für ganze Semester gewährt wird. Aufgrund der Wartezeit nach dem Studienwechsel war die Familienbeihilfe für den Zeitraum März 2014 bis Februar 2016 ebenfalls zurückzufordern.“
Gegen diesen Bescheid richtet sich die von der steuerlichen Vertreterin des Beschwerdeführers eingebrachte Beschwerde vom , eingelangt am . Beantragt wurde eine ersatzlose Aufhebung des Rückforderungsbescheides. Begründet wurde dies lediglich damit, dass der Beschwerdeführer bei der zuständigen Oberbehörde (Bundesministerin für Familien und Jugend) angeregt habe, das Finanzamt gemäß § 26 Abs. 4 FLAG anzuweisen, von der Rückforderung wegen Unbilligkeit abzusehen. Aus diesem Grund werde angeregt, mit der Beschwerdeerledigung bis zum Vorliegen einer Stellungnahme der Oberbehörde zuzuwarten.
Über Aufforderung des Finanzamtes legte der Beschwerdeführer seine Eingabe an die Bundesministerin für Familien und Jugend vom vor. Darin verwies er zunächst auf den Rückforderungsbescheid vom und führte dann weiter aus: „Vorab ist festzuhalten, dass der Rückforderungsanspruch offenbar den Bestimmungen des FLAG entspricht. Ich darf jedoch darauf hinweisen, dass der detaillierte Sachverhalt dem Finanzamt Lilienfeld/St. Pölten offengelegt wurde und verweise diesbezüglich auf ebenfalls beiliegenden Bescheid des Finanzamtes Lilienfeld/St. Pölten vom betreffend Rückforderung zu Unrecht bezogener Beträge. In der Begründung zu diesem Bescheid ist der konkrete Studienverlauf meiner Tochter K ausdrücklich festgehalten und es wurde mit gleichem Datum () eine Mitteilung über den Bezug der Familienbeihilfe an mich gerichtet aus dem hervorgeht, dass für meine Tochter K ab März 2014 Anspruch auf Familienbeihilfe besteht. Diese Mitteilung ist ebenfalls in der Anlage. Insofern lag offenbar eine falsche Beurteilung des Finanzamtes vor. Ich durfte daher in weiterer Folge davon ausgehen, dass ich für meine Tochter zu Recht Familienbeihilfe/Kinderabsetzbetrag beziehe und habe dies auch in der Budgetierung der Kosten für meine Kinder entsprechend berücksichtigt. Diesbezüglich darf ich darauf hinweisen, dass in gegenständlichem Zeitraum noch 2 meiner Kinder in Ausbildung (Studium) waren. In Hinblick auf die schwierige wirtschaftliche Situation, mit der ich im Rahmen meines Gewerbebetriebes seit Jahren konfrontiert bin - ich darf auf beiliegende Einkommensteuerbescheide für 2014 und 2015 verweisen, wobei sich bis heute die wirtschaftliche Situation kaum gebessert hat - stellt die Familienbeihilfe/Kinderabsetzbetrag einen wesentlichen Teil zur Finanzierung der Ausbildung meiner Kinder dar. Wenn ich nunmehr mit Rückforderungsansprüchen iHv. € 5.446,10 konfrontiert bin, stellt dies eine völlig unerwartete und erhebliche Belastung für mich dar, weil diese Beträge selbstverständlich für die laufenden Kosten meiner Tochter bereits Verwendung gefunden haben. Insofern erachte ich die Rückforderung als unbillig und ersuche Sie als Oberbehörde, das zuständige Finanzamt gem. § 26 (4) FLAG anzuweisen, von der Rückforderung des unrechtmäßigen Bezuges abzusehen. Dies betrifft sowohl die Familienbeihilfe als auch - in Hinblick auf den Verweis in § 33 (3) EStG auf § 26 FLAG - den Kinderabsetzbetrag.“
Am richtete das Finanzamt eine Anfrage an das Competence Center Familienbeihilfe mit der Bitte um Nachfrage beim BMFJ, ob dort die Anregung des Beschwerdeführers eingelangt sei bzw. wie darüber entschieden worden sei.
Dazu teilte das Competence Center dem Finanzamt mit E-Mail vom mit, dass es sich bei der Abstandnahme von der Rückforderung um eine Maßnahme der Dienstaufsicht handle, auf welche kein Rechtsanspruch bestehe. Die Oberbehörde mache aber von ihrem Aufsichts- bzw. Weisungsrecht nur Gebrauch, sofern noch kein Rückforderungsbescheid durch die Abgabenbehörde erlassen worden sei. Im gegenständlichen Fall sei die Familienbeihilfe bereits zurückgefordert worden, weshalb die Oberbehörde dem Ersuchen des Beschwerdeführers nicht nachkommen werde. Dieser habe lediglich die Möglichkeit, bei der Abgabenbehörde einen Antrag gemäß § 236 BAO auf Nachsicht einzubringen.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab. Begründet wurde dies im Wesentlichen damit, dass die Tochter des Beschwerdeführers erst nach vier Semestern das Studium gewechselt habe und daher ein beihilfenschädlicher Studienwechsel gemäß § 17 Abs. 1 Z. 2 StudFG vorliege. Da für das Studium an der Fachhochschule A für vier Semester Familienbeihilfe bezogen worden sei, ruhe bezüglich des Studiums an der Universität B der Anspruch auf Familienbeihilfe für vier Semester (§ 17 Abs. 3 StudFG). Der Bezug von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag für den Zeitraum März 2014 bis Februar 2016 sei somit unrechtmäßig gewesen. Die Rückforderung für Oktober 2013 sei erfolgt, weil die Tochter des Beschwerdeführers zwar für die Fortsetzung des Studiums an der Fachhochschule A im Wintersemester 2013 gemeldet gewesen sei, das Studium aber bereits am endgültig abgebrochen habe.
In den vom Finanzamt vorgelegten Akten findet sich ein E-Mail des Beschwerdeführers vom , welches an den Postkorb am Sitz des Bundesfinanzgerichtes in Wien gerichtet worden war und von dort offensichtlich an das Finanzamt Lilienfeld St. Pölten weitergeleitet wurde. Inhaltlich verwies der Beschwerdeführer zunächst auf den angefochtenen Rückforderungsbescheid und führte sodann aus, dass ihm vom „Bundeskanzleramt / Familienministerium“ das Bundesfinanzgericht „als Oberbehörde in dieser Causa genannt“ worden sei. Der Rückforderungsbescheid sei ergangen, obwohl er den Studienverlauf seiner Tochter auf die Anfrage des Finanzamtes hin immer korrekt und transparent dargelegt habe und er als Tischer nicht im Detail mit den rechtlichen Voraussetzungen für den Anspruch der Leistung vertraut sein könne. Im Vertrauen auf die ausgestellten Bescheide seien die ausgezahlten Gelder selbstverständlich dem Studium seiner Tochter zugeführt worden. Er fühle sich außerstande, diese Gelder zurückzuzahlen. Hinweise zu seiner Ertragslage ergäben sich aus den angeschlossenen Einkommensteuerbescheiden 2014 und 2015. Er ersuche um Prüfung der Causa und hoffe, dass sein Standpunkt, „den Bescheiden des Finanzamtes über Jahre hinweg Vertrauen entgegen bringen zu dürfen, zum Durchbruch gelangen“ werde.
Diesem E-Mail war eine Eingabe an das Bundesfinanzgericht vom , adressiert an den Sitz in 1030 Wien, Hintere Zollamtsstraße 2b, angeschlossen, in welcher der Beschwerdeführer sein Vorbringen in der Eingabe vom an die Bundesministerin für Familien und Jugend wörtlich wiederholte. Ob und wann diese Eingabe beim Bundesfinanzgericht tatsächlich eingelangt ist, kann weder den vorliegenden Akten entnommen werden, noch findet sich im elektronischen Kanzleiinformationssystem des Bundesfinanzgerichtes ein Hinweis auf diese Eingabe. Ebenso ist keine Erledigung zu dieser Eingabe aktenkundig bzw. im genannten EDV-Informationssystem zu finden.
Nachdem mit Eingaben vom und um Verlängerung der Frist zur Einbringung eines Vorlageantrages ersucht worden war (zuletzt bis ), wurde mit Eingabe vom die Entscheidung über die Beschwerde durch das Verwaltungsgericht gemäß § 264 Abs. 1 BAO beantragt. Im Vorlageantrag wurde auf die Beschwerde und das an die Oberbehörde gerichtete Schreiben vom verwiesen.
Mit Ergänzungsersuchen vom wurde der Beschwerdeführer vom Finanzamt aufgefordert, die Studienerfolgsnachweise seiner Tochter für das Studienjahr 2012/13 sowie das Wintersemester 2013 vorzulegen.
In seiner Stellungnahme vom führte der Beschwerdeführer aus, dass seine Tochter im Lauf des dritten Semesters zur Überzeugung gekommen sei, dass die Ausbildung nicht mehr ihrem künftigen Berufswunsch entspreche. Sie habe daher das Studium an der FH A beendet und im Sommersemester „2013“ (richtig: 2014) ein neues Studium an der Universität B aufgenommen. Vorgelegt wurden Studienerfolgsnachweise für das Wintersemester 2011/12, das Sommersemester 2012 und das Wintersemester 2012/13.
Am wurde vom Finanzamt ein Auskunftsersuchen direkt an die Fachhochschule A gerichtet und um Übermittlung aller Studienerfolgsnachweise ersucht. Von der Fachhochschule wurden am Studienerfolgsnachweise für vier Semester (Wintersemester 2011/12, Sommersemester 2012, Wintersemester 2012/13 und Sommersemester 2013) übermittelt. Anrechnungen von Prüfungen aus dem Studium an der Fachhochschule A sind diesen Studienerfolgsnachweisen nicht zu entnehmen; die Anrechnung von Prüfungen aus dem Vorstudium wurden vom Beschwerdeführer auch nicht behauptet. Für das Wintersemester 2013 wurde kein Studienerfolgsnachweis mehr vorgelegt.
Aufgrund einer telefonischen Nachfrage bei der Fachhochschule betreffend das Wintersemester 2013 langte am eine E-Mail der Fachhochschule beim Finanzamt ein, in der bestätigt wurde, dass die Tochter des Beschwerdeführers ihre letzte Prüfung am absolviert habe und mit exmatrikuliert worden sei.
Der Rückforderungsbetrag wurde zwischenzeitig zur Gänze entrichtet. Die Entrichtung erfolgte im Wesentlichen durch Umbuchungen von Guthaben am persönlichen Abgabenkonto des Beschwerdeführers und Überweisung eines Restbetrages von 655,52 € am .
Am legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und beantragte eine Abweisung derselben.
In einem Vorhalt des Bundesfinanzgerichtes vom wurde dem Beschwerdeführer zur Wahrung des Parteiengehörs Gelegenheit geboten, zu folgenden Punkten Stellung zu nehmen:
1) Die Beschwerde vom wurde allein damit begründet, dass die zuständige Oberbehörde ersucht worden sei, in Ausübung ihres Aufsichtsrechts das Finanzamt anzuweisen, von der Rückforderung der zu Unrecht bezogenen Familienbeihilfe abzusehen.
Sie haben in Ihrem E-Mail vom an das Bundesfinanzgericht unter anderem darauf hingewiesen, dass Ihnen seitens des Familienministeriums das Bundesfinanzgericht "als Oberbehörde in dieser Causa genannt" worden sei.
Seit ist allerdings nur mehr der für die Vollziehung des Familienlastenausgleichsgesetzes zuständige Bundesminister Oberbehörde (Lenneis/Wanke, FLAG, § 26 Tz 71 mit Hinweis auf ; ebenso ). Dem Bundesfinanzgericht kommt daher keine Anweisungsbefugnis im Sinne des § 26 FLAG zu. Von der zuständigen Oberbehörde wurde im gegenständlichen Fall keine Anweisung im genannten Sinn erteilt.
Zu den inhaltlichen Ausführungen in Ihrem Mail wird auf die in Ablichtung angeschlossene Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes vom , RV/7102979/2017, betreffend einen ähnlich gelagerten Fall verwiesen. In den Entscheidungsgründen (Seite 18 bis 21) wurde eingehend dargelegt, dass in derartigen Fällen der Rückforderungsbescheid auch dann rechtmäßig ist, wenn das Finanzamt im Auszahlungsverfahren den Sachverhalt noch anders beurteilt hat als im Rückforderungsverfahren (keine Berücksichtigung des beihilfenschädlichen Studienwechsels), sich der Familienbeihilfenbezieher auf die Richtigkeit der Auszahlung durch das Finanzamt verlassen hat und die ausbezahlten Beihilfen gutgläubig verbraucht wurden.
2) Im Anschluss an Ihre Stellungnahme vom zum Vorhalt vom hat das Finanzamt noch weitere Erhebungen bei der Fachhochschule A durchgeführt. Diese übermittelte dem Finanzamt sämtliche Studienerfolgsnachweise. Diese betreffen die Studienjahre 2011/2012 und 2012/2013. Für das Wintersemester 2013/14 wurde kein Studienerfolgsnachweis mehr ausgestellt. Ihre Tochter wurde am exmatrikuliert. Die letzte Prüfung wurde am abgelegt. Angesichts dessen ist davon auszugehen, dass im Oktober 2013 das Studium nicht mehr betrieben wurde. Gegenteiliges wurde bisher weder behauptet noch glaubhaft gemacht. In Ihrer Stellungnahme vom haben Sie vielmehr ausgeführt, dass Ihre Tochter bereits im dritten Semester (Wintersemester 2012/13) zur Überzeugung gelangt sei, dass die Ausbildung an der Fachhochschule A nicht mehr ihrem künftigen Berufswunsch entspreche.
Der Beschwerdeführer gab zu diesem am zugestellten Vorhalt keine Stellungnahme ab.
Beweiswürdigung
Der oben dargestellte entscheidungsrelevante Sachverhalt ist im Wesentlichen unbestritten. Zu klären war im Beschwerdeverfahren in sachverhaltsmäßiger Hinsicht noch die Frage, ob die Tochter des Beschwerdeführers im Oktober 2013 das Bachelorstudium an der Fachhochschule A noch betrieben hat. Die letzte Prüfung war in diesem Studium am abgelegt worden, die Exmatrikulation erfolgte am ; für das Wintersemester 2013/14 wurde kein Studienerfolgsnachweis mehr ausgestellt. Das Bundesfinanzgericht wies den Beschwerdeführer dazu im Vorhalt vom darauf hin, es sei angesichts dessen davon auszugehen, dass im Oktober 2013 das Studium von seiner Tochter nicht mehr betrieben worden sei. Gegenteiliges sei vom Beschwerdeführer weder behauptet noch glaubhaft gemacht worden. Der Beschwerdeführer trat dem nicht entgegen. Das Bundesfinanzgericht geht daher in freier Beweiswürdigung davon aus, dass dieses Studium im Oktober 2013 von der Tochter des Beschwerdeführers tatsächlich nicht mehr betrieben wurde.
Im Übrigen ergibt sich der festgestellte Sachverhalt aus den zitierten Aktenteilen und dem Vorbringen des Beschwerdeführers.
Rechtslage
§ 2 Abs. 1 FLAG 1967 lautet auszugsweise:
(1) Anspruch auf Familienbeihilfe haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,
a) für minderjährige Kinder,
b) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten … Bei einem Studienwechsel gelten die in § 17 Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305, angeführten Regelungen auch für den Anspruch auf Familienbeihilfe.
§ 17 Studienförderungsgesetz 1992 lautete in der bis in Geltung gestandenen Fassung des BGBl. I Nr. 47/2008:
(1) Ein günstiger Studienerfolg liegt nicht vor, wenn der Studierende
1. das Studium öfter als zweimal gewechselt hat oder
2. das Studium nach dem jeweils dritten inskribierten Semester (nach dem zweiten Ausbildungsjahr) gewechselt hat oder
3. nach einem Studienwechsel aus dem vorhergehenden Studium keinen günstigen Studienerfolg nachgewiesen hat, bis zum Nachweis eines günstigen Studienerfolges aus dem neuen Studium.
(2) Nicht als Studienwechsel im Sinne des Abs. 1 gelten:
1. Studienwechsel, bei welchen die gesamten Vorstudienzeiten für die Anspruchsdauer des nunmehr betriebenen Studiums berücksichtigt werden, weil sie dem nunmehr betriebenen Studium auf Grund der besuchten Lehrveranstaltungen und absolvierten Prüfungen nach Inhalt und Umfang der Anforderungen gleichwertig sind,
2. Studienwechsel, die durch ein unabwendbares Ereignis ohne Verschulden des Studierenden zwingend herbeigeführt wurden,
3. Studienwechsel, die unmittelbar nach Absolvierung der Reifeprüfung einer höheren Schule erfolgen, wenn für das während des Besuchs der höheren Schule betriebene Studium keine Studienbeihilfe bezogen wurde,
4. die Aufnahme eines Doktoratsstudiums gemäß § 15 Abs. 3.
(3) Nicht als Studienwechsel im Sinne des § 17 Abs. 1 Z 1 und 2 gilt der Wechsel von der Studienrichtung Medizin zur Studienrichtung Zahnmedizin für Studierende, die die Studienrichtung Medizin vor dem Studienjahr 1998/99 aufgenommen haben und den Studienwechsel spätestens im Sommersemester 2001 vornehmen.
(4) Ein Studienwechsel im Sinne des Abs. 1 Z 2 ist nicht mehr zu beachten, wenn die Studierenden in dem nunmehr gewählten Studium so viele Semester wie in den vor dem Studienwechsel betriebenen Studien zurückgelegt haben. Anerkannte Prüfungen aus dem Vorstudium verkürzen diese Wartezeiten; dabei ist auf ganze Semester aufzurunden.
Die §§ 10 - 13 FLAG 1967 lauten auszugsweise:
§ 10. (1) Die Familienbeihilfe wird, abgesehen von den Fällen des § 10a, nur auf Antrag gewährt; die Erhöhung der Familienbeihilfe für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs. 4) ist besonders zu beantragen.
(2) Die Familienbeihilfe wird vom Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt.
§ 11. (1) Die Familienbeihilfe wird, abgesehen von den Fällen des § 4, monatlich durch das Wohnsitzfinanzamt automationsunterstützt ausgezahlt.
(2) Die Auszahlung erfolgt durch Überweisung auf ein Girokonto bei einer inländischen oder ausländischen Kreditunternehmung. Bei berücksichtigungswürdigen Umständen erfolgt die Auszahlung mit Baranweisung.
§ 12. (1) Das Wohnsitzfinanzamt hat bei Entstehen oder Wegfall eines Anspruches auf Familienbeihilfe eine Mitteilung auszustellen. Eine Mitteilung über den Bezug der Familienbeihilfe ist auch über begründetes Ersuchen der die Familienbeihilfe beziehenden Person auszustellen.
(2) Wird die Auszahlung der Familienbeihilfe eingestellt, ist die Person, die bislang die Familienbeihilfe bezogen hat, zu verständigen.
§ 13. Über Anträge auf Gewährung der Familienbeihilfe hat das nach dem Wohnsitz oder dem gewöhnlichen Aufenthalt der antragstellenden Person zuständige Finanzamt zu entscheiden. Insoweit einem Antrag nicht oder nicht vollinhaltlich stattzugeben ist, ist ein Bescheid zu erlassen.
§ 26 FLAG 1967 lautet:
(1) Wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, hat die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.
(4) Die Oberbehörden sind ermächtigt, in Ausübung des Aufsichtsrechtes die nachgeordneten Abgabenbehörden anzuweisen, von der Rückforderung des unrechtmäßigen Bezuges abzusehen, wenn die Rückforderung unbillig wäre.
§ 33 Abs. 3 EStG 1988 lautet:
(3) Steuerpflichtigen, denen auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, steht im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag von monatlich 58,40 Euro für jedes Kind zu. Für Kinder, die sich ständig außerhalb eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines Staates des Europäischen Wirtschaftsraumes oder der Schweiz aufhalten, steht kein Kinderabsetzbetrag zu. Wurden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, ist § 26 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 anzuwenden.
Erwägungen
Der Begriff Studienwechsel bedeutet nach herrschender Lehre und Rechtsprechung den Betrieb einer anderen Studienrichtung als jener, die in den vorangegangenen Semestern betrieben wurde. Wenn ein Studierender das begonnene, aber noch nicht abgeschlossene Studium nicht mehr fortsetzt und an dessen Stelle ein anderes in den Geltungsbereich des StudFG fallendes Studium beginnt, liegt jedenfalls ein Studienwechsel vor. Kein Studienwechsel liegt dagegen vor bei einem Wechsel der Studieneinrichtung bei gleichbleibender Studienrichtung (Csaszar/Lenneis/Wanke, FLAG, § 2 Tz 95 f mit Hinweis auf ). Nach dieser Rechtsprechung des Verwaltungsgerichshofes ist zunächst zu prüfen, ob überhaupt ein Studienwechsel im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG vorliegt, bevor auf einen solchen Studienwechsel die Bestimmungen des § 17 StudFG angewendet werden können ().
Die Tochter des Beschwerdeführers studierte zunächst ab dem Wintersemester 2011/12 an der Fachhochschule A Exportorientiertes Management (Bachelorstudium). Dieses Studium wurde aber nach dem vierten Semester abgebrochen. Ab dem Sommersemester 2014 studierte die Tochter des Beschwerdeführers an der Universität B Romanistik und Spanisch (Bachelorstudium). Es liegt daher ein Wechsel der Studienrichtung und damit ein Studienwechsel im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG vor, auf den die Bestimmungen des § 17 StudFG anzuwenden sind.
Da dieser Studienwechsel erst erfolgte, nachdem das erste Studium bereits vier Semester betrieben worden war, lag ein beihilfenschädlicher Studienwechsel im Sinne des § 17 Abs. 1 Zif. 2 StudFG vor. Gemäß § 17 Abs. 4 StudFG war dieser Studienwechsel nicht mehr zu beachten, wenn die Studierende in dem nunmehr gewählten neuen Studium so viele Semester wie in den vor dem Studienwechsel betriebenen Studien zurückgelegt hatte. Da die Tochter des Beschwerdeführers im ersten Studium vier Semester zurückgelegt hatte, wäre im neuen Studium erst nach Ablauf von vier Semstern, somit erst ab dem Sommersemester 2016 wieder Familienbeihilfe zugestanden.
Die vom Finanzamt ab dem Sommersemester 2014 (ab März 2014) bis Februar 2016 gewährte Familienbeihilfe wurde daher zu Unrecht ausbezahlt.
Der Rückforderungsbescheid erging aber auch für den Zeitraum Oktober 2013 zu Recht, da - wie oben im Rahmen der freien Beweiswürdigung festgestellt wurde - die Tochter des Beschwerdeführers in diesem Monat das Studium Exportorientiertes Management an der Fachhochschule A nicht mehr betrieben hat. Da im Monat Oktober 2013 somit keine Berufsausbildung im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG vorlag, war auch für diesen Zeitraum die Familienbeihilfe zu Unrecht ausbezahlt worden.
Aus § 26 Abs. 1 FLAG ergibt sich eine rein objektive Rückzahlungspflicht desjenigen, der die Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat. Es kommt nur auf die objektive Rechtswidrigkeit des Bezugs von Familienbeihilfe an, also auf das Fehlen der Anspruchsvoraussetzungen für den Leistungsbezug. Subjektive Momente, wie Verschulden an der (ursprünglichen oder weiteren) Auszahlung der Familienbeihilfe (etwa durch unrichtige Angaben im Antrag gemäß § 10 FLAG oder Verstoß gegen die Meldepflicht gemäß § 25 FLAG), Gutgläubigkeit des Empfangs der Familienbeihilfe oder die Verwendung derselben sind nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die Verpflichtung zur Rückerstattung unrechtmäßiger Beihilfenbezüge unerheblich. Entscheidend ist lediglich, ob der Empfänger die Beträge zu Unrecht erhalten hat. Wie der Bezieher die erhaltenen Beträge verwendet hat, ist nicht von Bedeutung; ebenso, ob der Bezieher diese im guten Glauben entgegengenommen hat. Der gutgläubige Verbrauch der Beträge ist rechtlich ohne Bedeutung, weil der Rückforderungsanspruch nach § 26 Abs 1 FLAG nur auf die objektive Unrechtmäßigkeit des Bezuges der Familienbeihilfe abstellt (Lenneis/Wanke, FLAG, § 26 Rz 12 ff mit zahlreichen Judikaturnachweisen).
An der Rechtmäßigkeit der Rückforderung der Familienbeihilfe (und der Kinderabsetzbeträge) für den Zeitraum März 2014 bis Februar 2016 ändert somit auch der Umstand nichts, dass das Finanzamt im Auszahlungsverfahren den Sachverhalt noch anders beurteilt hatte als im Rückforderungsverfahren (keine Berücksichtigung des beihilfenschädlichen Studienwechsels), sich der Beschwerdeführer auf die Richtigkeit der Auszahlung durch das Finanzamt verlassen hat und die ausbezahlten Beihilfen gutgläubig verbraucht wurden. Auf die Ausführungen im Vorhalt des Bundesfinanzgerichtes vom und die Entscheidungsgründe im Erkenntnis des , welches dem Beschwerdeführer zur Kenntnis gebracht wurde, wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen.
Die Rückforderung gemäß § 26 Abs. 1 FLAG ist keine Ermessensentscheidung. Billigkeitsüberlegungen sind daher im Rückforderungsverfahren nach § 26 Abs. 1 FLAG vom Finanzamt oder vom Bundesfinanzgericht nicht anzustellen (vgl. und , jeweils unter Hinweis auf ).
Dass dem Bundesfinanzgericht keine Anweisungsbefugnis im Sinne des § 26 Abs. 4 FLAG zukommt, wurde bereits im Vorhalt vom näher dargestellt; auf die dortigen Ausführungen wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen.
Insgesamt gesehen erweist sich daher der angefochtene Rückforderungsbescheid als rechtmäßig, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Da im gegenständlichen Verfahren die entscheidungsrelevanten Rechtsfragen bereits ausreichend durch die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geklärt sind, und die Entscheidung von dieser Rechtsprechung nicht abweicht, ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer FLAG |
betroffene Normen | § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 17 StudFG, Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305/1992 § 26 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.5100370.2019 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at