Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 18.02.2020, RV/7300035/2019

Finanzordnungswidrigkeit, finanzielle Schwierigkeiten, Krankheit, Konkurs

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Der Finanzstrafsenat Wien 3 des Bundesfinanzgerichtes hat in der Finanzstrafsache gegen H.Y., (Bf.), vertreten durch Mag. Gerhard Haibel, Rathausstraße 21 Tür 17, 1010 Wien wegen derFinanzvergehen der Finanzordnungswidrigkeit gemäß § 49 Abs. 1 lit. a des Finanzstrafgesetzes (FinStrG) über die Beschwerde des Beschuldigten vom gegen das Erkenntnis des Spruchsenates beim Finanzamt Wien 9/18/19 Klosterneuburg als Organ der belangten Behörde Finanzamt Wien 9/18/19 Klosterneuburg als Finanzstrafbehörde vom , Strafnummer SN, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am  in Anwesenheit des Beschuldigten, seines Verteidigers, des Amtsbeauftragten sowie der Schriftführerin zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird dahingehend stattgegeben, dass das Verfahren hinsichtlich der Schuldvorwürfe vorsätzlich lohnabhängige Abgaben für

Lohnsteuer 1-12/2016 in Höhe von € 1.019,29, 1-12/2017 € 154,11 und 5/2018 € 2.173,31

DB und DZ 1-12/2017 in Höhe von € 109,52, 5/2018 € 970,00 nicht spätestens binnen 5 Tagen ab Fälligkeit entrichtet zu haben gemäß §§ 136,157 FinStrG eingestellt wird.

Hinsichtlich der verbleibenden Schuldsprüche zu Finanzordnungswidrigkeiten nach § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG vorsätzlich Umsatzsteuervorauszahlungen für

03/2016 in Höhe von € 7.960,70
05/2016 in Höhe von € 1.000,00
06/2016 in Höhe von € 3.431,77
07/2016 in Höhe von € 6.454,65
09/2016 in Höhe von € 5.336,08
04/2017 in Höhe von € 8.358,34
05/2017 in Höhe von € 17.551,43
09/2017 in Höhe von € 4.955,22
10/2017 in Höhe von € 8.166,60
11/2017 in Höhe von € 8.702,91
04/2018 in Höhe von € 14.538,11,

zusammen € 86.455,81 nicht spätestens am fünften Tag nach Fälligkeit entrichtet zu haben, wird nach § 49 Abs. 2 FinStrG mit Strafneubemessung vorgegangen und eine Geldstrafe von € 6.400,00 ausgemessen.

Gemäß § 20 FinStrG wird die Ersatzfreiheitsstrafe mit 16 Tagen festgesetzt.

Gemäß § 185 Abs. 1 lit. a FinStrG werden die Kosten des verwaltungsbehördlichen und des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens mit € 500,00 bestimmt.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Erkenntnis des Spruchsenates vom wurde Y schuldig erkannt, er habe in Wien vorsätzlich
Umsatzsteuer für den Zeitraum
03/2016 in Höhe von € 7.960,70
05/2016 in Höhe von € 1.000,00
06/2016 in Höhe von € 3.431,77
07/2016 in Höhe von € 6.454,65
09/2016 in Höhe von € 5.336,08
04/2017 in Höhe von € 8.358,34
05/2017 in Höhe von € 17.551,43
09/2017 in Höhe von € 4.955,22
10/2017 in Höhe von € 8.166,60
11/2017 in Höhe von € 8.702,91
04/2018 in Höhe von € 14.538,11

sowie Lohnsteuer für den Zeitraum
01-12/2016 in Höhe von € 1.019,29
01-12/2017 in Höhe von € 154,11
05/2018 in Höhe von € 2.172,31

und Dienstgeberbeiträge samt Zuschlägen für den Zeitraum
01-12/2017 in Höhe von € 109,52
05/2018 in Höhe von € 970,00
somit von insgesamt € 90.881,04 nicht spätestens am fünften Tag nach Fälligkeit entrichtet (abgeführt).
Er habe hiedurch die Finanzordnungswidrigkeit nach § 49 Abs 1 Iit a FinStrG begangen und werde hiefür nach § 49 Abs 2 FinStrG mit einer Geldstrafe in Höhe von € 7.200.- bestraft.
Gemäß § 20 Abs. 1 FinStrG werde für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe eine
Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 18 Tagen festgesetzt.
Gemäß § 185 FinStrG habe der Bestrafte die Kosten des Strafverfahrens in der Höhe von € 500.- und des allfälligen Vollzuges zu ersetzen.

Zu den Entscheidungsgründen führte der Spruchsenat aus:
"Der finanzstrafrechtlich bereits in Erscheinung getretene, mit Erkenntnis des Spruchsenates vom , AZ SpS 155/17-II, vorbestrafte Beschuldigte Y ist ohne nennenswertes Vermögen, ohne Beschäftigung und bezieht monatlich € 530,00 Notstandshilfe. Es treffen ihn Sorgepflichten für drei Kinder.
Auf Grund des durchgeführten Beweisverfahrens, insbesondere Einsichtnahme in die
Veranlagungsakten und Verlesung des Strafaktes steht nachstehender Sachverhalt fest:
Am wurde über Y das Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung eröffnet und bis dato nicht rechtskräftig abgeschlossen.
Mit Bericht vom wurde bei Y eine Lohnsteuerprüfung für den
Zeitraum 01/2016-07/2018 abgeschlossen.
Hierbei wurden Abfuhrdifferenzen in den Jahren 2016, 2017 und 2018 festgestellt.
Von Seiten der Finanzstrafbehörde wurde zusätzlich das Abgabenkonto analysiert und hier fanden sich diverse verspätet eingereichte Umsatzsteuervoranmeldungen.
Die strafbestimmenden Wertbeträge des gegenständlichen Verfahrens entsprechen den
verspäteten Umsatzsteuervoranmeldungen und den Abfuhrdifferenzen der GPLA-Prüfung.
Als jahrelang im Geschäftsleben selbständig Tätiger wusste der Beschuldigte über seine
Verpflichtung zur Abgabe inhaltlich richtiger Abgabenerklärungen und
Umsatzsteuervoranmeldungen zu den jeweiligen Fälligkeitsdaten Bescheid.
Bei der nicht rechtzeitigen Abgabe der unter Punkt  des Spruches bezeichneten Erklärungen (wortwörtliche Wiedergabe, dieser Satz ist unvollständig) hielt der Beschuldigte eine verspätete, nämlich nicht spätestens am 5. Tag nach jeweils eingetretener Fälligkeit erfolgte Entrichtung der im Spruch angeführten Abgaben ernstlich für möglich und fand sich damit ab.
Der festgestellte Sachverhalt gründet sich auf die Feststellungen der Betriebsprüfung im
Bericht vom .
Die strafbestimmenden Wertbeträge gründen sich auf die Ergebnisse des im Strafakt
erliegenden Betriebsprüfungsberichtes, verbunden mit den Berechnungen der
Finanzbehörde. Im strafbestimmenden Wertbetrag sind keinerlei Sicherheitszuschläge
enthalten.
Der Beschuldigte bekannte sich in der mündlichen Verhandlung vor dem Spruchsenat nicht schuldig und führte aus, die abgabenrechtlichen Fälligkeiten seien ihm zwar natürlich bekannt, jedoch sei es aus in seiner und der Gesundheit seiner Gattin liegenden Gründen zu den inkriminierten Versäumnissen gekommen. Er habe sich auf eine gewerbliche Buchhalterin verlassen. Am Firmenkonto sei allerdings ausschließlich er selbst zeichnungsberechtigt gewesen und sei es auch er gewesen, der sich ausschließlich um die Aufbereitung der Buchhaltung gekümmert habe.
Dazu hat der Spruchsenat erwogen:
Nach § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG begeht eine Finanzordnungswidrigkeit, wer vorsätzlich Abgaben, die selbst zu berechnen sind, nicht spätestens am fünften Tag nach Fälligkeit entrichtet oder abführt, es sei denn, dass der zuständigen Abgabenbehörde bis zu diesem Zeitpunkt die Höhe des geschuldeten Betrages bekanntgegeben wird.
Nach § 8 Abs. 1 FinStrG handelt vorsätzlich, wer einen Sachverhalt verwirklichen will, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht; dazu genügt es, dass der Täter diese Verwirklichung ernstlich für möglich hält und sich mit ihr abfindet.
Das Verhalten des Beschuldigten erfüllt das vom Gesetz vorgegebene Tatbild in objektiver
und subjektiver Hinsicht.
Zu seiner Verantwortung sei ausgeführt, dass ihn zum Einen weder seine, noch die Krankheit seiner Gattin von seinen abgabenrechtlichen Verpflichtungen zu befreien vermögen, sondern er sich diesfalls um eine geeignete Vertretung in steuerlichen Belangen kümmern hätte müssen, wozu auch genügend Zeit zur Verfügung gestanden wäre, hat er doch nach eigenen Angaben bereits im Jahr 2015 den Magenbypass erhalten.
Zum Anderen können die steuerlichen Verpflichtungen auch nicht auf einen gewerblichen
Buchhalter abgewälzt werden, bucht dieser doch einerseits nur jene Vorgänge, die ihm durch den Verpflichteten übermittelt werden und ist schon auf Grund seiner ausschließlichen Zeichnungsberechtigung auf dem Firmenkonto nur er im Stande, für die abgabenrechtlichen Zahlungen Sorge zu tragen.
Es war daher mit einem Schuldspruch vorzugehen.
Nach der Bestimmung des § 49 Abs. 2 FinStrG wird die Finanzordnungswidrigkeit nach § 49 Abs. 1 FinStrG mit einer Geldstrafe bis zur Hälfte des Verkürzungsbetrages geahndet.
Nach § 23 FinStrG bemisst sich die Strafe nach der Schuld des Täters und sind die
Erschwerungs- und Milderungsgründe, sowie die persönlichen Verhältnisse des Täters zu
berücksichtigen.
Bei der Strafbemessung war im Einzelnen
mildernd: der ordentliche Lebenswandel, die schlechten wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschuldigten sowie die teilweise Schadensgutmachung;
erschwerend: der mehrfache Tatentschluss.
Bei Bedachtnahme auf diese Strafzumessungsgründe und die Täterpersönlichkeiten ist die
ausgesprochene Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe schuld- und tatangemessen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht zwingend auf der angezogenen Gesetzesstelle."

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Am wurde gegen das Erkenntnis Beschwerde erhoben und ausgeführt, dass die Erklärung, in welchen Punkten das Erkenntnis angefochten werde, welche Änderungen beantragt werden und die Begründung nachgereicht werde.

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Am wurde in Erfüllung eines Mängelbehebungsauftrages der Finanzstrafbehörde die folgende Begründung nachgereicht:

"Es ist jedenfalls stets die Lage des konkreten Falls - insbesondere der gesamte in der Tat verwirklichte Handlungs- und Gesinnungsunwert - in Betracht zu ziehen (, , 2006/14/0045).

Wie ich ausgeführt habe, habe ich die Tathandlungen nach § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG, nämlich die Entrichtung und Abfuhr der verfahrensgegenständlichen Abgaben über den fünften Tag nach Fälligkeit hinaus, ohne dass zu diesem Zeitpunkt die Höhe der geschuldeten Beträge bekanntgegeben wurde, nicht vorsätzlich, sondern allenfalls leicht fahrlässig gesetzt.

Ich war zu den jeweiligen genannten Zeitpunkten aus eigenen gesundheitlichen Gründen bzw. durch eine schwere Krebserkrankung meiner Frau, die die organisatorischen Belange in meiner Firma wahrnahm, leider verhindert die Belege für die Voranmeldungen so rechtzeitig zusammenstellen und der externen Buchhalterin zu übergeben, dass diese zu den dem Verfahren unterliegenden Zeitpunkten bis zum 5. Tag nach Fälligkeit aufgebucht waren und somit der zu zahlende Umsatzsteuerbetrag feststand. Dadurch war aber auch keine Meldung des geschuldeten Betrages möglich.

Leider war ich zu diesen Zeitpunkten auch nicht steuerlich vertreten und konnte leider nicht auf die Unterstützung und Beratung eines versierten Experten zurückgreifen, der sicherlich in dieser Situation geholfen hätte, finanzstrafrechtliche Konsequenzen zu vermeiden. So waren mir die gravierenden Folgen, die sich aus dieser Situation ergeben haben, so nicht bewusst und ich habe diese auch keineswegs vorsätzlich im Sinne des § 49 Abs. 1 lit. a herbeigeführt.

Es war mir aus den in der Folge noch detaillierter dargelegten Gründen schlichtweg nicht möglich zu den erforderlichen Zeitpunkten den zu bezahlenden Betrag einzuzahlen bzw. zu ermitteln.

Leider war die rechtzeitige Aufbuchung der Belege für die Ermittlung der Zahllast zu den genannten Zeitpunkten auch dadurch zusätzlich verzögert, da ich eine gewerbliche Buchhalterin mit der Aufbuchung der Belege und Ermittlung der Zahllast betraut habe, die den Betrieb alleine führt und aufgrund von Überlastung bzw. in die genannten Zeiträume teilweise auch fallende Urlaube längere Vorlaufzeiten für die Übergabe der zusammengestellten Belege und Buchungsunterlagen benötigt. Aufgrund der aus gesundheitlichen Gründen bedingten Verhinderung war es leider nicht möglich die Belege und Buchhaltungsunterlagen zu sammeln und vollständig so aufzubereiten und zusammenstellen, dass die Aufbuchung und Ermittlung der Zahllast auch unter Berücksichtigung dieser erforderlichen Vorlaufzeiten innerhalb von fünf Tagen nach Fälligkeit erfolgen konnte, womit das Tatbild objektiv erreicht war. Dies ist jedoch keinesfalls vorsätzlich, sondern allenfalls leicht fahrlässig erfolgt.

Ich weise in diesem Zusammenhang darauf hin, dass ich ja auch nur in einzelnen Monaten, nämlich in denen, wo eine Verhinderung aus gesundheitlichen Gründen vorlag, den Tatbestand erfüllt habe, wogegen in den anderen Monaten ohne eine derartige Verhinderung die Zahlungen bzw. Meldungen ordnungsgemäss erfolgt sind und ich auch immer sehr bemüht war alle Termine einzuhalten.

Zu den einzelnen konkreten Verhinderungen und deren Ursachen führe ich aus:

Umsatzsteuer 03/2016, 05/2016, 06/2016, 07/2016 und 09/2016 :

Ich bin seit längerer Zeit schwer herzkrank und musste mich bereits 2015 umfangreichen Operationen unterziehen. Seither hat sich mein Zustand zwar insoweit verbessert, dass ich grundsätzlich meiner Tätigkeit wieder nachgehen kann, es kam aber leider immer wieder zu Rückfällen und Schüben, die mit erheblichen Schmerzen in der Brust, Armen und Beinen verbunden waren, die leider nicht vorhersehbar waren, da sie unerwartet und plötzlich auftraten und jeweils mit einer gewissen Zeit der Arbeitsunfähigkeit verbunden waren. Leider war dies zu den Zeitpunkten, in welchen die Belege für die oben genannten Umsatzsteuervoranmeldungen gesammelt, aufbereitet und verbucht werden mussten, jeweils der Fall. Zusätzlich zu den Herzproblemen traten bei mir ab März 2016 erhebliche Dickdarmprobleme auf, die zu den genannten Zeitpunkten kumulativ mit meinen Herzproblemen auftraten und mich wegen unplanbarer Krankenstände an den erforderlichen Arbeiten gehindert haben. Diese Dickdarmprobleme haben sich in den entsprechenden Zeiträumen zunehmend verschlimmert, sodass neben umfangreichen Voruntersuchungen im Dezember 2016 eine Operation unumgänglich nötig war.

Umsatzsteuer 04/2017, 05/2017, 09/2017, 10/2017 und 04/2018 :

Die Aufbereitung der Belege und Zusammenstellung für die Buchhalterin wurde in wesentlichem Ausmaß durch meine Frau V.Y., die die organisatorischen Belange in der Firma innehatte, durchgeführt. Leider trat bei meiner Frau im Mai 2017 eine schwere Krebserkrankung an mehreren inneren Organen auf, die sie erheblich beeinträchtigte und ab diesem Zeitpunkt auch arbeitsunfähig machte. Sie wurde schließlich im Juli 2017 operiert. Im September 2017 war eine weitere Operation erforderlich. Leider wurden die Probleme damit nicht vollständig beseitigt, sodass 2018 leider wieder eine Verschlechterung Ihres Zustandes eintrat.

Ich habe, neben dem Umstand, dass ich mich neben meinen eigenen weiter bestehenden Herzproblemen zusätzlich um meine Frau kümmern musste, nunmehr im wesentlichen  die gesamte Belegorganisation alleine machen müssen, was für mich, da es bisher unter tatkräftiger Unterstützung meiner Frau erfolgen konnte, schwierig war und erheblichen Zeitaufwand erforderte, der neben der aktiven geschäftlichen Tätigkeit erforderlich war. Dies führte dazu, dass es zu den für die genannten Voranmeldungen relevanten Zeitpunkten leider zu verspäteten Zahlungen bzw. Meldungen kam. Dies war, da meine Frau teilweise noch mitwirken konnte und die jeweils akuten gesundheitlichen Beeinträchtigungen nicht konkret absehbar waren, leider nicht vorhersehbar.

Unter Berücksichtigung dieser Umstände dürfte klargestellt sein, dass ich die in § 49 Abs. 1 lit a FinStrG erwähnte Fristversäumnis keinesfalls in irgendeiner Form vorsätzlich herbeigeführt habe.

Lohnsteuer 01-12/2016, 01-12/2017 und 05/2018, DB 01-12/2017 und 05/2018:

Die bereits unter Leitung des Masseverwalters ohne steuerliche Vertretung durchgeführte

Lohnsteuerprüfung 2016 bis 07/2018 hat zu einigen relativ geringfügigen Nachverrechnungen an Abgaben geführt. Diese Differenzen waren mir zum Zeitpunkt der erforderlichen Abfuhr garnicht bekannt und lag diesbezüglich keinesfalls Vorsatz in irgendeiner Form meinerseits vor.

Die Führung der Lohnkonten und Berechnung der erforderlichen Abgaben habe ich seit längerer Zeit einer gewerblichen Buchhalterin, die auch Lohnverrechnerin ist, überlassen, die langjährige Erfahrung hat. Sie hat leider an der Lohnsteuerprüfung nicht mehr mitgewirkt, sodass mir die Ursachen der geringfügigen Nachverrechnungen von Abgaben nicht genau bekannt sind.

Ursachen könnten allenfalls in der Übermittlung nicht ganz zutreffender Lohndaten eines gewerberechtlichen Geschäftsführers durch meinen alten Buchhalter an meine derzeitige Lohnverrechnerin sein bzw. mögliche Neuberechnungen von Sonderzahlungen und Urlaubsabfindungen im Zuge der Einleitung des Sanierungsverfahrens.

Da ich für die Führung der Lohnverrechnung eine konzessionierte gewerbliche Buchhalterin beauftragt habe und ich bisher keinen Grund hatte an der pflicht- und ordnungsgemässen Erfüllung dieser Aufgabe durch sie zu zweifeln, kann mir somit im Zusammenhang mit den festgestellten Differenzen diesbezüglich keinesfalls Vorsatz in irgendeiner Form vorgeworfen werden.

Ich hoffe mit meinen Ausführungen klargestellt zu haben, dass ich die festgestellten verspäteten Zahlungen bzw. Umsatzsteuervoranmeldungen einzelner Monate sowie die festgestellten Abfuhrdifferenzen bei Lohnabgaben keinesfalls vorsätzlich, sondern allenfalls höchstens leicht fahrlässig bewirkt habe und somit den Tatbestand des § 49 Abs 1 lit a FinStrG keinesfalls erfüllt habe.

Ich ersuche daher das Finanzstrafverfahren 007/SN gegen mich einzustellen.

1. Zum Sachverhalt:

Mit dem Bescheid Erkenntnis des Spruchsenats vom wurde ich gem. § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG für schuldig erkannt, vorsätzlich Abgaben von insgesamt € 90.881,04 nicht spätestens am 5. Tag nach Fälligkeit entrichtet zu haben und somit eine Finanzordnungswidrigkeit nach § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG begangen zu haben.

2. Zur Rechtzeitigkeit der Beschwerde:

Der angefochtene Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am zugestellt, sodass die Beschwerde innerhalb offener Rechtsmittelfrist erhoben bzw. eingebracht wurde.

Der Mängelbehebungsauftrag erging am , zugestellt am wurde hiemit ebenfalls innerhalb offener Frist beantwortet.

3. Beschwerdebehauptung und Begründung:

Der angefochtene Bescheid ist in mehrfacher Hinsicht mit Rechtswidrigkeit behaftet:

Ich habe dem Finanzamt mit Schreiben vom eine umfassende Darstellung und Rechtfertigung zum mir vorgeworfenen Sachverhalt gegeben und dabei umfassend und zweifelsfrei nachvollziehbar erläutert, warum ich die mir vorgeworfenen Taten nicht vorsätzlich, sondern höchstens leicht fahrlässig begangen habe. In diesem Schreiben habe ich wie folgt ausgeführt:

Mir wird vorgeworfen, dass der Verdacht bestünde, ich hätte vorsätzlich Umsatzsteuer in einzelnen Monaten des Zeitraums von 03/2016 bis 04/2018 im Gesamtbetrag von EUR 86.455,81 sowie Lohnsteuer in 2016, 2017 und 05/2018 in Höhe von insgesamt EUR 3.345,71 und DB 2017 und 05/2018 von insgesamt EUR 1.079,52 nicht spätestens am fünften Tag nach Fälligkeit entrichtet und dadurch eine Finanzordnungswidrigkeit nach § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG begangen.

Zu meiner Rechtfertigung führe ich zu allen einzelnen Tatbeständen gleichermassen an, dass ich die Verwirklichung der Sachverhalte nicht vorsätzlich, sondern allenfalls fahrlässig unter möglicher Verletzung der zum Tatzeitpunkt unter Berücksichtigung meiner damaligen gesundheitlichen, familiären und organisatorischen Situation erforderlichen und angemessenen Sorgfaltspflicht begangen habe.

Voraussetzung für die Strafbarkeit ist neben den zweifellos eingetretenen objektiven Tatbestandsmerkmalen auch die subjektive Seite der Tatverwirklichung. Es lag bei mir zu keinem Zeitpunkt im Rahmen der Tatausführung eine zielgerichtete subjektive Einstellung zur Tatverwirklichung vor. Für den von den Finanzbehörden vorgebrachten Verdacht der vorsätzlichen Tatverwirklichung, auch in der Ausprägung des dolus eventualis, genügt es nicht, dass der Täter mit der Verwirklichung des Tatbestandes ernsthaft rechnen muss, sondern erfordert dies auch eine den Vorsatz umfassende subjektive Einstellung. Auch die Feststellung, der Täter habe die Tatbildverwirklichung „in Kauf genommen“ reicht für sich alleine nicht zur Annahme bedingten Vorsatzes aus, sie besagt nur, dass der Täter die Tatbildverwirklichung ernstlich für möglich gehalten hat, lässt aber keinen Schluss auf die weitere Willensbildung zu ( 13 Os164/77). Es bedarf somit konkreter Umstände, die ernstlich auf die Möglichkeit der Verwirklichung des tatbildmässigen Sachverhaltes schließen lassen. Diese Umstände lagen bei mir, wie ich weiter unten ausführen werde, aber eben nicht vor.

Ich habe die Verwirklichung des Sachverhaltes der Finanzordnungswidrigkeit nach § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG keinesfalls herbeiführen wollen, sodass mir allenfalls höchstens bewusste Fahrlässigkeit vorzuwerfen wäre. Ich habe höchstens allenfalls die Sorgfalt außer Acht gelassen, die mir zum Zeitpunkt der objektiven Tatbegehung auch unter Berücksichtigung der in der Folge ausgeführten besonderen Umstände zumutbar gewesen wäre.  

Der Spruchsenat hat in seinem Erkenntnis vom in keiner Weise dargestellt wie er sich mit meinem dargestellten Vorbringen auseinandergesetzt hat und wie er dieses im Einzelfall gewürdigt hat.

Der Hinweis, in der Begründung, dass der Beschuldigte über seine Verpflichtung zur Abgabe richtiger Abgabenerklärungen und Umsatzsteuervoranmeldungen zu den Fälligkeitsdaten Bescheid gewusst habe, geht ins Leere, da dies ohnedies aufgrund des Umstandes klar ist, dass ich im Regelfall die Abgaben rechtzeitig angemeldet und entrichtet habe und lediglich aufgrund der ausgeführten Umstände, daran gehindert war.

Es bleibt im Spruch des Spruchsenats, dass ich eine verspätete Entrichtung der angeführten Abgaben ernstlich für möglich gehalten habe und mich damit abgefunden habe weitgehend offen wie der Senat die Erklärungen des Sachverhaltes in zweifelsfrei nachvollziehbarer Weise gewürdigt hat.

Insbesondere wird auch der Umstand außer Acht gelassen, dass die Verhinderungen jeweils nicht vorhersehbar, sondern unverhofft eingetreten sind und somit nicht sofort eine geeignete und eingeschulte Vertretung verfügbar war.

Die Ausführungen des Spruchsenats betreffend des gewerblichen Buchhalters gehen ebenfalls ins Leere und zeigen nur, dass meine Ausführungen offenbar nicht ausreichend gewürdigt wurden, da der Umstand der Zeichnungsberechtigung am Konto für den Sachverhalt irrelevant ist. Dieser Umstand ist ja unbestritten, es ging aber darum, dass ich mangels krankheitshalber verspätet erfolgter Aufbuchung eben den zu überweisenden und anzumeldenden Umsatzsteuerbetrag nicht kannte und diesen somit nicht vorsätzlich verspätet entrichtet bzw. mitgeteilt habe.

Beweis:

• PV,

• Urkunden, welche noch gesondert vorgelegt werden,

• weitere Beweise in Vorbehalt;

4. Beschwerdeanträge:

Aus den vorstehenden Gründen werden gestellt, die Beschwerdeanträge:

das Bundesfinanzgericht wolle

1) eine mündliche Verhandlung anberaumen, in deren Rahmen die angebotenen Beweise aufgenommen werden;

2 in der Sache selbst entscheiden und den angefochtenen Bescheid des Finanzamtes Wien vom ersatzlos aufheben,

in eventu

den angefochtenen Bescheid beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Bescheiderlassung an die belangte Behörde zurückverweisen.

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In der mündlichen Verhandlung v. wurde wie folgt erhoben und festgestellt:

"Der Vertreter verweist auf den Beschwerdeschriftsatz. In Folge der Erkrankung meines Mandanten und der Krebskrankheit seiner Gattin liegt meiner Ansicht nach kein Vorsatz hinsichtlich der Nichtentrichtung der Umsatzsteuervorauszahlungen vor. Bei den jeweiligen Fälligkeitsterminen waren die Unterlagen durch die gewerbliche Buchhalterin nicht aufgebucht.

Zu den lohnabhängigen Abgaben verweise ich auf . Diesbezüglich wird ebenfalls darauf hingewiesen, dass sich der Bf. hinsichtlich der Berechnung der lohnabhängigen Abgaben einer qualifizierten Vertreterin bedient hat. Er hat darauf vertraut, dass sie die lohnabhängigen Abgaben richtig berechnen wird. Es ist lediglich vorstellbar, dass sie nicht alle benötigten Unterlagen von ihrer Vorgängerin erhalten hat.      

V: Für den Monat 3/2016 wurde am eine Zahllast von € 500,00 gemeldet und entrichtet, am eine weitere Zahllast von € 1.000,00 und am eine Zahllast von € 3.000,00.

Am wurde letztlich ein weiterer Betrag von € 9.960,70 gemeldet, dieser Betrag jedoch nicht in Einem einbezahlt.

Über Vorhalt V:

Bf.: Die gesetzlichen Termine zur Meldung der Umsatzsteuervorauszahlungen waren mir bekannt.

V: Die Nachmeldung wurde als konkludente Selbstanzeige gesehen, womit nach § 29 Abs. 2 FinStrG eine Monatsfrist zur Entrichtung des nachgemeldeten Betrages offen stand. Laut Rückstandsaufgliederung wurde ein Teilbetrag von € 7.960,70 nicht gesetzeskonform entrichtet.

V: Ursprünglich wurden 500,00 € gemeldet, tatsächlich ist eine Zahllast von fast 10.000 € angefallen. Ein Unternehmer kennt seinen Geschäftsumfang, daraus sieht man, dass der Bf. bei Fälligkeit es ernstlich für möglich gehalten haben muss, dass die Entrichtung viel zu niedrig erfolgt.

Steuerlicher Vertreter: Wir haben auf Grund des Insolvenzverfahrens später keinen Zugang mehr zu den Unterlagen des Steuerverfahrens gehabt. Dazu kann ich nichts sagen.

V: Für den Monat 5/2016 wurde am verspätet eine Zahllast von € 3.000,00 bekannt gegeben und dieser Betrag in Einem einbezahlt.

Am wurde eine weitere Zahllast von € 2.027,38 gemeldet, von der nach der einmonatigen Entrichtungsfrist wiederum ein Betrag von € 1.000,00 offen war und somit nicht gesetzeskonform entrichtet wurde.

Die Umsatzsteuervorauszahlung für Juni 2016 wurde am mit € 1.000,00 gemeldet und entrichtet. Am wurde eine weitere Zahllast von € 5.931,77 gemeldet, von der ein Monat später noch ein Restbetrag von € 3.431,77 aushaftete.

Die Umsatzsteuervorauszahlung für 7/2016 wurde erst am gemeldet und der Gesamtbetrag von € 6.454,65 nicht entrichtet.

Die Umsatzsteuervoranmeldung für 9/2016 wurde erst am eingereicht. Von dem Gesamtbetrag von € 6.336,08 wurde binnen Monatsfrist ein Teilbetrag von € 5.336,08 nicht entrichtet.

Die Umsatzsteuervorauszahlung für 4/2017 wurde zunächst am mit € 3.000,00 angegeben und entrichtet. Am wurde eine weitere Zahllast von € 8.358,34 einbekannt und nicht binnen Monatsfrist beglichen.

Die Umsatzsteuervorauszahlung für 5/2017 in der Höhe von € 17.551,43 wurde ebenfalls erst am gemeldet und nicht entrichtet.

Für 9/2017 wurde am eine Zahllast von € 3.000,00 gemeldet und entrichtet und sodann am eine weitere Zahllast von € 4.955,22 einbekannt, die nicht gesetzeskonform entrichtet wurde.

Die Zahllast für 10/2017 in Höhe von € 8.166,60 wurde erst am gemeldet und nicht entrichtet.

Die Zahllast für 11/2017 in Höhe von € 8.702,91 wurde erst am gemeldet und nicht entrichtet.

Die Zahllast für 4/2018 in Höhe von € 14.538,11 wurde erst am gemeldet und nicht entrichtet.   

Vertreter: Die Weitergabe der Unterlagen an die Buchhalterin war nicht möglich, da diese nicht vollständig waren.

V: Mir stellt sich die Lage so dar, dass der Bf. sehr wohl sogar die Voraussetzungen für eine Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG erfüllt haben könnte. Er hat es, da er die Unterlagen nicht an die Buchhalterin übergeben hat, zu den Fälligkeitsterminen zumindest ernstlich für möglich gehalten, dass eine Meldung unterbleibt und wusste auch, dass er nicht in richtiger Höhe eine Abgabenzahlung leistet. Offensichtlich auf Grund der besonderen Umstände, dass sowohl der Bf. als auch seine Gattin im verfahrensgegenständlichen Zeitraum krank gewesen sind, wurde davon ausgegangen, dass lediglich Finanzordnungswidrigkeiten vorliegen und der Bf. somit in Kenntnis der Fälligkeitstermine seinen Zahlungsverpflichtungen nicht binnen fünf Tagen ab Fälligkeit der Abgaben nachgekommen ist.

Vertreter: Mein Mandant war durchgehend steuerlich nicht vertreten, sonst hätte er um Stundung der Abgaben angesucht.

Beisitzer erörtert das Problem in der Praxis, dass Buchhalter in der Regel Rückfragen tätigen, wenn zu wenig Unterlagen vorgelegt werden.

Verteidiger: Man sieht in vielen Fällen, dass dann wenn mein Mandant  nicht krank war, die Meldungen und Zahlungen fristgerecht erfolgt sind.

Die Sondersituation der Krankheit meines Mandanten gehört in diesem Zusammenhang gesondert gewürdigt.

V: Letztlich wurden die Abgaben aber auch bedeutend verspätet bezahlt, bzw. sind weiterhin offen. Zur Last gelegt wird, dass der Bf. in Kenntnis der Fälligkeitstermine (= vorsätzlich) es somit ernstlich für möglich gehalten und sich damit abgefunden hat, dass die Selbstberechnungsabgaben nicht spätestens am fünften Tag nach Fälligkeit entrichtet werden. Im Regelfall trifft der Unternehmer die Entscheidungen wann was bezahlt wird, daher trifft ihn das Verschulden bei Nichtentrichtung der Abgabenschuldigkeiten. Straffrei wird, wer zumindest fristgerecht meldet, wenn schon nicht bezahlt wird. Eine Ausnahme besteht nur für gänzlich überraschende Handlungsunfähigkeit bei Fälligkeit (z.B. Autounfall mit unvorhersehbarem Spitalsaufenthalt).

Abfuhrdifferenzen:

Im Prüfungsbericht über die GPLA Prüfung für den Zeitraum 2016 bis sind Abfuhrdifferenzen ausgewiesen, demnach wurden laut Lohnverrechnung richtig errechnete Beträge der Abgabenbehörde gegenüber nicht vollständig erklärt und in der Folge zu deren Fälligkeitsterminen auch nicht entrichtet.

Dies betrifft für das Jahr 2016 Lohnsteuer im Ausmaß von € 1.019,29, dies entspricht einem durchschnittlichen Monatsbetrag in diesem Jahr, für das Jahr 2017 geringfügige Beträge von L € 154,11, DB € 99,79, DZ € 9,73 und 2018 einen nicht erklärten Betrag für Mai an Lohnsteuer in der Höhe von € 2.172,31, DB € 879,77 und DZ € 90,23, der in etwa der Höhe der zuvor für Mai 2018 gemeldeten Beträge entspricht.

Vertreter: Ich habe dazu ebenfalls keine Unterlagen und verweise darauf, dass die lohnabhängigen Abgaben durch die Buchhalterin berechnet wurden. Zur allfälligen Falschberechnung kann mein Mandant keine Angaben machen.

AB verweist auf den Lohnsteuerprüfungsbericht und den gesonderten Ausweis der Lohnabgaben für Mai 2018. Am wurde ein Insolvenzverfahren eröffnet.

AB legt vor, eine Vorstrafenanfrage, aus der ersichtlich ist, dass der Bf. mit Erkenntnis des Spruchsenates vom schon rechtskräftig wegen Finanzordnungswidrigkeiten nach § 49 Abs. 2 lit. a bestraft wurde.

Vertreter: Dies ist mir bekannt.

V: Was sind ihre momentanen wirtschaftlichen Verhältnisse, haben Sie ein Einkommen?

Bf.: Ich bin derzeit halbtagsbeschäftigt und habe ein Einkommen von € 960,00. Sorgepflichten; ein Kind. Meine Frau ist seit drei Jahren in Krankenstand. Sie bekommt etwas, ich weiß aber nicht wie viel. Es könnten € 500,00 sein.

V: Haben Sie Schulden?

Bf.: Ich habe am 5. März eine Verhandlung beim Handelsgericht, meine Schulden sind ca. 350.000,00 €. "

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Gemäß § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG macht sich einer Finanzordnungswidrigkeit schuldig, wer vorsätzlich Abgaben, die selbst zu berechnen sind, insbesondere Vorauszahlungen an Umsatzsteuer, nicht spätestens am fünften Tag nach Fälligkeit entrichtet oder abführt, es sei denn, dass der zuständigen Abgabenbehörde bis zu diesem Zeitpunkt die Höhe des geschuldeten Betrages bekanntgegeben wird; im Übrigen ist die Versäumung eines Zahlungstermines für sich allein nicht strafbar.

Gemäß § 8 Abs. 1 FinStrG handelt vorsätzlich, wer einen Sachverhalt verwirklichen will, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht; dazu genügt es, dass der Täter diese Verwirklichung ernstlich für möglich hält und sich mit ihr abfindet.

Gemäß § 79 Abs. 1 EStG hat der Arbeitgeber die gesamte Lohnsteuer, die in einem Kalendermonat einzubehalten war, spätestens am 15. Tag nach Ablauf des Kalendermonates in einem Betrag an das Finanzamt der Betriebsstätte abzuführen.

Im Prüfungsbericht über die GPLA Prüfung für den Zeitraum 2016 bis sind Abfuhrdifferenzen ausgewiesen, demnach wurden laut Lohnverrechnung richtig errechnete Beträge der Abgabenbehörde gegenüber nicht vollständig erklärt und in der Folge zu deren Fälligkeitsterminen auch nicht entrichtet.

Dies betrifft für das Jahr 2016 Lohnsteuer im Ausmaß von € 1.019,29, dies entspricht einem durchschnittlichen Monatsbetrag in diesem Jahr, für das Jahr 2017 geringfügige Beträge von L € 154,11, DB € 99,79, DZ € 9,73 und 2018 einen nicht erklärten Betrag für Mai an Lohnsteuer in der Höhe von € 2.172,31, DB € 879,77 und DZ € 90,23.

Der Senat ist dazu dem Vorbringen des Bf. gefolgt, dass er die Lohnverrechnung nicht selbst gemacht, sondern sich einer fachlich versierten Buchhalterin bedient hat. Bei der geringen Höhe der Abfuhrdifferenzen erschien dem Senat ein Verschulden des Bf. an der Nichtentrichtung nicht gegeben.

Hinsichtlich des Monats Mai 2018 ist festzuhalten, dass am , also einen Tag vor Eröffnung des Konkursverfahrens, noch eine Meldung eingereicht wurde. Im Zuge der Prüfung, die bereits nach Konkurseröffnung stattgefunden hat, wurden die Meldung übersteigende Abfuhrdifferenzen zum Lohnkonto festgestellt. Diesbezüglich erscheint die Wahrscheinlichkeit hoch, dass auch Teile der Löhne nicht mehr ausbezahlt wurden und der Differenzbetrag zwischen Meldung und Lohnkonto auch darauf beruhen könnte. Wiederum erschien dem Senat in dubio die subjektive Tatseite des Bf. nicht nachweisbar.

Gemäß § 21 Abs. 1 UStG hat der Unternehmer spätestens am 15. Tag (Fälligkeitstag) des auf einen Kalendermonat (Voranmeldungszeitraum) zweitfolgenden Kalendermonates eine Voranmeldung bei dem für die Einhebung der Umsatzsteuer zuständigen Finanzamt einzureichen, in der er die für den Voranmeldungszeitraum zu entrichtende Steuer (Vorauszahlung) oder den auf den Voranmeldungszeitraum entfallenden Überschuss unter entsprechender Anwendung des § 20 Abs. 1 und 2 und des § 16 selbst zu berechnen hat. Die Voranmeldung gilt als Steuererklärung. Als Voranmeldung gilt auch eine berichtigte Voranmeldung, sofern sie bis zu dem im ersten Satz angegebenen Tag eingereicht wird. Der Unternehmer hat eine sich ergebende Vorauszahlung spätestens am Fälligkeitstag zu entrichten.

Für den Monat 3/2016 wurde am eine Zahllast von € 500,00 gemeldet und entrichtet, am eine weitere Zahllast von € 1.000,00 und am eine Zahllast von € 3.000,00.

Am wurde letztlich ein weiterer Betrag von € 9.960,70 gemeldet, dieser Betrag jedoch nicht in Einem einbezahlt.

Die Nachmeldung wurde als konkludente Selbstanzeige gesehen, womit nach § 29 Abs. 2 FinStrG eine Monatsfrist zur Entrichtung des nachgemeldeten Betrages offen stand. Laut Rückstandsaufgliederung wurde ein Teilbetrag von € 7.960,70 nicht gesetzeskonform entrichtet.

Für den Monat 5/2016 wurde am verspätet eine Zahllast von € 3.000,00 bekannt gegeben und dieser Betrag in Einem einbezahlt.

Am wurde eine weitere Zahllast von € 2.027,38 gemeldet, von der nach der einmonatigen Entrichtungsfrist wiederum ein Betrag von € 1.000,00 offen war und somit nicht gesetzeskonform entrichtet wurde.

Die Umsatzsteuervorauszahlung für Juni 2016 wurde am mit € 1.000,00 gemeldet und entrichtet. Am wurde eine weitere Zahllast von € 5.931,77 gemeldet, von der ein Monat später noch ein Restbetrag von € 3.431,77 aushaftete.

Die Umsatzsteuervorauszahlung für 7/2016 wurde erst am gemeldet und der Gesamtbetrag von € 6.454,65 nicht entrichtet.

Die Umsatzsteuervoranmeldung für 9/2016 wurde erst am eingereicht. Von dem Gesamtbetrag von € 6.336,08 wurde binnen Monatsfrist ein Teilbetrag von € 5.336,08 nicht entrichtet.

Die Umsatzsteuervorauszahlung für 4/2017 wurde zunächst am mit € 3.000,00 angegeben und entrichtet. Am wurde eine weitere Zahllast von € 8.358,34 einbekannt und nicht binnen Monatsfrist beglichen.

Die Umsatzsteuervorauszahlung für 5/2017 in der Höhe von € 17.551,43 wurde ebenfalls erst am gemeldet und nicht entrichtet.

Für 9/2017 wurde am eine Zahllast von € 3.000,00 gemeldet und entrichtet und sodann am eine weitere Zahllast von € 4.955,22 einbekannt, die nicht gesetzeskonform entrichtet wurde.

Die Zahllast für 10/2017 in Höhe von € 8.166,60 wurde erst am gemeldet und nicht entrichtet.

Die Zahllast für 11/2017 in Höhe von € 8.702,91 wurde erst am gemeldet und nicht entrichtet.

Die Zahllast für 4/2018 in Höhe von € 14.538,11 wurde erst am gemeldet und nicht entrichtet.   

Der Bf. weist eine einschlägige Vorstrafe auf und hat auch zugestanden, dass er die gesetzlichen Fälligkeitstermine kannte. Bei der Höhe der nicht bei Fälligkeit entrichteten Beträge im Gegensatz zu den Einzahlungen für einzelne Monate, bzw. bei gänzlicher Unterlassung einer Entrichtung der Selbstberechnungabgaben bei deren Fälligkeit ist der Senat zum Schluss gekommen, dass es der Bf. zumindest ernstlich für möglich gehalten und sich damit abgefunden hat, dass er seiner gesetzlichen Zahlungsverpflichtung nicht entsprechend nachgekommen ist. Das Tatbild der Finanzordnungswidrigkeit nach § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG wurde somit in objektiver und subjektiver Hinsicht erfüllt.     

Gemäß § 49 Abs. 2 FinStrG wird die Finanzordnungswidrigkeit mit einer Geldstrafe geahndet, deren Höchstmaß die Hälfte des nicht oder verspätet entrichteten oder abgeführten Abgabenbetrages oder der geltend gemachten Abgabengutschrift beträgt.

Der Spruchsenat sprach bei einem strafbestimmenden Wertbetrag von € 90.881,04 und einer Strafdrohung von € 45.440,52 eine Geldstrafe von € 7.200,00 aus.

Gemäß § 23 Abs. 1 FinStrG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe die Schuld des Täters.

Gemäß § 23 Abs. 2 FinStrG sind die Erschwerungs- und Milderungsgründe gegeneinander abzuwägen, wobei im Übrigen die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches gelten.

Gemäß § 23 Abs. 3 FinStrG sind bei der Bemessung der Geldstrafe auch die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu berücksichtigen.

Als mildernd wertete der Spruchsenat den bisherigen ordentlichen Lebenswandel, die schlechten wirtschaftlichen Verhältnisse und die teilweise Schadensgutmachung, als erschwerend den mehrfachen Tatentschluss.

Erschwerend ist jedoch auch die einschlägige Vorstrafe, die Unbescholtenheit wurde zu Unrecht angenommen.

Dem steht mildernd die Schadensgutmachung im Ausmaß von ca. der Hälfte des strafbestimmenden Wertbetrages gegenüber.

Das mit eröffnete Konkursverfahren beim HG Wien wurde am beendet. Es hat lediglich eine Verteilung an die Massegläubiger stattgefunden, die Insolvenzgläubiger bekamen keine Quote. Es ist somit von einem endgültigen Abgabenausfall auszugehen.

Zu einer weiteren Strafreduktion veranlasste den Senat letztlich dennoch die Krankheit des Bf. und die Krankheit seiner Gattin, die im Rahmen der Erfüllung der gesetzlichen Vorgaben hinsichtlich des Tatbildes das Verschulden des Bf. an dem wirtschaftlichen Untergang des Unternehmens und dem Steuerausfall als vergleichsweise niedrig darstellt.

Die neu bemessene Geldstrafe entspricht nach Ansicht des Senates den angeführten Milderungs- und Erschwerungsgründen sowie spezial- und generalpräventiven Erfordernissen.

Auch die gemäß § 20 Abs. 1 FinStrG  für den Fall der Uneinbringlichkeit festzusetzende Ersatzfreiheitsstrafe entspricht nach Dafürhalten des erkennenden Senates dem festgestellten Verschulden des Bf. unter Berücksichtigung der obgenannten Milderungsgründe und der Erschwerungsgründe. 

Kostenentscheidung

Die Verfahrenskosten gründen sich auf § 185 Abs. 1 lit. a FinStrG, wonach pauschal ein Kostenersatz im Ausmaß von 10% der verhängten Geldstrafe, maximal aber ein Betrag von € 500,00 festzusetzen ist.

Zahlungsaufforderung:

Die Geldstrafe und die Kosten des Finanzstrafverfahrens sind gemäß § 171 Abs. 1 und § 185 Abs. 4 FinStrG mit Ablauf eines Monates nach Rechtskraft dieser Ent­scheidung fällig und sind auf das BAWAG-P.S.K.-Konto der Finanzstrafbehörde zu entrichten, widrigen­falls Zwangs­voll­streckung durch­ge­führt und bei Unein­bring­lich­keit der Geld­strafe die Ersatz­frei­heits­strafe voll­zogen werden müsste. Ein Ansuchen um eine allfällige Zahlungserleichterung wäre beim Finanzamt einzubringen.

Zur Unzulässigkeit der Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7300035.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at