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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 04.03.2020, RV/5101511/2018

Großes Pendlerpauschale nur bei überwiegender Unzumutbarkeit

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Einzelrichter in der Beschwerdesache A., Adresse1, über die Beschwerden gegen die Bescheide des Finanzamtes Z. betreffend Einkommensteuer 2010 und 2011, zu Recht erkannt: 

  • Die Beschwerde vom gegen den Bescheid betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2010 vom wird als unbegründet abgewiesen.
     

  • Der mit Beschwerde vom angefochtene Bescheid betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2011 vom wird abgeändert.
    Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
     

  • Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang:

1. In der Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2010 vom machte die Beschwerdeführerin (in der Folge BF) unter anderem eine Pendlerpauschale in Höhe von EUR 3.372,00 geltend. In der Beilage gab sie an, von Jänner bis August 2010 jeweils einmal und im Zeitraum September bis Dezember 2010 jeweils dreimal pro Woche vom Wohnort zur Arbeitsstätte gependelt zu sein. Die Benützung eines öffentlichen Verkehrsmittels sei nicht möglich.

2.  Mit Einkommensteuerbescheid 2010 vom erfolgte eine erklärungsgemäße Veranlagung.  Dabei ergab sich eine Nachforderung in Höhe von EUR 113,43.

3. Mit wurde die Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2011 eingereicht. Beantragt wurden Sonderausgaben iHv. EUR 4.488,20 und Werbungskosten iHv. EUR 5.022,00.

4. Mit Bescheid vom wurde der Einkommensteuerbescheid 2010 gemäß § 299 BAO aufgehoben, da das Pendlerpauschale in unrichtiger Höhe gewährt worden sei. Im neu erlassenen Einkommensteuerbescheid 2010 vom ergab sich insgesamt eine Nachforderung iHv. EUR 1.370,09. Begründet wurde diese mit einer Anpassung des Pendlerpauschale, da von Jänner bis August 2010 aufgrund der nicht überwiegenden Zurücklegung der Wegstrecke im Lohnzahlungszeitraum kein Pendlerpauschale zustehe. Für September bis Dezember 2010 sei das kleine Pendlerpauschale für eine Wegstrecke von mehr als 60 km iHv. EUR 154,75 monatlich berücksichtigt worden.

5. Gegen den Einkommensteuerbescheid 2010 vom richtet sich die Berufung vom .  Darin verwies die BF auf das Verfahren betreffend die Einkommensteuerveranlagung 2008.  Der dort zugrundeliegende Sachverhalt liege auch im Jahr 2010 unverändert vor.

 6. Am erging das VwGH-Urteil 2010/13/0134-6 betreffend die Einkommensteuerveranlagung 2008 der Beschwerdeführerin. Der VwGH teilte die Rechtsansicht des Finanzamtes im Zusammenhang mit der Nichtberücksichtigung des Pendlerpauschale aufgrund der geringfügigen Beschäftigung der BF (1 Tag pro Woche) und hob die Berufungsentscheidung des RV/1060 W/10, wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes auf.  Das fortgesetzte Verfahren endete mit einer Gegenstandsloserklärung aufgrund der Zurücknahme der Beschwerde vom .

7. Mit Berufungsvorentscheidung vom wurde die Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid 2010 unter Bezugnahme auf das Erkenntnis des als unbegründet abgewiesen.  Zudem wurde ausgeführt, dass das große Pendlerpauschale nicht zustehe, weil die Fahrzeit mit dem öffentlichen Verkehrsmittel rund zwei Stunden, jene mit einem PKW jedoch etwa 70 Minuten betrage.

 8. Am erging der Einkommensteuerbescheid 2011 mit einer Nachforderung iHv. EUR 4.570,00. Demnach stehe für die Monate März bis Juni 2011 aufgrund des Hauptwohnsitzes in X. kein Pendlerpauschale zu. Für die restlichen acht Monate sei das kleine Pendlerpauschale über 60 km gewährt worden, da die Benützung eines öffentlichen Verkehrsmittels unter 2,5 Stunden möglich wäre und die Fahrtzeit mit einem PKW mehr als ein Drittel der Fahrtzeit mit dem öffentlichen Verkehrsmittel betrage.

 9. Nach zweimaliger Fristerstreckung langte am eine Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2011 ein. Darin beeinspruchte die BF die Nichtberücksichtigung des großen Pendlerpauschale in den Monaten Jänner, Februar und Juli bis Dezember 2011. Als Nachweis legte sie Ausdrucke aus dem Zeiterfassungssystem des Arbeitgebers für die Monate März, Mai, Juli und August 2011 vor.  Auch die Nichtberücksichtigung eines Pendlerpauschale für die Monate März bis Juni 2011 beanstandete die BF.

 10. Ebenfalls am brachte die Beschwerdeführerin einen Vorlageantrag bezüglich der Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid 2010 ein. Hierbei wurde ebenfalls die Nichtberücksichtigung des großen Pendlerpauschale über 60 km beanstandet, allerdings eingeschränkt auf den Zeitraum September bis Dezember 2010. Zum Nachweis legte die Beschwerdeführerin Ausdrucke aus dem Zeiterfassungssystem ihres Arbeitgebers für die Monate September bis Dezember 2010 bei.

11. In der Beschwerdevorentscheidung vom zum Einkommensteuerbescheid 2011 wurde für das ganze Jahr das kleine Pendlerpauschale über 60 km gewährt, wodurch sich die Abgabennachforderung von EUR 4.500,00 auf EUR 4.271,00 verringerte.

 12. Nach abermaliger Fristerstreckung wurde von der BF mit ein Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht betreffend die Einkommensteuerveranlagung 2011 eingebracht. Begründend führte die BF aus, dass für die Unzumutbarkeit der Benützung des öffentlichen Verkehrsmittels auf die individuellen Arbeitstage abzustellen sei und bei ihr als Teilzeitkraft daher die Grenze für das Überwiegen bei sechs Tagen liege.

13. Am legte die belangte Behörde die Beschwerden dem Bundesfinanzgericht vor, beantragte die Abweisung derselben und nahm wie folgt Stellung:
„Die große Pendlerpauschale steht in den streitgegenständlichen Jahren 2010 und 2011 nur zu, wenn die  Benützung eines Massenbeförderungsmittels zumindest hinsichtlich der halben Fahrtstrecke nicht möglich oder nicht zumutbar ist und die Fahrtstrecke zumindest 2 km beträgt.
Unzumutbarkeit (weil Unmöglichkeit) liegt jedenfalls vor, wenn ein Massenverkehrsmittel zumindest auf dem halben Arbeitsweg überhaupt nicht oder nicht zur erforderlichen Zeit (etwa während der Nacht) verkehrt. Auch eine lange Anfahrtszeit, eine körperliche Behinderung oder eine Krankheit können die Benützung eines Massenbeförderungsmittels unzumutbar machen.
Die Benützung eines öffentlichen Verkehrsmittels ist jedenfalls nicht mehr zumutbar, wenn für die einfache  Wegstrecke folgende Wegzeiten überschritten werden:
- unter 20 km: eineinhalb Stunden
- ab 20 km: zwei Stunden
- ab 40 km: zweieinhalb Stunden.

Die Benützung von Massenverkehrsmitteln ist auch dann unzumutbar, wenn die Fahrt mit diesen einerseits 90 Minuten überschreitet und andererseits die Fahrt mit den Massenverkehrsmitteln mehr als drei Mal so lang dauert wie mit dem PKW.

Die Wegzeit umfasst die Zeit vom Verlassen der Wohnung bis zum Arbeitsbeginn oder vom Verlassen der  Arbeitsstätte bis zur Ankunft in der Wohnung, also Gehzeit oder Anfahrtszeit zur Haltestelle des öffentlichen  Verkehrsmittels, Fahrzeit mit dem öffentlichen Verkehrsmittel, Wartezeiten usw.
Stehen verschiedene öffentliche  Verkehrsmittel zur Verfügung, ist bei Ermittlung der Wegzeit immer von der Benützung des schnellsten  öffentlichen Verkehrsmittels (z.B. Schnellzug statt Regionalzug, Eilzug statt Autobus) auszugehen. Darüber hinaus ist von einer optimalen Kombination zwischen Massenbeförderungs- und Individualverkehrsmittel (z.B.  Park & Ride) auszugehen. Dies gilt auch, wenn dadurch die Fahrtstrecke länger wird.

Bei gleitender Arbeitszeit berechnet sich die Wegstrecke nach der optimal möglichen Anpassung von Arbeitsbeginn und Arbeitsende an die Ankunfts- bzw. Abfahrtszeit des Verkehrsmittels, wobei die konkreten Möglichkeiten des Arbeitnehmers, Gleitzeit in Anspruch zu nehmen, zu berücksichtigen sind.

 Der VwGH hat bestätigt, dass die Möglichkeit der kombinierten Benützung privater und öffentlicher Verkehrsmittel bei der Prüfung der Zumutbarkeit der Verwendung von Massenverkehrsmitteln mit einzubeziehen ist (vgl. ).

Im konkreten Fall erfordert die Fahrt der gesamten Strecke lt. den vorliegenden Abfragen vom bzw. vom mit dem PKW eine Fahrzeit von knapp über einer Stunde und somit mehr als ein Drittel der Fahrzeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln von rund 2 Stunden 15 Minuten ohne Verwendung von Park & Ride. Daher kommt die große Pendlerpauschale aus dem Titel der wesentlich kürzeren Fahrzeit mit dem PKW nicht in Betracht.
Bei Kombination von öffentlichem Verkehrsmitteln und Individualverkehrsmitteln ergeben sich lt. den o.a. Abfragen Zeiten zwischen 1 Stunde 37 Minuten und 2 Stunden 1 Minute.
§ 2 Abs. 1 Z. 2 der Pendlerverordnung (gültig ab ) regelt, dass unter Zugrundelegung der Zeitdauer nach  Abs. 2 Folgendes gilt:
a) Bis 60 Minuten Zeitdauer ist die Benützung eines Massenbeförderungsmittels stets zumutbar.
b) Bei mehr als 120 Minuten Zeitdauer ist die Benützung eines Massenbeförderungsmittels stets unzumutbar.
c) Übersteigt die Zeitdauer 60 Minuten nicht aber 120 Minuten, ist auf die entfernungsabhängige Höchstdauer abzustellen. Diese beträgt 60 Minuten zuzüglich einer Minute pro Kilometer der Entfernung, jedoch maximal 120 Minuten. Angefangene Kilometer sind dabei auf volle Kilometer aufzurunden. Übersteigt die kürzeste mögliche Zeitdauer die entfernungsabhängige Höchstdauer, ist die Benützung eines Massenbeförderungsmittels unzumutbar.

 Eine Abfrage des Pendlerrechners hat ergeben, dass aktuell bis zu einem Arbeitsende um 20:24 Uhr die kombinierte Benützung von Massenbeförderungs- und Individualverkehrsmittel zumutbar ist. Bei einem Arbeitsende ab 20:25 Uhr liegt hingegen auch bei Kombination von Massenbeförderungsmittel und PKW Unzumutbarkeit bzw. Unmöglichkeit vor.

In den Beschwerden zu den Einkommensteuerbescheiden 2012 und 2013 gibt die Beschwerdeführerin an, dass sie in den Jahren 2012 und 2013 an jeweils drei Tagen pro Woche gependelt sei.  Diese Tage sind in den vorgelegten Nachweisen als "Tagdienst" erfasst.

Die Beschwerdeführerin hat in den Jahren 2012 und 2013 zusätzlich an noch einem oder zwei Tagen pro Woche von zu Hause aus gearbeitet. Diese Tage sind in den Nachweisen als "Arbeit/frei" eingetragen. 

Auch in den vorgelegten Zeitnachweisen für die Jahre 2010 und 2011 scheinen pro Woche drei Eintragungen mit der Bezeichnung "Tagdienst" und ein bis zwei Einträge mit dem Titel "Arbeit/frei" auf. Das Finanzamt geht daher davon aus, dass die Beschwerdeführerin auch in diesen Jahren nur dreimal pro Woche nach X. gependelt ist.

 Die Benützung eines Massenbeförderungsmittels in Kombination mit Park & Ride war der Beschwerdeführerin laut den vorgelegten Zeitnachweisen aufgrund der erfassten Arbeitszeiten im September, November und Dezember 2010 nur jeweils an einem Tag nicht möglich. Im Jahr 2011 trat diese Situation im März dreimal, im Juli sechsmal und im August zweimal auf.
Ein Überwiegen der Unzumutbarkeit der Benützung eines Massenbeförderungsmittels im Kalendermonat kann somit nicht festgestellt werden.

 Der Beschwerdeführerin steht daher auch nach der ab geltenden Pendlerverordnung, welche für sie im Hinblick auf die höchstzulässige Wegzeit/Zeitdauer günstiger ist, lediglich eine kleine Pendlerpauschale über 60 km zu.

Anmerkung: Die Beschwerden zu den Einkommensteuerbescheiden 2012 und 2013 werden gemäß § 271 Bundesabgabenordnung ausgesetzt.“

Über die Beschwerde wurde erwogen:

I. Aufgrund der Beweiswürdigung als entscheidungswesentlich festgestellter Sachverhalt:

1. Seit September 2010 pendelt die BF drei Mal pro Woche vom Wohnort zum Arbeitsplatz. Dies ergibt sich aus dem als „Beilage zur Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2010“ bezeichneten Schriftsatz der BF vom . Dies wurde von der belangten Behörde -wie aus dem Vorlagebericht hervorgeht- nicht bestritten.


2. Fahrtzeit von der Arbeitsstätte zum Wohnort:
Bei Kombination von öffentlichem Verkehrsmitteln und Individualverkehrsmitteln (Park & Ride) ergeben sich lt. den Abfragen im Routenplaner vom und vom und mittels Pendlerrechner vom Zeiten zwischen 1 Stunde 37 Minuten und 2 Stunden 1 Minute.
Die Strecke von der Arbeitsstätte bis X. Westbahnhof ist mit öffentlichen Verkehrsmitteln in etwa 40 Minuten zu erreichen. Die Zugverbindung von X. Westbahnhof nach Y. besteht stündlich, wobei mit einer Fahrzeit von unter einer Stunde zu rechnen ist. Die Fahrzeit mit dem PKW vom Parkplatz in Y. bis zum Wohnort (weniger als 50 % der Gesamtfahrtstrecke) wird mit etwa 40 Minuten angenommen.
Die BF konnte keinen Nachweis für eine Wegzeit von über 2,5 Stunden bei Benützung eines Massenbeförderungsmittels in Kombination mit Park & Ride erbringen.
Die Gesamtfahrzeit mit dem Pkw vom Wohnort zur Arbeitsstätte beträgt ca. 70 Minuten. Dies geht hervor aus der Abfrage im Routenplaner vom .


3. Unzumutbarkeit wegen tatsächlicher Unmöglichkeit:
Bei einem Arbeitsende nach 20:24 Uhr verkehrt auf der beschwerdegegenständlichen Wegstrecke kein öffentliches Verkehrsmittel mehr. Dies geht hervor aus der Abfrage im Pendlerrechner vom .
Laut den von der BF vorgelegten Arbeitszeiterfassungen lag das Arbeitsende am Arbeitsort in X. in folgendem Umfang nach 20:24 Uhr:
Im September, November und Dezember 2010 nur jeweils an einem Tag, im Jahr 2011 im März dreimal, im Juli sechsmal und im August zweimal.

II. Rechtslage

Gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 in der für den Streitzeitraum maßgeblichen Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 53/2013 gehörten zu den Werbungskosten Ausgaben des Steuerpflichtigen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Für die Berücksichtigung dieser Aufwendungen gilt:
a) Diese Ausgaben sind bei einer einfachen Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte bis 20 km grundsätzlich durch den Verkehrsabsetzbetrag (§ 33 Abs. 5) abgegolten.
b) Beträgt die einfache Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, die der Arbeitnehmer im Lohnzahlungszeitraum überwiegend zurücklegt, mehr als 20 km und ist die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zumutbar, dann werden zusätzlich als Pauschbeträge berücksichtigt:
Bei einer Fahrtstrecke von
20 km bis 40 km              […] Euro jährlich

40 km bis 60 km              […] Euro jährlich

über 60 km                      […] Euro jährlich
 

c) Ist dem Arbeitnehmer im Lohnzahlungszeitraum überwiegend die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zumindest hinsichtlich der halben Fahrtstrecke nicht zumutbar, dann werden anstelle der Pauschbeträge nach lit. b folgende Pauschbeträge berücksichtigt:
Bei einer einfachen Fahrtstrecke von

2 km bis 20 km                […] Euro jährlich

20 km bis 40 km              […] Euro jährlich

40 km bis 60 km              […] Euro jährlich

über 60 km                      […] Euro jährlich

Mit dem Verkehrsabsetzbetrag und den Pauschbeträgen nach lit. b und c sind alle Ausgaben für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte abgegolten. Für die Inanspruchnahme der Pauschbeträge hat der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber auf einem amtlichen Vordruck eine Erklärung über das Vorliegen der Voraussetzungen der lit. b und c abzugeben. Der Arbeitgeber hat die Erklärung des Arbeitnehmers zum Lohnkonto (§ 76) zu nehmen. Änderungen der Verhältnisse für die Berücksichtigung dieser Pauschbeträge muß der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber innerhalb eines Monates melden. Die Pauschbeträge sind auch für Feiertage sowie für Lohnzahlungszeiträume zu berücksichtigen, in denen sich der Arbeitnehmer im Krankenstand oder auf Urlaub (Karenzurlaub) befindet. Wird der Arbeitnehmer im Lohnzahlungszeitraum überwiegend im Werkverkehr (§ 26 Z 5) befördert, dann stehen ihm die Pauschbeträge nach lit. b und c nicht zu. Erwachsen ihm für die Beförderung im Werkverkehr Kosten, dann sind diese bis zur Höhe der sich aus lit. b und c ergebenden Beträge als Werbungskosten zu berücksichtigen.

III. Rechtliche Würdigung

Strittig ist, ob die Benutzung eines Massenverkehrsmittels in den jeweiligen Kalendermonaten der Jahre 2010 und 2011 überwiegend unzumutbar war und somit der BF das große Pendlerpauschale gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 lit. c EStG in der Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 53/2013 zusteht.
Dazu sind die Begriffe „unzumutbar“ und „überwiegend“ zu klären.

Unzumutbarkeit:
Der Gesetzgeber regelte vor der Novelle BGBl. I Nr. 53/2013 nicht, unter welchen Voraussetzungen die Benützung eines Massenbeförderungsmittels nicht zumutbar ist.
Nach der Verwaltungspraxis sowie nach UFS-Entscheidungen zur Rechtslage vor der Novelle BGBl. I Nr. 53/2013 liegt Unzumutbarkeit in folgenden Fällen vor:
(1) Unzumutbarkeit wegen tatsächlicher Unmöglichkeit, wenn zumindest auf dem halben Arbeitsweg ein Massenverkehrsmittel überhaupt nicht oder nicht zur erforderlichen Zeit (Nachtarbeit) verkehrt (s auch RV/ 0449-F/09);
(2) Unzumutbarkeit wegen einer dauernden starken Gehbehinderung;
(3) Eintragung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlichen Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung oder Blindheit im Behindertenpass;
(4) der Arbeitnehmer leidet unter einer Erkrankung, die auch ein länger­fristig deutlich erhöhtes Infektionsrisiko nach sich zieht;
(5) Unzumutbarkeit wegen langer Anfahrtszeit ist dann gegeben, wenn folgende Wegzeiten pro einfacher Wegstrecke überschritten werden:
unter 20 Kilometer: 1,5 Stunden ( , unter Bezugnahme auf die Gesetzesmaterialien;
unter 25 Kilometer: 1,5 Stunden);
ab 20 Kilometer: 2 Stunden;
ab 40 Kilometer: 2,5 Stunden.

Das Erkenntnis RV/0054-I/04, verweist auf die Gesetzesmaterialien, nach denen eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlichen Verkehrsmittel dann vorliegt, wenn die Fahrt zur Arbeitsstätte und retour mit öffentlichen Verkehrsmitteln mehr als drei Mal so lange dauert wie mit dem privaten Pkw. Daraus ließe sich ableiten, dass sich die Zeitstaffel an den Gesetzesmaterialien orientiere und diese Zeitstaffel den unbestimmten Begriff der „Unzumutbarkeit“ für die Allgemeinheit praktikabel festlege, ohne dass in jedem Einzelfall genaue Vergleiche von Fahrzeiten angestellt werden müssten.

Die Lohnsteuerrichtlinien (Rz.255), sind dieser Ansicht teilweise gefolgt; die Benützung des Massenbeförderungsmittels war bis zur Novelle BGBl. I Nr. 53/2013 jedenfalls zumutbar, wenn die Wegzeit für die einfache Wegstrecke nicht mehr als 90 Minuten beträgt, und jedenfalls unzumutbar, wenn die Wegzeit mehr als 2,5 Stunden beträgt. Für Zeiten dazwischen ist die Benützung des Massenbeförderungsmittels zumutbar, wenn die Wegzeit mit dem Massenbeförderungsmittel höchstens dreimal so lange dauert wie die Fahrzeit mit dem Kfz.
Bei der Berechnung der Wegzeit ist die Möglichkeit der kombinierten Verwendung von öffentlichen und privaten Verkehrsmitteln einzubeziehen (VwGH 2006/15/0319). Dies selbst dann, wenn dem BF kein Kfz zur Verfügung steht ().

Eine Unzumutbarkeit wegen tatsächlicher Unmöglichkeit aufgrund eines Arbeitsendes nach 20:24 Uhr lag im beschwerdegegenständlichen Monaten nie an mehr als 10 Tagen vor.
Da die Fahrtzeit mit dem Pkw ca. 70 Minuten dauert und die Wegzeit mit dem Massenbeförderungsmittel weniger als dreimal so lange dauert, liegt auch in dieser Hinsicht keine Unzumutbarkeit vor.

Überwiegend:
Die Voraussetzungen für das kleine wie auch das große Pendlerpauschale müssen in zeitlicher Hinsicht im Lohnzahlungszeitraum (s § 77 EStG) überwiegend vorliegen (). Dabei ist allerdings nicht -wie die BF vermeint- auf die individuellen Arbeitstage abzustellen.
Für den vollen Kalendermonat können auf Grund einer Durchschnittsbetrachtung 20 Arbeitstage angenommen werden, sodass ein Pendlerpauschale nur dann zusteht, wenn im Kalendermonat an mindestens 11 Tagen die Strecke Wohnung – Arbeitsstätte – Wohnung zurückgelegt wird. Diesen Rechtsstandpunkt hat auch der VwGH in seinen Erkenntnissen und , eingenommen.
Der VwGH stellte fest, dass die aliquote Gewährung des Pendlerpauschales bei nicht überwiegendem Pendeln im Rahmen einer Vollzeitbeschäftigung nach der Rechtslage vor der Novelle BGBl. I Nr. 53/2013, die kein Pendlerpauschale ohne "überwiegendes" Pendeln kannte, nicht möglich war. Eine Gewährung eines aliquoten Pendlerpauschales für Teilzeitbeschäftigte würde zu einer Ungleichbehandlung führen.
Aus demselben Grund ist auch die Gewährung eines großen Pendlerpauschales bei Teilzeitbeschäftigten, bei denen nur bezogen auf ihre individuellen Arbeitstage eine Unzumutbarkeit vorliegt, nicht möglich.
Einem Vollzeitbeschäftigten stand gemäß der Rechtslage vor der Novelle BGBl. I Nr. 53/2013 ein großes Pendlerpauschale nur zu, sofern die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zumindest an 11 Tagen im Monat nicht zumutbar war. Die Gewährung eines großen Pendlerpauschales für Teilzeitbeschäftigte, bei denen eine Unzumutbarkeit an weniger als 11 Tagen im Monat vorliegt, würde zu einer Ungleichbehandlung führen.

Da ein Überwiegen der Unzumutbarkeit der Benützung eines Massenbeförderungsmittels in keinem Kalendermonat festgestellt werden konnte, steht der BF kein großes Pendlerpauschale zu.

Kleines Pendlerpauschale:

Da die BF ab September 2010 drei Mal pro Woche und somit im Lohnzahlungszeitraum überwiegend über eine Strecke von über 60 km pendelte, steht ihr für den Zeitraum von September bis Dezember 2010 das kleine Pendlerpauschale iHv. insgesamt 619 Euro zu, welches bereits im Einkommensteuerbescheid 2010 vom berücksichtigt wurde.

Wie in der Beschwerdevorentscheidung 2011 bereits anerkannt wurde, steht der BF für das gesamte Kalenderjahr 2011 das kleine Pendlerpauschale iHv. insgesamt 2.016 Euro zu, da sie überwiegend über eine Strecke von 60 km pendelte.

IV. Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im gegenständlichen Fall konnte sich das Bundesfinanzgericht auf die in den rechtlichen Erwägungen des Erkenntnisses wiedergegebene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (insbesondere ), bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.
Daher hängt die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtfrage ab, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Linz, am

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Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at