Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 18.02.2020, RV/7105551/2019

Vertreterhaftung

Beachte

VfGH-Beschwerde zur Zahl E 1376/2020 anhängig. Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom abgelehnt.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch den Richter R. in der Beschwerdesache Bf., über die Beschwerde vom gegen den undatierten Bescheid der belangten Behörde Finanzamt betreffend Haftung gemäß § 224 BAO in Verbindung mit §§ 9 und 80 BAO zu Recht:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO abgewiesen. Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrenslauf

Mit Schreiben vom (Haftungsvorhalt) gab die belangte Behörde dem Beschwerdeführer (in der Folge: Bf.) bekannt, dass er für eine Haftung als Vertreter gemäß §§ 9 in Verbindung mit 80 BAO für die aushaftenden Abgabenverbindlichkeiten der Primärschuldnerin (in der Folge: Primärschuldnerin) im Ausmaß von insgesamt 368.658,34 Euro (Umsatzsteuer, Körperschaftsteuer, Anspruchszinsen jeweils für die Jahre 2013 und 2014) in Anspruch genommen werden könne. Der Bf. wurde aufgefordert, haftungsentlastende Umstände, insbesondere auch den Nachweis der Gläubigergleichbehandlung, vorzulegen.

Im Schreiben vom erläuterte der Bf. zunächst die allgemeinen Umstände hinsichtlich der Primärschuldnerin (Gesellschafter, Geschäftsführer, Geschäftstätigkeit). Der Bf. sei anfangs zu 50% Gesellschafter und Alleingeschäftsführer der Primärschuldnerin gewesen. Im Zeitraum habe der Bf. seine Anteile an den Mitgesellschafter abgetreten. Dieser sei ab diesem Zeitpunkt auch alleiniger Geschäftsführer gewesen. Ausnahmslos alle die Primärschuldnerin betreffenden Geschäftsunterlagen seien dem ehemaligen Mitgesellschafter im Zeitraum überlassen worden.

Es sei dem Bf. unerklärlich, wie es zu den im Haftunsvorhalt angeführten Forderungen der Abgabenbehörde gekommen sein soll. Er sei dazu niemals befragt worden, noch sei ihm ein diesbezüglicher Abgabenbescheid bekannt. Daher erkenne er die Forderungen der Abgabenbehörde auch nicht an.

Der Bf. sei vermögenslos und beziehe aus unselbständiger Arbeit ein Einkommen von ca. 1.800 Euro brutto monatlich.

Mit undatiertem Haftungsbescheid gemäß § 224 BAO wurde der Bf. zur Haftung gemäß § 9 in Verbindung mit § 80 BAO im Gesamtausmaß von 160.481,40 Euro herangezogen. Dabei handelt sich sich um die Umsatzsteuer (50.768 Euro) und Körperschaftsteuer (109.713,40 Euro) des Jahres 2013. Der Bf. sei vom Datum1 bis Datum2 handelsrechtlicher Geschäftsführer der Primärschuldnerin gewesen. Als deren Vertreter habe zu seinen Pflichten die Führung von Aufzeichnungen, die Einreichung von Abgabenerklärungen, Erfüllung von Offenlegungs- und Wahrheitspflichten und die Abgabenentrichtung gehört. Die Haftung bestehe auch für Abgabenforderungen, die nach der Beendigung der Vertretertätigkeit zu entrichten sind, wenn der Vertreter z.B. unrichtige Abgabenerklärungen eingereicht habe. Die durch die Betriebsprüfung entstandenen Nachforderungen bei der Primärschuldnerin an Umsatz- und Körperschaftsteuer 2013 seien auf eine schuldhafte Pflichtverletzung des Bf. zurückzuführen.

Gleichzeitig mit dem angefochtenden Bescheid wurden dem Bf. der Umsatz- sowie Körperschaftsteuerbescheid 2013 und die dazu gehörigen Wiederaufnahmsbescheide betreffend die Primärschuldnerin zugestellt.

Gegen diesen Bescheid, nicht aber gegen die Abgabenbescheide der Primärschuldnerin, erhob der Bf. mit Schreiben vom Beschwerde.

Darin führt der Bf. zunächst aus, dass der angefochtene Bescheid entgegen den § 58 ff AVG kein Datum enthalte, weshalb er mangelhaft sei. Der angefochtene Bescheid enthalte keine Sachverhaltsfeststellung, wonach die vom Bf. eingereichten Abgabenerklärungen mangelhaft gewesen seien. Ebenso werde keine haftungsrelevante Pflichtverletzung nachgewiesen. Auffallend sei auch, dass die Haftung im angefochtenen Bescheid mit 160.481,40 Euro angegeben, im Haftungsvorhalt jedoch von 368.658,34 Euro die Rede gewesen sei.

Die Betriebsprüfung bei der Primärschulderin sei nach seinem Ausscheiden erfolgt. Ihm sei niemals Gelegenheit geboten worden, dazu Stellung zu nehmen. Er wolle daher in den Betriebsprüfugsakt Einsicht nehmen.

Abschließend stelle er den Antrag, den angefochtenen Bescheid ersatzlos aufzuheben.

Mit Schreiben vom übermittelte die belangte Behörde dem Bf. den Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung gemäß § 150 BAO vom betreffend die Primärschuldnerin mit der Aufforderung zur Stellungnahme.

Dieser Aufforderung kam der Bf. mit Schriftsatz vom nach. Zunächst betont der Bf., dass ihm nicht der gesamte Akt, sondern nur der Bericht der Außenprüfung übermittelt worden, somit seinem Antrag auf Einsichtnahme nicht entsprochen worden sei. Zudem rügt der Bf. diverse Aussagen im Bericht, die im Zusammenhang mit der XXXXX GmbH stehen. Schließlich wiederholt der Bf. seinen Antrag auf Einsichtname in den Betriebsprüfungsakt der Primärschuldnerin sowie auf Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die belangte Behörde die Beschwerde als unbegründet ab. Das fehlende Bescheiddatum belaste den angefochtenen Bescheid nicht mit Rechtswidrigkeit.

Die Abgabennachforderungen resultierten aus der Nichtanerkennung diverser Fremdleistungen. Das betroffene Unternehmen sei seitens der Finanzbehörde als Scheinunternehmer eingestuft worden. Zum Zeitpunkt der Malversation sei der Bf. Geschäftsführer der Bf. gewesen. Aus diesen Grund sei die haftungsrelevante Pflichtverletzung ihm zuzurechnen. Es sei Sache des Bf. gewesen, den Nachweis des Nichtvorliegens einer schuldhaften Pflichtverletzung zu erbringen. Aufgrund der Insolvenz der Primärschuldnerin stehe die Uneinbringlichkeit der Abgaben fest.

Der Bf. begehrte mit Schreiben vom die Vorlage der Bescheidbeschwerde zur Entscheidung an das Verwaltungsgericht. Die Beschwerde werde in ihrem gesamten Inhalt aufrecht erhalten.

Mit Schreiben vom legte die belangte Behörde die Beschwerde dem Verwaltungsgericht vor.

Sachverhalt

Der Bf. war seit deren Gründung bis zum alleiniger Geschäftsführer der Primärschuldnerin. Bei der Primärschuldnerin kam es infolge einer abgabenrechtlichen Außenprüfung zu Nachforderungen aus Umsatzsteuer und Körperschaftsteuer unter anderem für das Jahr 2013. Diese Abgaben wurden bei der Primärschuldnerin bescheidmäßig festgesetzt und wurden die betreffenden Bescheide dem Bf. zugestellt.

Diese Abgaben sind nicht entrichtet worden. Die Primärschuldnerin wurde insolvent und nach Abwicklung des Insolvenzverfahrens im Jahr 2019 aufgelöst.

Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich widerspruchsfrei aus dem verwaltungsgerichtlichen Akt. Der Zeitraum der Vertretertätigkeit des Bf. kann dem Firmenbuchauszug der Primärschuldnerin entnommen werden. Ebenso, dass die Primärschuldnerin wegen Vermögenslosigkeit amtswegig aus dem Firmenbuch gelöscht worden ist.

Die Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben bzw. das bereits abgeschlossene Insolvenzverfahren ergeben sich aus dem Beschluss des Insolvenzgerichts betreffend die Primärschuldnerin vom Datum****2016, wonach eine Verteilung nur an die Massegläubiger erfolgte.

Die Höhe der haftungsgegenständlichen Abgaben wurde in den Abgabenbescheiden an die Primärschuldnerin festgesetzt und sind für das Haftungsverfahren bindend. Die Umstände, der zur Festsetzung dieser Abgaben geführt haben, sind dem Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung gemäß § 150 BAO vom zu entnehmen.

Rechtslage

§ 9 Abs. 1 BAO lautet:

(1) Die in den §§ 80 ff. bezeichneten Vertreter haften neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

§ 20 BAO lautet:

Entscheidungen, die die Abgabenbehörden nach ihrem Ermessen zu treffen haben (Ermessensentscheidungen), müssen sich in den Grenzen halten, die das Gesetz dem Ermessen zieht. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen.

§ 80 Abs. 1 BAO lautet:

(1) Die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen haben alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, daß die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

§ 96 Abs. 1 BAO lautet:

(1) Alle schriftlichen Ausfertigungen der Abgabenbehörden müssen die Bezeichnung der Behörde enthalten sowie mit Datum und mit der Unterschrift dessen versehen sein, der die Erledigung genehmigt hat. An die Stelle der Unterschrift des Genehmigenden kann, soweit nicht in Abgabenvorschriften die eigenhändige Unterfertigung angeordnet ist, die Beglaubigung treten, dass die Ausfertigung mit der genehmigten Erledigung des betreffenden Geschäftsstückes übereinstimmt und das Geschäftsstück die eigenhändig beigesetzte Genehmigung aufweist.

Erwägungen

Zu Recht rügt der Bf. (wenn auch unter Verweis auf die Bestimmungen des AVG), dass der angefochtene Bescheid kein Ausstellungsdatum enthält. Nach § 96 Abs. 1 BAO müssen alle schriftlichen Ausfertigungen der Abgabenbehörden die Bezeichnung der Behörde enthalten sowie mit Datum und mit der Unterschrift dessen versehen sein, der die Erledigung genehmigt hat.

Das Fehlen des Bescheiddatums stellt jedoch die Rechtswirksamkeit des Bescheides nicht in Frage, weil es sich dabei um kein unverzichtbares Merkmal eines Bescheides handelt (vgl. ).

Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den § 80 ff BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Voraussetzungen für die Geltendmachung einer Haftung gemäß § 9 BAO sind eine Abgabenforderung gegen den Vertretenen, die objektive Uneinbringlichkeit der entsprechenden Abgaben im Zeitpunkt der Inanspruchnahme des Haftenden (), die Stellung als Vertreter, dessen schuldhafte Pflichtverletzung sowie die Kausalität zwischen Pflichtverletzung und Uneinbringlichkeit ().
Auch, wenn der Bf. davon ausgeht, dass die Abgabenbescheide inhaltlich unrichtig sind, ist darauf hinzuweisen, dass die nach § 9 BAO erforderliche Verschuldensprüfung von der objektiven Richtigkeit der Abgabenfestsetzung auszugehen hat (vgl. mVa ). Ob und in welcher Höhe ein Abgabenanspruch objektiv gegeben ist, ist als Vorfrage im Haftungsverfahren nur dann zu beantworten, wenn kein, eine Bindungswirkung auslösender Abgabenbescheid vorangegangen ist (siehe ). Zudem hätte der Bf. gemäß § 248 BAO, wie aus der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Bescheides ersichtlich, auch gegen die Abgabenbescheide der Primärschulderin Beschwerde erheben können. Dieses Beschwerderecht hat der Bf. nicht an Anspruch genommen.

Im gegenständlichen Streitfall liegen für das Haftungsverfahren bindende Abgabenbescheide, nämlich der Körperschaftsteuer- und der Umsatzsteuerjahresbescheid jeweils für das Jahr 2013, vor.

Demnach ist vom Bestehen einer Abgabenforderung gegen den Vertretenen, also die Primärschuldnerin, auszugehen. Diese Forderung ist angesichts des bereits aufgehobenen Insolvernzverfahrens und der Auflösung der Primärschuldnerin als uneinbringlich anzusehen.

Die Haftung kann auch für Abgabennachforderungen bestehen, die nach Beendigung der Vertretertätigkeit zu entrichten sind, wenn der Vertreter zB unrichtige Abgabenerklärungen eingereicht hat. Diesfalls ist maßgebend, wann die Abgabenschulden bei pflichtgemäßem Verhalten des Vertreters zu entrichten gewesen wären (Ritz, BAO 6. Auflage, § 9 Rz 26 mwN). Dies betrifft im gegenständlichen Fall die Körperschaftsteuer 2013.

Nach dem Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung gemäß § 150 BAO vom bei der Primärschuldnerin wurden Betriebsausgaben für Fremdleistungen nicht anerkannt, weil deren Erbringung nicht nachgewiesen worden ist. So fehlten etwa Grundaufzeichnungen, Aufzeichnungen über die handelnden Personen sowie sonstiger Schriftverkehr zur Gänze. Das auf den Fremdleistungsrechnungen angeführte Bankkonto war nicht existent.

Angesichts dieser Umstände ist davon auszugehen, dass seitens der Primärschuldnerin im bzw. für das Jahr 2013 folgende abgabenrechtliche Verpflichtungen verletzt worden sind:

  • Einreichung inhaltlich richtiger Abgabenerklärung (Geltendmachung nicht oder nicht in dieser Form bezogener Leistungen);

  • Abgabenentrichtung (wegen zu Unrecht abgezogener Betriebsausgaben);

  • Führen von Büchern und Aufzeichnungen (da bei der Primärschuldnerin keinerlei Aufzeichnungen vorgefunden werden konnten).

Dem Vertreter obliegt es nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch, entsprechende Beweisvorsorgen - etwa durch Erstellung und Aufbewahrung von Ausdrucken - zu treffen (vgl. z.B. ). Dieser Obliegenheit ist der Bf. nach eigenen Aussagen nicht nachgekommen. Zumal der Bf. selbst angibt, ausnahmslos alle Unterlagen bei der Primärschuldnerin belassen zu haben, ist, angesichts des Umstandes, dass dort keine entsprechenden Aufzeichnungen auffindbar gewesen sind, umso mehr davon auszugehen, dass der Bf. seinen Aufzeichnungspflichten nicht nachgekommen ist.

Abgabenrechtliche Pflichten werden nicht erfüllt, wenn Abgaben, die zu entrichten gewesen wären, nicht entrichtet worden sind (vgl. ). Für Selbstbemessungsabgaben, wie die Umsatzsteuer, kommt es zur Beurteilung der Erfüllung oder Verletzung der abgabenrechtlichen Pflichten des Vertreters auf jenen Zeitpunkt an, zu dem die Abgabe bei ordnungsgemäßer Selbstberechnung abzuführen gewesen wäre (vgl. ). Der Einwand, dass eine Abgabenschuld, die Ergebnis einer nachgelagerten Außenprüfung ist, nicht haftungsgegenständlich sein kann, ist daher nicht geeignet, die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.

Die Nachforderung von Umsatzsteuer resultiert aus dem Umstand, dass für die oben angeführten nicht erbrachten Fremdleistungen der Vorsteuerabzug nicht gewährt wurde. Die Umsatzsteuer 2013 war zwischen und , also im Vertretungszeitraum des Bf. fällig. Es sind Abgaben in erheblicher Höhe nicht entrichtet worden, deren Entstehung und Fälligkeit im Zeitraum der Geschäftsführerschaft des Bf. liegt bzw. von diesem zu verantworten sind.

Nur schuldhafte Verletzungen abgabenrechtlicher Pflichten berechtigen zur Haftungsinanspruchnahme. Eine bestimmte Schuldform ist jedoch nicht gefordert, weshalb auch leichte Fahrlässigkeit genügt (z.B. , , 95/15/0137). Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Vertreter darzutun, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten unmöglich gewesen sei, widrigenfalls die Abgabenbehörde eine schuldhafte Verletzung im Sinne des § 9 Abs. 1 BAO annehmen darf. Unterbleibt der Nachweis, kann die Behörde die uneinbringlichen Abgaben dem Vertreter zur Gänze vorschreiben (). Dem Vertreter obliegt dabei kein negativer Beweis, sondern die konkrete (schlüssige) Darstellung der Gründe, die z.B. der gebotenen rechtzeitigen Abgabenentrichtung entgegenstanden ().

Der Geschäftsführer haftet für nicht entrichtete Abgaben der Gesellschaft auch dann, wenn die Mittel, die ihm für die Entrichtung aller Verbindlichkeiten zur Verfügung gestanden sind, hierzu nicht ausreichen; es sei denn, er weist nach, dass er diese Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet, die Abgabenschulden daher im Verhältnis nicht schlechter behandelt hat als andere Verbindlichkeiten (). Der Bf. hat nicht dargelegt und diesbezüglich auf keinen Versuch unternommen, darzulegen, welche finanziellen Mittel der Primärschuldnerin im haftungsgegenständlichen Zeitraum zur Verfügung gestanden sind und wie diese verwendet wurden. Es wurden keinerlei Berechnungen angestellt, welche Quote jeder Gläubiger erhalten hätte, wenn die Mittel auf alle Verbindlichkeiten gleichmäßig verteilt worden wären.

Das Verschulden des Bf. ausschließende Gründe, hat der Bf. weder dargetan noch sind solche im verwaltungsgerichtlichen Verfahren hervorgetreten.

Bei schuldhafter Pflichtverletzung spricht die Vermutung für eine Kausalität zwischen der Pflichtverletzung und dem Abgabenausfall (vgl. z.B. ). Nach dem festgestellten Sachverhalt ist - mangels gegenteiliger Nachweise des Bf. - davon auszugehen, dass die schuldhafte Pflichtverletzung des Bf. kausal für den Abgabenausfall gewesen ist.

Die im Rahmen des § 224 BAO zu treffende Ermessensentscheidung im Sinne des § 20 BAO ist innerhalb der vom Gesetzgeber gezogenen Grenze nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommender Umstände zu treffen. Dem Gesetzesbegriff Billigkeit ist dabei die Bedeutung des berechtigten Interesses des Berufungswerbers beizumessen, nicht zur Haftung für Abgaben herangezogen zu werden, deren Uneinbringlichkeit bei der Primärschuldnerin feststeht und deren Nichtentrichtung durch ihn versursacht worden ist. Dem Gesetzesbegriff Zweckmäßigkeit kommt die Bedeutung öffentliches Interesse an der Einhebung der Abgabe zu. Die Zweckmäßigkeit der Geltendmachung der Haftung liegt darin, dass nur durch diese Maßnahme eine Einbringlichkeit der angeführten Abgaben gegeben ist und nur so dem öffentlichen Interesse an der Erhebung der Abgaben nachgekommen werden kann.

Vom Bf. wurde nicht aufgezeigt, dass die Haftung wegen seiner persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse nicht geltend gemacht werden dürfe. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. ) trifft es auch nicht zu, dass die Haftung nur bis zur Höhe der aktuellen Einkünfte und des aktuellen Vermögens des Haftungspflichtigen geltend gemacht werden dürfte. Eine allfällige derzeitige Uneinbringlichkeit schließt nicht aus, dass künftig neu hervorkommendes Vermögen oder künftig erzielte Einkünfte zur Einbringlichkeit führen. Da der Abgabenausfall auf ein Verschulden des Beschwerdeführers zurückzuführen ist, ist den Zweckmäßigkeitsgründen der Vorrang einzuräumen.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das gegenständliche Erkenntnis folgt der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt sohin nicht vor, weshalb eine Revision gegen dieses Erkenntnis nicht zulässig ist.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 80 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 96 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 9 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 20 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7105551.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at