Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 17.02.2020, RV/7100572/2020

Vorbereitung auf den Aufnahmetest im Studienfach "Humanmedizin" als Berufsausbildung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Ri in der Beschwerdesache Bf., über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Wien 2/20/21/22 vom , betreffend Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge für das Kind x für den Zeitraum vom bis zum zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert, indem der Rückforderungszeitraum nunmehr auf bis zu lauten hat, bzw. Familienbeihilfe (FB) und Kinderabsetzbeträge (KG) im Gesamtbetrag von 1.913,80 Euro [1.505 Euro (FB) + 408,80 Euro (KG)] rückgefordert werden.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig. 

Entscheidungsgründe

Am wurde der Bf. seitens des Finanzamtes ein Formular betreffend Überprüfung des Anspruchs auf Familienbeihilfe für ihre Tochter x übermittelt, wobei der mit erfolgten Beantwortung zu entnehmen ist, dass die Tochter der Bf. seit dem Wintersemester 2017 an der Universität Wien ein Bachelorstudium betreibt und hierbei am eine 5 ECTS Punkte umfassende Prüfung positiv absolviert hat.

Mit Bescheid vom wurde von der Bf. Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge als im Zeitraum vom bis zum zu Unrecht bezogen zurückgefordert, wobei begründend ausgeführt wurde, dass sich x im Zeitraum vom bis zum nicht in Berufsausbildung befunden habe, respektive im Wintersemester 2017 keine Prüfung abgelegt habe.

In der gegen diesen Bescheid mit Schriftsatz vom  erhobenen Beschwerde führte die Bf. hinsichtlich des Rückforderungszeitraum vom bis zum ins Treffen, dass sich ihre Tochter ob der im erfolgten Anmeldung zum Aufnahmetest für das Studium "Humanmedizin", der Begleichung des (Prüfungs-)Kostenbeitrages von 110 Euro, dem am erfolgten Ankaufs eines Zuganges zu einer Lernplattform, inklusive der Online erfolgten Absolvierung eines Fernkurses zur Aufnahmevorbereitung sowie der im Juni 2017 erfolgten Absolvierung eines dreitätigen, Kosten von 198 Euro verursachenden Vorbereitungskurses sehr wohl in Berufsausbildung befunden habe. Schlussendlich habe x die abgehaltene Aufnahmeprüfung für "Humanmedizin" nicht bestanden, aber ungeachtet dessen zum frühestmöglichen Zeitpunkt, sprich im Oktober 2017 ein Studium begonnen. Im Übrigen sei einer Vertreterin des Finanzamtes, der Umstand, dass die Tochter der Bf. einen Vorbereitungskurs für den im Juli 2017 stattfindenden Aufnahmetest "Humanmedizin" belegt, fernmündlich mitgeteilt worden und sei der Bf. am Familienbeihilfe rückwirkend für Februar 2017 (richtig wohl März 2017) gewährt worden. In Ansehung vor beschriebenen Agierens der belangten Behörde könne die nunmehrige Rückforderung wohl nur auf einem Missverständnis beruhen. 

Was nun die Anspruchsberechtigung der Bf. für den Zeitraum vom bis zum  anlange, so gründe sich dieselbe rein an der Aufnahme der Tochter der Bf. als ordentliche Hörerin. Wiewohl x erst erstmals zu einer Prüfung angetreten sei habe sie im restlichen Studienjahr konsequent an Vorlesungen teilgenommen, sprich sich um den Studienerfolg bemüht.

Mit Beschwerdevorentscheidung (BVE) vom  wurde dem Rechtsmittel der Bf. insoweit Folge gegeben als der Rückforderungszeitraum auf bis zum eingeschränkt, respektive der Gesamtbetrag der Rückforderung von 5.182,30 Euro auf 1.913,80 Euro reduziert wurde, wobei in der Begründung das Finanzamt auf den Umstand verwies, dass  die Tochter der Bf. nach der im Februar 2017 erfolgreich absolvierten Matura einerseits nicht zum frühestes möglichen Zeitpunkt, sprich im März 2017 ein Studium begonnen habe, andererseits in der Vorbereitung zum Aufnahmetest für das Studium "Humanmedizin" keine Berufsausbildung zu erblicken sei. 

In Ansehung der Tatsache, dass die Tochter der Bf. einen Prüfung im Umfang von 5 ECTS Punkten absolviert habe, bestehe für das erste Studienjahr Anspruch auf Familienbeihilfe. 

In ihrem, mit datierten Vorlageantrag führte die Bf. unter grundsätzlicher Bezugnahme auf das bisherige Vorbringen ergänzend aus, dass sich ihre Tochter nach Anmeldung und Bezahlung des Aufnahmetest für das Studienfach "Humanmedizin" sowie der Beschaffung von Skripten am einen Zugang an der Plattform "y" gekauft habe mit deren Hilfe sie Online eine Kurs zur Aufnahmevorbereitung absolviert habe. Hierbei sei letztgenanntes Lernportal als umfangreichste Vorbereitungsplattform zu qualifizieren welche Lektüre, Probebeispiele, Lösungswege sowie Testsimulationen aus nachstehenden Gebieten  nachstehenden Kategorien anbiete: "Biologie, Chemie, Mathematik, Physik, Implikation erkennen, Wortflüssigkeit, Zahlenfolgen, Merkfähigkeit, Figuren zusammensetzen , Textverständnis, Soziales Entscheiden, Emotionen erkennen". Vorgenannte Kategorien habe die Tochter der Bf. in der Zeit März 2017 bis zum Juli 2017 intensiv "durchgenommen", wobei die Bf. den täglichen Zeitaufwand mit 6-7 Stunden beziffern würde.  Darüber hinaus sei im Vorfeld des Aufnahmetests, sprich in der Zeit vom bis zum ein jeweils 8 Stunden umfassender Vorbereitungskurs absolviert worden. Nach dem es der Tochter der Bf. ob des Ergebnisses der am statt gefunden Aufnahmeprüfung nicht möglich gewesen sei einen Studienplatz für das Fach "Humanmedizin" zu ergattern, habe diese am an einem Eignungsverfahren "Lehramt" teilgenommen, wobei sie zu diesem am angenommen worden sei.

Abschließend nahm die Bf. nochmals auf die positive Auskunft - einer ihr namentlich nicht bekannten - Bediensteten der belangten Behörde betreffend den ab Februar 2017 bestehenden Anspruch auf Familienbeihilfe Bezug.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

1. Streitgegenstand

In Ansehung der Bestimmung des § 264 Abs. 3 erster Satz BAO, der gemäß durch einen rechtzeitig eingebrachten Vorlageantrag die Bescheidbeschwerde von dessen Einbringung an wiederum  als unerledigt gilt, steht die Rechtmäßigkeit der Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen im Zeitraum vom bis zum auf dem Prüfstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens. 

2. Festgestellter Sachverhalt

In der Folge legt das BFG dem Erkenntnis nachstehend sich aus der Aktenlage ergebenden festgestellten Sachverhalt zu Grunde:

Die im Jahr n geborene Tochter der Bf. hat nach der im Februar 2017 erfolgreich  absolvierten Matura beabsichtigt das Studium der Humanmedizin zu beginnen und ergo dessen im März 2017 in Vorbereitung auf den am statt gefundenen Aufnahmetest einen Portalzugang zur Lernplattform "y" käuflich erworben, respektive nach Angaben der Bf. rund 6-7 Stunden, die zu den Themenbereichen  "Biologie, Chemie, Mathematik, Physik, Implikation erkennen, Wortflüssigkeit, Zahlenfolgen, Merkfähigkeit, Figuren zusammensetzen, Textverständnis, Soziales Entscheiden, Emotionen erkennen"  angeboten Kapitel und Unterkapitel durchgearbeitet. Des Weiteren ist die Absolvierung eines den Medizinaufnahmetest simulierenden, täglich 8 Stunden umfassenden, den Zeitraum vom  bis betreffenden Vorbereitungskurs aktenkundig. Angesichts der Tatsache, dass die Tochter der Bf. ob des Testergebnisses keinen Studienplatz für das Fach "Humanmedizin" erhalten begann diese im Wintersemester 2017/2018 ein Lehramtsstudium, wobei nach den vorgelegten Zeugnissen im ersten Studienjahr zwei Prüfungsantritte erfolgten und hierbei am ein 5 ECTS Punkte umfassendes Fach positiv absolviert wurde.

3. Rechtliche Würdigung

3.1. Rechtsgrundlagen 

Nach § 2 Abs.1 lit. b erster Satz FLAG 1967 haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet werden.

Nach dem zweiten Satz leg. cit. ist bei volljährigen Kindern , die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen eine Berufsausbildung nur anzunehmen, wenn sie die die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgeschriebene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten. 

Der elfte Satz des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 normiert, dass die Aufnahme als ordentlicher Hörer als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr gilt.   

Nach § 26 Abs. 1 FLAG 1967 hat derjenige, der Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.

Nach § 33 Abs. 3 EStG 1988 in der für den Beschwerdezeitraum geltenden Fassung steht Steuerpflichtigen, denen auf Grund des FLAG 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag von monatlich € 58,40 für jedes Kind zu. Wurden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, ist § 26 des FLAG 1967 anzuwenden.

3.2. Rechtliche Beurteilung

Ausgehend von den Ausführungen unter den Punkt 2 und 3.1 waren die Ansprüche der Bf. auf Familienbeihilfe für das Kind x getrennt nach den Zeiträumen vom bis zum sowie  jenem vom bis zum wie folgt zu beurteilen:   

3.2.1. Anspruch auf Familienbeihilfe im Zeitraum vom bis zum

Betreffend obigen Zeitraumes steht einzig und allein in Streit ob die Vorbereitung auf den Aufnahmetest "Humanmedizin" eine, einen Anspruch auf Familienbeihilfe vermittelnde Berufsausbildung im Sinne des  § 2 Abs. 1 lit. b erster Satz FLAG 1967 darstellt.

Hierbei ist einleitend anzumerken, dass nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH unter dem im Gesetz nicht definierten Begriff der Berufsausbildung  (jedenfalls) alle Arten schulischer oder kursmäßiger Ausbildungen, in deren Rahmen noch nicht berufstätigen Personen ohne Bezugnahme auf die spezifischen Tätigkeiten an einem konkreten Arbeitsplatz das für das künftige Berufsleben erforderliche Wissen vermittelt wird, fallen. Zur Qualifikation als Berufsausbildung iSd § 2 Abs. 1 lit b FLAG 1967 kommt es nicht nur auf das "ernstliche und zielstrebige Bemühen um den Studienfortgang" an, sondern die Berufsausbildung muss auch in quantitativer Hinsicht die volle Zeit des Kindes in Anspruch nehmen (z.B. ).

Zur Frage, ob Vorbereitungszeiten (z.B. Kursbesuche) zur Ablegung von verpflichtenden Aufnahmeprüfungen bzw. Tests – hier der Zulassungstest zum Medizinstudium – als Berufsausbildung iSd FLAG anzuerkennen sind, hat der Unabhängige Finanzsenat (UFS) bzw. das BFG ausgesprochen, dass dies unter bestimmten Voraussetzungen zutrifft (siehe RV/1460-W/11 sowie  unter Hinweis auf das Erkenntnis des ).

Im angeführten Erkenntnis des VwGH ist der Gerichtshof davon ausgegangen, dass die Vorbereitungszeit auf eine Aufnahmeprüfung dem Grunde nach als Berufsausbildung anzusehen ist. Er hat jedoch beanstandet, dass die belangte Behörde keine Feststellungen darüber getroffen hat, ob die Berufsausbildung auch in quantitativer Hinsicht die volle Zeit des Kindes in Anspruch genommen hat.

Was nun den von der Tochter der Bf. käuflich erworbenen Zugang zur Lernplattform "y", respektive den Inhalt der nachgereichten Unterlagen betreffend der auf dieser vermittelten Lerninhalte anlangt, so mögen diese nach Auffassung des BFG zwar für das ursprünglich geplante Studium Humanmedizin von Vorteil ist, ohne dass diese zur Ausübung eines Berufes dienen.

Diese Schlussfolgerung liegt darin begründet, da die an oberer Stelle explizit dargestellten  Lerninhalte "Implikation erkennen, Wortflüssigkeit, Zahlenfolgen, Merkfähigkeit, Figuren zusammensetzen, Textverständnis, Soziales Entscheiden, Emotionen erkennen" der Nachschärfung allgemeiner, bereits schulisch erlernter Fähigkeiten dienen. 

Darüber hinaus vermögen auch die Schulungsinhalte der unzweifelhaft Berührpunkte zu dem von der Tochter der Bf. angedachten Studiums der Humanmedizin und nunmehr unter anderem im Fach Biologie derzeit betriebenen Lehramtsstudium herstellenden Fächer Chemie, Physik und Biologie der Vorbereitung nicht den Status einer der dem Grunde nach anzuerkennender Berufsausbildung zu verleihen, da diese - laut Unterlagen des Lernplattformbetreibers samt und sonders ausdrücklich auf Basiskenntnissen, sprich sohin im Rahmen bisher erworbenen Schulwissens getestet werden.

In Korrelation mit voran geführten Lehrinhalten ist auch dem vom Lernplattformbetreiber angebotene, von der Tochter der Bf. am 15.06., 17.06. sowie absolvierte Vorbereitungskurs nicht als Berufsausbildung zu werten.

In Ansehung vorstehender Ausführungen kommt schon, ob der Negierung der Vorbereitung als Berufsausbildung dem Grunde nach der Prüfung der im Erkenntnis des angezogenen zeitlichen Komponente der Vorbereitung keine Bedeutung zu. 

Mit anderen Worten ausgedrückt vermag daher das BFG in der Rückforderung der Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge im Zeitraum vom bis zum keine Rechtswidrigkeit zu erblicken.

3.2.2.Anspruch auf Familienbeihilfe im Zeitraum vom bis zum

In Ansehung der Ausführungen unter den Punkten 2 und 3.1. sowie in Übereinstimmung mit der in der BVE vertretenen Auffassung der belangten Behörde, auf deren Begründung - schon um Wiederholungen zu vermeiden - verwiesen wird, ist eine Anspruchsberechtigung der Bf. für nämlichen Zeitraum als erwiesen anzusehen.

Zusammenfassend war daher wie im Spruch zu befinden.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Eine derartige Rechtsfrage liegt im vorliegenden Fall nicht vor, da das BFG im Rahmen die Beurteilung der Vorbereitung auf den Aufnahmetest für das Studienfach "Humanmedizin" als Berufsausbildung dem Grunde nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes folgt.

Wien, am

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