Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 03.02.2020, RV/5101956/2016

Schätzung eines Kfz-Pfuschers

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin AB in der Beschwerdesache Bf., inZZZ, über die Beschwerde vom gegen die zur StNr. xxxx ergangenen Bescheide der belangten Behörde Finanzamt Linz vom , betreffend Einkommensteuer 2013 und 2014, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, zu Recht erkannt: 

Entscheidungsgründe

I. Sachverhalt

Der Beschwerdeführer (in der Folge kurz: Bf.) ist von Beruf Betriebsschlosser und LKW-Fahrer und bezog bis Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, anschließend bis Arbeitslosengeld und Notstandshilfe. Danach sind keine offiziellen Einkünfte mehr feststellbar.

Der Bf. hat in den Jahren 2005 bis 2012 eine Kfz-Reparaturwerkstatt und einen Ersatzteilhandel ohne aufrechte Gewerbeberechtigung betrieben und die dabei vereinnahmten Entgelte nicht erklärt. Die für diese Jahre geschätzten Einkünfte aus Gewerbebetrieb (zwischen 7.500 € und 15.000 €) wurden der Einkommensbesteuerung unterworfen. Sämtliche Bescheide blieben unbeeinsprucht und erwuchsen in Rechtskraft.

Dem Finanzamt wurde durch eine am eingelangte anonyme Anzeige bekannt, dass der Bf. auch in den Jahren 2013 und 2014 seine Tätigkeiten im Bereich des Kfz-Gewerbes fortgesetzt hat. In Zusammenarbeit mit der Finanzpolizei wurde daher die Betriebsstätte des Bf. in Ort1 einer Kontrolle unterzogen.

Die Besichtigung der Werkstätte am ergab, dass dort regelmäßig Fahrzeuge repariert und zahlreiche Ersatzteile gelagert wurden. Diese Wahrnehmungen wurden umfassend fotografisch dokumentiert. Aus den vorliegenden Aufnahmen ist eindeutig zu erkennen, dass sich in dieser zu einer Werkstätte umgebauten Scheune eine Hebebühne und zahlreiche für die Reparatur von Kraftfahrzeugen erforderliche Werkzeuge befinden. Die Scheune ist vollgeräumt mit Fahrzeugteilen offenbar ausgeschlachteter Altfahrzeuge und Reifen. Auf der Hebebühne sowie dahinter sind zwei Fahrzeuge mit Linzer Kennzeichen zu erkennen. Der Bf. wurde zum Zeitpunkt der Nachschau bei Arbeiten an einem dieser Fahrzeuge angetroffen. Außerhalb der Werkstätte sind auf den Fotos ein Container für Altmetall und mindestens sieben Fahrzeuge ohne amtliches Kennzeichen zu erkennen.

Darüber hinaus erzielte der Bf. Einnahmen aus der Entsorgung von Altmaterial, was sich aus den vorliegenden Gutschriften eines Metallrecyclingunternehmens ergibt. Demnach hat der Bf. in den Jahren 2013 und 2014 Beträge in Höhe von rund 7.100 € und 2.000 € lukriert.

Aufzeichnungen über seine Einnahmen und Ausgaben führte der Bf. nicht.

Bei der vorliegenden Beweislage ist davon auszugehen, dass der Bf. auch in den Jahren 2013 und 2014 in der bei Ort1 gemieteten Scheune Reparaturen an Kraftfahrzeugen durchgeführt und einen Ersatzteilhandel betrieben hat, ohne dafür Rechnungen auszustellen und die dabei erzielten Einkünfte zu erklären.

Die belangte Behörde nahm daher im Rahmen einer Prüfung gemäß § 147 Abs 1 iVm § 99 Abs 2 FinStrG auf Grund fehlender Aufzeichnungen und Nachweise zur Herkunft der Mittel zur Bestreitung des laufenden Lebensunterhaltes, für die beschwerdeanhängigen Jahre eine Schätzung der Besteuerungsgrundlagen (Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von jeweils 12.000 €) vor und setzte mit Bescheiden von Einkommensteuer für die Jahre 2013 und 2014 in Höhe von jeweils 343 € fest.

Bei der Schätzung ging die belangte Behörde von den Mindeststandards gemäß OÖ. Mindestversicherungsverordnung (Stand 2013) aus. Sie zog den Grundbetrag für eine Person von rund 870 € sowie den Steigerungsbetrag von 611 € für eine weitere volljährige Person heran und rechnete diese Monatsbeträge auf ein Jahr hoch, was einen Betrag von rund 17.700 € ergibt. Nach Abzug der Einkünfte der Lebensgefährtin (Notstandshilfe und Krankengeld) errechnen sich geschätzte Einkünfte in Höhe von rund 12.000 € jährlich.

II. Beweiswürdigung

Am bestritt der Bf. niederschriftlich, ein Gewerbe auszuüben. Sein Lebensunterhalt werde aus Mitteln seiner Lebensgefährtin und seiner Kinder (C und D E) sowie aus den Einnahmen seines gewerblichen Unternehmens in Tschechien bestritten. Die bei der Nachschau vorgefundenen Fahrzeuge würden Mitglieder der X gehören und von ihm unentgeltlich repariert werden. Die Miete für die Halle betrage 440 €. Er sei eigentlich Untermieter und zahle die Miete in bar an F G, dem offiziellen Mieter. Hinsichtlich seines Unternehmens in Tschechien gab der Bf. an, dass er immer dann dort sei, wenn er etwas reparieren könne und Geld brauche. Jeden März reiche er Steuererklärungen in Tschechien ein.

Abgesehen davon, dass die Behauptung des Bf., er habe Fahrzeuge für Mitglieder der X unentgeltlich repariert, jeglicher allgemeiner Lebenserfahrung widerspricht und völlig unglaubwürdig erscheint, widerspricht sich der Bf. selbst, indem er in seiner elektronisch eingebrachten Beschwerde vom angibt, in den Jahren 2013 und 2014 einen Verlust bzw einen Gewinn aus seiner Tätigkeit erzielt zu haben, wenn auch die von ihm bekannt gegebenen Beträge als unrealistisch einzuschätzen sind. In zeitlich späteren Eingaben gab der Bf. schließlich auch zu, „Trinkgelder“ für seine Leistungen erhalten zu haben.

Damit hat der Bf. zu verstehen gegeben, sehr wohl gegen Bezahlung gewerblich tätig gewesen zu sein. Auch die per Mail vorgelegten Kopien von Kalenderblättern für die Jahre 2013 und 2014 sprechen eindeutig dafür, dass der Bf. laufend Dienstleistungen (wie etwa Reifen wuchten, Ölwechsel oder Bremsenreparaturen) gegen Entgelt (2013: rund 2.100 €; 2014: rund 2.400 €) erbracht hat. Ob diese händisch durchgeführten Eintragungen nachträglich erstellt wurden, lässt sich aus den Kopien nicht erkennen. Fakt ist jedenfalls, dass die Kalenderblätter erst nach Ergehen der Beschwerdevorentscheidung dem Finanzamt von einem Freund des Bf. übermittelt wurden, obwohl der Bf. bereits während der Außenprüfung aufgefordert wurde, alle steuerlich bedeutsamen Unterlagen vorzulegen.

Da es der Bf. unterlassen hat, seine Barbewegungen ordnungsgemäß täglich und fortlaufend aufzuzeichnen und sich auch im Laufe des Beschwerdeverfahrens regelmäßig widersprochen hat, ist davon auszugehen, dass der Bf. nicht alle Einnahmen lückenlos erfasst hat. Der Aufforderung der belangten Behörde dazu nähere Angaben zu machen und weitere Einnahmen offen zu legen, kam er nicht nach.

Darüber hinaus sprechen auch die im Zuge der Kontrolle gemachten Aufnahmen vom Inneren der Halle für eine aktive gewerbliche Tätigkeit. Schon allein auf Grund der Tatsache, dass der Bf. nicht die Mühe gescheut hat, einen Großteil dieser Unmengen von Autoteilen und Reifen von der Halle in Ort2 in die Scheune bei Ort1 zu übersiedeln, zeigt von der Absicht Gewinne zu erzielen. Während der mündlichen Verhandlung gab der Bf. zu, beabsichtigt zu haben, diese auch später einmal verwerten zu wollen. Dass es zu dieser Verwertung aber nie gekommen sei, ist als unglaubwürdige Schutzbehauptung zu werten.

In diesem Zusammenhang ist außerdem die anonyme Anzeige vom zu sehen, wonach der Bf. in einer gemieteten Scheune bei Ort1 eine Pfuscherwerkstätte betreibt. Er habe vieles, wenn nicht sogar alles „schwarz“ abgerechnet. Im Lichte obiger Ausführungen erscheinen diese Angaben der Wahrheit entsprechend.

Auch sein Einwand, er habe gesundheitliche Probleme, überzeugt nicht. So wurde der Bf. in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, dass er doch im Zuge der behördlichen Kontrolle bei Arbeiten an einem Fahrzeug angetroffen wurde und selber angegeben habe, Reparaturen durchzuführen. Daraufhin gab der Bf. zu, dass er, wenn es sein Gesundheitszustand zugelassen hat, sehr wohl tätig geworden ist.

Der Behauptung, er habe in der Tschechischen Republik ein Unternehmen betrieben, sind die Auskünfte der tschechischen Finanzbehörde entgegen zu halten, wonach der Bf. weder 2013 noch 2014 ein zu versteuerndes Einkommen erzielt hat. Auch sonst liegen keine Beweise vor, dass der Bf. tatsächlich außerhalb von Österreich tätig geworden ist. Im Akt befinden sich zudem zwei Schreiben an das Finanzamt in Krumlov vom und , worin der Bf. erklärt hat, in den Jahren 2013 und 2014 in Tschechien kein zu versteuerndes Einkommen erzielt zu haben. Der Bf. wurde in der mündlichen Verhandlung darauf angesprochen. Er trat dieser Feststellung nicht entgegen, womit seine Angaben, in der Tschechischen Republik Einkünfte erzielt zu haben, nicht der Wahrheit entsprechen.

Die Frage der Richterin, ob er in den Jahren 2009 bis 2012 Anzeigen im Internet mit seiner Telefonnummer geschaltet hat, dementierte der Bf. zunächst vehement. Erst auf den Hinweis, dass es hiezu ganz klare Beweise gibt, gab dieser die Einschaltung zu. Seinem Vorbringen, dass dies aber nur einmal und in den beschwerdeanhängigen Jahren nie geschehen sei, wird daher kein Glaube geschenkt.

Dass der Bf. Einnahmen aus der Entsorgung von Altmaterial erzielt hat, ergibt sich zweifelsfrei aus den vorliegenden Gutschriften eines Metallrecyclingunternehmens, wonach der Bf. in den Jahren 2013 und 2014 Beträge in Höhe von rund 7.100 € und 2.000 € lukriert hat.

Auch die Behauptung des Bf., er habe seinen Lebensunterhalt aus den Mitteln seiner Lebensgefährtin und seinen Kindern bestritten, erscheint wenig glaubhaft. Nach einer Abfrage im Abgabeninformationssystem hat die Lebensgefährtin des Bf. in den beschwerdeanhängigen Jahren lediglich vom Arbeitsmarktservice Österreich ausbezahlte Notstandshilfe sowie Krankengeld von der OÖ Gebietskrankenkasse in einer Gesamthöhe von rund 6.600 € (2013) und 6.400 € (2014) erhalten. Abgesehen davon, fanden diese Einkünfte ohnehin Berücksichtigung im Schätzungsprozess. Außerdem wurde festgestellt, dass die Lebensgemeinschaft Mitte bis Ende 2014 aufgelöst wurde.

Da der Bf. nicht glaubhaft darlegen konnte, aus welchen konkreten Mitteln er seinen Lebensunterhalt finanziert hat, ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass der Bf. seinen Lebensunterhalt durch Kfz-Dienstleistungen und Ersatzteilhandel bestritten hat. Dem Schätzungsergebnis ist der Bf. nicht substanziell entgegengetreten. Auch das erkennende Gericht konnte keine Mängel im Schätzungsvorgang erkennen.

III. Zum Vorliegen von Einkünften aus Gewerbebetrieb

Einkünfte aus einer selbständigen, nachhaltigen Betätigung, die mit Gewinnabsicht unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, sind gemäß § 23 Z 1 EStG 1988 , wenn die Betätigung weder als Ausübung der Land- und Forstwirtschaft noch als selbständige Arbeit anzusehen ist, Einkünfte aus Gewerbebetrieb.

Demnach sind Einkünfte dann unter § 23 Z 1 EStG 1988 zu subsumieren, wenn die Tatbestandsmerkmale der Selbständigkeit, Nachhaltigkeit, Gewinnerzielungsabsicht und der Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr erfüllt sind.

Eine selbständige Betätigung liegt vor, wenn sie ohne persönliche Weisungsgebundenheit und ohne organisatorische Eingliederung in einen anderen Betrieb auf eigene Rechnung und Gefahr und unter eigener Verantwortung betrieben wird, der Steuerpflichtige das Unternehmerwagnis trägt und sich vertreten lassen kann. Das Unternehmerwagnis besteht darin, dass die Höhe der Einkünfte eines Steuerpflichtigen weitgehend vom Erfolg seines Tätigwerdens abhängt (; , 84/13/0001; , 82/14/0281).

Nachhaltig ist eine Tätigkeit, wenn mehrere aufeinander folgende gleichartige Handlungen unter Ausnutzung derselben Gelegenheit und derselben dauernden Verhältnisse ausgeführt werden (tatsächliche Wiederholung). Auch eine einmalige Tätigkeit kann schon dann als nachhaltig angesehen werden, wenn sie auf Wiederholung angelegt ist oder wenn aus den Umständen auf die Wiederholung oder Fortsetzung dieser Tätigkeit geschlossen werden kann (Wiederholungsabsicht; ; , 2006/15/0118; , 81/13/0050).

Gewinnabsicht liegt vor, wenn nicht nur Kostendeckung, sondern ein Gesamtüberschuss der Einnahmen über die Ausgaben angestrebt wird. Die Gewinnabsicht muss im Allgemeinen, nicht aber bei jeder einzelnen Erwerbshandlung vorliegen. Das Streben nach Gewinn muss nicht der Hauptzweck der Tätigkeit sein; die Annahme eines Gewerbebetriebes ist auch nicht ausgeschlossen, wenn die Absicht der Gewinnerzielung nur Nebenzweck ist.

Eine Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr ist gegeben, wenn jemand nach außen hin erkennbar am Wirtschaftsleben in Form des Güter- und Leistungsaustausches teilnimmt und eine im wirtschaftlichen Verkehr begehrte und als solche geltende Leistung der Allgemeinheit anbietet. Bei Erbringung von Leistungen, die ihrer Art nach geeignet sind, eine Auftragserteilung nicht nur durch einen einzigen Auftraggeber zu ermöglichen, ist eine Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr zu bejahen, auch wenn der Steuerpflichtige nur gegenüber wenigen oder nur einem einzigen Auftraggeber tätig wird (). Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr ist auch anzunehmen, wenn der Steuerpflichtige grundsätzlich bereit ist, mit jedermann in Geschäftsverkehr zu treten, der Bedarf nach seinen Sachgütern oder Leistungen hat, selbst wenn es – wie zB bei einem Schwarzhändler oder Dieb – nicht öffentlich geschehen kann oder am "Rande" des Güter- und Leistungsaustausches angesiedelt ist, wie beispielsweise Prostitution. Eine Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr liegt auch dann vor, wenn die Tätigkeit an sich verboten ist (Hehlerei, Rauschgifthandel, Schwarzhandel, Schlepperei).

Das bedeutet für den vorliegenden Beschwerdefall:

Der Bf. steht auf den Standpunkt kein Unternehmer zu sein und auch keine gewerbliche Tätigkeit ausgeführt zu haben. Dem ist entgegen zu halten, dass es bei der Frage, ob Steuerpflicht vorliegt oder nicht, nicht auf die subjektive Einschätzung des Bf. ankommt, sondern ausschließlich darauf, ob der vom Bf. verwirklichte Sachverhalt unter die maßgeblichen Tatbestände des Einkommensteuergesetzes zu subsumieren sind. Ob daher eine betriebliche Struktur vorliegt oder nicht, ist für sich alleine nicht entscheidend. Dass der Bf. – entgegen seiner Behauptung (Schriftsatz vom ) - über ein Lager verfügt hat, ist übrigens aktenkundig.

Entgegen der Ansicht des Bf. sind im Beschwerdefall alle Tatbestandsmerkmale des § 23 Z 1 EStG 1988 erfüllt:

Der Bf. hat die Reparaturen an den Fahrzeugen, den Ersatzteilhandel und die Schrottverkäufe zweifelsfrei nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses erbracht, sondern auf eigene Rechnung und Gefahr und unter eigener Verantwortung. Das Unternehmerwagnis des Bf. bestand darin, dass die Höhe seiner Einkünfte weitgehend vom Erfolg seines Tätigwerdens abhängig war.

Dass der Bf. nicht nur einmalig Reparaturen gegen Bezahlung eines Entgelts vorgenommen und mehrmals Einnahmen aus Schrottverkäufen erzielt hat, ist als erwiesen anzusehen. Dazu kommt, dass der Bf. auch in den Vorjahren diese Tätigkeiten gewerbsmäßig ausgeführt hat, weshalb Wiederholungsabsicht und damit Nachhaltigkeit jedenfalls vorliegt.

Da der Bf. in den beschwerdegegenständlichen Jahren über keine offiziellen Einkünfte verfügt hat, liegt es auf der Hand, dass er mit seiner Tätigkeit nicht nur eine Kostendeckung erreichen wollte, sondern viel mehr einen Gesamtüberschuss der Einnahmen über die Ausgaben. Das wird untermauert durch seine Aussagen, dass er, wenn er Geld brauche, etwas repariere. Dass er diese Tätigkeit nicht in der Tschechischen Republik, sondern im Inland ausgeübt hat, wurde von der belangten Behörde nachgewiesen. Außerdem legte der Bf. in seiner Beschwerde offen, im Jahr 2013 einen Gewinn bzw im Jahr 2014 einen Verlust erzielt zu haben. Damit liegt ohne Zweifel Gewinnabsicht vor.

Wie bereits ausgeführt, liegt eine Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr auch dann vor, wenn die Tätigkeit an sich verboten ist. Pfuscher, die neben oder anstatt ihrer nichtselbständigen Tätigkeit Arbeiten ohne gewerberechtliche Befugnis verrichten, sind auch nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes regelmäßig gewerblich tätig (). Entscheidend ist daher die grundsätzliche Bereitschaft eines Steuerpflichtigen, mit jemanden, der Bedarf an seinen Sachgütern oder Leistungen hat, in Geschäftsverkehr zu treten, selbst wenn dies – wie im Beschwerdefall – nicht öffentlich geschehen kann oder sich der Personenkreis auf gewisse Kunden beschränkt.

Dass der Bf. regelmäßig Leistungen an Kunden gegen Entgelt erbracht hat, ist unstrittig. Die Tätigkeiten des Bf. sind folglich ganz klar unter den Tatbestand des § 23 Z 1 EStG 1988 einzuordnen und es liegen Einkünfte aus Gewerbebetrieb vor.

IV. Zur Schätzung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb

In einem nächsten Schritt stellt sich die Frage, in welcher Höhe der Bf. Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt hat. Da er keine Aufzeichnungen geführt hat, ist § 184 BAO tatbestandsmäßig. Diese Norm lautet:

(1) Soweit die Abgabenbehörde die Grundlagen für die Abgabenerhebung nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie diese zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.

(2) Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Abgabepflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft über Umstände verweigert, die für die Ermittlung der Grundlagen (Abs. 1) wesentlich sind.

(3) Zu schätzen ist ferner, wenn der Abgabepflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Abgabenvorschriften zu führen hat, nicht vorlegt oder wenn die Bücher oder Aufzeichnungen sachlich unrichtig sind oder solche formelle Mängel aufweisen, die geeignet sind, die sachliche Richtigkeit der Bücher oder Aufzeichnungen in Zweifel zu ziehen.

Die Schätzungsberechtigung der Abgabenbehörde beruht allein auf der objektiven Unmöglichkeit der zuverlässigen Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen. Das Unterlassen der Vorlage von Grundaufzeichnungen (dazu zählen auch Belege, Lieferscheine, etc.) begründet nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bereits die Schätzungsberechtigung (, 2009/15/0212; , 2007/13/0098). Formelle Fehler der Bücher und Aufzeichnungen, die begründetermaßen zu Zweifeln an der sachlichen Richtigkeit der Bücher und Aufzeichnungen Anlass geben, führen prinzipiell ebenso zur Schätzungsberechtigung.

Eines Nachweises, dass die genannten Unterlagen mit den Wirtschaftsabläufen tatsächlich nicht übereinstimmen, bedarf es unter diesen Voraussetzungen nicht. Dem Abgabepflichtigen steht allerdings die Möglichkeit offen, die sachliche Richtigkeit seiner formellen mangelhaften oder unrichtigen Aufzeichnungen zu beweisen und damit der ansonsten bestehenden Schätzungsbefugnis entgegenzuwirken.

Für das Vorliegen einer Schätzungsberechtigung der Behörde nach § 184 Abs 3 BAO kommt es nicht darauf an, warum die Bücher und Aufzeichnungen mangelhaft sind (). Daher bleibt es unmaßgebend, ob den Abgabepflichtigen ein Verschulden an der lückenhaften bzw. mangelhaften Darstellung der Besteuerungsgrundlagen trifft oder nicht (Ritz, BAO5, § 184 Tz 6). In dem Maß, in dem der Abgabepflichtige der Erfüllung der ihm gesetzlich auferlegten Pflichten zur vollständigen Aufzeichnung bzw. Verbuchung der Geschäftsvorfälle nicht oder nur in unzulänglicher Weise nachkommt, hat die entsprechende komplementäre Tätigkeit der Abgabenbehörde einzusetzen.

Ist eine Schätzungsberechtigung gegeben, dann steht es der Abgabenbehörde frei, eine Schätzungsmethode zu wählen (). Dabei ist jener Methode der Vorzug zu geben, die im Einzelfall zur Erreichung des Zieles, den tatsächlichen Gegebenheiten (den tatsächlichen Besteuerungsgrundlagen) möglichst nahe zu kommen, am geeignetsten erscheint (). Bei einer Schätzung sind zunächst alle jene Umstände zu erheben und zu berücksichtigen, die für eine Schätzung dem Grunde nach (Ordnungsmäßigkeit oder Mangelhaftigkeit der Buchführung, Verhältnis der Buchergebnisse zu den Lebenshaltungskosten, Vermögenszuwachs) sowie der Art, dem Umfang und Ausmaß nach, schließlich für die anzuwendende Methode bedeutsam sein können (Stoll, BAO-Handbuch, 1944).

Ziel der Schätzung muss zwar stets die sachliche Richtigkeit des Ergebnisses sein, dh sie soll der Ermittlung derjenigen Besteuerungsgrundlagen dienen, die aufgrund des gegebenen, wenn auch nur bruchstückhaften Sachverhaltes bzw. nur lückenhafter Anhaltspunkte die größte Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit für sich haben. Es liegt allerdings im Wesen jeder Schätzung, dass die auf solche Weise ermittelten Besteuerungsgrundlagen die tatsächlich erzielten Ergebnisse naturgemäß nur bis zu einem mehr oder weniger großen Genauigkeitsgrad erreichen können. Diese jeder Schätzung innewohnende Unsicherheit muss aber der, der begründeten Anlass zur Schätzung gibt, hinnehmen, und zwar auch dann, wenn sie zufällig bzw. ungewollt gegen ihn ausschlagen sollte. Diese Unsicherheit wird unvermeidlich größer, je geringer bzw. dürftiger Anhaltspunkte, von denen aus schlüssige Folgerungen gezogen werden können, gegeben sind, desto weiter kann sich das Schätzungsergebnis von den tatsächlichen (aber nicht erwiesenen) Besteuerungsgrundlagen entfernen.

Zu den Umständen, die für die Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen wesentlich sind, kann gegebenenfalls ein Vermögenszuwachs gehören, dessen Nichtaufklärung durch die Partei zu einer Schätzung führen kann. Dies gilt auch, wenn die Deckung des Lebensaufwandes ungeklärt ist (Ritz, BAO5, § 184 Tz 7, mit Hinweisen auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes).

Das bedeutet für den vorliegenden Beschwerdefall:

Der Bf. hat trotz mehrfacher Aufforderungen weder ordnungsgemäße Aufzeichnungen noch eine Gewinnermittlung vorgelegt, weil er davon ausgegangen ist, mit seinen Tätigkeiten nicht steuerpflichtig zu sein. Erst nach Ergehen der Beschwerdevorentscheidung wurden Kalendereintragungen übermittelt, von denen aber nicht mit Gewissheit gesagt werden kann, dass sie den Tatsachen entsprechen, vollständig sind und nicht nachträglich erstellt wurden.

Damit konnte die belangte Behörde die Besteuerungsgrundlagen nicht ermitteln, weshalb die Schätzungsberechtigung gemäß § 184 BAO zweifelsfrei gegeben war. Die Wahl der Schätzungsmethode stand der belangten Behörde frei. Da der Bf. nicht glaubhaft angeben konnte, aus welchen konkreten Quellen er seinen laufenden Lebensunterhalt bestritten hat, wählte sie die Schätzung nach dem Lebensaufwand und berücksichtigte die Einnahmen der Lebensgefährtin (Notstandshilfe und Krankengeld). Dabei ging die belangte Behörde von den Mindeststandards nach der OÖ Mindestversicherungsverordnung aus und ermittelte geschätzte Einkünfte von rund 12.000 € jährlich. Diese Berechnungsmethode wurde dem Bf. im Vorlagebericht vom sowie im Zuge der mündlichen Verhandlung zur Kenntnis gebracht. Der Bf. reagierte darauf mit Unverständnis und brachte als Begründung lediglich vor, mit wenig Geld auskommen zu können. Warum diese Behauptung als nicht glaubwürdig anzusehen ist, wurde bereits unter „Punkt II Beweiswürdigung“ dargestellt.

Die von der belangten Behörde gewählte Schätzungsmethode ist sowohl schlüssig als auch nachvollziehbar und begegnet keinen Bedenken seitens des erkennenden Gerichtes. Sie hat daher zu Recht die geschätzten Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von jeweils 12.000 € der Besteuerung unterworfen und Einkommensteuer 2013 und 2014 festgesetzt, wobei deren Höhe von jeweils 343 € in Anbetracht des Umfanges der gewerblichen Tätigkeiten des Bf. als geringfügig anzusehen ist.

Die Beschwerde war somit als unbegründet abzuweisen.

V. Zur Unzulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im Beschwerdefall war lediglich einzelfallbezogen zu beurteilen, ob die von der belangten Behörde festgestellte Schätzungsberechtigung vorlag und ob die gewählte Schätzungsmethode zur Erreichung des Zieles, den tatsächlichen Gegebenheiten möglichst nahe zu kommen, am geeignetsten erscheint. Die Voraussetzungen für eine Revisionszulassung nach Art 133 Abs 4 B-VG lagen somit nicht vor.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 23 Z 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 184 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.5101956.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at