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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 02.03.2020, RV/1200001/2017

Nachforderung von Einfuhrabgaben wegen unrichtiger Einreihung von Teilen in den Zolltarif

Entscheidungstext

 

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R. in den Beschwerde­sachen M. als Masseverwalter im Insolvenzverfahren der Bfin1, Erstbeschwerdefüher, Adr und Bfin2, Zweitbeschwerdeführerin, Adr1, vertreten durch V., Adr2, über die Beschwerden vom 8. No­vem­ber 2015 gegen den Bescheid des Zollamtes Feldkirch Wolfurt vom , Zahl ******/*****/2015 , betreffend Ein­fuhr­ab­gaben und Abgabenerhöhung,

zu Recht erkannt: 

I. Der angefochtene Bescheid wird dahingehend abgeändert, dass die Einfuhrabgaben (Zoll) mit insgesamt € 17.825,83 und die Abgabenerhöhung mit insgesamt € 594,94 neu fest­ge­setzt werden.

Gegenüberstellung:


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Zoll (A00)
Abgabenerhöhung
(1ZN)
Gesamt
Bisher:
€ 18.795,84
€ 660,91
€ 19.456,75
Neu:
€ 17.825,83
€ 594,94
€ 18.420,77
Gutschrift:
€ 970,01
€ 65,97
€ 1.035,98

Im Übrigen werden die Beschwerden als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach
Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Im Zeitraum vom bis  meldete die Zweit­be­schwerde­führerin als indirekte Ver­tre­terin des Erst­beschwer­de­führers beim Zollamt Feldkirch Wolfurt, Zoll­stelle ***1***, in 26 Fällen verschiedene Teile der Ver­bin­dungs­technik bzw. für Schutz­zaunsysteme unter den im angefochtenen Bescheid näher bezeichneten Zoll­an­mel­dungen als "Teile, erkennbar ausschließlich oder haupt­säch­lich für Maschinen, Apparate und Geräte der Position 8425 bis 8430 be­stimmt" zur Über­führung in den zollrechtlich freien Verkehr an und reihte diese in die KN-Position 8431 3900 ein.

Im Rahmen einer nachträglichen Prüfung nach Art. 78 ZK gelangte das Zollamt zur Auf­fassung, dass die eingeführten Waren davon abweichend in die Warenpositionen ihrer Art und/oder Beschaffenheit einzureihen gewesen seien und forderte unerhoben gebliebene Ein­fuhr­abgaben in Höhe von insgesamt € 18.795,84 mit Bescheid vom , Zahl ******/*****/2015, sowohl beim Erst­beschwerde­führer als Waren­empfänger als auch bei der Zweit­be­schwerde­führerin als An­melderin nach. Gleichzeitig wurde eine Abgaben­erhöhung nach § 108 Abs. 1 ZollR-DG in Höhe von insgeamt € 660,91 fest­ge­setzt.

Nach Verlängerung der Beschwerdefrist wurde von den Beschwerdeführern mit Schriftsatz vom  Beschwerde erhoben, die vom Zollamt mit Beschwerde­vor­ent­scheidung vom , Zahl ******/****1/2015, gegenüber dem Erst­be­schwerde­führer und mit Beschwerdevorentscheidung vom , Zahl ******/****2/2018, gegenüber der Zweitbeschwerdeführerin jeweils als un­be­gründet abgewiesen wurden.

Begründend brachten die Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, dass die ein­ge­führ­ten Waren ausschließlich für die Verarbeitung bei der Förderungstechnik dienen würden. Der Bau­kasten, der alle zum System gehörende Bauteile enthalte, basiere auf dem Design eines Baukastens für Tragkonstruktionen im Maschinenbau und un­ter­scheide sich deutlich von allgemein verwendbaren Aluminium-Profilsystemen an­derer Markt­teil­nehmer. Auf­grund der hohen Vibrationen und kurzzeitig hohen Be­lastungen mit hoher Kraft­über­tragung in der Fördertechnik enthalte der Baukasten des Erst­be­schwer­de­führers sehr spezielle Ausprägungen.

Wenn im angefochtenen Bescheid auf Abschnitt XV des Zolltarifes sowie auf eine gül­tige deutsche VZTA verwiesen werde, sei es dennoch unrichtig, nachträglich einen Zoll fest­zu­setzen, da gegenständliche Maschinen(?) richtig unter die Tarifnummer 8431 3990 00 eingeordnet worden seien. Die Anmeldung sei korrekt gewesen und vom Zollamt nach entsprechender Prüfung - Prüfvermerke zu einzelnen Zollanmeldungen wurden angeführt - bestätigt worden. Hinzu komme, dass vom Emp­fänger eine VZTA eingeholt worden sei. Ihm sei die Auskunft VZTA-Nr. AT/2003/000425 vom erteilt worden, dass Einschwenkmütter für Förder­bän­der sowie auf der Oberseite mit einer Feder versehene, bombierte, auf der Unter­seite profilierte Mutter aus verzinktem Stahl, welche eine Lochweite von 6 mm habe, in die Nummer 8431 3990 00 falle. Des­halb habe für den Anmelder kein Zweifel an der Zollfreiheit im Sinne der Waren­num­mer 8431 3990 00 bestanden. Die in Rede stehenden Waren seien ausschließlich Teile, die hauptsächlich (erkennbar) für Maschinen, Apparate und Geräte der Position 8428 be­stimmt seien.

Das Zollamt begründete die Abweisung der Beschwerde mit dem Hinweis auf die TUA-Untersuchung AT-3799/2003, auf eine VZTA aus Deutschland be­tref­fend einer Prä­zisions-Nutmutter und auf die Anmerkungen zu den Abschnitten XV und XVI der KN so­wie den Allgemeinen Vorschriften. Außerdem merkte das Zollamt an, dass eini­ge Zollanmeldungen im Rahmen der Abfertigung einer for­mellen (Do­ku­men­ten­kon­trolle), aber kei­ner speziel­len Warenkontrolle unterzogen worden seien. Im Rah­men der nach­träg­lichen Prüfung der Zoll­anmeldungen nach Art. 78 ZK habe bei kei­ner einzigen An­mel­dung festgestellt wer­den können, dass diese Waren mit ihren ent­sprechenden Be­zeich­nun­gen und Funktion in der Fördertechnik oder Lineartechnik Verwendung finden wür­den und somit unter die Tarif­nummer 8431 3990 subsumiert werden hätten kön­nen. Alle Waren hätten sich im so­ge­nannten "Baukasten Profile, Ver­bin­dungs­technik, Zubehör" oder im Bereich der Schutz­zaun­systeme des Waren­kata­loges wiedergefunden.

Dagegen wurde mit Eingabe vom vom Erst­beschwerde­füh­rer und mit Eingabe vom von der Zweitbeschwerdeführerin der An­trag auf Ent­schei­dung über die Beschwerde durch das Bundes­finanz­gericht (Vor­lage­antrag) gestellt. In Ergänzung des Vorlageantrages wurde mit Eingabe vom 20. De­zember 2016 vorgebracht, dass in der Beschwerdevorentscheidung offensichtlich von einem Irrtum ausgegangen werde. Bei den in Rede stehenden Waren handle es sich nicht um Teile mit allgemeiner Verwendungsmöglichkeit, sondern um Waren, die nur im Rah­men des eigenen Profil-Bau­kastens Ver­wen­dung finden könnten und sonst nirgends, auch nicht bei konkurierenden Unternehmen.

Im Rahmen einer Erörterung der Sach- und Rechtslage am  wurden durch sachkundige Angestellte der Warenempfängerin die eingeführten Waren dargelegt.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Die Warenempfängerin (Erstbeschwerdeführer) stellte Förderanlagen her. Die ein­ge­führ­ten Waren waren für die Tragkonstruktionen und Schutzzäune dieser Anlagen be­stimmt. Die Beschwerdeführer vertreten die Ansicht, dass es sich bei den ein­ge­führ­ten Waren um solche der Waren­position 8431 "Teile, erkennbar aus­schließ­lich oder hauptsächlich für Ma­schi­nen der Positionen 8425 bis 8430 bestimmt" handelt. Das Zollamt ist hin­ge­gen der An­sicht, dass die eingeführten Waren in die Positionen ihrer Art und/oder Beschaffenheit ein­zu­reihen sind.

Die Tarifierung von Waren, die in die Europäische Union eingeführt werden, richtet sich nach der Kombinierten Nomenklatur (KN).

Nach Art. 12 der Verordnung Nr. 2658/87 veröffentlicht die Europäische Kom­mission je­des Jahr in Form einer Verordnung die vollständige Fassung der KN zusammen mit den entsprechenden autonomen und vertragsmäßigen Zoll­sätzen des Gemeinsamen Zoll­tarifs, wie sie sich aus den vom Rat der Euro­päischen Union oder von der Kom­mis­sion be­schlossenen Maßnahmen ergeben. Diese Verordnung wird spätestens bis zum 31. Oktober im Amtsblatt der Euro­päischen Union veröffentlicht und gilt ab dem 1. Jän­ner des darauf folgenden Jahres

Auf die im Jahr 2012 eingeführten Waren ist deshalb die Verordnung (EU) Nr. 1006/2011 der Kommission vom , ABlEU L 282 vom , auf die im Jahr 2013 eingeführten Waren die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 927/2012 der Kommission vom , ABlEU L 304 vom , auf die im Jahr 2014 eingeführten Waren die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1001/2013 der Kommission vom , ABlEU L 290 vom und auf die im Jahr 2015 eingeführten Waren die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1101/2014, der Kommission vom , ABlEU L 312 vom ,  zu den Änderungen des Anhangs I der Ver­ord­nung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates über die zolltarifliche und statistische No­men­kla­tur sowie den Gemeinsamen Zolltarif, anzuwenden.

Teil I ("Einführende Vorschriften“) der KN umfasst einen Titel I ("Allgemeine Vor­schrif­ten“, dessen Abschnitt A („Allgemeine Vorschriften für die Auslegung der Kom­binierten Nomenklatur") insbesondere bestimmt:

Für die Einreihung von Waren in die KN gelten folgende Grundsätze:

1. Die Überschriften der Abschnitte, Kapitel und Teilkapitel sind nur Hinweise. Maßgebend für die Einreihung sind der Wortlaut der Positionen und der Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln und – soweit in den Positionen oder in den Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln nichts anderes bestimmt ist – die nachstehenden Allgemeinen Vorschriften.

6. Maßgebend für die Einreihung von Waren in die Unterpositionen einer Position sind der Wortlaut dieser Unterpositionen, die Anmerkungen zu den Unterpositionen und – sinn­gemäß – die vorstehenden Allgemeinen Vorschriften. Einander vergleichbar sind dabei nur Unterpositionen der gleichen Gliederungsstufe. Soweit nichts anderes bestimmt ist, gelten bei Anwendung dieser Allgemeinen Vorschrift auch die Anmerkungen zu den Abschnitten und Kapiteln.“

Teil II der KN enthält einen Abschnitt VII, in dem das Kapitel 39 ("Kunststoffe und Waren daraus") enthalten ist und die Position 3926 enthält und einen Abschnitt XV ("Unedle Metalle und Waren daraus"), in dem Kapitel 73 ("Waren aus Eisen oder Stahl"), Kapitel 76 ("Aluminium und Waren daraus") sowie das Kapitel 79 ("Zink und Waren daraus") enthalten ist und die Positionen 7318 und 7326, 7610 und die Position 7907 enthält.

Anmerkung 1 Buchst. g) zu Abschnitt XVI ("Maschinen, Apparate, mechanische Geräte und elektrotechnische Waren, Teile da­von; Tonaufnahme- oder Tonwiedergabegeräte, Fernsehbild- und Ton­auf­zeich­nungs­geräte oder Fernsehbild- und Ton­wieder­gabegeräte; Teile und Zubehör für diese Geräte") lautet:

"1. Zu Abschnitt XVI gehören nicht:
...
g) Teile mit allgemeiner Verwendungsmöglichkeit im Sinne der Anmerkung 2 zu Abschnitt XV, aus unedlen Metallen (Abschnitt XV), und gleichartige Waren aus Kunststoffen (Kapitel 39)"

Anmerkung 2 zu Abschnitt XV ("Unedle Metalle und Waren daraus") lautet:

In der Nomenklatur gelten als Teile mit allgemeiner Verwendungsmöglichkeit:

a) Waren der Positionen 7307, 7312, 7315, 7317 oder 7318 und gleichartige Waren aus anderen unedlen Metallen;

b) Federn und Federblätter, aus unedlen Metallen, ausgenommen Uhrfedern (Position 9114);

c) Waren der Positionen 8301, 8302, 8308, 8310 sowie Rahmen und Spiegel, aus unedlen Metallen, der Position 8306.

In den Kapiteln 73 bis 76 und 78 bis 82 (ausgenommen Position 7315) bezieht sich die Bezeichnung 'Teile' nicht auf 'Teile mit allgemeiner Verwendungsmöglichkeit' ".

Die KN-Position 8431 lautet:

"Teile, erkennbar ausschließlich oder hauptsächlich für Maschinen, Apparate und Geräte der Positionen 8425 bis 8430 bestimmt"

In den HS-Erläuterungen zu Abschnitt XV („Unedle Metalle und Waren daraus“), in dem u. a. Kapitel 73 enthalten ist, heißt es:

Allgemeines

C) Teile von Waren

Im Allgemeinen gehören eindeutig erkennbare Teile von Waren zu den entsprechen­den Positionen für diese Teile der Nomenklatur.

Teile mit allgemeiner Verwendungsmöglichkeit (siehe Anmerkung 2 zu diesem Abschnitt) gelten jedoch, wenn sie gesondert gestellt werden, nicht als Teile von Waren, sondern werden in die für sie vorgesehenen Positionen dieses Abschnitts eingereiht. Das ist z. B. der Fall bei Spezialbolzen für Radiatoren von Zentral­hei­zungen oder bei Spezialfedern für Kraftwagen. Die Bolzen gehören zu Pos. 7318 und nicht als Teile von Radiatoren zu Pos. 7322. Die Federn gehören zu Pos. 7320 und nicht zu Pos. 8708 (Teile von Kraftfahrzeugen).“

Nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes ist im Interesse der Rechtssicherheit und der leichten Nachprüfbarkeit das entscheidende Kriterium für die Einreihung einer Ware in den Zolltarif allgemein in deren objektiven Merk­ma­len und Eigenschaften zu suchen, wie sie im Wortlaut der Positionen der KN und der An­mer­kun­gen zu den Abschnitten oder Kapiteln festgelegt sind (vgl. zB "Rohm & Haas Electronic Materials CMP Europe u.a.", C-336/11, Rn 31, mwN).

Nach den Allgemeinen Vorschriften für die Auslegung der KN ist er Wortlaut der Posi­tionen und der Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln für die Einreihung der Waren maß­gebend, während die Überschriften der Abschnitte, Kapitel und Teilkapitel nur Hin­wie­se sind (vgl. zB Urteil vom , "Baby Dan", C‑272/14, Rn. 25).

Außerdem sind die Erläuterungen der Kommission zur KN und die Erläuterungen der Weltzollorganisation zum Harmonisierten System (HS) ein wichtiges, wenn auch nicht rechtsverbindliches Hilfsmittel für die Ermittlung der Tragweite der einzelnen Tarif­posi­tio­nen ( "TNT Freight Management", C-291/11, Rn 32).

Auf den Verwendungszweck einer Ware darf nur dann abgestellt werden, wenn im Wort­laut der Bestimmungen oder in den Erläuterungen dazu ausdrücklich auf dieses Kriterium Bezug genommen wird.

Im gegenständlichen Beschwerdefall sprechen die objektiven Merkmale und Eigen­schaf­ten der eingeführten Waren nach dem Wortlaut der Positionen und Unter­positionen und der Anmerkungen zu den Abschnitten XV und XVI nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts für die Einreihung in die vom Zollamt ermittelten Positionen 7318, 3926, 7610, 7907 und 7326.

In die Position 8431 und dort in die KN-Position 8431 3900 sind nur Teile, erkennbar aus­schließlich oder hauptsächlich für Maschinen und Geräte der Position 8428, nicht von Per­so­nenaufzügen, Lastenaufzügen oder Rolltreppen, einzureihen.

Es kommt daher darauf an, ob die beschwerdegegenständlichen Waren als er­kenn­bare Teile von Förderanlagen anzusehen sind oder nach ihrer Material­be­schaffenheit bzw. als Teil mit allgemeiner Verwendungsmöglichkeit im Sinne der Anmerkung 2 zu Abschnitt XV der KN in den Zolltarif einzureihen sind.

Maßgebend ist dabei einerseits der Wortlaut der Position 8431, wonach die in diese Position einzureihenden Waren "erkennbar ausschließlich oder hauptsächlich" für Maschinen, Apparate und Geräte der Positionen 8425 bis 8430 (Position 8428 enthält Anlagen zum Fördern) bestimmt sein müssen, und andererseits die Anmerkung 2 zu Abschnitt XVI, die Teile mit allgemeiner Verwendungsmöglichkeit von der Einreihung in das Kapitel 84 ausschließt.

Die Verbindungselemente wurden im Rahmen der Erörterung der Sach- und Rechtlage am dem Bundesfinanzgericht dargelegt. Dabei konnte weder vom Bundesfinanzgericht festgestellt werden, dass die Teile Merkmale aufweisen würden, die sie erkennbar als für Förderanlagen bestimmt ausweisen würden, noch konnten die Vertreter der Beschwerdeführer solche Merkmale beschreiben oder aufzeigen.

Die objektiven Merkmale und Eigen­schaften der eingeführten Waren entsprechen vielmehr dem Wortlaut der Positionen und Unterpositionen sowie den Anmerkungen zu den Abschnitten XV und XVI und sind folglich als Teil mit allgemeiner Ver­wen­dungs­mög­lichkeit bzw. ihrer stofflichen Beschaffenheit in die vom Zollamt im Rahmen der Nachprüfung ermittelten Positionen einzureihen.

Auf den Verwendungszweck, den der Erstbeschwerdeführer den Waren beimisst oder für den er sie bestimmt hat, ist nicht abzustellen (vgl. BFH , VII R 41/05; Beschluss vom , VII B 137/07), sondern es ist die objektive Beschaffenheit der Ware aufgrund der an ihr feststellbaren Merkmalen und Eigenschaften maßgeblich, die im Zeitpunkt der Abfertigung die erkennbare ausschließliche bzw. hauptsächliche Bestimmung der Ware als Teil für eine bestimmte Maschine, Apparat oder Gerät erkennbar machen muss. Die Beschaffenheitsmerkmale der Ware, die den Teilecharakter begründen, müssen von einem mit durchschnittlicher Sachkunde ausgestatteten Betrachter erkennbar sein. Zwar müssen die objektiven Beschaffenheitsmerkmale und Eigenschaften von Waren, wie sie im Wortlaut der Positionen und Unterpositionen der KN und den Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln festgelegt sind, nicht in jedem Fall offensichtlich sein, anders verhält es sich jedoch, wenn - wie hier - ausdrücklich vorgeschrieben ist, dass eine be­stimm­te. Wareneigenschaft "zu erkennen" sein muss, denn diese besondere Tari­fierungs­vor­aus­setzung hätte andernfalls keine Funktion.

Hinzu kommt, dass nach der Anmerkung 1 Buchst. g) zu Abschnitt XVI, der die Kapitel 84 und 85 enthält, Teile mit allgemeiner Verwendungsmöglichkeit im Sinne der Anmerkung 2 zu Abschnitt XV, aus unedlen Metallen (Abschnitt XV), und gleichartige Waren aus Kunst­stof­fen (Kapitel 39) von vornherein von einer Einreihung in die Position 8431 aus­ge­nom­men sind.

Der Umstand, dass die Waren nach Darstellung der Beschwerdeführer auf­grund ihrer Hochwertigkeit in Bezug auf Vibrationen und Kraftübertragung kei­ne allgemeine Ver­wen­dung (nach allgemeinen Sprachgebrauch) außerhalb der von der Beschwerde­führerin hergestellten Fördereinrichtungen hätten, vermag keine für die Beschwerde­führer günsti­ge­re Beurteilung zu recht­fer­ti­gen. Denn für die Beurteilung als er­kenn­bare Teile kommt es nach dem Wort­laut der KN-Position darauf nicht an. Davon abgesehen, sind die Waren nach Ansicht des Bun­desfinanzgerichts grundsätzlich durch­aus auch für den Zu­sam­men­bau von Tragekonstruktionen oder Schutzzäunen (-vor­rich­tungen) von anderen An­la­gen als von Förderanlagen verwendbar. Dass der Einführer die Waren aufgrund seines Pro­duktions­pro­gam­mes nur für derartige Anlagen verwendet, ändert an dieser Einschätzung nichts.

Die Beschwerde gegen die vom Zollamt vorgenommene Einreihung der Waren in den Zolltarif erweist sich damit als unbegründet.

Gemäß Art. 201 Abs. 1 Buchstabe a) der im Beschwerdefall noch anzuwendenden Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (Zollkodex - ZK), ABlEG Nr. L 302 vom , entsteht eine Einfuhrzollschuld, wenn eine einfuhrabgabenpflichtige Ware in den zollrechtlich freien Verkehr übergeführt wird.

Die Zollschuld entsteht in dem Zeitpunkt, in dem die betreffende Zollanmeldung angenommen wird.

Zollschuldner ist gemäß Art. 201 Abs. 3 ZK der Anmelder und im Fall der indirekten Vertretung auch die Person, für deren Rechnung die Zollanmeldung abgegeben wird.

Gemäß Art. 217 ZK ist jeder einer Zollschuld entsprechende Abgabenbetrag un­mittel­bar bei Vorliegen der erforderlichen Angaben von den Zoll­behörden zu berechnen und in die Bücher oder in sonstige stattdessen ver­wendete Unterlagen einzutragen (buch­mäßige Erfassung). Art. 218 und 219 ZK sehen Fristen vor, innerhalb derer die buch­mäßige Erfassung zu erfolgen hat.

Soweit sich die Beschwerdeführer mit ihren Vorbringen, dass die Anmeldung korrekt gewesen sei und ursprünglich vom Zollamt nach entsprechender Prüfung bestätigt worden sei, eine verbindliche Zolltarifauskunft aus dem Jahr 2003 eine Einreihung in die KN-Position 8431 3990 bestätige und es daher für den Anmelder keine wie immer gearteten Zweifel an der Zollfreiheit im Sinne der genannten KN-Position gegeben habe, ist Folgendes entgegen zu halten:

Ist der einer Zollschuld entsprechende Abgabenbetrag nicht nach den Art. 218 und 219 buchmäßig erfasst oder mit einem geringeren als dem gesetzlich geschuldeten Betrag buchmäßig erfasst worden, so hat gemäß Art. 220 Abs. 1 ZK die buchmäßige Erfassung des zu erhebenden Betrages oder des nachzuerhebenden Restbetrages innerhalb von zwei Tagen nach dem Tag zu erfolgen, an dem die Zollbehörden diesen Umstand feststellen und in der Lage sind, den gesetzlich geschuldeten Betrag zu berechnen sowie den Zollschuldner zu bestimmen (nachträgliche buchmäßige Erfassung).

Art. 220 Abs. 2 Buchstabe b) ZK lautet:

"(2) Außer in den Fällen gemäß Art. 217 Abs. 1 Unterabsätze 2 und 3 erfolgt keine nachträgliche buchmäßige Erfassung, wenn
...
b) der gesetzlich geschuldete Abgabenbetrag aufgrund eines Irrtums der Zollbehörden nicht buchmäßig erfasst worden ist, sofern dieser Irrtum vom Zollschuldner ver­nünf­tiger­weise nicht erkannt werden konnte und dieser gutgläubig gehandelt und alle gelten­den Vorschriften über die Zollanmeldung eingehalten hat. Wird der Präferenz­status einer Ware ..."

Nach Art. 220 Abs. 2 Buchstabe b) ZK wird somit von der nachträglichen buchmäßigen Erfassung von Einfuhrabgaben abgesehen, wenn drei kumulative Voraussetzungen erfüllt sind (vgl. in ständiger Rechtsprechung etwa die  C-7/14P, Wünsche Handelsgesellschaft International mbH & Co KG, Rn 55, und vom in der Rs. C-173/06, Agrover Srl., Rn 30). Der Zollanmelder hat den Zollbehörden alle Angaben zu machen, die nach den Gemeinschaftsvorschriften oder den nationalen Regelungen, die diese Vorschriften gegebenenfalls ergänzen oder umsetzen, für die beantragte Zollbehandlung der fraglichen Waren erforderlich sind (vgl. das erwähnte , Rn 33). Nur wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, hat der Abgabenschuldner einen Anspruch darauf, dass von einer Nacherhebung abgesehen wird.

Auch nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes müssen kumulativ drei Voraussetzungen erfüllt sein, damit sich der Einführer mit Erfolg auf ein berechtigtes Vertrauen nach Art. 220 Abs. 2 Buchstabe b) ZK berufen und ihm somit die in dieser Bestimmung vorgesehene Ausnahme von der Nacherhebung (nachträglichen buch­mäßi­gen Erfassung) zugutekommen kann (vgl. ).

Gemäß Art. 221 Abs. 3 ZK darf nach Ablauf einer Frist von drei Jahren nach dem Zeitpunkt des Entstehens der Zollschuld die Mitteilung der buchmäßigen Erfassung nicht mehr erfolgen.

Nach Art. 205 Abs. 1 der im Beschwerdefall noch maßgeblichen Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 der Kommission vom mit Durchführungsvorschriften zu der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates zur Festlegung des Zollkodex der Gemein­schaften, ABlEG Nr. L 253 vom , (Zollkodex-Durch­führungs­ver­ordnung - ZK-DVO) ist das Einheitspapier amtliches Muster für die schriftliche Zoll­an­meldung von Waren im Rahmen des normalen Verfahrens zur Überführung in ein Zoll­verfahren.

Gemäß Art. 212 Abs. 1 ZK-DVO ist das Einheitspapier unter Beachtung des Merkblattes in Anhang 37 und der gegebenenfalls im Rahmen sonstiger gemeinschaftlicher Regelungen erforderlichen Angaben auszufüllen.

Wird die Zollanmeldung auf der Grundlage von Informatikverfahren abgegeben, so werden gemäß Art. 222 Abs. 1 ZK-DVO die in Anhang 37 vorgesehenen Angaben der schriftlichen Zollanmeldung dadurch ersetzt, dass der dazu bezeichneten Zollstelle die für schriftliche Zollanmeldungen vorgeschriebenen Angaben in Form von Codes oder in jeder anderen von den zuständigen Zollbehörden festgelegten Form zum Zweck der daten­tech­nischen Verarbeitung übermittelt werden.

Anhang 37 der ZK-DVO betrifft Bestimmungen zum Einheitspapier und in seinem Titel II Buchstabe C. u. a. Förmlichkeiten für die Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr und lautet auszugsweise:

"Feld Nr. 31: (Packstücke und Warenbezeichnung; Zeichen und Nummern - Containernummern - Anzahl und Art)
Anzugeben sind Zeichen und Nummern, Anzahl und Art der Packstücke oder - bei un­ver­packten Waren - die Anzahl der in der Anmeldung erfassten Gegenstände sowie in beiden Fällen die zum Erkennen der Waren erforderlichen Angaben. Unter Waren­be­zeich­nung ist die übliche Handelsbezeichnung der Ware zu verstehen. Mit Ausnahme der Fälle der Abfertigung von Nichtgemeinschaftswaren zum Zoll­lager­ver­fahren des Typs A, B, C, E oder F muss die Handelsbezeichnung so genau sein, dass die so­for­ti­ge und eindeutige Identifizierung und die unmittelbare und richtige Einreihung der Wa­re möglich ist. Dieses Feld muss ferner die für etwaige spezi­fische Regelungen (MwSt, Verbrauchsteuern usw.) verlangten Angaben enthalten. Die Art der Pack­stücke ..."

Anhang 37 der ZK-DVO bestimmt somit u.a., dass unter der in Feld Nr. 31 des Ein­heits­papiers zur Zollanmeldung anzuführenden Warenbezeichnung die übliche Han­dels­bezeichnung der Ware zu verstehen ist. Weiters bestimmt Anhang 37 ZK-DVO, dass im Feld Nr. 33 die der betreffenden Warenposition entsprechende Code­num­mer nach der Kombinierten Nomenklatur anzugeben ist.

Bei dem im Feld 31 der der Beschwerde zugrunde liegenden Zollanmeldung wieder­ge­ge­benen Wortlaut handelt es sich um den gesetzlichen Wortlaut für Waren der Position 8431 der KN (Anhang I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif, ABlEG Nr. L 256 vom , in den im Be­schwerde­fall maß­geblichen Fassung.

Die Anführung des in der Kombinierten Nomenklatur angeführten gesetzlichen Textes der Position des im Feld 33 (fälschlich) angegebenen KN-Codes stellt keine handels­übliche Bezeichnung der Waren dar (vgl. ). Dies entspricht nicht dem Art. 212 ZK-DVO iVm Anhang 37 ZK-DVO. Damit wurden aber im Beschwerdefall nicht alle geltenden Vorschriften über die Zoll­an­meldung ein­ge­halten und ist eine der drei Voraussetzungen für das Absehen von der nachträglichen buchmäßigen Erfassung nach Art. 220 Abs. 2 Buchst. b) ZK nicht erfüllt (vgl. zu alle­dem ).

Die Beschwerdeführer können sich auch nicht auf die im November 2003 ausgestellte VZTA berufen. Die Gültigkeit dieser Auskunft ist nach sechs Jahren und somit schon im Jahr 2009 abgelaufen. Hierzu darf jedoch angemerkt werden, dass die für "Ein­schwenk­mütter für Förderbänder" erteilte Auskunft, welche auf die Warennummer 8431 3990 00 lautete, vom Tarifierungsvorschlag der Technischen Unter­suchungs­an­stalt (TUA) ohne nähere Begründung (vermerkt wurde lediglich, dass Anmerkung 2 zu Abschnitt XV und die Erläuterungen zum HS, Pos. 7318, Teil A nicht zuträfen) ab­weicht. Die TUA erkannte bereits damals die Pos. 7318 16 (Muttern mit einer Lochweite von weniger als 10 mm) als zu­tref­fend.

Soweit der Vertreter der Zweitbeschwerdeführerin hinsichtlich des Ver­trauens­schutzes bei der Erörterung der Sach- und Rechtslage am nochmals betonte, dass die Abgabenschuldner gutgläubig gehandelt haben, da sie sich ent­sprechend vergewissert hätten, dass für die gegenständlichen Waren kein Zoll anfällt und weil sie sich ungeachtet des Zeitablaufes der VZTA aus dem Jahr 2003 darauf vertrauen durften, dass aufgrund einer Nachfrage die erteilte Auskunft in zoll­recht­licher Hinsicht immer noch richtig sei, insbesondere auch deswegen, weil es seit bis zu den gegenständlichen Anmeldungen zu keiner gesetzlichen Än­de­rung der hier anzuwendenden Vorschriften gekommen ist, ist darauf zu verweisen, dass die unrichtige Einreihung in den Zolltarif bei entsprechender Lektüre der gel­tenden Vorschriften erkannt werden hätte können bzw. zumindest derartige Zweifel auf­kommen hätten müssen, sodass die Einholung ein­gehen­der Informationen (zielführend wäre wohl die Einholung einer neuen VZTA ge­wesen) angezeigt gewesen wäre. Nicht außer Acht gelassen werden kann in die­sem Zu­sam­menhang auch, dass teilweise selbst der Versender der Waren auf dem "Bill of Lading" von der Position 8431 abweichende Wa­ren­codes anführte.

Soweit man unter den gegebenen Umständen überhaupt von einem Irrtum der Zoll­be­hörden im Sinne des Art. 220 Abs. 1 Buchst. b ZK und der hierzu ergangenen Recht­sprechung ausgehen kann, ist auch die zweite kumulativ vorliegen müssende Vor­aus­setzung, nämlich, dass ein Irrtum vernünftigerweise vom Zollschuldner nicht erkannt werden konnte und dieser gutgläubig gehandelt hat, nicht erfüllt.

Allerdings darf nach Art. 221 Abs. 3 ZK eine Nacherhebung der Einfuhrabgaben nur innerhalb von drei Jahren nach dem Zeitpunkt der Zollschuldentstehung erfolgen. Die Zollschuld entsteht nach Art. 201 Abs. 2 ZK mit der Annahme der Zollanmeldung.

Die Zollanmeldungen CRN *****1***** und CRN *****2***** sind am bzw. am angenommen worden. Die Mitteilung des Nachforderungsbetrages erfolgte mit Bescheid vom und somit nach Ablauf der in Art. 221 Abs. 3 normierten dreijährigen Frist, die in den angeführten Einfuhrfällen mit dem  bzw. dem abgelaufen ist. Die zu den angeführten Zollanmeldungen erfolgte Nachforderung von Einfuhrabgaben in Höhe von € 307,82 bzw. € 662,19, sohin insgesamt € 970,01, und der hierzu erfolgten Festsetzung der Ab­gaben­er­höhung von insgesamt € 65,97 (€ 21,40 und € 44,57) erweist sich somit als rechtswidrig. Der Nachforderungsbetrag und die Fest­set­zung der Abgabenerhöhung war daher um die angeführten Beträge zu reduzieren.

Unzulässigkeit einer Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im Beschwerdefall war keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen, der über den Einzelfall hinaus Bedeutung zukäme und nicht unter Heranziehung der zitierten Rechtsprechung des EuGH, des BFH und dem Wortlaut der anzuwendenden Bestimmungen zu lösen gewesen wäre. Das Bundesfinanzgericht ist auch hinsichtlich der Anwendung des Vertrauensschutzes nicht von der zitierten Rechtsprechung des VwGH abgewichen. Die (ordentliche) Revision war daher als unzulässig zu erklären.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Zoll
betroffene Normen
Art. 220 Abs. 1 ZK, VO 2913/92, ABl. Nr. L 302 vom S. 1
Art. 220 Abs. 2 Buchstabe b ZK, VO 2913/92, ABl. Nr. L 302 vom S. 1
Art. 221 Abs. 3 ZK, VO 2913/92, ABl. Nr. L 302 vom S. 1
Art. 205 Abs. 1 KN-VO, VO 2658/87, ABl. Nr. L 256 vom S. 1
Verweise

ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.1200001.2017

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at