Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 29.01.2020, RV/5101217/2018

Frühestmöglicher Zeitpunkt des Beginns einer Lehre nach Beendigung des Präsenzdienstes

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/5101217/2018-RS1
Der frühestmögliche Beginn einer Lehre nach Abschluss des Präsenzdienstes setzt zeitgerechte Bewerbungen um eine Lehrstelle voraus. Nur wenn die für die Erlangung einer Lehrstelle erforderlichen Schritte ohne dem Lehrstellenwerber anzulastende Verzögerungen gesetzt werden und dessen ungeachtet ein Beginn mit der Lehrausbildung nicht unmittelbar nach Beendigung des Präsenzdienstes möglich ist, entsteht für den Zeitraum zwischen Ende des Präsenzdienstes und tatsächlichem Beginn der Lehre ein Beihilfenanspruch gemäß § 2 Abs. 1 lit. e FLAG.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache BF, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Freistadt Rohrbach Urfahr vom zu VNR 001, mit dem ein Antrag der Beschwerdeführerin vom , eingelangt am , auf Gewährung der Familienbeihilfe für das Kind K (VNR 002) für den Zeitraum Juli 2016 bis Jänner 2017 abgewiesen wurde, in der am durchgeführten mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Sachverhalt

Mit einem am unterfertigten und am beim Finanzamt eingelangten Formblatt Beih 1 beantragte die Beschwerdeführerin die Gewährung der Familienbeihilfe für ihren Sohn für den Zeitraum „ab wegen Lehrstellensuche und Lehre“.

Aktenkundig ist dazu der für die Ausbildung im Lehrberuf Koch zwischen der H GmbH als Lehrberechtige und dem Sohn der Beschwerdeführerin abgeschlossenen Lehrvertrag, der als Lehrzeit den Zeitraum bis angibt.

Das Finanzamt wies den Beihilfenantrag mit Bescheid vom für den Zeitraum Juli 2016 bis Jänner 2017 ab. Einen Beihilfenanspruch begründend wären nur „Zeiten einer Berufsausbildung bzw. –fortbildung; Zeiten zwischen dem Abschluss einer Schulausbildung und dem frühestmöglichen Beginn bzw. der frühestmöglichen Fortsetzung der Berufsausbildung; Zeiten zwischen der Beendigung des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes und dem Beginn bzw. der frühestmöglichen Fortsetzung der Berufsausbildung; das dauernde Unvermögen, sich selbst wegen einer Behinderung Unterhalt zu verschaffen.“

Für den Zeitraum ab Februar 2017 (Beginn der Lehre) wurde dagegen Familienbeihilfe gewährt.

Gegen den Abweisungsbescheid richtet sich die am eingelangte Beschwerde, in der ausgeführt wurde:

„Mein Sohn K musste nach Ablegung der Matura im Juli 2015 auf den Einberufungsbefehl warten und hat bis zur Einberufung im Jänner 2016 freiwillige ehrenamtliche Sozialdienste bei der Caritas geleistet. In dem gesamten Jahr bis Ende des Prasenzdienstes erhielt ich keine Familienbeihilfe, obwohl er selbstverständlich weiterhin von mir mitversorgt wurde zum Zwecke des Wohnens, Essens, Kleidung und Mobilität. Die Präsenzdienstbestätigung habe ich mit meinem Antrag auf Familienbeihilfe bereits bei Ihnen persönlich abgegeben.

Gleich nach Ende des Präsenzdienstes bemühte er sich aktiv um eine Lehrstelle und erhielt seinen ersten Termin beim AMS am 25. Juli (siehe Bestätigung). Da das AMS bis September keine geeignete Lehrstelle anbieten konnte, kümmerte sich mein Sohn in Folge selbständig um weitere Bewerbungen (er wurde ja nicht einmal sozialversichert noch hatte er natürlich einen Anspruch auf eine Leistung nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 oder eine Beihilfe zur Deckung des Lebensunterhaltes durch das Arbeitsmarktservice).

Glücklicherweise hat mein Sohn noch einige Mails auf seinem Computer gespeichert, sodass ich Ihnen zum Beweis Kopien davon mitschicken kann (für die Zukunft wissen wir nun, dass wir wirklich alles aufbewahren müssen).

Es muss doch klar sein, dass nicht am Tag der Arbeitsaufnahme erst mit der Stellensuche begonnen werden kann, mehrere Schnuppertage mussten absolviert werden, Mails und das Warten auf Antworten, das dauert ja Zeit, 6 Monate dafür einzurechnen ist doch nicht übertrieben, sondern realistisch! Wie ja glücklicherweise auch nach § 2 Abs. 1 lit. b bis e Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) in der ab gültigen Fassung die genannten Voraussetzungen für den Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder die folgende Anspruchsbegründung bestimmt sind:

Zeiten zwischen der Beendigung des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes und dem Beginn bzw. der frühestmöglichen Fortsetzung der Berufsausbildung sind anspruchsbegründend. Da ich seit August 2016 in Alterspension bin, was mein Einkommen um 1/3 schmälert und ich außerdem alleinerziehend bin (der Kindesvater wurde 2006 abgeschoben) und noch drei meiner vier Kinder sich in Ausbildung befinden, kann ich auf die dringend notwendige Familienbeihilfe verständlicherweise unmöglich verzichten. Auch Alimente bekommen die Kinder nicht.

Aufstellung der noch verfügbaren per Mail verfassten Lehrstellengesuche:

bis Lehrstellensuche über das AMS

Bewerbung beim Cafe M

A

17.10.- - 23. 1. - Bewerbungsprocedere bei B

9.- - Bewerbungsprocedere C

18.11.- - 1.2.- Bewerbungsprocedere D

Leider scheint inzwischen alles noch komplizierter zu werden als bisher; unglaublich, wieviele Male ich den vergangenen Herbst 2016 und im Frühjahr 2017 beim Finanzamt war, um meine Ansprüche geltend zu machen. Auch wenn ich nun in Pension bin, gibt es ja im Haushalt mit Maturantin, Kochlehrling und Studentin noch ausreichend zu tun.“

Der Beschwerde waren die darin erwähnten Bewerbungsmails, eine Bestätigung des AMS vom , dass der Sohn der Beschwerdeführerin in der Zeit von bis als Arbeit suchend vorgemerkt war, sowie eine Bestätigung der Caritas vom angeschlossen, dass er eine Tätigkeit als freiwilliger Mitarbeiter der Caritas „beginnt“.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde ab und begründete dies im Wesentlichen damit, dass als frühestmöglicher Zeitpunkt im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. e FLAG jener erste Zeitpunkt gelte, zu dem nach Beendigung des Präsenzdienstes die Ausbildung begonnen werden konnte. Werde dieser Zeitpunkt nicht wahrgenommen, erlösche der Anspruch auf Familienbeihilfe für die gesamte Zwischenzeit. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass die Entscheidung für eine Art der Berufsausbildung zu einem bestimmten Zeitpunkt noch nicht festgestanden sei bzw. erst nach Ende der Anmeldefrist getroffen wurde. Der frühest mögliche Zeitpunkt sei somit jener, zu dem die Aufnahmevoraussetzungen erfüllt sind und die Ausbildung somit begonnen hatte werden hätte können. Dies unabhängig davon, ob Anmeldefristen zu beachten, Vorbereitungskurse zu absolvieren oder Aufnahmeprüfungen zu bestehen gewesen waren (idS vgl. Hebenstreit in Csaszar/Lenneis/Wanke, FLAG, § 2 Rz 132). Der Sohn der Beschwerdeführerin sei in der Zeit von bis , nachdem er am aus dem Präsenzdienst entlassen wurde, als Arbeitssuchender beim Arbeitsmarktservice Linz vorgemerkt gewesen. Laut den vorgelegten Unterlagen könne davon ausgegangen werden, dass er sich ab Oktober 2016 selbstständig um eine Lehrstelle bemüht hatte, aber aus den verschiedensten Gründen erst mit tatsächlich eine Lehre begonnen hatte. In diesem Zusammenhang verwies das Finanzamt auf die Entscheidung des , und vertrat die Ansicht, dass das Risiko, für einen begehrten Ausbildungsplatz nach einer zeitlich vorgestaffelten Bewerbung nicht aufgenommen zu werden, allen Berufsausbildungen immanent sei, die keinen unbeschränkten Zugang haben und daher auch auf Berufsausbildungen wie die „Lehrausbildung“ anwendbar sei. Grundsätzlich könne eine Lehre zu jedem Zeitpunkt im Jahr begonnen werden, der überwiegende Ausbildungsstart finde jedoch im September des jeweiligen Jahres statt. Der Sohn der Beschwerdeführerin sei mit aus dem Präsenzdienst entlassen worden. Um den Tatbestand des frühestmöglichen Zeitpunktes des Beginns der Berufsausbildung im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. e FLAG zu erfüllen, hätte er die Lehre spätestens im September 2016 beginnen müssen. Da er aber „erst mit Oktober 2016 mit der Lehrstellensuche begonnen habe (zuvor arbeitssuchend und nicht lehrstellensuchend beim AMS gemeldet)“, wären die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 lit. e FLAG für den Anspruch auf Familienbeihilfe für den Zeitraum zwischen Präsenzdienst und Ausbildungsbeginn nicht erfüllt.

Im Vorlageantrag vom wurde ergänzend zur Beschwerde auf folgende Umstände hingewiesen:

„Familienbeihilfe gebührt gemäß § 2 Abs. 1 lit. d für volljährige Kinder, die das vierundzwanzigste Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen dem Abschluss der Schulausbildung und dem Beginn einer weiteren Berufsausbildung, wenn die weitere Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Abschluss der Schulausbildung begonnen wird. In gleicher Weise ist auch Familienbeihilfe nach § 2 Abs. 1 lit. e für volljährige Kinder zu gewähren, die das vierundzwanzigste Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen der Beendigung des Präsenz-, oder Ausbildungs- oder Zivildienstes und dem Beginn oder der Fortsetzung der Berufsausbildung, wenn die Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach dem Ende des Präsenz- oder Zivildienstes begonnen oder fortgesetzt wird.

Im gegenständlichen Fall hat K zum frühestmöglichen Zeitpunkt sein Lehrverhältnis angetreten und ist schon in der Beschwerde sowie im voran gegangenen Behördenverfahren seitens der Antragstellerin dargelegt und entsprechend unter Beweis gestellt worden, dass nach den persönlichen Fähigkeiten und Möglichkeiten ihres Sohnes dieser zum frühestmöglichen Zeitpunkt seine Berufsausbildung angetreten hat. Es wurden diverse Bewerbungsschreiben vorgelegt und die Beschwerdeführerin hat entsprechend darauf hingewiesen, dass unter Bedachtnahme auf die Möglichkeiten am Arbeitsmarkt ihr Sohn K zum frühestmöglichen Zeitpunkt seine Tätigkeit als Lehrling aufnahm. Die belangte Behörde hat sich allerdings nicht mit der Frage auseinandergesetzt, warum sie (anscheinend) vermeint, es sei K möglich gewesen, schon zu einem früheren Zeitpunkt seine Berufsausbildung aufzunehmen. Hier ist die Behörde offenbar von einem im Gesetz gar nicht enthaltenen Maßstab ausgegangen, wenn vermeint wurde, es hätte schon im September die Aufnahme des Lehrverhältnisses erfolgen können bzw. müssen. Frühestmöglich begreift zwei Adjektive in sich (zusammengesetztes Wort), nämlich einerseits frühest und andererseits möglich. Es geht also nicht darum, eine theoretische Möglichkeit zu erkunden, sondern die konkreten und subjektiv gegebenen Fähigkeiten des betreffenden Ausbildungskandidaten zu erforschen und danach zu beurteilen, ob der Betreffende (im konkreten Fall K) vorwerfbar eine Zeit ungenutzt verstreichen ließ oder entsprechend seiner Möglichkeiten eben zum ersten Termin die Berufsausbildung (hier Lehrverhältnis) antrat.

Woraus die belangte Behörde entnimmt, es hätte K konkret die Möglichkeit gehabt, schon früher - also im September 2016 - die Lehre anzutreten, ist nicht hervorgekommen und wird auch nicht begründet. Dadurch hat die belangte Behörde das Verfahren mit wesentlichen Mängeln behaftet, bei deren Vermeidung sich ergeben hätte, dass K sehr Wohl zum frühestmöglichen Zeitpunkt das Lehrverhältnis antrat. Daher ist wegen relevanter Mangelhaftigkeit des Verfahrens der Bescheid zu beheben und in Abänderung des Bescheides auf Zuerkennung der Familienbeihilfe auch während des Zeitraumes nach dem Präsenzdienst und vor dem Beginn des Lehrverhältnisses zu erkennen.

Wenn die belangte Behörde in der Beschwerdevorentscheidung das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , GZ 2011/16/0057 anführt, so ist im dort entschiedenen Fall die konkret begonnene Berufsausbildung des Sohnes des die Familienbeihilfe begehrenden Beschwerdeführers durch Inskription bereits im Sommersemester 2007 möglich gewesen, wogegen der Sohn des Beschwerdeführers erst ab dem Wintersemester 2007/2008 inskribierte. Im gegenständlichen Fall geht es demgegenüber um die Frage, wann der frühestmögliche Zeitpunkt für den Sohn der Beschwerdeführerin gewesen ist, einer Berufstätigkeit als Lehrling nachzugehen. Die Behörde behauptet hier, dies sei spätestens im September 2016 möglich gewesen, unternimmt jedoch keine Bemühungen, diese Behauptung auch durch Beweisergebnisse zu unterlegen, geschweige denn ein Beweisverfahren zu dieser wichtigen Fragestellung durchzufuhren. Dadurch hat die belangte Behörde das Verfahren mit wesentlichen Verfahrensmängeln belastet, was entweder zur ergänzenden Beweisaufnahme und anschließenden Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht führen muss oder zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides und zur Zurückverweisung der Rechtssache an die belangte Behörde zur ergänzenden Beweisaufnahme und nachfolgenden neuerlichen Entscheidung.

In rechtlicher Hinsicht sei weiters darauf hingewiesen, dass das Familienlastenausgleichsgesetz in dessen § 2 eine Mehrzahl von verschiedenartigen Tatbeständen enthält, die jedoch in richtiger Rechtsanwendung in Abstimmung zueinander angewandt werden müssen. Wenn etwa Studenten in diversen Fällen zumindest ein Semester pro Studienabschnitt zuerkannt wird, um welches die vorgesehene Mindeststudiendauer überschritten werden darf und auch diverse andere Gründe eine Verlängerung des Leistungsbezuges an Familienbeihilfe rechtfertigen, so ist es auch bei dem konkreten Fall des Antrittes des Lehrverhältnisses durch K so, dass ihm eben ein entsprechender Zeitraum zugebilligt werden muss, innerhalb welchem von ihm nach Absolvierung des Präsenzdienstes zum frühestmöglichen Zeitpunkt der Antritt des Lehrverhältnisses bewerkstelligt werden konnte. Es ist nicht sachgerecht, hier überzogene Maßstäbe anzusetzen und ohne Bedachtnahme auf die konkreten (subjektiven) Möglichkeiten des Betroffenen Leistungen abzuerkennen, obwohl eben gar nicht untersucht wurde, ob diesem überhaupt ein früherer Zeitpunkt des Antrittes des Lehrverhältnisses möglich gewesen wäre. Selbst wenn aus der Diktion des Gesetzes „frühestmöglicher Zeitpunkt“ ableitbar sein sollte, dass es Sache des Anspruchsberechtigten ist, die Nutzung des Zeitraumes bis zum Antritt des Lehrverhältnisses entsprechend unter Beweis zu stellen, so hat dies die Beschwerdeführerin gerade getan. Sie bietet die Einvernahme ihres Sohnes K als Zeugen an und ihre eigene Einvernahme als Beschwerdeführerin, dies zum Beweis dafür, dass eben ohne schuldhaftes Zögern und zielstrebig zum frühestmöglichen Zeitpunkt das Lehrverhältnis durch K angetreten wurde und dieser zuvor die Erlangung einer entsprechenden Lehrstelle zielstrebig betrieben hat.

Bei verständiger Interpretation der Gesetzesbestimmung „frühestmöglicher Zeitpunkt“ muss davon ausgegangen werden, dass nicht gemeint sein kann, dass in Zeiten einer relevanten Jugendarbeitslosigkeit und eines evidenten Lehrstellenmangels geradezu Unmögliches von den betroffenen Jugendlichen bzw. jungen Erwachsenen verlangt werden soll. Unter Bedachtnahme auf die Kriterien, die den Studierenden die Einhaltung der Mindeststudiendauer zzgl. eines Semesters (bei Absolvierung des ersten Studiumabschnittes in der Mindeststudiendauer kann beim nächsten Studienabschnitt auch dieses eine zusätzliche Semester sozusagen mitgenommen werden) erlauben und unter Bedachtnahme darauf, dass diverse zusätzliche Gründe wie etwa Krankheit, eine Verlängerungsmöglichkeit beinhalten, wäre es als gleichheitswidrig anzusehen, wenn die strengen Maßstäbe gelten würden, wie sie von der belangten Behörde in der Berufungsvorentscheidung herangezogen werden. Es muss vielmehr auch auf empirische Umstände richtiger Ansicht nach Rücksicht genommen werden, sodass die zielgerichteten Versuche zur Erlangung der angestrebten Lehrstelle während einer Zeitdauer, die evidenter Maßen im Normalfall benötigt wird, nicht anspruchsvernichtend sein dürfen. Frühestmöglich ist also richtiger Ansicht nach dahin auszulegen, dass die notwendige Zeitspanne bis zum Erlangen und dem Antritt eines angestrebten Lehrberufes nicht anspruchsvernichtend oder anspruchshemmend ist. Ob hier eine vorwerfbare Säumnis eintrat, wäre unter Bedachtnahme auf die Verhältnisse am Arbeitsmarkt insgesamt und im Bereich der verfügbaren Lehrstellen konkret zu ermitteln. Da auch Studenten ein zusätzliches Semester über die Mindeststudiendauer hinaus zugestanden wird, muss richtiger Rechtsansicht nach unter dem frühestmöglichen Zeitpunkt ein solcher Zeitpunkt verstanden werden, der eben bei verständigender Würdigung der Möglichkeiten des Lehrstellensuchenden ihm es auch konkret ermöglicht, eine Lehrstelle zu finden und anzutreten, wenn nur überhaupt ein Lehrstellenangebot in dem angestrebten beruflichen Kontext vorhanden ist. Zum Beweis dafür, dass die Lehrstellensuche zielgerichtet gewesen ist und K zum (für ihn konkret, wie auch für jeden vergleichbaren, pflichtbewussten Altersgenossen möglichen) frühestmöglichen Zeitpunkt die Lehrstelle angetreten hat, wäre die Einholung eines Gutachtens eines SV aus dem Bereich der Berufskunde erforderlich gewesen. Es wird daher die Einholung eines Gutachtens eines Sachverständigen aus dem Bereich der Berufskunde zum Beweis dafür, dass im Bereich des von K angestrebten Lehrberufes nach der Struktur der Lehrberufe insgesamt und der Angebote im Bereich des Großraumes Linz im speziellen der frühestmögliche Zeitpunkt zum Antritt des Lehrberufes nicht versäumt wurde, hiermit beantragt. Es wird darauf hingewiesen, dass im Bereich des Landesgerichtes Linz für derartige Begutachtungen im Bereich des Arbeits- und Sozialgerichts regelmäßig Herr Ao. Univ.-Prof. Dr. G, herangezogen wird.

Zusammenfassend wird gestellt der Antrag:

Es möge das Bundesfinanzgericht über die Beschwerde dahingehend entscheiden, dass in Abänderung des angefochtenen Bescheides der belangten Behörde der Zuspruch der Familienbeihilfe im vollen, beantragten Ausmaß erfolgt. Hilfsweise möge der angefochtene Bescheid behoben und die Rechtssache zur ergänzenden Beweisaufnahme und neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde zurückverwiesen werden. Beweisaufnahmen mögen in einer mündlichen Verhandlung über die Beschwerde erfolgen, deren Durchführung hiermit ausdrücklich beantragt wird.“

In einem Aktenvermerk vom über ein Telefonat mit dem für den Sohn der Beschwerdeführerin zuständig gewesenen Mitarbeiter beim AMS Linz (S) hielt das Finanzamt fest:

„Laut Aufzeichnungen des AMS Linz gab es nur einen Termin zu dem Herr K gekommen ist. Das war der . Er hat sich als Arbeitsuchend (nicht als Lehrstellensuchend gemeldet, vgl. vorgelegte Bestätigung vom !) gemeldet. Es gibt außer dieser Bestätigung keine weiteren Aufzeichnungen, Unterlagen, Betreuungsvereinbarungen.

Einen zweiten Termin gab es schon am , den hat aber Herr K nicht mehr wahrgenommen. Der Grund für das Nichterscheinen ist dem AMS unbekannt. Das AMS kann sich nicht dazu äußern, ob Herr K Bewerbungen geschrieben hat bzw. sich auf Lehrstellen beworben hat (sich also ernsthaft um eine Job bemüht hat), da es keine Betreuungsvereinbarung gab und Herr K ansonsten zu seinen Bewerbungen Rückmeldungen an das AMS geben hätte müssen. Wie oben schon erwähnt, erschien er zum zweiten Termin nicht.

Des Weiteren wurde mir mitgeteilt, dass es aber nicht schwer sei eine entsprechende Lehrstelle gerade im Bereich der Gastronomie als Koch zu finden (in dieser Sparte lassen sich leicht Lehrstellen finden, da sich laufend Angebote ergeben, auch jetzt für 2017 gibt es ein breites Angebot); die Lehrstelle kann zu jeder Zeit im Jahr begonnen werden.

Das AMS bietet für Jugendliche bis zum 25. Lebensjahr ein breites Spektrum an Fortbildungen/Weiterbildungen an (Wifi Kurzausbildung, Lehrabschlüsse ohne Lehrbetrieb, Möglichkeiten einer verkürzten Lehrausbildung, ...).

Auch wenn sich jemand nur beim AMS als Arbeitsuchend vormerkt und keine Leistungen bezieht (Arbeitslose), kann um Unterstützung bzgl. Lehrstellensuche, Orientierung bzgl. Jobsuche, Bewerbungsschreiben, Bewerbungsgespräch (Ablauf, Struktur, ...) oder Rückmeldung der Firmen bzgl. Bewerbungen ansuchen. Diese Unterstützungen können gerade die Jugendlichen (bis 25) verstärkt in Anspruch nehmen. Im Fall K wäre das kein Problem gewesen, da dieser bereits volljährig war und die Matura hatte.“

Aus den vorgelegten Aktenteilen kann nicht entnommen werden, dass das Ergebnis dieser Erhebungen der Beschwerdeführerin zur Kenntnis gebracht oder weitere Erhebungen durchgeführt worden wären; dennoch blieb der Akt bis zu einer Urgenz des Rechtsvertreters im August 2018 unbearbeitet. Erst daraufhin legte das Finanzamt die Beschwerde mit Vorlagebericht vom dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.

In Entsprechung eines Auskunftsersuchens des Bundesfinanzgerichtes vom teilte das Arbeitsmarktservice Linz am mit, dass der Sohn der Beschwerdeführerin von bis beim AMS als arbeitssuchend, nicht lehrstellensuchend, vorgemerkt gewesen sei. Dies hätte auf Wunsch auch die Vermittlung einer Lehrstelle eingeschlossen. Aus der bei seinem Erstkontakt am formulierten Betreuungsvereinbarung sei allerdings nicht ersichtlich, dass der Sohn der Beschwerdeführerin überhaupt eine Lehrstelle gesucht hätte; vielmehr nenne diese Vereinbarung die Suche nach einer Stelle als Produktionsarbeiter als Ziel der AMS-Bemühungen. Hätte der Sohn der Beschwerdeführerin eine Lehrstelle als Koch gesucht, so wäre im Juli 2016 mit hoher Wahrscheinlichkeit eine solche verfügbar gewesen. Zum damaligen Zeitpunkt wie auch heute seien zahlreiche offene Stellen, aber auch Lehrstellen als Köche vorhanden. Sehr wahrscheinlich wäre wegen des hohen Bedarfs der Wirtschaft dafür auch keine Unterstützungsmaßnahme erforderlich gewesen. Das konkrete Lehrstellenangebot für den Lehrberuf Koch im Großraum Linz für den Zeitraum Juli bis September 2016 könne vom AMS heute nicht mehr festgestellt oder auch nur annähernd zu treffend geschätzt werden, da solche historischen Unterlagen nicht geführt würden.

Konkrete Angaben zum Lehrstellenangebot im beschwerdegegenständlichen Zeitraum waren auch der Wirtschaftskammer OÖ nicht möglich.

Internet-Recherchen des Bundesfinanzgerichtes ergaben, dass auch im beschwerdegegenständlichen Zeitraum Lehrstellen als Koch/Köchin ausgeschrieben waren. So schrieb etwa der Sozialhilfeverband Urfahr-Umgebung eine Lehrstelle als Koch im Bezirksseniorenheim Walding mit Beginn ab September 2016 aus. Der Sozialhilfeverband Freistadt schrieb eine Lehrstelle als Koch im Bezirksseniorenheim Lasberg ab August/September 2016 aus.

Im Dezember 2019 waren in der Lehrstellenbörse des AMS im Großraum Linz 26 Lehrstellen für Koch/Köchin ausgeschrieben.

Die Wirtschaftskammer OÖ weist auf ihrer Homepage zur Lehrstellensuche darauf hin, dass mit der Lehrstellensuche ein Jahr von dem gewünschten Start der Lehre begonnen werden soll . Für die Suche stünden mehrere Online-Angebote zur Verfügung. Freie Lehrstellen könnten in der Lehrstellenbörse von WKO und AMS abgefragt werden. Häufig seien auf den Unternehmens-Websites auch offene Lehrstellen ausgeschrieben. Eine Übersicht verschiedener Lehrstellen- und Jobbörsen finde sich z.B. auf BIC-at. Alle Betriebe, die Lehrlinge ausbilden oder im letzten Jahr ausgebildet hätten, fänden sich in der Lehrbetriebsübersicht der WKÖ (für den Lehrberuf Koch werden in der Lehrbetriebsübersicht der WKÖ derzeit 478 Betriebe ausgewiesen, die in Oberösterreich Lehrlinge ausbilden). Man könne sich bei diesen Unternehmen um eine Lehrstelle bewerben und bekomme einen sehr guten Überblick, wie viele Ausbildungsplätze prinzipiell in einzelnen Berufen vorhanden wären (www.wko.at./service/bildung-lehre/lehrstellensuche.html).

Am wurden die Parteien und der als Zeuge namhaft gemachte Sohn der Beschwerdeführerin zu der für den anberaumten mündlichen Verhandlung geladen.

Mit Eingabe vom teilte der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin mit, dass diese ohne sein Beisein zur mündlichen Verhandlung erscheinen werde; dies erfolge aus Gründen der Ersparnis von Vertretungskosten. Das Vollmachtsverhältnis zum ausgewiesenen Rechtsvertreter bleibe im Übrigen ausdrücklich aufrecht.

In der am durchgeführten mündlichen Verhandlung wurde der Sohn der Beschwerdeführerin antragsgemäß als Zeuge einvernommen. Dabei wurde festgestellt, dass der Zeuge im Schuljahr 2013/14 die 12. Klasse der A-Schule besuchte und diese am abgeschlossen hat. Die Externistenreifeprüfung wurde rund ein Jahr später am abgelegt. In der Zwischenzeit von Juli 2014 bis Juli 2015 ist der Zeuge in den Schulen B-Schule, C-Schule und im Gymnasium von verschiedenen Lehrern auf die Externistenprüfung vorbereitet worden. Nach Ablegung der Reifeprüfung im Juli 2015 hat der Zeuge bis zum Antritt des Präsenzdienstes am freiwillige ehrenamtliche Sozialdienste bei der Caritas geleistet. Im August 2015 ( bis ) war er kurzzeitig als Arbeiter bei der Fa. x-GmbH beschäftigt. Zum Inhalt dieser Tätigkeit gab der Zeuge an, dass er als Zimmererassistent gearbeitet hat. Die Einberufung zum Präsenzdienst hat er relativ kurz vor ab Leistung des Präsenzdienstes erhalten nachdem dem er sich selbst um eine möglichst rasche Einberufung gekümmert hat. In der Zeit vom bis hat er den Präsenzdienst abgeleistet. Im Zeitraum bis war er beim AMS als arbeitssuchend gemeldet. Im aktenkundigen Versicherungsdatenauszug wird der Zeuge für den Zeitraum bis als „geringfügig beschäftigter Arbeiter“ beim Verein A geführt. Zu den dort verrichteten Tätigkeiten gab der Zeuge an, dass er bei einem Weinfest für ein bis zwei Tage (ein Wochenende) als Security ausgeholfen hat. Zur aktenkundigen Bestätigung der Caritas Oberösterreich vom , derzufolge der Sohn der Beschwerdeführerin dort (neuerlich) eine Tätigkeit als freiwilliger Mitarbeiter begonnen hatte, erklärte der Zeuge, dass er in einem Flüchtlingsheim Deutschunterreicht erteilt habe. Zur Beschwerdebehauptung, in der Zeit vom bis über das AMS eine Lehrstellensuche gesucht zu haben, wurde dem Zeugen der Aktenvermerk des Finanzamtes vom vorgehalten. Der Zeuge gab dazu an, dass er selbstständig eine Lehrstelle gesucht hat. Zur weiters vorgehaltenen Stellungnahme des AMS vom gab der Zeuge an, dass er einmal in einer Produktion gearbeitet habe und eine handwerkliche Lehre beginnen wollte; er habe sich aber dann für Koch entschieden. Auf Vorhalt, dass Nachweise für Bewerbungen um eine Lehrstelle erst ab Oktober 2016 aktenkundig seien, gab der Zeuge an, dass er Mitte September 2016 mit der Lehrstellensuche als Koch begonnen habe. Auf die Frage, welche Informationsquelle der Zeuge über offene Lehrstellen verwendet habe, gab er an, dass er einerseits das Internet und andererseits Freunde, die auch in Gastronomie arbeiten, gefragt habe. Er habe ein paar Freunde, die auch in der HBLA gewesen wären, und die habe er dann auch gefragt. Dem Zeugen wurden konkrete Lehrstellenangebote (Stellenausschreibung des Sozialhilfeverbandes Freistadt und Stellenausschreibung des Sozialhilfeverbandes Urfahr-Umgebung) vorgehalten, die einen Beginn der Lehre bereits im August bzw. September 2016 ermöglicht hätten. Der Zeuge erklärte dazu, dass er etwas in Linz gesucht habe; dies hätte auch etwas mit der finanziellen Lage zu tun gehabt. Er habe in näherer Umgebung gesucht. Vom Richter wurde schließlich noch auf die Empfehlung der Wirtschaftskammer OÖ verwiesen, mit der Suche um eine Lehrstelle ein Jahr vor dem gewünschten Start der Lehre zu beginnen (www.wko.at./service/bildung-lehre/lehrstellensuche.html) und kurz die von der Wirtschaftskammer erteilten Ratschläge zur Unterstützung bei der Suche nach einer Lehrstelle aufgezählt. Der Zeuge erklärte dazu, dass er (während des Präsenzdienstes) in V gewesen sei und es ihm nicht wirklich möglich gewesen wäre, früher zu suchen.

In der mündlichen Verhandlung wurde durch den Richter weiters der Beschluss verkündet, dass der im Vorlageantrag vom gestellte Antrag auf Einholung eines Gutachtens eines Sachverständigen aus dem Bereich der Berufskunde zum Beweis dafür, dass im Bereich des von K angestrebten Lehrberufes nach der Struktur der Lehrberufe insgesamt und der Angebote im Bereich des Großraumes Linz im speziellen der frühestmögliche Zeitpunkt zum Antritt des Lehrberufes nicht versäumt wurde, abgewiesen wird. Begründet wurde dies im Wesentlichen damit, dass im gegenständlichen Fall entscheidungswesentlich sei, ob sich der Sohn der Beschwerdeführerin zeitgerecht um eine Lehrstelle als Koch beworben hat. Nach den Erhebungen des BFG stehe ausreichend fest, dass konkrete Lehrstellen verfügbar gewesen wären, hinsichtlich derer sich der Sohn der Beschwerdeführerin bewerben hätte können, um bereits ab "August/September 2016" (Stellenausschreibung des Sozialhilfeverbandes Freistadt) bzw. ab September 2016 (Stellenausschreibung des Sozialhilfeverbandes Urfahr-Umgebung) mit der Lehre als Koch zu beginnen. Außerdem wären auch nach den Angaben des AMS im Zeitraum unmittelbar nach Beendigung des Präsenzdienstes „mit hoher Wahrscheinlichkeit“ Lehrstellen als Koch verfügbar gewesen. Für die Schlüssigkeit dieser Angaben spricht auch der Umstand, dass für den Lehrberuf Koch z.B. im Dezember 2019 in der Lehrstellenbörse des AMS im Großraum Linz 26 Lehrstellen ausgeschrieben waren, und in OÖ weit über 400 Betriebe Lehrlinge im Lehrberuf Koch ausbilden, wie der Lehrbetriebsübersicht der Wirtschaftskammer zu entnehmen ist (Link auf der oben zitierten Website: Lehrberuf Koch/Köchin; Bundesland Oberösterreich). In der Lehrlingsstatistik der Wirtschaftskammer OÖ für 2016 gehörte damals der Lehrberuf Koch zu den TopTen der Lehrberufe und wurden 593 Lehrlinge in diesem Jahr ausgebildet (www.wko.at/service/ooe/bildung-lehre/Lehrlingsstatistik-OOe-2016.pdf). Der Richter wies darauf hin, dass gegen diesen verfahrensleitenden Beschluss ein abgesondertes Rechtsmittel nicht zulässig ist.

Die Vertreterin des Finanzamtes erklärte (zur Frage, ob im Sommer 2016 ausreichend Lehrstellenangebote für den Lehrberuf Koch in Linz verfügbar gewesen wären), dass es nach ihren Erhebungen im Juni 2017 10 offene Lehrstellen in Linz gegeben hat. Auf einer Internetseite der Wirtschaftskammer stehe, dass in Linz 73 Lehrbetriebe Köche ausbilden würden.

Das Finanzamt beantragte daher eine Abweisung der Beschwerde, die Beschwerdeführerin eine Stattgabe derselben und die Gewährung der Familienbeihilfe für den strittigen Zeitraum.

Sodann wurde in der mündlichen Verhandlung am das Erkenntnis wie im Spruch verkündet (§ 280 Abs. 1 lit. g BAO).

Beweiswürdigung

Als Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahmen geht das Bundesfinanzgericht davon aus, dass der Sohn der Beschwerdeführerin am seinen Präsenzdienst beendet hatte, jedoch erst im September 2016 konkret mit der Suche einer Lehrstelle als Koch begonnen hat (Aussage als Zeuge in der mündlichen Verhandlung; aktenkundige Bewerbungen ab Oktober 2016). Ferner ist es erwiesen, dass unmittelbar nach Beendigung des Präsenzdienstes konkrete Lehrstellen ausgeschrieben waren (zitierte Stellenausschreibungen der Sozialhilfeverbände) und mit hinreichender Sicherheit ausreichende weitere Stellenausschreibungen für eine Lehrstelle als Koch vorhanden waren, die – eine rechtzeitige Bewerbung vorausgesetzt – den Antritt einer Lehrstelle unmittelbar nach Beendigung des Präsenzdienstes ermöglicht hätten (Angaben des AMS, in der mündlichen Verhandlung vorgebrachte Erhebungen des Finanzamtes; Lehrlingsstatistik 2016).

Rechtslage

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. e FLAG idF BGBl I 144/2015 haben Anspruch auf Familienbeihilfe Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen der Beendigung des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes und dem Beginn oder der Fortsetzung der Berufsausbildung, wenn die Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach dem Ende des Präsenz- oder Zivildienstes begonnen oder fortgesetzt wird.

Erwägungen

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der frühestmögliche Zeitpunkt im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. e FLAG nach rein objektiven Kriterien zu beurteilen . Persönliche oder andere nicht unmittelbar mit der Berufsausbildung im Zusammenhang stehende Gründe sind bei der Beurteilung, ob eine Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt begonnen wurde, unbeachtlich (; Lenneis/Wanke, FLAG, 2. Auflage, § 2 Tz 132). Der Zeitpunkt, zu dem sich der Sohn der Beschwerdeführerin für die Absolvierung der Lehrausbildung als Koch entschieden hat, ist als rein persönliche Entscheidung ein solch persönlicher Grund, dem bei der gegenständlichen Beurteilung keine Bedeutung zugemessen werden kann, da es andernfalls im Belieben des anspruchsvermittelnden Kindes stünde, den Beihilfenanspruch nach § 2 Abs. 1 lit. e FLAG unbegrenzt auszudehnen: würde beispielsweise der Entschluss, diesen Lehrberuf zu ergreifen, erst ein halbes Jahr (oder beliebig später) nach Absolvierung des Präsenzdienstes gefasst und sodann – wenn auch unverzüglich – mit der Bewerbung um eine Lehrstelle begonnen, würde aus Sicht des anspruchsvermittelnden Kindes frühestmöglich mit dieser Berufsausbildung begonnen. Dass ein solches Auslegungsergebnis aber weder Sinn und Zweck dieser Bestimmung, noch dem Willen des Gesetzgebers entspräche, bedarf keiner näheren Erörterung.

In der genannten Entscheidung hatte der Verwaltungsgerichtshof einen Fall zu beurteilen, in dem für den Bewerber um die Aufnahme in den Exekutivdienst im Zeitpunkt der Abgabe seiner Bewerbung noch nicht absehbar war, wann der konkrete Beginn der Ausbildung erfolgen werde. Der Verwaltungsgerichtshof sprach daher aus (Hervorhebung durch das BFG):

27 Ist von einem Bewerber jedoch der Zeitpunkt des tatsächlichen Ausbildungsbeginns nicht ersichtlich und ist daher nicht berechenbar, wann (wie lange vor Ende des Präsenz- oder Ausbildungsdienstes oder des Zivildienstes) er sich bewerben müsste, um möglichst unmittelbar nach Ende des Präsenz- oder Ausbildungsdienstes oder des Zivildienstes mit der Ausbildung beginnen zu können, so würde nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes eine Auslegung des § 2 Abs. 1 lit. e FLAG, vom Bewerber zu fordern, sich gleichsam "auf gut Glück" möglichst lange vor dem Ende des Präsenz- oder Ausbildungsdienstes oder Zivildienstes zu bewerben, um "möglichst rasch" nach Ende dieses Dienstes mit der Ausbildung beginnen zu können, der Bestimmung einen unsachlichen Inhalt beimessen.

28 Vielmehr ist dem Erfordernis des § 2 Abs. 1 lit. e FLAG dann entsprochen, wenn die Bewerbung um eine solche Ausbildung unmittelbar nach dem Ende des Präsenz- oder Ausbildungsdienstes oder des Zivildienstes erfolgt und in weiterer Folge die bis zum tatsächlichen Ausbildungsbeginn erforderlichen Schritte (etwa Antreten zu Bewerbungsgesprächen, Aufnahmeprüfungen udgl.) ohne dem Bewerber anzulastende Verzögerung gesetzt werden.

Im Fall der Bewerbung um eine Lehre ist dagegen den Stellenausschreibungen der Lehrbetriebe regelmäßig zu entnehmen, ab wann die Besetzung der Lehrstelle erfolgen soll und bis zu welchem Termin die Bewerbungen um die Lehrstelle abgegeben werden müssen. Anders als in dem vom Verwaltungsgerichtshof entschiedenen Fall ist daher in den Fällen einer Bewerbung um eine Lehrstelle bei entsprechender Information durch den Lehrstellenbewerber sehr wohl bekannt bzw. in Erfahrung zu bringen, bis wann er sich bewerben muss, damit er mit der Lehre zu einem bestimmten Zeitpunkt beginnen kann.

Dazu kommt, dass nach den oben zitierten Empfehlungen der Wirtschaftskammer mit der Lehrstellensuche ein Jahr vor dem gewünschten Start der Lehre begonnen werden sollte. Bei vorhersehbarer Beendigung des Präsenzdienstes im Juli 2016 wäre es daher angeraten gewesen, nach Ablegung der Matura (Juli 2015) mit der Lehrstellensuche zu beginnen, um frühestmöglich nach Ende des Präsenzdienstes mit dieser Berufsausbildung beginnen zu können. Tatsächlich hat der Sohn der Beschwerdeführerin aber erst im September 2016, und damit mehr als ein Jahr nach Ablegung der Matura bzw. auch erst geraume Zeit nach Beendigung des Präsendienstes () mit der Lehrstellensuche begonnen. Diese Verzögerungen führten dazu, dass mit der Lehre erst am – und damit nicht mehr frühestmöglich im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. e FLAG – begonnen wurde.

Zu den im Vorlageantrag angestellten Vergleichen mit Studenten wird bemerkt, dass auch nach der Bestimmung des § 2 Abs. 1 lit. d FLAG für die Zeit zwischen Abschluss der Schulausbildung (z.B. Matura) und Beginn einer weiteren Berufsausbildung (z.B. Studium) ein Beihilfenanspruch nur dann besteht, wenn die weitere Berufsausbildung zum „frühestmöglichen Zeitpunkt“ nach Abschluss der Schulausbildung begonnen wird. Tatsächlich beginnen die mittlerweile zahlreichen Zulassungsverfahren zu verschiedenen Studien generell bereits im Frühjahr, und damit zu Zeitpunkten, zu denen der Studienwerber regelmäßig noch über kein Reifeprüfungszeugnis verfügt. Besucht beispielsweise ein Kind die 8. Klasse einer allgemeinbildenden höheren Schule und legt es dort die Reifeprüfung im Juni eines bestimmten Jahres ab, so muss es bereits an dem in der Zeit von April bis Mai dieses Jahres durchgeführten Aufnahmeverfahren etwa an der Universität Wien teilgenommen haben (Registrierung für das Aufnahmeverfahren und Antrag auf Zulassung zum Studium), damit es im Herbst dieses Jahres tatsächlich dort beispielsweise mit dem Studium Volkswirtschaftslehre beginnen kann. Nimmt es an diesem Aufnahmeverfahren nicht teil, sondern erkundigt es sich etwa erst nach abgelegter Reifeprüfung über die Zulassungsvoraussetzungen für dieses oder ein anders Studium mit Zugangsbeschränkung, verliert es ein ganzes Jahr, da es in diesem Fall erst am nächsten Aufnahmeverfahren im nachfolgenden Frühjahr teilnehmen kann und aus diesem Grund auch das Studium dann erst im folgenden Studienjahr begonnen werden kann. Auch in einem solchen Fall (Reifeprüfung im Juni eines Jahres, Studienbeginn im Oktober des Folgejahres) liegt kein „frühestmöglicher Beginn“ des Studiums vor (). § 2 Abs. 1 lit. d FLAG wird daher dahingehend ausgelegt, dass das Kind grundsätzlich dafür Sorge zu tragen hat, dass es die an die Schulausbildung anschließende Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt beginnen kann (vgl. mit Hinweis auf ).

Nichts anderes gilt für die Bestimmung des § 2 Abs. 1 lit. e FLAG. Der Sohn der Beschwerdeführerin hätte daher dafür Sorge müssen, dass er frühestmöglich nach Abschluss des Präsenzdienstes die Lehre als Koch beginnen kann. Das hätte zeitgerechte Bewerbungen um eine solche Lehrstelle vorausgesetzt, was gegenständlich aber nicht der Fall war. Hätte dagegen der Sohn der Beschwerdeführerin die für die Erlangung einer Lehrstelle erforderlichen Schritte ohne ihm anzulastende Verzögerungen gesetzt und wäre ungeachtet dessen ein Beginn mit der Lehrausbildung nicht unmittelbar nach Beendigung des Präsenzdienstes, sondern beispielsweise etwa erst im Oktober oder November 2016 möglich gewesen, dann wäre für diesen Zwischenzeitraum (vom Ende des Präsenzdienstes bis zum tatsächlichen Beginn der Lehre) ein Beihilfenanspruch gemäß § 2 Abs. 1 lit. e FLAG entstanden.

Im gegenständlichen Fall sind aber aus den angeführten Gründen die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 lit. e FLAG nicht erfüllt, weshalb sich der angefochtene Bescheid als rechtmäßig erweist und damit spruchgemäß zu entscheiden war.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Da im gegenständlichen Verfahren die entscheidungsrelevanten Rechtsfragen bereits ausreichend durch die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () geklärt sind, und die Entscheidung von dieser Rechtsprechung nicht abweicht, ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig.

Linz, am

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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.5101217.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at