Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 04.03.2020, RV/2100761/2019

Zurücknahme des Antrages auf Arbeitnehmerveranlagung, wenn kein Pflichtveranlagungstatbestand vorliegt

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache des Bf über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Graz-Stadt vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2016 zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Der Beschwerdeführer (Bf) war im strittigen Jahr als Konzipient in der Zeit vom bis bei der A Rechtsanwälte GmbH mit einem steuerpflichtigen Bezug (Kennzahl 245) in Höhe von € 12.861,70 und vom bis bei der B GmbH mit einem steuerpflichtigen Bezug (Kennzahl 245) in Höhe von € 2.532,22 beschäftigt. In der Zeit vom bis bezog der Bf vom AMS ein Weiterbildungsgeld für 214 Tage mit einem Tagsatz in Höhe von € 31,58, somit insgesamt € 6.758,12.

In der am beim Finanzamt einlangenden elektronisch eingebrachten Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2016 beantragte der Bf Sonderausgaben für die Rückzahlung von Darlehen und Zinsen, die zur Schaffung und Errichtung oder Sanierung von Wohnraum geleistet wurden in Höhe von 107 €, Geldspenden an mildtätige Organisationen, begünstigte Spendensammelvereine u.a. in Höhe von 80 €, Werbungskosten für sonstige Beiträge zu Berufsverbänden und Interessensvertretungen in Höhe von 1.445,00 €, Arbeitsmittel in Höhe von 584,10 €, Reisekosten in Höhe von 72,80 €, Fortbildungs-, Ausbildungs- und Umschulungskosten in Höhe von 38,40 € und sonstige Werbungskosten in Höhe von 349,18 € sowie außergewöhnliche Belastungen in Höhe von 5,15 € zu berücksichtigen.

Mit Vorhalt vom ersuchte das Finanzamt den Bf, die beantragten Werbungskosten an Hand von Belegen und Rechnungen, durchnummeriert und aufaddiert, sowie den Kennzahlen zugeordnet nachzuweisen. Weiters wurde der Bf nach seiner genauen Beschreibung seiner beruflichen Tätigkeit gefragt und in welchem Zusammenhang die Fortbildungskosten mit seiner nichtselbständigen Tätigkeit stehen würden. Die Reisekosten seien anhand einer detaillierten Aufstellung mit Ziel und Zweck der Reise nachzuweisen. Es wurde um Bekanntgabe ersucht, ob die Reisen im Auftrag seines Arbeitgebers erfolgt seien. Abschließend wurde der Bf darüber informiert, dass bei Nichtvorlage der Belege die Aufwendungen nicht anerkannt werden könnten.

Der Bf erwiderte über FinanzOnline am , dass grundsätzlich nach der Judikatur des VwGH die Vorlage von Belegen und Rechnungen obsolet sei, da es auf die Glaubhaftmachung ankommen würde. Das sei auch bereits im Beschwerdeverfahren für die Einkommensteuer 2015 plattgetreten worden. Sofern die angefallenen Kosten aufaddiert und durchnummeriert entsprechend der jeweiligen Kennzahl begehrt werden würden, bitte er um Übermittlung einer entsprechenden Anweisung, wie dies zu erfolgen habe. Hinsichtlich der genauen Beschreibung seiner beruflichen Tätigkeit dürfe er auf das Beschwerdeverfahren für die Einkommensteuer 2015 verweisen. In diesem Verfahren bei demselben Veranlagungsteam habe er seine Tätigkeit ausführlichst zu genüge beschrieben. Er denke, dass die restlichen Fragen ebenfalls hinfällig werden würden. Ergänzend weise er auf folgenden Umstand hin: Bereits die Einkommensteuer 2015 sei mit zahlreichen Hürden und Verzögerungen verbunden gewesen, was durchaus vermeidbar gewesen wäre. Allerdings habe erst die Erhebung einer Beschwerde zum Erfolg geführt. Er denke, dass es im beiderseitigen Interesse liege, eine ähnliche Situation für die Einkommensteuer 2016 zu vermeiden. Freilich könne er anbieten, auch einen persönlichen Erörterungstermin zu vereinbaren, um allfällige Unklarheiten aus dem Weg zu schaffen und diese Causa alsbald zu erledigen.

Das Finanzamt erließ am unter Berücksichtigung von Zuwendungen gemäß § 18 Abs. 1 Z 7 EStG 1988 in Höhe von 80 € und nach Addition der laut Lohnzettel ausgewiesenen steuerpflichtigen Bezüge des Bf den angefochtenen Einkommensteuerbescheid 2016, in dessen Folge sich eine Nachforderung in Höhe von 321 € ergeben hat. Begründend wurde ausgeführt, dass unter Wahrung des Parteiengehörs die vom Bf geltend gemachten Aufwendungen hinterfragt worden seien. Da trotzdem die benötigten Unterlagen (zum Teil) nicht beigebracht wurden, hätten die Aufwendungen in freier Beweiswürdigung nur in Höhe der nachgewiesenen bzw. glaubhaft gemachten Aufwendungen berücksichtigt werden können. Die Aufwendungen für außergewöhnliche Belastungen, von denen ein Selbstbehalt abzuziehen ist, hätten nicht berücksichtigt werden können, da sie den Selbstbehalt in Höhe von 1.769,28 € nicht übersteigen würden.

Bei der Ermittlung des Steuersatzes (Progressionsvorbehalt) - siehe Hinweise zur Berechnung - seien zuerst die steuerpflichtigen Einkünfte auf den Jahresbetrag umgerechnet, Sonderausgaben und andere Einkommensabzüge berücksichtigt und anhand der sich für das umgerechnete Einkommen ergebenden Tarifsteuer ein Durchschnittssteuersatz ermittelt und auf das Einkommen angewendet worden (Umrechnungsvariante). Danach sei anhand einer Kontrollrechnung festzustellen gewesen, ob sich bei Hinzurechnung der Bezüge gemäß § 3 Abs. 2 EStG 1988 gegenüber der Umrechnungsvariante eine niedrigere Steuer ergeben würde. Da dies im Fall des Bf zutreffen würde, sei der Tarif daher nicht auf das im Bescheid ausgewiesene, sondern auf ein Einkommen von 21.880,04 € angewendet worden.

In der dagegen firstgerecht erhobenen Beschwerde vom führte der Bf aus, er habe Fortbildungs-, Ausbildungs- und im Zusammenhang mit der Anfertigung seiner Dissertation angefallene Kosten in Höhe von EUR 915,47, weitere Umzugskosten in Höhe von EUR 101,53, sonstige Werbungskosten in Höhe von EUR 107,00 wie auch zusätzlich die Umlage bei der Rechtsanwaltskammer Steiermark geltend gemacht. Die anschließend im System von FinanzOnline durchgeführte und angezeigte Berechnung hätte einen Rückzahlungsbetrag in der Höhe von EUR 504,00 ergeben, nicht jedoch eine Nachforderung in der Höhe von EUR 321,00.

Ergänzend führte der Bf aus, dass er im Jahr 2014 von der Kanzlei A Rechtsanwälte GmbH aus C bei D nach F eingeladen worden sei, um eine Tätigkeit als Konzipient aufzunehmen. Gleichzeitig habe er an der Universität F ein Doktoratsstudium aufgenommen. Im Jahr 2016 sei er dieser Beschäftigung weiter nachgegangen, bevor er ab Juni 2016 ein Jahr Bildungskarenz genommen habe. Dies deshalb, um einen größeren Fortschritt bei der Abfassung seiner Dissertation verzeichnen zu können, damit diese schlussendlich zeitnahe abgeschlossen hätte werden können. Ab Juli 2016 habe er dann seine Anstellung gewechselt und habe er eine Tätigkeit bei der B Rechtsanwälte GmbH aufgenommen.

Im Zusammenhang mit der Abfassung seiner Dissertation sei er zum verfahrensgegenständlichen Zeitraum mit zahlreichen Kosten konfrontiert worden, die vorher nicht angefallen waren. So musste er, da er an der Dissertation von nun an daheim und nicht vom Büro in der Kanzlei aus gearbeitet habe, für die notwendige Infrastruktur sorgen; dies freilich aus eigenen Mitteln und auch dahingehend, dass die Dissertation ungehindert und ohne Verluste angefertigt werden könne. Zusätzlich habe er an der Universität F verpflichtende Seminare absolviert und hätte er diesbezüglich auch zu einem Symposion fahren müssen, um dieses Seminar positiv beurteilt absolvieren zu können; die Kosten hiezu habe er auch aus eigenen Mitteln tragen müssen. Sein Arbeitgeber habe trotz Anfrage seinerseits die ihm entstandenen Kosten nicht einmal zum Teil ersetzt; ebenso die Kammerumlage, die von seinem Lohn jeden Monat abgezogen worden sei. Umso verwunderlicher sei es, dass das Finanzamt die von ihm gemachten Kosten nicht anerkennen möchte.

Die Behörde habe diesen Umstand nicht berücksichtigt. Insofern habe sie die ihm entstandenen und von ihm geltend gemachten Kosten zu Unrecht nicht angerechnet; allenfalls hätte ein persönlicher Erörterungstermin Klarheit geschaffen. Insofern erweise sich der angefochtene Bescheid als rechtswidrig. Die von ihm geltend gemachten Kosten seien daher jedenfalls in ihrer Gesamtheit zu berücksichtigen. Bei den von ihm geltend gemachten Kosten handle es sich um ein absolutes Minimum.

Weiters machte der Bf geltend, dass Bescheide, sofern sie nicht vollinhaltlich dem Standpunkt der Partei Rechnung tragen würden, zu begründen seien. In der Begründung seien die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen.

Im vorliegenden Fall bestehe eine Differenz zwischen dem von FinanzOnline errechneten Rückzahlungsbetrag und dem tatsächlich zugesprochenen von mehr als 100%. Die belangte Behörde habe nicht mitgeteilt, was sie denn nun genau zu wie vielen Teilen berücksichtigt habe; insbesondere auch nicht, welche Ausbildungskosten berücksichtigt worden seien. Es sei zwar eine Berechnung der Einkommensteuer erfolgt, unklar bleibe jedoch, welche der von ihm geltend gemachten Posten zu jeweils welcher Höhe berücksichtigt worden seien. Vorliegend sei dies aber insbesondere aufgrund des exorbitanten Betragsunterschiedes zwingend notwendig. Eben weil die belangte Behörde die von ihm geltend gemachten Kosten offenbar zu einem Großteil nicht berücksichtigt habe, hätte sie aber wenigstens angeben müssen, welche Fortbildungs-, Ausbildungs- und Umschulungskosten und weitere Kosten sie berücksichtigt habe und in welcher Höhe. Der angefochtene Bescheid sei daher nicht ordnungsgemäß begründet worden bzw. sei dieser inhaltlich nicht korrekt. Die Behörde wäre im vorliegenden Fall, in welchem seinem Begehren nicht vollinhaltlich entsprochen worden sei, dazu gehalten gewesen, ihm das Verfahrensergebnis mitzuteilen, was einen wesentlichen Verfahrensfehler darstellen würde, der zwangsläufig zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führen müsse.

Das Finanzamt ersuchte den Bf daraufhin mit Ergänzungsersuchen vom neuerlich, die in der Steuererklärung 2016 beantragten Werbungskosten und Sonderausgaben jeweils mittels detaillierter Aufstellung einschließlich aller Belege nachzuweisen. Ersätze von dritter Seite seien in Abzug zu bringen.

Mit Schreiben vom legte der Bf folgende Aufstellung vor:

  • "Fortbildungs-, Ausbildungs- und sowie im Zusammenhang mit der Anfertigung meiner Dissertation angefallene Kosten in der Höhe von EUR 915,47 (Infrastruktur, Semesterbeiträge, Symposion in Italien, Büromaterial etc)

  • finale Umzugskosten bzw. für die Verbringung meines letzten Hab- und Gutes von E nach F EUR 101,53

  • Spende an die G in Höhe von EUR 80,00

  • Kosten für Wohnraumsanierung in Höhe von EUR 107,00

  • wie auch zusätzlich die Kammerumlage bei der Rechtsanwaltskammer Steiermark in der Höhe von EUR 1.445"

 Der Bf verwies darauf, dass für einige Beträge ad hoc keine Belege aufgefunden hätten werden können, diese Kosten seien aber sehr wohl entstanden, so etwa die Semesterbeiträge, da er ansonsten exmatrikuliert worden wäre und so das Doktoratsstudium nicht hätte weiterführen können. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes komme es auf die Vorlage von Belegen nicht an, sondern vor allem auf die Schlüssigkeit der Geltendmachung.

Mit Schreiben vom legte der Bf folgende Belege vor:


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Anschaffungsdatum
Firma und Art der Aufwendung
Betrag
 
H Computer
584,10
 
, , ,, ,
L, Internetkosten, 6x19,99
119,94
 
K, 12 m Antennenkabel verlegen samt Stecker, Kleinmaterial, Arbeit
107,00
 
Stadt GummersbachDeutschland, Personalausweis
28,80
 
G Wien
80,00
 
M, eine Nächtigung
72,80
 
Post AG, 2 Briefe Standard nach E
3,60
 
N, 1 Card Company, 1 artebene Billet
7,85
 
O, 11,82 Liter Super
15,00
 
McDonalds, 1 Kakao, 1 Cheeseburger
3,08
 
Asfinag, Mautstelle P
13,50
 
Tankstelle Q, 28,42 Liter Super
34,08
 
AGIP S, PKW-Maut
8,80
 
BP T, 20,85 Liter Super
25,00
 
Apotheke, Candibene
5,15
 

Das Finanzamt gab der Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom teilweise statt, indem nunmehr Werbungskosten in Höhe von € 353,75 für Laptop, Internet, Umzugskosten, Büromaterial und Universität berücksichtigt wurden. Ansonsten wurde das Begehren des Bf abgewiesen und die Nachforderung verminderte sich von € 321,00 auf € 244,00.

In dem in der Folge fristgerecht eingebrachten Vorlageantrag verwies der Bf zusammengefasst auf das bisher ergangene Vorbringen.

Das Finanzamt legte die Beschwerde an das Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und beantragte die Abweisung der Beschwerde.

Nach weiteren mit dem Bf geführten Telefonaten und Vorhalten sowie Vorhaltsbeantwortungen zog der Bf mit Anbringen vom seinen Antrag auf Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2016 zurück.

Das Bundesfinanzgericht hat über die Beschwerde erwogen:

Zurücknahme des Antrages auf Arbeitnehmerveranlagung:

Gemäß § 39 Abs. 1 EStG 1988 wird die Einkommensteuer nach Ablauf des Kalenderjahres (Veranlagungszeitraumes) nach dem Einkommen veranlagt, das der Steuerpflichtige in diesem Veranlagungszeitraum bezogen hat. Hat der Steuerpflichtige lohnsteuerpflichtige Einkünfte bezogen, so erfolgt eine Veranlagung nur, wenn die Voraussetzungen des § 41 vorliegen.

Sind im Einkommen lohnsteuerpflichtige Einkünfte enthalten ist der Steuerpflichtige gemäß § 41 Abs. 1 EStG 1988 zu veranlagen, wenn

1. er andere Einkünfte bezogen hat, deren Gesamtbetrag 730 Euro übersteigt,

2. im Kalenderjahr zumindest zeitweise gleichzeitig zwei oder mehrere lohnsteuerpflichtige Einkünfte, die beim Lohnsteuerabzug gesondert versteuert wurden, bezogen worden sind.

3. im Kalenderjahr Bezüge gemäß § 69 Abs. 2, 3, 5, 6, 7, 8 oder 9 zugeflossen sind,

4. ein Freibetragsbescheid für das Kalenderjahr gemäß § 63 Abs. 1 bei der Lohnverrechnung berücksichtigt wurde,

5. der Alleinverdienerabsetzbetrag, der Alleinerzieherabsetzbetrag, der erhöhte Pensionistenabsetzbetrag, der erhöhte Verkehrsabsetzbetrag oder Freibeträge nach § 62 Z 10 und Z 11 berücksichtigt wurden, aber die Voraussetzungen nicht vorlagen.

6. der Arbeitnehmer eine unrichtige Erklärung abgegeben hat oder seiner Meldepflicht gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 nicht nachgekommen ist.

7. der Arbeitnehmer eine unrichtige Erklärung gemäß § 3 Abs. 1 Z 13 lit. b 5. Teilstrich abgegeben hat oder seiner Verpflichtung, Änderungen der Verhältnisse zu melden, nicht nachgekommen ist.

8. er Einkünfte im Sinn des § 3 Abs. 1 Z 32 bezogen hat.

9. er Einkünfte aus Kapitalvermögen im Sinne des § 27a Abs. 1 oder entsprechende betriebliche Einkünfte erzielt, die keinem Kapitalertragsteuerabzug unterliegen.

10. er Einkünfte aus privaten Grundstücksveräußerungen im Sinne des § 30 erzielt, für die keine Immobilienertragsteuer gemäß § 30c Abs. 2 entrichtet wurde, oder wenn keine Abgeltung gemäß § 30b Abs. 2 gegeben ist.

11. der Arbeitnehmer nach § 83 Abs. 3 unmittelbar in Anspruch genommen wird.

§ 39 Abs. 1 dritter Satz ist anzuwenden.

Liegen die Voraussetzungen des Abs. 1 nicht vor, hat das Finanzamt gemäß § 41 Abs. 2 EStG 1988 auf Antrag des Steuerpflichtigen eine Veranlagung vorzunehmen, wenn der Antrag innerhalb von fünf Jahren ab dem Ende des Veranlagungszeitraums gestellt wird (Antragsveranlagung).

Im angefochtenen Bescheid sind für den Bf folgende Bezüge ausgewiesen:


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Arbeitgeber
Zeitraum
Tage
Betrag in € (Kennzahl 245)
A Rechtsanwälte GmbH
bis
 
12.861,70
B GmbH
bis
 
2.532,22
AMS (Weiterbildungs-geld)
bis
€ 31,58 x
214 Tage
6.758,12

Der Bf war im Zeitraum bis vollzeitbeschäftigt. Ab bis hat er Weiterbildungsgeld bezogen. Vom bis war der Bf zudem geringfügig bei einem anderen Arbeitgeber beschäftigt.

Der Pflichtveranlagungstatbestand des § 41 Abs. 1 Z 2 ESTG 1988, wonach eine Pflichtveranlagung stattzufinden hat, wenn im Kalenderjahr zumindest zeitweise gleichzeitig zwei oder mehrere lohnsteuerpflichtige Einkünfte, die beim Lohnsteuerabzug gesondert versteuert wurden, bezogen worden sind, liegt mangels Überschneidung der Tätigkeiten bei den beiden Arbeitgebern nicht vor.

Bezüglich des vom AMS ausbezahlten Weiterbildungsgeldes ist darauf hinzuweisen, dass nach § 3 Abs. 1 Z 5 lit. a EStG 1988 das versicherungsmäßige Arbeitslosengeld und die Notstandshilfe oder an deren Stelle tretende Ersatzleistungen von der Einkommensteuer befreit sind. Aufgrund der Bestimmung des § 26 Abs. 8 Arbeitslosenversicherungsgesetz (AlVG) gilt das Weiterbildungsgeld als Ersatzleistung gemäß § 3 Abs. 1 Z. 5 lit. a EStG 1988 und stellt daher keine lohnsteuerpflichtigen Einkünfte im Sinne des § 41 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 dar.

Hinsichtlich des Pflichtveranlagungstatbestandes des § 41 Abs. 1 Z 1 EStG, wonach eine Pflichtveranlagung durchzuführen ist, wenn andere Einkünfte, deren Gesamtbetrag 730 Euro übersteigt, bezogen wurden, ist darauf hinzuweisen, dass das Weiterbildungsgeld zu den steuerfreien Einkünften zu zählen ist und steuerfreie Einkünfte nicht zu den anderen Einkünften im Sinne des § 41 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 gehören. Steuerfreie Einkünfte im Sinne des § 3 EStG 1988 lösen für sich alleine keine Pflichtveranlagung aus (Jakom EStG Kommentar, 12. Auflage, Rz 7 zu § 41).

Die gegenständliche Konstellation der Einkünfte des Bf war auf Grund der vorangehenden Ausführungen nicht geeignet, eine Pflichtveranlagung herbeizuführen.

Der Bf brachte seine Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung in elektronischer Form ein und stellte somit einen Antrag auf Veranlagung gemäß § 41 Abs. 2 Z 1 EStG 1988.

Ein Antrag auf Veranlagung kann bis zur Rechtskraft der Arbeitnehmerveranlagung zurückgezogen werden ().

Da der Bf mit Anbringen vom seinen Antrag auf Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2016 während des noch offenen Beschwerdeverfahrens und damit noch vor Eintritt der Rechtskraft der Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2016 zurückgezogen hat, war der Beschwerde stattzugeben und der angefochtene Einkommensteuerbescheid aufzuheben.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Gemäß § 25a VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist.

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere, weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Nachdem die Beschwerde insoweit keine für die Entscheidung maßgeblichen Rechtsfragen aufwirft, denen im Sinne der zitierten Bestimmungen grundsätzliche Bedeutung zukäme, war unter Hinweis auf die zitierte eindeutige und einheitliche Rechtsprechung die Unzulässigkeit einer ordentlichen Revision auszusprechen.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise

Jakom, EStG Kommentar, 12. Auflage, Rz 7 zu § 41)
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.2100761.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at