Energieabgabenvergütung für Wasserwerke
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Stammrechtssätze | |
RV/7101999/2014-RS1 | Wesentlich ist eine chemische und physikalische Aufbereitung des Rohwassers, sodass ein Produkt anderer Marktgängigkeit entsteht. |
Folgerechtssätze | |
RV/7101999/2014-RS1 | wie RV/7104635/2014-RS1 Wenn in mehreren Bearbeitungsschritten mit nicht unerheblichem technischen Aufwand Grundwasser als Trinkwasser aufbereitet wird, erfolgt eine Herstellung eines körperlichen Wirtschaftsgutes. Der Betrieb eines Wasserwerkes vermittelt insofern den Anspruch auf Energieabgabenvergütung. |
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R in der Beschwerdesache Wasserverband ***, Adr., über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Wien 1/23 vom betreffend Energieabgabenvergütung für das Jahr 2011 zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der Vergütung sind dem Ende der Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
Der Beschwerdeführer (Bf) ist als Wasserverband ein Betrieb zur (Trink)wasserversorgung mehrerer Gemeinden.
Der Bf reichte für das Jahr 2011 einen Antrag (datiert mit ) zur Vergütung von Energieabgaben ein und beantragte eine Vergütung von 21.203,94 Euro.
Mit Bescheidvom gab das Finanzamt dem Antrag für das Jahr 2011 insofern teilweise statt, als lediglich der auf Jänner 2011 entfallende Vergütungsbetrag in Höhe von 1.766,99 Euro als Gutschrift festgesetzt wurde. In der Bescheidbegründung führte das Finanzamt aus:
„Inwieweit bei der Wasseraufbereitung von einem Dienstleistungsbetrieb bzw. von einem Produktionsbetrieb zur Herstellung körperlicher Wirtschaftsgüter auszugehen ist, bestimmt sich danach, ob ein Wirtschaftsgut anderer Marktgängigkeit entsteht.
Ein anderes Wirtschaftsgut entsteht durch chemische oder physikalische (auch mechanische) Einwirkung, wenn beispielsweise Abwasser in einem vielstufigen Verfahren in einer Kläranlage so aufbereitet wird, dass aus verschmutzten Abwässern gereinigtes Abwasser und Klärschlamm hergestellt werden; nicht als Betrieb zur „Produktion körperlicher Wirtschaftsgüter“ kann hingegen ein Betrieb angesehen werden, der Trinkwasser zu den Abnehmern bzw. das Abwasser zur Reinigungsanlage transportiert. Ebenso wenig liegt ein Betrieb vor, dessen Schwerpunkt in der Herstellung körperlicher Wirtschaftsgüter besteht, wenn Trinkwasser in Entsprechung den in der Trinkwasserverordnung normierten Anforderungen lediglich durch eine UV-Desinfektionsanlage geleitet wird, um den Anforderungen an die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch gemäß der Trinkwasserverordnung zu entsprechen.
Laut Vorhaltsbeantwortung vom bzw. vom wird das Rohwasser lediglich über Förderpumpen transportiert, zwischengespeichert, gefiltert und durch eine UV- Desinfektionsanlage geschickt; worin die wesentliche Bearbeitung besteht, die zu einem Produkt anderer Marktgängigkeit führen soll, wurde nicht dargelegt.“
In der Berufungvom wandte sich der Bf gegen die Feststellung des Bescheides, wonach der Bf das Rohwasser lediglich über Förderpumpen transportiere, zwischenspeichere, filtere und durch eine UV-Desinfektionsanlage schicke. Dies entspreche nicht den Tatsachen. Wie der Bf bereits ausführlich beschrieben habe, betreibe er in seinen Wasserwerken jeweils Aufbereitungsanlagen zur Aufbereitung des Trinkwassers. Die Aufbereitung erfolge durch eine Enteisenung und Entmanganisierung des Rohwassers. In diesem Zusammenhang werde auf den verwiesen, in dem eindeutig festgestellt werde, dass die chemische bzw. physikalische Behandlung von Wasser zur Aufbereitung als Trinkwasser eine Produktion körperlicher Wirtschaftsgüter darstelle. Nicht zur Produktion körperlicher Wirtschaftsgüter zähle der Transport des Wassers zu den Abnehmern.
In diesem Sinne habe der Bf die Aufstellung des Stromverbrauchs korrigiert und es sei in der beiliegenden Tabelle nur mehr der Stromverbrauch der Wasserwerke für die Aufbereitung zum Trinkwasser angeführt.
Es bestehe nach Ansicht des Bf kein Zweifel, dass Anspruch auf Energieabgabenrückvergütung für diesen Teilbereich der Tätigkeit des Wasserverbandes bestehe. Auch andere Wasserverbände, die ebenso Rohwasser für die Nutzung als Trinkwasser in gleicher Form aufbereiten, haben bereits die Auszahlung der Geldmittel erhalten.
Das Finanzamt wies die Berufung mit Beschwerdevorentscheidung vom ab und führte aus:
Sachverhalt :
Der Bf habe auf ein Ergänzungsersuchen mit Schreiben vom mitgeteilt, dass es sich um einen Wasserverband nach dem Wasserrechtsgesetz handle, dessen Zweck im Sinne des § 2 Abs. 1 der geltenden Satzungen, genehmigt mit Bescheid des Landeshauptmannes, in der Versorgung mit Trink-‚ Nutz- und Löschwasser liege, einschließlich der notwendigen Speicherungs-‚ Anreicherungs-‚ Schutz- und Instandhaltungsmaßnahmen. Der Wasserverband betreibe keine Kläranlage und transportiere kein Abwasser, er betreibe Wasserwerke und Wasserversorgungseinrichtungen.
Gemäß § 2 Abs. 1 EnAbgVergG bestehe ein Anspruch auf Vergütung nur für Betriebe, deren Schwerpunkt nachweislich in der Herstellung körperlicher Wirtschaftsgüter bestehe und soweit sie nicht die in § 1 Abs. 3 genannten Energieträger oder Wärme (Dampf oder Warmwasser), die aus den in § 1 Abs. 3 genannten Energieträgern erzeugten worden seien, liefern würden.
Der Wasserverband beziehe von den in § 1 Abs. 3 genannten Energieträgern ausschließlich elektrische Energie im Sinne des Elektrizitätsabgabengesetzes. Der Wasserverband liefere selbst keine der in § 1 Abs. 3 genannten Energieträger.
Der Wasserverband sei eine Körperschaft öffentlichen Rechts. Gemäß § 2 Abs. 3 KStG 1988 würden Versorgungsbetriebe einer Körperschaft öffentlichen Rechts als einheitlicher Betrieb gewerblicher Art behandelt werden, wenn sie organisatorisch zusammengefasst seien und unter einer gemeinsamen Leitung stünden. Versorgungsbetriebe seien nur ein Betrieb, der die Bevölkerung mit Wasser versorge. Gemäß § 2 Abs. 3 UStG 1994 würden Wasserwerke stets als Betriebe gewerblicher Art gelten.
Das BMF habe bereits mit Erlass vom für Wasseraufbereitungsanlagen festgestellt, dass die Körperlichkeit von Wirtschaftsgütern nicht vom Aggregatzustand abhängig sei, so dass sowohl feste, als auch flüssige oder gasförmige Wirtschaftsgüter unter diese Definition fallen könnten. Entscheidend wäre lediglich, dass durch chemische oder physikalische (auch mechanische) Einwirkung ein anderes Wirtschaftsgut entstehe.
Die chemische bzw. physikalische Behandlung von Wasser zur Aufbereitung als Trinkwasser sei daher eine Produktion körperlicher Wirtschaftsgüter. Als fraglich könnte der Transport des Trinkwassers zum Abnehmer angesehen werden. Es müsste dabei unterschieden werden, ob der Transport des Wassers im hoheitlichen Bereich (einer Gemeinde) erfolge, oder durch einen Verband nach dem Wasserrechtsgesetz und, ob für den Wassertransport eine (mechanische) Einwirkung erfolge, wodurch ein anderes Wirtschaftsgut entstehe.
Der Wasserverband sei eine Körperschaft öffentlichen Rechtes und ein Betrieb gewerblicher Art im Sinne des § 2 Abs. 3 KStG 1988 und im Sinne des § 2 Abs. 3 UStG 1994. Durch die erforderliche chemische bzw. physikalische Einwirkung auf das Wasser in der Aufbereitung entstehe dort ein körperliches Wirtschaftsgut, ebenso durch die mechanische Einwirkung auf das Wasser für den Transport. Den Schwerpunkt der Tätigkeit bilde daher die Herstellung körperlicher Wirtschaftsgüter im Sinne des Energieabgabenvergütungsgesetzes, nicht die Erbringung von Dienstleistungen oder die Erfüllung hoheitlicher Aufgaben. Es werde daher um Anerkennung des Antrages auf Energieabgabenvergütung ersucht.
Auf ein weiteres Ergänzungsersuchen habe der Bf mit Schreiben vom Folgendes mitgeteilt:
ad 1) Zur Frage nach der Beschreibung der jeweiligen Bearbeitungsschritte erklärte der Bf, dass zunächst für den Zweck des Wassertransports eine mechanische Einwirkung auf das Wasser mittels Förderpumpen erfolge, die zu chemisch-physikalischen Vorgängen führe. Danach werde das Wasser in einem Rohwasserbehälter zwischengespeichert und von dort im Wasserwerk A. auf vier Aufbereitungsstraßen aufgeteilt, im Wasserwerk B. auf zwei Aufbereitungsstraßen.
Der nächste Behandlungsschritt für das Wasser finde im Rieselentgaser statt. Dabei handle es sich um einen so genannter Oxidator, der zur Herstellung eines Kalk-Kohlensäure-Gleichgewichtes diene. Der Luft- bzw. Sauerstoffeintrag führe zur Oxidation von Wasserinhaltsstoffen wie Eisen und Mangan.
Zur Oxidation von Mangan-Ionen, aber auch zur Zerstörung von Huminstoffen erfolge eine Trockendosierung von Kaliumpermanganat zur Braunsteinbildung. Braunstein sei Mangan(IV)-oxid (Mn02) und diene zur Entmanganisierung.
Anschließend werde das Wasser in einen Mehrschichtfilter gepumpt. Die Wasserbehandlung sei chemisch-physikalischer Natur, denn der Filter diene einerseits zur Abscheidung von Trüb- und Schwebstoffen (Flockungsfiltration), andererseits ändere sich der pH-Wert, er entsäuere das Wasser.
Nach einer Behandlung im Entsäuerungsfilter zur weiteren Entmanganisierung erfolge eine chemisch-physikalische Behandlung durch ultraviolettes Licht in einer Desinfektionsanlage. Schließlich werde das Wasser in Behälter gefördert. Zur Lieferung des Wassers an alle Abnehmer seien sodann Druckerhöhungen oder auch Druckreduzierungen notwendig.
ad 2) Das vom Wasserverband behandelte und aufbereitete Wasser werde nicht angekauft, sondern aus Brunnenanlagen gewonnen.
ad 3) Auf die Frage nach den Bearbeitungskosten habe der Bf bekannt gegeben, dass sich die spezifischen Kosten pro m3 verkauftem Trinkwasser bei einer verkauften Wassermenge von 1,139.982 m3 auf 1,423 Euro belaufen. Nicht enthalten seien darin alle Ausgaben für Neuinvestitionen des Bf.
Mit Bescheid vom habe das Finanzamt den Vergütungsbetrag nach dem Energieabgabenvergütungsgesetz in Höhe von 1.766,99 Euro festgesetzt. Dagegen habe die Bf eine Berufung eingebracht.
Begründung :
Gemäß § 2 Abs. 1 EnAbgVergG bestehe ein Anspruch auf Vergütung der Energieabgaben nur für Betriebe, deren Schwerpunkt nachweislich in der Herstellung körperlicher Wirtschaftsgüter bestehe. Die Körperlichkeit der Wirtschaftsgüter sei nicht vom Aggregatzustand abhängig, sodass sowohl feste als auch flüssige oder gasförmige Wirtschaftsgüter unter die Bestimmung fallen können. Entscheidend sei, dass durch chemische oder physikalische (auch mechanische) Einwirkung ein anderes Wirtschaftsgut entsteht.
Inwieweit man bei der Wasseraufbereitung von einem Dienstleistungsbetreib bzw. von einem Produktionsbetrieb zur Herstellung körperlicher Wirtschaftsgüter ausgehen könne, sei danach zu beurteilen, ob damit ein anderes Wirtschaftsgut, also ein Gegenstand anderer Marktgängigkeit, entstehe.
Nicht als Betrieb zur Produktion körperlicher Wirtschaftsgüter könne ein Betrieb angesehen werden, der Trinkwasser zu den Abnehmern transportiere, oder wenn Trinkwasser in Entsprechung der Trinkwasserverordnung bloß durch eine UV-Desinfektionsanlage geleitet werde. Es sei darauf abzustellen, ob die (chemischen, physikalischen oder ähnlichen) Prozesse, denen das Wasser unterzogen wird, tatsächlich dazu führen, dass z.B. aus nicht genießbarem Wasser reines Trinkwasser wird und insofern ein anderes Wirtschaftsgut entsteht.
Im vorliegenden Fall werde das Wasser über Förderpumpen transportiert, zwischengespeichert, gefiltert (Enteisenung und Entmanganisierung) sowie durch eine UV-Desinfektionsanlage geschickt, in Behälter gepumpt, um anschließend an die Abnehmer transportiert zu werden. Eine Begründung für das Vorliegen eines Produktionsbetriebes könne den Eingaben des Bf nicht entnommen werden. Es sei nicht beschrieben worden, um welches Ausgangsprodukt und um welches Endprodukt es sich überhaupt handle, worin die wesentliche Veränderung liege oder worin die wesentliche Bearbeitung bestehe, die zu einer Änderung der Marktgängigkeit führen könnte.
Dienstleistungsbetrieben stehe eine Energieabgabenvergütung nur für Jänner 2011 zu. Da gemäß oben angeführten Ausführungen kein Produktionsbetrieb vorliege, sei die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Mit Schreiben vom , das als Vorlageantrag anzusehen ist, teilte der Bf mit, dass die Begründung der Abweisung nicht nachvollziehbar sei und daher Einspruch erhoben werde. Nach einer Rekapitulierung des bisherigen Verfahrensablaufes erstattete der Bf folgendes Vorbringen:
„Dem Schreiben des Verbandes vom kann entnommen werden, worin die Tätigkeit des Wasserverbandes *** liegt, nämlich im Betrieb der Wasserwerke und der Wasserversorgungseinrichtungen. Wie die Bezeichnung Wasserwerke bereits deutlich widerspiegelt und im Schreiben des Verbandes vom detailliert beschreiben, liegt die Kerntätigkeiten des Wasserverbandes *** in der Aufbereitung von Grundwasser zu Trinkwasser durch eine chemische und physikalische Behandlung. Die einzelnen chemischen und physikalischen Behandlungsschritte sind dem obgenannten Schreiben detailliert zu entnehmen. Keinesfalls handelt es sich bei der Behandlung lediglich um eine Förderung des Wassers, um eine Zwischenspeicherung, um eine Filterung und um eine Durchleitung in einer UV-Desinfektionsanlage, wie in Ihrem Schreiben vom angeführt, auf das sich auch der Bescheid begründet.
Die wesentliche Bearbeitung, auf die sich der Antrag des Verbandes stützt, besteht in der chemischen und physikalischen Behandlung von Grundwasser, um daraus Trinkwasser gemäß Trinkwasserverordnung zu erzeugen. Ausgangsprodukt der Behandlung ist Grundwasser unterschiedlicher chemisch-physikalischer und mikrobiologischer Zusammensetzung. Endprodukt ist Trinkwasser gemäß Trinkwasserverordnung. Um die Entfernung von Eisen, Mangan und sonstigen unerwünschten Bestandteilen des Wassers zu ermöglichen, sind chemische und physikalische Prozesse notwendig, die in unseren bisherigen Erläuterungen auch detailliert beschrieben wurden.
Der Gesetzgeber hat daher bewusst auf eine Unterscheidung in der Behandlung des Wassers für die Anerkennung als Produktionsbetrieb und somit auf den Schwerpunkt der Herstellung körperlicher Wirtschaftsgüter geachtet. Wird Grund- oder Quellwasser ausschließlich in einer Desinfektionsanlage behandelt, dann ändert sich unabhängig einer vorgeschalteten Filteranlage die Zusammensetzung des Wassers nur marginal und es wird eigentlich kein anderes Wirtschaftsgut erzeugt, weshalb diese Wasserbehandlung auch nicht als betriebliche Tätigkeit im Sinne der Energieabgabenvergütung anerkannt wird. Das ist aber beim Betrieb von Wasserwerken mit Enteisenung und Entmanganisierungsanlagen nicht der Fall, denn dabei wird aus dem obgenannten Ausgangsprodukt durch chemische und physikalische Behandlungsschritte ein neues körperliches Wirtschaftsgut als Endprodukt erzeugt.
Die Richtlinie des BMF, GZ BMF-010220/0058-IV/9/2011 vom , besagt unter Punkt 4.2.1.2.3 auch deutlich, dass bei Körperschaften des öffentlichen Rechtes ein Vergütungsanspruch nur für Betriebe im Sinne der Energiesteuerrichtlinie besteht, im Wesentlichen somit für Betriebe gewerblicher Art im Sinne des § 2 KStG 1988, sofern ihre Tätigkeit schwerpunktmäßig in der Erzeugung körperlicher Wirtschaftsgüter liegt.
Gemäß § 2 Abs. 3 KStG 1988 werden Versorgungsbetriebe einer Körperschaft öffentlichen Rechts als einheitlicher Betrieb gewerblicher Art behandelt. Versorgungsbetrieb ist ein Betrieb, der die Bevölkerung mit Wasser versorgt. Das wird auch durch § 2 Abs. 3 UStG 1994 belegt, wo Wasserwerke stets als Betriebe gewerblicher Art gelten!
Die Aufbereitung von Trinkwasser in Wasserwerken durch Körperschaften des öffentlichen Rechts in Form von Betrieben gewerblicher Art gilt daher stets als Tätigkeit zur Erzeugung körperlicher Wirtschaftsgüter, unabhängig von der Tatsache ob es sich dabei im einen fiktiven Betrieb gewerblicher Art im Sinne des § 2 Abs. 5 UStG 1994 oder um einen Betrieb gewerblicher Art im Sinne des § 2 Abs. 3 KStG 1988 und § 2 Abs. UStG 1994 handelt, was auch durch die Richtlinie des BMF, GZ 09 4501/58-IV/9/00 vom im Absatz 2.3.1 unter Anmerkung 264 belegt wird.
Körperschaften öffentlichen Rechts sind juristische Personen, die durch einen öffentlich-rechtlichen Akt gegründet werden und grundsätzlich öffentliche Aufgaben erfüllen. Auf Grund der Erfüllung der öffentlichen Aufgabe der Trinkwasserversorgung und der Gründung des Verbandes nach dem Wasserrechtsgesetz hat der Wasserverband *** gemäß § 88 Abs. 2 WRG 1959 mit der Erlangung der Rechtskraft des Bescheides gemäß § 88 Abs. 1 WRG 1959 die Rechtspersönlichkeit einer Körperschaft öffentlichen Rechts erlangt.
Auf Grund obgenannter Umstände und aufbauend auf unseren bisherigen umfangreichen Erläuterungen der Kerntätigkeiten bei der Herstellung körperlicher Wirtschaftsgüter begründet sich auch die Anspruchsberechtigung des Wasserverbandes *** für die Energieabgabenvergütung für diese Kerntätigkeit der Wasseraufbereitung. Für diese Kerntätigkeit wendete der Wasserverband *** laut beiliegender Aufstellung im Jahr 2011 elektrische Energie im Ausmaß von 1,251.672 kWh auf, die dafür geleistete Energieabgabe betrug EUR 18.775,09.
Wir ersuchen um Durchsicht und Anerkennung unserer Vergütungsansprüche bzw. um Auskunft, gemäß welcher Gesetzeslage der Wasserverband *** nicht als Körperschaft öffentlichen Rechts oder als Betrieb gewerblicher Art gemäß KStG 1988 bzw. UStG 1994 gelten sollte bzw. keine Tätigkeit zur Herstellung körperlicher Wirtschaftsgüter für seine Kerntätigkeit der Wasseraufbereitung durchführen würde.“
Mit Vorhalt vom an die Abgabenbehörde verwies das Bundesfinanzgericht auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu einem ähnlich gelagerten Fall, in dem der Anspruch auf Energieabgabenvergütung eines Wasserwerks anerkannt wurde (). Das Finanzamt wurde um Stellungnahme zur Höhe der Energieabgabenvergütung ersucht. Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts sei für den einheitlichen Betrieb (und nicht nur für die "Kerntätigkeit" ohne Pumpwerke und Hochbehälter) des Bf die gesamte Energieabgabe 2011 der Berechnung des Vergütungsbetrages zugrunde zu legen.
Das Finanzamt schloss sich in der Stellungnahme vom für den Fall der Anerkennung des Anspruchs dem Grunde nach der Ansicht des Bundesfinanzgerichts an.
Das Bundesfinanzgericht hat über die Beschwerde erwogen:
Sachverhalt :
Der Bf ist als Wasserverband eine Körperschaft öffentlichen Rechts. Er betreibt mit Grundwasser aus mehreren Brunnen zwei Wasserwerke zur Aufbereitung von Trinkwasser. Im Wesentlichen wird das Wasser nach Zwischenspeicherung in einem Rohwasserbehälter in den Wasserwerken durch eine Belüftungsanlage (Oxidator) und Mehrschichtfilter mit Filterkies und Aktivkohle geleitet, um eine Enteisenung und Entmanganisierung vorzunehmen. Es kommt auch zu einer Abscheidung von Trüb- und Schwebstoffen sowie zu einer Änderung des pH-Wertes. Sodann erfolgt die Desinfektion in einer UV-Anlage. Schließlich wird das Trinkwasser in Hochbehälter gepumpt und an die Abnehmer geliefert. Es wird also aus Grundwasser durch chemische und physikalische Behandlung Trinkwasser gemäß Trinkwasserverordnung erzeugt. Die spezifischen Bearbeitungskosten des verkauften Trinkwassers belaufen sich auf 1,423 € pro m³.
Der Betrieb des Wasserverbandes ist aufgrund des wirtschaftlichen, technischen und organisatorischen Zusammenhanges wie auch nach der Verkehrsauffassung ein einheitlicher Betrieb gewerblicher Art bestehend aus Wasserwerken samt Pumpwerken, Hochbehälter und Leitungsnetz.
Der Bf hat eine Energieabgabenvergütung für 2011 in Höhe von 21.203,94 Euro beantragt. In der Berufung (Beschwerde) änderte der Bf sein Begehren auf die Erstattung einer Energieabgabenvergütung lediglich für die Kerntätigkeit der Wasseraufbereitung, auf Basis von Energieabgaben in Höhe von 18.904,40 Euro.
Strittig ist, ob es sich bei der Wasseraufbereitung durch den beschwerdeführenden Wasserverband um eine Tätigkeit handelt, deren Schwerpunkt nachweislich in der Herstellung körperlicher Wirtschaftsgüter besteht.
Rechtslage:
Ein Anspruch auf Vergütung besteht gemäß § 2 Abs. 1 EnAbgVergG 1993 idF BGBl I 111/2010 nur für Betriebe, deren Schwerpunkt nachweislich in der Herstellung körperlicher Wirtschaftsgüter besteht und soweit sie nicht die in § 1 Abs. 3 genannten Energieträger oder Wärme (Dampf oder Warmwasser), die aus den in § 1 Abs. 3 genannten Energieträgern erzeugt wurde, liefern.
Gemäß § 2 Abs. 3 UStG 1994 sind Körperschaften des öffentlichen Rechts nur im Rahmen ihrer Betriebe gewerblicher Art (§ 2 KStG 1988) ausgenommen solche, die gemäß § 5 Z 12 KStG 1988 von der Körperschaftsteuer befreit sind, und ihrer land- und forstwirtschaftlichen Betriebe gewerblich oder beruflich tätig. Als Betriebe gewerblicher Art im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten jedoch stets Wasserwerke sowie Anstalten zur Müllbeseitigung und zur Abfuhr von Spülwasser und Abfällen.
Würdigung der Sach- und Rechtslage:
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die "Herstellung" iSd § 2 Abs. 1 EnAbgVergG auf die Schaffung bisher nicht in dieser Form vorhandener Wirtschaftsgüter gerichtet (vgl. ). Dabei ist entscheidend, dass durch den Prozess der "Herstellung" ein Produkt anderer Marktgängigkeit entsteht (vgl. ).
In seiner neuesten Rechtsprechung hat der Verwaltungsgerichtshof den Anspruch auf Energieabgabenvergütung für ein Wasserwerk einer Stadtgemeinde für die Jahre 2011 und 2012 bestätigt. Dieses höchstgerichtliche Verfahren betraf ein Wasserwerk, das Rohwasser aus drei Brunnen und einem Uferfiltrat bezieht. Die Anlage dieses Wasserwerks besteht aus einem Rohwassersammelbehälter, einem Voroxidationsbehälter, einem Eisen- und Manganaufbereitungsbehälter, einem Aktivkohlefilterkessel, einer Ozonanlage, einem Tiefbehälter und Reinwasserpumpen zum Hochbehälter. Nach Aufbereitung des Rohwassers durch Ausscheiden von Eisen und Mangan, Entkeimung sowie Senkung der organischen Belastung wird das Reinwasser vom Hochbehälter auf die Ortsnetze verteilt ().
Im vorliegenden Fall ist ein vergleichbarer Sachverhalt gegeben. Es erfolgt in den Wasserwerken des Bf ebenfalls eine chemische und physikalische Aufbereitung des Rohwassers in mehreren Behandlungsschritten. Ein wesentlicher Unterschied zum Aufbereitungsvorgang des vom Verwaltungsgerichtshof beurteilten Wasserwerkes ist nicht erkennbar. Auch das vom Bf behandelte Rohwasser wird zu einem neuen Wirtschaftsgut mit einer anderen chemischen Zusammensetzung – nämlich Trinkwasser, das eine andere Marktgängigkeit aufweist als das nicht aufbereitete Wasser.
Dieser auch im Schriftsatz des Bundesfinanzgerichts vom vertretenen Ansicht ist die Abgabenbehörde in ihrer Stellungnahme vom nicht entgegengetreten.
Ergänzend wird auf Folgendes verwiesen:
Die Bearbeitungskosten des Bf beliefen sich auf 1,423 Euro pro m³, in dem oben erwähnten Fall () fielen Kosten von 1,02 Euro pro m³ an. Auch aus dem Vergleich dieser Bearbeitungskosten wird deutlich, dass man den Aufbereitungsvorgang in den Wasserwerken des Bf nicht als lediglich unwesentliche Bearbeitung des Rohwassers bezeichnen kann.
Der Betrieb des Wasserverbandes ist daher als Produktionsbetrieb zu qualifizieren, für den ein Anspruch auf Energieabgabenvergütung besteht.
Zur Höhe des zu vergütenden Betrages:
Die Vergütung ist zu gewähren, wenn der Schwerpunkt des Betriebes in der Herstellung körperlicher Wirtschaftsgüter besteht. Der Betrieb des Bf beinhaltet zweifellos auch eine Dienstleistungskomponente (Transport des Wassers zu den Abnehmern), wobei jedoch der Tätigkeitsschwerpunkt unbestritten in der Wasseraufbereitung und damit in der Produktion besteht. Da ein einheitlicher Betrieb vorliegt, wovon auch die Abgabenbehörde ausgeht (siehe Stellungnahme vom ), ist eine Aufteilung des Stromverbrauchs auf die Wasserwerke und Brunnen einerseits sowie auf Pumpwerke und Hochbehälter andererseits nicht gerechtfertigt. Die gesamte Energieabgabe 2011 ist der Berechnung des Vergütungsbetrages zugrunde zu legen.
Die Höhe der Energieabgabenvergütung für das Jahr 2011 wird daher wie folgt ermittelt:
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Umsätze gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 UStG: | 1.900.535,07 |
abzügl. Vorleistungen: | -2.465.801,75 |
Nettoproduktionswert: | 0,00 |
Geleistete Elektrizitätsabgabe | 22.348,88 |
1.489.888 kWh elektrische Energie x 0,0005 | -744,94 |
abzügl. Selbstbehalt: | - 400,00 |
Vergütungsbetrag: | 21.203,94 |
Zur Zulässigkeit einer Revision
Gegen dieses Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision nicht zulässig, da die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Das Erkenntnis stützt sich auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ().
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 2 Abs. 1 Energieabgabenvergütungsgesetz, BGBl. Nr. 201/1996 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.7101999.2014 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at