Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 22.11.2019, RV/4100691/2015

Sanierungsgewinn

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. R.T in der Beschwerdesache K.G.L, W.Str. 10 Tür 2, A, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamt F vom betreffend Einkommensteuer 2012 und 2013 zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Das Finanzamt setzte mit Bescheid vom die Einkommensteuer 2012 in Höhe von Euro 1.640,00 fest.
Ausgehend von Einkünften aus Gewerbebetrieb in Höhe von Euro 46.000,00 und
Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von Euro 15.244,05  und dem Einkommen in Höhe von Euro 61.184,05 wurde die Einkommensteuer in Höhe von Euro 1.640,00 festgesetzt.
Das Finanzamt setzte mit Bescheid vom die Einkommensteuer 2013 in Höhe von Euro 1.772,00 fest.
Die Einkünften aus Gewerbebetrieb wurde in Höhe von Euro 46.000,00 geschätzt. Mit den
Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von Euro 16.877,50 wurde das Einkommen in Höhe von Euro 62.817,50 ermittelt.

Der Beschwerdeführer war Alleingesellschafter und selbständig vertretungsbefugter Geschäftsführer der U.O m.b.H., welche am im Firmenbuch gemäß § 40 FBG von Amts wegen gelöscht worden ist. 
Zuvor, am , wurde die U.O m.b.H. & Co KEG aufgelöst und im Firmenbuch gelöscht (FN 187427). 

Am wurde beim Bezirksgericht das Schuldenregulierungsverfahren, Aktenzeichen Zl., eröffnet. Das Schuldenregulierungsverfahren war geringfügig. Am wurde die Rechtskraft des angenommenen Zahlungsplanes festgestellt. Die Summe aller Verbindlichkeiten betrug Euro 561.298,48 (Gläubigerliste der bevorrechneten Schuldnerberatungsstelle vom ). 

Im Oktober 2011 fand im Einzelunternehmen des Bf. eine Außenprüfung gemäß § 149 Abs. 1 BAO statt. Dabei stellte der Prüfer fest, dass der Bf. bis Ende 2010 ein Transportunternehmen betrieben hat. Infolge finanzieller Probleme wurde die Tätigkeit aufgegeben (Niederschrift über die Schlussbesprechung vom , ABNr. 225068/11, Tz. 1).
Unter Tz. 2 stellte der Prüfer fest, dass für den Prüfungszeitraum 8/2010 bis zur Eröffnung des Schuldenregulierungsverfahren 2011 () weder Umsatzsteuervoranmeldungen eingereicht (!) noch Umsatzsteuervorauszahlungen geleistet wurden. Der Prüfer ermittelte daher die Zahllasten anhand der vorgelegten Belegsammlung im Rahmen der durchgeführten Prüfung. Die Berichtigung der Vorsteuern erfolgte anhand der vorgelegten Gläubigerliste unter Mitwirkung des Abgabepflichtigen.
Die steuerpflichtigen Erlöse 8-12/2010 wurden iHv. € 20.399,40 und im Zeitraum 1-6/2011 iHv. € 0 ermittelt.

Die Umsatzsteuerzahllast 8-12/2010 wurde iHv Euro 1.394,45 festgesetzt.
Die Umsatzsteuerzahllast 1-6/2011 wurde iHv Euro 9.376,72 festgesetzt. (Vorsteuerkorrektur 1-6/2011: Euro 9.626,65).

Ausgehend von zu berichtigenden Umsätzen laut der Gläubigerliste iHv. Euro 57.759,87 errechnete sich die Korrektur der Vorsteuer gemäß § 16 UStG 1994 iHv. Euro 9.626,65 (Umsätze/Lieferverbindlichkeiten 20%). Fest steht dass der Bf. als Einzelunternehmers tätig war, Steuererklärungen jedoch nicht eingereicht hat.

Im Rahmen des durchgeführten Schuldenregulierungsverfahrens wurde eine Quote von 5%, zahlbar in 14. Halbjahresraten zu je 0,375%, erreicht. Damit betrug die Entschuldung des Bf. 95%, ausgehend von  Euro 561.298,48 (Gläubigerliste, siehe oben).
Mangels Vorlage entsprechender Unterlagen ermittelte das Finanzamt den betrieblichen Anteil des Schuldnachlasses im Schätzungswege in Höhe von Euro 460.000,00 und ermittelte den jährlichen Anteil an der Betriebsvermögensvermehrung in den Jahren 2012 und 2013  in Höhe von Euro 46.000,00.

In der Beschwerde wird im Wesentlichen eingewendet, dass der Bf. kein Unternehmer , sondern ein Arbeitnehmer ist. Es müsste denklogisch ein Sanierungsgewinn bei jedem Unternehmer, der seine Schulden (gemeint: betrieblichen Schulden) mittels Privatkonkurs regelt, vorkommen.
Tatsächlich wird ein solcher Sanierungsgewinn lediglich in selten  Fällen angesetzt. Andere Unternehmer, welche ebenfalls in den Genuss eines Sanierungsgewinnes kommen, werden diesbezüglich nicht zur Versteuerung des Sanierungsgewinnes herangezogen. Dies, obwohl die Bestimmung auf sämtliche Unternehmer anzuwenden ist. Diese Besteuerung des Sanierungsgewinnes habe für den Bf. die neuerliche Zahlungsunfähigkeit zur Folge.   

Es werde daher angeregt, von der Versteuerung des Sanierungsgewinnes Abstand zu nehmen und die Einkünfte aus Gewerbebetrieb nicht anzusetzen.

Das Finanzamt legte mit Vorlagebericht vom die Akten dem BFG vor und beantragte die Abweisung der Beschwerde. Angesichts der Tatsache, dass der Bf. bislang als Unternehmer tätig gewesen sei, erübrige es sich auf das Beschwerdevorbringen einzugehen.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

§ 36 lautet:

"(1) Sind im Einkommen eines Steuerpflichtigen aus einem Schulderlass resultierende gewinne enthalten, hat die Steuerfestsetzung in den Fällen des Abs. 2 nach Maßgabe des Abs. 3 zu erfolgen.

"(2) Aus dem Schulderlass resultierende Gewinne sind solche, die entstanden sind durch:

1.Erfüllung eines Sanierungsplanes gemäß §§ 140 bis 156 der Insolvenzordnung (IO),
2. Erfüllung eines Zahlungsplanes (§§ 193 bis 198 IO) oder
3. Erteilung einer Restschuldbefreiung nach Durchführung eines Abschöpfungsverfahrens (§§ 199 bis 216 BAO)."

.."

Strittig ist im vorliegendem Sachverhalt, ob der bei der Veranlagung der Jahre 2012 und 2013 unter den Einkünften aus Gewerbebetrieb erfasste Sanierungsgewinn zu Recht bei der Veranlagung dieser Jahre zu berücksichtigen war.

§ 36 Abs. 1 EStG 1988 idgF normiert, dass zu den Einkünften auch Sanierungsgewinne gehören, das sind Gewinne die durch gänzlichen oder teilweisen Erlass betrieblicher Schulden zum Zwecke der Sanierung entstanden sind und dadurch zu einer Vermehrung des Betriebsvermögens führen.

Sowohl derjenige, der nach § 4 Abs 1 EStG 1988 den Gewinn ermittelt, als auch derjenige, der nach § 4 Abs 3 EStG 1988 den Gewinn ermittelt, hat ein Betriebsvermögen.

Vorweg wird festgestellt, dass der Bf. für die betreffenden Jahre entsprechende Erklärungen nicht eingereicht hat und den Abgabenerklärungspflichten schlichtweg nicht nachgekommen ist.

Fest steht im gegenständlichen Sachverhalt auch, dass die Abgabenbehörde infolge Nichtmitwirkung des Bf. an der Feststellung des tatsächlichen Sanierungsgewinnes, berechtigt war, die Einkünfte insoweit im Schätzungswege zu ermitteln. Dabei orientierte sich die Abgabenbehörde vollkommen sachgerecht an den gesamten Verbindlichkeiten des Bf. im Zuge des Schuldenregulierungsverfahrens.
Der Bf. wurde von der Abgabenbehörde aufgefordert, seine ehemals betrieblichen Schulden anhand der Gläubigerliste aus dem Schuldenregulierungsverfahren aufzugliedern und darzustellen. Er kam diesen wiederholten Ersuchen und Aufforderungen nicht nach.

Es kann dahingestellt bleiben, ob § 36 Abs 1 EStG 1988 konstitutiv für die grundsätzlich einkünfteerhöhende Wirkung von Sanierungsgewinnen ist oder dies bloß klarstellt.

Soweit der Bf. meint, er sei 2012 und 2013 ausschließlich als Arbeitnehmer tätig gewesen und schließe dies Einkünfte aus Gewerbebetrieb aus, vermag dies nichts an der Rechtmäßigkeit der Festsetzung des Sanierungsgewinnes im Sinne des § 36 EStG 1988 zu ändern.

Das Finanzamt ist als Verwaltungsbehörde an die dargestellte, einfachgesetzliche Rechtslage gebunden, sodass das Vorbringen, man könne bei einem Arbeitnehmer keine Einkünfte aus Gewerbebetrieb infolge Nachlass betrieblicher Schulden nicht mehr ermitteln, unzutreffend ist. Der Beschwerde war sohin ein Erfolg versagt.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf den vorliegenden Sachverhalt trifft dies nicht zu, sodass eine ordentliche Revision nicht zuzulassen war.

Klagenfurt am Wörthersee, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Schlagworte
Beendigung betrieblicher Tätigkeit
Sanierungsgewinn
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.4100691.2015

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at