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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 04.03.2020, RV/7100460/2007

Nachträgliche Einkünfte der ehemaligen Gesellschafter einer KG

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter GK in der Beschwerdesache Bf1, Bf2, AdrBf2,als ehemalige Gesellschafterin und Erbin nach dem ehemaligen Gesellschafter der KG und Bf3,  AdrBf3, als Erbe nach dem ehemaligen Gesellschafter der KG ehemGes, über die Beschwerde vom  gegen den Bescheid der belangten Behörde FA vom , betreffend Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO für das Jahr 1996 zu Recht erkannt: 

I.

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird ersatzlos aufgehoben.

II.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE

Das Verfahren stellt sich wie folgt dar:

Aufgrund einer Kontrollmitteilung der Amtsbetriebsprüfung Gruppe 2 des FA2 in Wien an die dortige Veranlagungs-Leitstelle wurde am von der belangten Behörde ein Bescheid über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften für das Jahr 1996 erlassen. Damit wurden die Rückstellungen aufgrund eines Urteils des OGH in der erwähnten Rechtsstreitigkeit auf eine Höhe von 150.000,00 ATS herabgesetzt und somit in Höhe von 1,420.000,00 ATS aufgelöst.

Dagegen richtete sich die Berufung vom mit dem wesentlichen Vorbringen, dass nach HGB eine Haftungsinanspruchnahme der Kommanditisten ausgeschlossen ist und nur die Komplementärin zur Haftung herangezogen werden kann.

Aufgrund eines Ergänzungsersuchens vom erweiterte die Beschwerdeführerin ihr Vorbringen mit dem Argument, dass im Jahr 1996 der gegenständliche Prozess noch nicht vollständig abgeschlossen war und nicht auszuschließen ist, dass es doch noch zu einer Inanspruchnahme kommen wird.

In der Berufungsvorentscheidung vom wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Laut Urteil des OGH ist ein Provisionsanspruch nur insoweit entstanden, als der Anspruch sich nicht auf eine verbotene Ablöse bezieht. Danach ist der Anspruch nur vom Wert des mitverkauften Inventars bzw. der getätigten Investitionen zu berechnen und mit maximal 150.000,00 ATS (aufgrund eines im Gerichtsurteil festgestellten Höchstausmaßes des Inventarwerts mit 3 Mio. ATS) zu beziffern.

Mit Vorlageantrag vom beantragte die Beschwerdeführerin die Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz sowie die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

Am legte die belangte Behörde die Rechtssache mit Vorlagebericht dem Unabhängigen Finanzsenat zur Entscheidung vor.

Mit Schreiben vom  wurde der Antrag auf mündliche Verhandlung zurückgezogen und der Zustellvollmacht für stV, widersprochen.

Das Bundesfinanzgericht hat über die Beschwerde erwogen:

Die Berufung wurde vom Unabhängigen Finanzsenat nicht erledigt. Gemäß § 323 Abs 38 BAO sind die am bei dem unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz anhängigen Berufungen und Devolutionsanträge vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden im Sinn des Art 130 Abs 1 B-VG zu erledigen. Solche Verfahren betreffende Anbringen wirken mit auch gegenüber dem Bundesfinanzgericht.

Aufgrund der Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom wurde die Rechtssache der nunmehr zuständigen Geschäftsabteilung am zugeteilt.

Strittig ist, ob eine im Jahr 1996 von der belangten Behörde vorgenommene Auflösung von Rückstellungen für Provisionen und Prozesskosten rechtsrichtig war und bejahendenfalls nachträgliche Einkünfte im Sinne von § 32 Z 2 EStG 1988 bei den Kommanditisten vorliegen.

1. Sachverhalt

- Rechts- und Parteifähigkeit Bf1

Mit Beschluss vom tt.mm.2012 des Landesgerichtes K wurde hinsichtlich der Körperschaft der Konkurs eröffnet, welcher nach Schlussverteilung mit Beschluss des Gerichtes vom aufgehoben worden ist. Anschließend wurde die Firma am amtswegig gemäß § 40 FBG infolge Vermögenslosigkeit aus dem Firmenbuch gelöscht.

Auf dem Abgabenkonto der Komplementärin besteht ein Saldo von 0,00 €. Der beschwerderelevante Bescheid stellte bloß nachträgliche Einkünfte der drei Kommanditisten fest, die Komplementärin hatte daher folglich keine Abgabenschuld zu tragen. Selbst eine eventuelle abgabenrechtliche Inanspruchnahme der GmbH durch eine abändernde Entscheidung des Bundesfinanzgerichts könnte zu keinem Aktivvermögen der GmbH führen.

Es ist daher von der Vermögenslosigkeit der GmbH auszugehen, da es keine denkmögliche Konstellation gibt, in der eine Abgabenfestsetzung zu einem Aktivvermögen der gelöschten GmbH führen kann.

- Gesamtrechtsnachfolge ehemGesin und ehemGes

Die Kommanditistin ehemGesin ist am tt.mm.2006 verstorben. Mit Einantwortungsbeschluss des Bezirksgericht BG1 vom wurde die Verlassenschaft nach unbedingter Erbantrittserklärung dem Erben ehemGes eingeantwortet.

Der Kommanditist ehemGes ist am tt.mm.2011 verstorben. Mit Einantwortungsbeschluss vom des Bezirksgericht BG2 wurde die Verlassenschaft nach unbedingter Erbantrittserklärung den Erben Bf3 und Bf2 je zur Hälfte eingeantwortet.

- Auflösung von Rückstellungen/Nachträgliche Einkünfte

Die KG hat im Jahr 1988 die Geschäftstätigkeit beendet. Komplementärin war die Bf1, Kommanditisten waren ehemGesin (40%), ehemGes (40%) und Bf2 (20%).

Im Zuge der Ermittlung des Aufgabegewinnes in 1988 wurden Rückstellungen für Provisionen in Höhe von 1,020.000,00 ATS und für Kosten der Prozessführung in Höhe von 550.000,00 ATS aufgrund eines Rechtsstreits im Zusammenhang mit der Veräußerung von Hauptmietrechten um 17 Mio. ATS netto gewinnmindernd gebildet und anteilsmäßig bei den Kommanditisten berücksichtigt.

In diesem Rechtsstreit von Kläger als Kläger und der Bf1 und der KG als beklagte Parteien ging es im Wesentlichen um die Frage, ob und inwieweit den Beklagten gegenüber ein Provisionsanspruch besteht. Dabei war fraglich, ob und in welcher Höhe der Kaufpreis eine verbotene Ablöse enthielt und diesbezüglich ein Provisionsanspruch besteht.

Die Rechtssache wurde vorerst mit ) erledigt, wobei der OGH zur Ansicht gelangte, dass ein Provisionsanspruch des Klägers hinsichtlich jenes Teils des Kaufpreises, der eine verbotene Ablöse darstellt, nicht besteht. Ob und inwieweit jedoch eine verbotene Ablöse gegeben ist, ist dem OGH nicht möglich, da das Erstgericht dazu keine Feststellungen getroffen hat. Der OGH hob daher die Urteile der Vorinstanzen auf und verwies die Sache an das Erstgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurück.

Aufgrund dieser Entscheidung erging der beschwerderelevante Bescheid.

Im neuerlichen Verfahren vor dem Handelsgericht Wien wurde in einem vorbereitenden Schriftsatz vom seitens des Klägers das Vorliegen einer verbotenen Ablöse bestritten und der Wert der Einbauten bzw. Investitionen mit 10 Mio. ATS und der im Mietvertrag vorgesehene, im Gegensatz zum ortsüblichen Wert, ermäßigten Mietzins mit 7 Mio. ATS veranschlagt.

Im vorbereitenden Schriftsatz vom  argumentierten die Beklagten das Vorliegen einer verbotenen Ablöse damit, dass die Einrichtungsgegenstände alt und abgebraucht waren und für den Neumieter wertlos seien und daher ein Kaufpreis nicht anzusetzen war.

Laut Protokoll einer mündlichen Verhandlung vom gab der Zeuge Zeuge1 an, dass "das Inventar schon einen maßgeblichen Teil des Kaufpreises darstellt, das Lokal in tadellosem Zustand und die Portalanlage besonders wertvoll war bzw. dass die Schaufensteranlage einen ideellen Wert habe, den kein Schätzmeister beurteilen kann". Der Zeuge Zeuge2 bestätigte im Wesentlichen diese Aussage. Der Zeuge Zeuge3 gab an, dass der größte Teil der 17 Mio. ATS eine verbotene Ablöse dargestellt habe.

Insbesondere aus den Aktenbestandteilen des Handelsgerichts Wien ist festzustellen, dass noch im Jahr 1997 zwischen den Verfahrensparteien unterschiedliche Ansichten zum Bestehen und zur Höhe einer verbotenen Ablöse bestanden haben. Der Rechtsstreit betraf im Jahr 1996 den gesamten ehemals eingeklagten Provisionsanspruch und der Ausgang des Rechtsstreits war dementsprechend offen. Eine Inanspruchnahme der Beklagten im vollen Ausmaß drohte ernsthaft.

2. Beweiswürdigung

- Rechts- und Parteifähigkeit Bf1

Die festgestellte Sachlage ergibt sich aus dem Firmenbuchauszug der Komplementärin zu FN FN sowie den - dieselbe betreffenden - Daten des Abgabeninformationssystems des Bundes.

- Gesamtrechtsnachfolge ehemGesin und ehemGes

Die Feststellungen folgen den Einantwortungsbeschlüssen zu AZ1 des Bezirksgerichts BG1 hinsichtlich der verstorbenen Kommanditistin und zu AZ2 des Bezirksgerichts BG2 hinsichtlich des verstorbenen Kommanditisten.

- Auflösung von Rückstellungen/Nachträgliche Einkünfte

Der Sachverhalt ergibt sich aus dem Verwaltungsakt der belangten Behörde sowie dem Akt des Handelsgerichts Wien zu Aktenzahl.

Aus diesen Unterlagen lässt sich erkennen, dass auf Seiten des Klägers und der Beklagten gegensätzliche Argumente zum Bestehen und zur Höhe einer verbotenen Ablöse bestanden haben. Insbesondere war aus dem Aktenstudium nicht zu schließen, dass zwischen den Parteien Übereinstimmung herrschte, ob zumindest ein Teil des Kaufpreises eine - keinen Provisionsanspruch begründende - verbotene Ablöse darstellte. Gegenstand des Rechtsstreits war auch noch Anfang 1997 der gesamte ehemals eingeklagte Provisionsanspruch. Daraus ist schlüssig abzuleiten, dass der Ausgang des Rechtsstreits im gesamten Umfang im Jahr 1996 noch nicht absehbar war und daher mit einer entsprechenden zukünftigen Verbindlichkeit zu rechnen war.

3. Rechtliche Beurteilung (siehe I.)

- Rechts- und Parteifähigkeit Bf1

§ 40 FBG idF BGBl I 120/2005 lautet:

"(1) Eine Kapitalgesellschaft, die kein Vermögen besitzt, kann auf Antrag der nach dem Sitz der Gesellschaft zuständigen gesetzlichen Interessenvertretung oder der Steuerbehörde oder von Amts wegen gelöscht werden; mit der Löschung gilt die Gesellschaft als aufgelöst. Eine Abwicklung findet nicht statt. Sofern das Vorhandensein von Vermögen nicht offenkundig ist, gilt eine Kapitalgesellschaft bis zum Beweis des Gegenteils auch dann als vermögenslos, wenn sie trotz Aufforderung durch das Gericht die Jahresabschlüsse und gegebenenfalls die Lageberichte (§§ 277 ff UGB) von zwei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren nicht vollständig vorlegt.

(2) Vor der Löschung sind die nach dem Sitz der Gesellschaft zuständige gesetzliche Interessenvertretung und die Steuerbehörde zu hören, sofern diese nicht ohnehin selbst Antragsteller waren. Äußern sich diese Stellen binnen vier Wochen nicht, so gilt ihre Zustimmung als gegeben.

(3) Gerichte und Steuerbehörden haben einander die erbetenen für die Vollziehung dieses Bundesgesetzes erforderlichen Auskünfte zu erteilen.

(4) Stellt sich nach der Löschung das Vorhandensein von Vermögen heraus, das der Verteilung unterliegt, so findet die Abwicklung statt. Die Abwickler sind auf Antrag eines Beteiligten vom Gericht zu ernennen."

Die Auflösung und Löschung einer im Firmenbuch eingetragenen juristischen Person hat bloß deklarativen Charakter. Die Rechtsfähigkeit besteht jedoch weiter, solange ein Vermögen vorhanden ist und Rechtsbeziehungen zu Gläubigern oder Schuldnern bestehen. Nach der Judikatur des VwGH () besteht die Rechtspersönlichkeit der Gesellschaft insbesondere auch solange fort, als noch Abwicklungsbedarf vorhanden ist, zB wenn noch Abgabenverbindlichkeiten bescheidmäßig festzusetzen sind ().

Ob noch Abwicklungsbedarf besteht, ergibt sich daraus, ob bei sonstiger Vermögenslosigkeit die Abgabenfestsetzung in einer denkbaren Konstellation - etwa durch Anrechnung von Steuervorauszahlungen, Abzugsteuern oder Vorsteuern - zu einem Aktivvermögen der gelöschten Gesellschaft führen kann (vgl ).

Seitens des Bundesfinanzgerichts ist zu prüfen, ob sich ein abwickelbares Vermögen der GmbH ergeben könnte, sodass die Rechtspersönlichkeit insoweit als fortdauernd anzusehen wäre (vgl sowie ).

Durch den mit Beschwerde bekämpften Bescheid wurden für 1996 nachträgliche Einkünfte der Kommanditisten festgestellt. Die Komplementärin wurde dadurch nicht in Anspruch genommen und ist daher auch im Falle einer abändernden Entscheidung und einer Inanspruchnahme der Komplementärin aus diesem Beschwerdeverfahren kein Aktivvermögen der GmbH möglich.

Das Vorliegen eines anderweitigen Vermögens und eines sich daraus ergebenden Abwicklungsbedarfes kann im Hinblick auf das oben dargelegte Ergebnis des Insolvenzverfahrens ausgeschlossen werden. Damit ist aber davon auszugehen, dass die Rechtspersönlichkeit der aufgelösten und amtswegig gelöschten GmbH bereits weggefallen ist.

Mit der Konkurseröffnung sind gemäß § 1024 ABGB die Vertretungsvollmachten kraft Gesetzes erloschen und leben diese auch nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens nicht wieder auf. Die Funktionen der Masseverwalter sind ebenfalls erloschen.

Da die Parteifähigkeit der GmbH nicht mehr besteht und keine Vertretung durch einen steuerlichen Vertreter oder einen Masseverwalter gegeben ist, kann eine Erledigung des Bundesfinanzgerichts im gegenständlichen Verfahren nicht mehr wirksam zugestellt werden.

- Gesamtrechtsnachfolge ehemGesin und ehemGes

Das Bundesfinanzgericht ist an die Beschlüsse der Verlassenschaftsgerichte hinsichtlich der Erbenqualität als Beurteilung einer Vorfrage gebunden. Gemäß § 19 Abs 1 BAO sind als Gesamtrechtsnachfolger der Kommanditistin ehemGesin der Erbe ehemGes und dessen Gesamtrechtsnachfolger dessen Kinder Bf3 und Bf2 als eingeantwortete Erben anzusehen und treten diese daher in die Rechte und Pflichten dieser ein.

- Zustellverfügung

Aufgrund des Widerspruchs hinsichtlich des bisherigen gemeinsamen Zustellungsbevollmächtigten stV, ist diese Vollmacht gemäß § 81 Abs 6 und 7 BAO nicht mehr aufrecht und es fehlt daher ein gemeinsamer Zustellungsbevollmächtigte.

Gemäß § 101 Abs 4 BAO sind schriftliche Ausfertigungen, die nach Beendigung einer Personenvereinigung (Personengemeinschaft) ohne eigene Rechtspersönlichkeit in einem Feststellungsverfahren an diejenigen ergehen, denen gemeinschaftliche Einkünfte zugeflossen sind, einer nach § 81 BAO vertretungsbefugten Person zuzustellen. Mit der Zustellung einer einzigen Ausfertigung an diese Person gilt die Zustellung an alle, denen der Bescheid gemeinschaftliche Einkünfte zurechnet, als vollzogen, wenn auf diese Rechtsfolge in der Ausfertigung hingewiesen wird.

Von dieser Zustellfiktion muss jedoch nicht Gebrauch gemacht werden, sondern es kann die Zustellung auch an sämtliche Mitglieder der Mitunternehmerschaft erfolgen (). Aus Zweckmäßigkeitsüberlegungen, insbesondere weil Bf3 als Gesamtrechtsnachfolger eines ehemaligen Gesellschafters vor allem im verwaltungsbehördlichen Verfahren nicht eingebunden war, ist das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts der ehemaligen Gesellschafterin sowie dem Erben nach dem ehemaligen Gesellschafter zuzustellen.

- Auflösung von Rückstellungen/Nachträgliche Einkünfte

Eine explizite Wertbestimmung von Rückstellungen findet sich in § 9 EStG 1988 in der im Streitjahr anzuwendenden Fassung nicht.

§ 9 EStG 1988 idF BGBl. Nr. 818/1993 lautet auszugsweise:

"(1) Rückstellungen können nur gebildet werden für

1. Anwartschaften auf Abfertigungen,

2. laufende Pensionen und Anwartschaften auf Pensionen,

3. sonstige ungewisse Verbindlichkeiten,

4. drohende Verluste aus schwebenden Geschäften.

(2) Rückstellungen im Sinne des Abs. 1 Z 1 und 2 sind nach § 14 zu bilden.

(3) Rückstellungen im Sinne des Abs. 1 Z 3 und 4 dürfen nicht pauschal gebildet werden. Die Bildung von Rückstellungen ist nur dann zulässig, wenn konkrete Umstände nachgewiesen werden können, nach denen im jeweiligen Einzelfall mit dem Vorliegen oder dem Entstehen einer Verbindlichkeit (eines Verlustes) ernsthaft zu rechnen ist.

[…]"

Rückstellungen sind grundsätzlich nach den Bewertungsregeln für Verbindlichkeiten zu bewerten. Sie sind mit jenem Betrag anzusetzen, der nach den Verhältnissen am Bilanzstichtag voraussichtlich zur Erfüllung notwendig sein wird (voraussichtlicher Erfüllungsbetrag).

§ 32 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 120/2005 lautet auszugsweise:

"Zu den Einkünften im Sinne des § 2 Abs. 3 gehören auch:

[…]

2. Einkünfte aus

- einer ehemaligen betrieblichen Tätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 3 Z 1 bis 3 (zB Gewinne aus dem Eingang abgeschriebener Forderungen oder Verluste aus dem Ausfall von Forderungen),

- einer ehemaligen nichtselbständigen Tätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 3 Z 4 oder

- einem früheren Rechtsverhältnis im Sinne des § 2 Abs. 3 Z 5 bis 7,

und zwar jeweils auch beim Rechtsnachfolger. […]"

Bei der Beschwerdeführerin ist im Zeitpunkt der Betriebsaufgabe nach den Grundsätzen des Betriebsvermögensvergleichs der Aufgabegewinn ermittelt worden. Dabei sind auch Rückstellungen angesetzt worden. Inwieweit die Rückstellungen bei der Ermittlung des Aufgabegewinnes 1988 gesetzmäßig gebildet worden sind, ist nicht Gegenstand dieses Verfahrens und ist aufgrund der hier getroffenen rechtlichen Schlussfolgerungen im Übrigen irrelevant.

Aufgrund der Bestimmung des § 32 Z 2 EStG 1988 sind Vorgänge, die sich nach dem Zeitpunkt der Aufgabe des Betriebes ereignen und im Vermögen des bisherigen Betriebsinhabers auswirken, von einkommensteuerlicher Relevanz. Ausgehend von den Werten, mit denen diese Wirtschaftsgüter in der Bilanz auf den Zeitpunkt der Betriebsaufgabe anzusetzen sind, führen die späteren Veränderungen im Vermögen des bisherigen Betriebsinhabers zu positiven bzw. negativen nachträglichen betrieblichen Einkünften. Aus dieser Systematik der Anknüpfung an die Bilanz auf den Aufgabezeitpunkt ergibt sich, dass die nachträglichen betrieblichen Einkünfte für die genannten Ansprüche und Verbindlichkeiten mit Veranlassung durch den seinerzeitigen Betrieb nach den Grundsätzen des Betriebsvermögensvergleiches zu ermitteln sind. ().

In Folgejahren sind Rückstellungen daraufhin zu untersuchen, ob die Fortführung der Höhe und dem Grunde nach gerechtfertigt ist. Sie sind anzupassen, wenn sich Faktoren ändern. Fällt der Grund für die Rückstellungs­bildung weg (zB Inanspruchnahme aus der Verbindlichkeit wird unwahrscheinlich), muss die Rückstellung im Wirtschaftsjahr der Änderung gewinnerhöhend aufgelöst werden (), ebenso wenn eine Verbindlichkeit anzusetzen ist. (Laudacher in Jakom EStG, 12. Aufl. 2019, § 9, I. Allgemeines [Rz 17])

Werden daher bei Ermittlung des Aufgabegewinnes Rückstellungen für Provisionen und Prozesskosten gebildet und damit gewinnmindernd berücksichtigt, hat in Anbetracht des Ausmaßes, in welchem entsprechende Aufwendungen mit Sicherheit nicht mehr anfallen werden, eine Neubewertung der Rückstellungen zu erfolgen und sind nachträgliche Einkünfte zu erfassen. Dies hat in dem Veranlagungszeitraum zu erfolgen, in dem die Gewissheit einer nicht mehr bestehenden zukünftigen Inanspruchnahme eingetreten ist ().

Weshalb die belangte Behörde aus dem OGH-Beschluss zur Ansicht gelangte, dass eine mögliche Inanspruchnahme der Beschwerdeführer in Höhe von nur mehr 150.000,00 ATS bestanden habe, ist vom Bundesfinanzgericht nicht nachzuvollziehen. Es findet sich in diesem Beschluss lediglich die dokumentierte Aussage der beklagten Parteien, dass der Kläger in seiner Funktion als Makler allenfalls in Höhe des lukrierten Mehrbetrages von 3 Mio. ATS verdienstlich geworden sein, woraus sich eine 5%ige Provision mit 150.000,00 ATS ergeben hätte. Zu einer zukünftigen Verbindlichkeit von 150.000,00 ATS findet sich in diesem Beschluss jedoch kein Hinweis, vielmehr entschied der OGH: "Eine abschließende Beurteilung ist jedoch noch nicht möglich, weil das Erstgericht keine Feststellungen getroffen hat, auf deren Grundlage eine Beurteilung möglich ist, ob und inwieweit die dem Beklagten vom Vormieter geleistete Zahlung eine verbotene Ablöse darstellt.".

Aus dem Gerichtsakt ist zu schließen, dass noch im Jahr 1997 das Verfahren zur Festsetzung des Provisionsanspruches aufgrund der Unklarheit, inwieweit eine verbotene Ablöse vorgelegen ist, noch nicht beendet war. Zeugenaussagen lassen es plausibel erscheinen, dass überhaupt keine verbotene Ablöse im Kaufpreis inkludiert war. Mehreren Zeugen erschien ein ideeller Wert für die Schaufensteranlage in Höhe von 10 Mio. ATS als nachvollziehbar. Auch der OGH hat diese Frage explizit offen gelassen, ihm fehlten schlussendlich die entsprechenden Feststellungen des Erstgerichts als Entscheidungsgrundlage, weshalb auch die Urteile aufgehoben und die Sache dem Erstgericht zurückverwiesen wurde.

Der Rechtsstreit hinsichtlich der Höhe des Provisionsanspruches aus der Veräußerung von Hauptmietrechten bestand demnach noch im Jahr 1997. Für das Jahr 1996 ist festzustellen, dass das Ausmaß der Inanspruchnahme hinsichtlich des Provisionsanspruchs aufgrund des offenen Ausgangs des Verfahrens am Handelsgericht Wien und der unterschiedlichen Positionen des Kläger und der Beklagten unklar war. Es war in Anbetracht der Zeugenaussagen wahrscheinlich und durchaus erwartbar, dass eine Provisions- und Prozesskostenverbindlichkeit in voller Höhe entstehen wird.

Mit einer Verbindlichkeit in zukünftigen Zeiträumen in Höhe der im Jahr 1988 gebildeten Rückstellungen war im Jahr 1996 ernsthaft zu rechnen und entspricht diese nach dem Leistungsfähigkeits- und Realisationsprinzips dem voraussichtlichen Erfüllungsbetrag in diesem Jahr. 

Da keine Wertänderung der im Jahr 1988 gebildeten Rückstellungen im Jahr 1996 festzustellen ist, ist der Bescheid über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften für das Jahr 1996 aufgrund des Fehlens nachträglicher Einkünfte gemäß § 32 Z 2 EStG 1988 und der Tatsache, dass dies die einzige Feststellung dieses Bescheids darstellt, nicht rechtmäßig ergangen und ist dieser daher in vollem Umfang aufzuheben.

4. Unzulässigkeit der Revision (siehe II.)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da insbesondere Sachverhaltsfragen zu lösen waren und die Rechtsfrage der Bewertung von Rückstellungen im Einklang mit der bisherigen einheitlichen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes beantwortet wurde, liegt eine solche von grundsätzlicher Bedeutung nicht vor ().

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 279 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Art. 133 Abs. 4 B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930
§ 19 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 32 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7100460.2007

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at