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Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 19.02.2020, RV/6100265/2017

Haftungsinanspruchnahme ohne Vorliegen eines zugrundeliegenden Abgabenbescheides

Beachte

Revision (Amtsrevision) beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2020/13/0035. Mit Erk. v. wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren mit Erkenntnis zur Zahl RV/6100192/2022 erledigt.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richter

Senat

im Beisein der Schriftführerin

S

in der Beschwerdesache

BF

vertreten durch

StB,

gegen

FA,

vertreten durch

AB

wegen

behaupteter Rechtswidrigkeit des Bescheides vom betreffend Haftung nach § 14 BAO für Umsatzsteuer 11-12/2013 in der Sitzung am nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

1. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird - ersatzlos - aufgehoben.
2. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Datum erließ das FA einen Haftungsbescheid an die beschwerdeführende GmbH. Das FA zog damit die BF zur Haftung für Umsatzsteuer 12/2014 nach § 14 BAO heran. Diese Umsatzsteuer resultiere aus dem Kauf der wesentlichen Grundlagen eines Unternehmens mit Rechnung vom . Diese Umsatzsteuer sei von der Verkäuferin nicht entrichtet worden.

Im folgenden Beschwerdeverfahren (RV/6100529/2016) wurde der Beschwerde der BF Folge gegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben. Der Unternehmenskauf sei im Jahr 2013 erfolgt. Die BF könne nicht für Abgaben in Anspruch genommen werden, für die der Abgabenanspruch erst nach der Übereignung entstanden sei. Aufgrund der Übereignung des Betriebes im Jahr 2013 könne daher eine Haftung gemäß § 14 BAO für Umsatzsteuer 12/2014 nicht zurecht ausgesprochen werden. Die in der Beschwerdevorentscheidung durchgeführte Abänderung des Bescheidspruches, wonach die Haftung nun für die Umsatzsteuer 2013 ausgesprochen werde, stelle eine Änderung der Sache des konkreten Haftungsverfahren dar. Eine derartige Änderung der Sache des Beschwerdeverfahrens könne nicht in diesem Verfahren behandelt werden.

Darauf erließ das FA mit Datum einen weiteren Haftungsbescheid, mit dem die BF gemäß § 14 BAO zur Haftung für einen Betrag von € 80.000,00 in Anspruch genommen wurde. Haftungsgegenständlich war nun die von der Verkäuferin des Unternehmens nicht entrichteten Abgabenschuld für Umsatzsteuer 11-12/2013, die der BF im Haftungswege vorgeschrieben werde.

Auch gegen diesen Haftungsbescheid erhob die BF durch ihren ausgewiesenen Vertreter fristgerecht Beschwerde, und führte darin im Wesentlichen aus, dass die BF als Erwerberin des Geschäftsbetriebes der Verkäuferin im Zeitpunkt der Übereignung weder wusste noch hätte wissen können, dass die Umsatzsteuer von der Verkäuferin nicht entrichtet worden sei und die Inanspruchnahme der BF als Haftende ermessenswidrig sei.

Dies deshalb da sich die BF im Zuge der Verkaufsverhandlungen genau über die wirtschaftliche Situation der Verkäuferin informiert habe und aufgrund der vorliegenden Bilanz zum und 2012 und der Saldenlisten für 2013 bzw. im Jahr 2014 aufgrund der Bilanz zum davon überzeugt habe, dass ein Eigenkapital und liquide Mittel in Höhe von mehr als € 300,000,00 vorgelegen seien. Weiters habe man sich durch Auszüge bei der GKK und aus dem Finanz Online per Ende November 2013 davon überzeugt, dass keine Beitrags- und Abgabenschulden bestünden. Aufforderungen der BF an die Verkäuferin zur Rechnungslegung sei erstmalig ab Jänner 2014 erfolgt.

Zudem sei die Inanspruchnahme der BF ermessenswidrig. Es hätten genügend Barmittel bei der Verkäuferin vorgelegen, um die USt Schuld aus dem Verkauf zu begleichen. Wenn nun die BF drei Jahre nach diesem Vorgang in Anspruch genommen werde, obwohl das Unternehmen noch bestehe und der GF - soweit bekannt sich im Raum München aufhalte.

Zudem führe die Geltendmachung der Haftung zu einer systemwidrigen Kummulierung der USt im Unternehmensbereich.

Das FA erließ in der Folge eine Beschwerdevorentscheidung und wies die Beschwerde als unbegründet ab. Die Zugehörigkeit der USt aus dem Verkauf beziehe sich auf die Tatbestandsverwirklichung und nicht auf den Zeitpunkt der Geltendmachung. Die Kenntnis der Schuld ergebe sich aus dem Kaufvertrag und den vorhergehenden Verhandlungen.

Eine Kummulierung der USt liege nicht vor, da ein zivilrechtlicher Regress der BF beim Verkäufer möglich sei.

Es liege keine ermessenswidrige Inanspruchnahme der BF im Haftungswege vor, da im Jahr 2015 (infolge der Durchführung der BP) erfolglose Pfändungsmaßnahmen gegen die Verkäuferin geführt worden seien. Die Adresse des GF der Verkäuferin in Österreich sei lediglich die Firmenanschrift der Verkäuferin gewesen. Zudem würde auch eine bekannte deutsche Adresse die Einbringung der Abgaben durch die Rechtshilfe im Vollstreckungsverfahren erschweren.

Darauf beantragte die BF durch ihren ausgewiesenen Vertreter fristgerecht die Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung durch das BFG und beantragte die Entscheidung durch den gesamten Senat und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

Über Vorhalt des Berichterstatters teilte der Vertreter der BF mit Schreiben vom mit, dass keine Überrechnung der USt aus dem Kaufpreis vorgenommen worden sei; wie sich der Kaufpreis auf die übernommenen Wirtschaftsgüter verteilt habe und welche Schulden mit übernommen worden seien sowie dass die BF aufgrund der im Jahr 2014 ausgestellten Gutschrift den VorSt Abzug vorgenommen habe.

Über Vorhalt des Berichterstatters teilte das FA mit Schreiben vom mit, dass keine bescheidmäßige Festsetzung der haftungsgegenständlichen USt für 11/2013 und 12/2013 erfolgt sei, da eine Bescheidzustellung an die Veräußerin nicht erfolgversprechend gewesen wäre, die Gesellschaft mit gem. § 40 FBG wegen Vermögenslosigkeit gelöscht worden sei und die Feststellungen und Festsetzungen nun im Haftungsverfahren zu treffen seien.

In der mündlichen Verhandlung vom führte der Vertreter der BF zu diesem Punkt ergänzend aus, dass der verfahrensgegenständliche Haftungsbescheid im Jahr 2016 erstellt worden sei und die Löschung der GmbH im Jahr 2019 erfolgt sei. Daher stelle sich die Frage, in wie weit der verfahrensgegenständliche Haftungsbescheid rechtsgültig sein könne.

Das BFG hat dazu erwogen:

Der erkennende Senat legt seiner Entscheidung den folgenden, als erwiesen angenommenen Sachverhalt zugrunde:

Die BF erwarb mit Kaufvertrag vom zum Stichtag im Wege eines "Asset Deals" die wesentlichen Grundlagen des Betriebes der Verkäuferin (einer GmbH) für einen Kaufpreis von € 400.000,00 zuzüglich der gesetzlichen Umsatzsteuer. Dieser Betrag war "unmittelbar nach beiderseitiger Unterfertigung der Vereinbarung und nach Bekanntgabe und Fakturenübermittlung … auf ein vom Verkäufer zu benennendes Konto" zu überweisen. Die Umsatzsteuer konnte im Wege der Überrechnung beglichen werden. Dies ergibt sich aus § 2 des Kaufvertrages vom .

Die BF überwies nach beiderseitigem Unterfertigung des Kaufvertrages am einen Betrag von € 380.000,00 auf ein Konto der Verkäuferin. Der Betrag ergab sich aus dem oben angeführten Betrag von € 400.000,00 zuzüglich Umsatzsteuer abzüglich der von der BF übernommenen Kundenanzahlungen und nicht eingelösten Reisegutscheine, deren Geldwert iHv € 100.000,00 bei der Verkäuferin verblieb. Dies ergibt sich aus § 1 des Kaufvertrages vom und der Vorhaltsbeantwortung der BF vom . Eine Überrechnung der USt durch die BF erfolgte nicht. Dies ergibt sich aus der Vorhaltsbeantwortung der BF vom . Die Verkäuferin erstellte bis dato keine Faktura. Dies ergibt sich aus den Akten der belangten Behörde in diesem Haftungsverfahren.

Die Verkäuferin erfasste weder die Zahlung von € 380.000,00 noch die Verschaffung der Verfügungsmacht für die verkauften "Kundendateien, Markenrechte, des Bürozubehörs, der Hard und Software, sowie allen Miet-, Agentur- und sonstigen Verträgen sowie der Marke und der Wortbildrechte an dieser Marke" in den entsprechenden Umsatzsteuervoranmeldungen und führte die daraus resultierende Umsatzsteuer nicht an das FA ab. Dies ergibt sich aus den Akten des Prüfungsverfahrens bei der Verkäuferin.

Im Jahr 2015 führte das FA eine Umsatzsteuernachschau bei der Verkäuferin durch. Vor Beginn dieser Nachschau legte der steuerliche Vertreter der Verkäuferin die Vollmacht zurück, da er keinen Kontakt zum Geschäftsführer der Verkäuferin mehr habe und ihm auch keine Buchhaltungsunterlagen zur Verfügung stehen würden; das FA führte in der Folge dann eine BP über das Jahr 2013 durch. Nach Abschluss dieser BP erfolgte Festsetzung der Umsatzsteuer für den Monat 12/2014 in Höhe von € 80.000,00, da die BF in diesem Monat an die Verkäuferin eine Gutschrift i.H.v. € 400.000,00 zzgl. 20 % Umsatzsteuer ausgestellt hatte und die Verkäuferin die Umsatzsteuern aus dieser Gutschrift nicht in der Voranmeldung für 12/2014 erfasst hatte. Dies ergibt sich aus den Akten des Verwaltungsverfahrens sowie aus den Datenbanken der Finanzverwaltung betreffend die StNr. der Verkäuferin.

In weiterer Folge erließ das FA mit Datum gemäß § 14 BAO einen Haftungsbescheid an die BF und brachte dabei der BF auch den der Haftung zugrundeliegenden Umsatzsteuerbescheid betreffend die Verkäuferin (für 12/2014) vom zur Kenntnis. Dies ergibt sich aus den Akten des Beschwerdeverfahrens zu RV/6100159/2016.

Nach Aufhebung dieses Bescheides setzte das FA die haftungsgegenständliche USt nicht neu fest. Der Umsatzsteuerbescheid betreffend die Verkäuferin (für 12/2014) vom ist nach wie vor in Kraft. Dies ergibt sich aus den Datenbanken der Finanzverwaltung betreffend die StNr. der Verkäuferin.

Dem am neu erlassenen Haftungsbescheid wurde dementsprechend auch kein Bescheid betreffend "Umsatzsteuer 11-12/2013" beigelegt. Dies ergibt sich aus den Akten des gegenständlichen Beschwerdeverfahrens und der Vorhaltsbeantwortung des FA vom .

Die BF hat die VorSt aus dem Unternehmensverkauf in der UVA 12/14 abgezogen. Das ergibt sich aus der Vorhaltsbeantwortung der BF vom .

Die Verkäuferin wurde mit gemäß § 40 FBG im Firmenbuch gelöscht. Dies ergibt sich aus der Vorhaltsbeantwortung des FA vom .

In rechtlicher Hinsicht ist zum gegenständlichen Verfahren Folgendes auszuführen:

Gemäß § 14 Abs. 1 lit. a BAO haftet der Erwerber, wenn ein Unternehmen oder ein im Rahmen eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen übereignet wird für Abgaben, bei denen die Abgabepflicht sich auf den Betrieb des Unternehmens gründet, soweit die Abgaben auf die Zeit seit dem Beginn des letzten, vor der Übereignung liegenden Kalenderjahres entfallen.

Dies gilt nur insoweit, als der Erwerber im Zeitpunkt der Übereignung die in Betracht kommenden Schulden kannte oder kennen musste und insoweit, als er an solchen Abgabenschuldigkeiten nicht schon so viel entrichtet hat, wie der Wert der übertragenen Gegenstände und Rechte (Besitzposten) ohne Abzug übernommener Schulden beträgt.

Aufgrund des gegenständlichen Vertrages vom wurde nach Sicht des erkennenden Senates durch die Übertragung der wesentlichen Geschäftsgrundlagen, die es der Erwerberin ermöglichten, die Tätigkeit der Verkäuferin mit den übernommenen Vermögensgegegenständen fortzusetzen, von der BF ein lebendes Unternehmen erworben. (Ritz § 14 BAO, Tz. 3-8) Die BF hat damit ein Unternehmen im Sinne des § 14 BAO erworben.

Gemäß § 224 Abs. 1 BAO werden die in Abgabenvorschriften geregelten persönlichen Haftungen durch Erlassung von Haftungsbescheiden geltend gemacht. In diesen ist der Haftungspflichtige unter Hinweis auf die gesetzliche Vorschrift, die seine Haftungspflicht begründet, aufzufordern, die Abgabenschuld, für die er haftet, binnen einer Frist von einem Monat zu entrichten.

Der verfahrensgegenständliche Bescheid vom ist ein Haftungsbescheid im Sinne des § 224 BAO, die Begründung des Ermessens für die Haftungsinanspruchnahme ist dahingehend erfolgt, dass das FA den Geschäftsführer der Verkäuferin nicht auffinden konnte.

Gemäß § 248 BAO kann der nach Abgabenvorschriften Haftungspflichtige unbeschadet der Einbringung einer Bescheidbeschwerde gegen seine Heranziehung zur Haftung (Haftungsbescheid, § 224 Abs. 1) innerhalb der für die Einbringung der Bescheidbeschwerde gegen den Haftungsbescheid offenstehenden Frist auch gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch Bescheidbeschwerde einbringen. Beantragt der Haftungspflichtige die Mitteilung des ihm noch nicht zur Kenntnis gebrachten Abgabenanspruches, so gilt § 245 Abs. 2, 4 und 5 BAO sinngemäß.

Eine Bescheidbeschwerde gegen den Bescheid, in dem über den Abgabenanspruch abgesprochen wurde, war der BF nicht möglich, da das FA die im Haftungsbescheid vom geltend gemachte Zahllast für USt 11-12/2013 in Höhe von € 80.000,00 (der USt aus dem Unternehmenskauf) bei der Verkäuferin nicht bescheidmäßig festgesetzt hatte, sondern die ursprüngliche Vorschreibung dieser USt für 12/2014 (siehe RV/6100529/2016) bestehen ließ.

Der Vertreter der BF führte dazu in der mündlichen Verhandlung vom nun aus, dass ihm kein USt Bescheid für den Zeitraum 11-12/2013 zur Kenntnis gebracht worden sei und er deshalb keine Möglichkeit gehabt habe, gegen diesen Bescheid vorzugehen.

Das FA argumentierte im Wesentlichen damit, dass eine Zustellung des Bescheides an die Verkäuferin nicht erfolgversprechend gewesen sei, die Gesellschaft gelöscht worden sei und daher die Höhe bzw. der Grund der Abgabenvorschreibung nicht in einem Abgabenverfahren sondern im gegenständlichen Haftungsverfahren abzuklären seien.

Dieser Ansicht des FA kann der erkennende Senat nicht folgen. Aus § 248 BAO ergibt sich, dass der zur Haftung Herangezogene jedenfalls den gegen ihn geltend gemachten Abgabenanspruch dem Grunde und der Höhe nach bekämpfen können muss ( , 81/14/0118).

Wurde bei Selbstbemessungsabgaben noch kein Bescheid gem § 201 BAO (bzw bei Umsatzsteuervorauszahlungen gem § 21 Abs 3 UStG 1994) oder gem § 202 BAO (zB auf § 82 EStG 1988 gestützter Lohnsteuerhaftungsbescheid) erlassen, so ist daher ein Bescheid über den betreffenden Abgabenanspruch zu erlassen. (Ritz BAO6, § 248 Tz 5)

Wenn auch die Abklärung der Frage, ob ein Abgabenanspruch dem Grunde und/oder der Höhe nach überhaupt besteht, in speziellen Fällen im Haftungsverfahren von dem für die Entscheidung über die Haftung zuständigen Organ zu erfolgen hat, so ändert dies aus Sicht des erkennenden Senates nichts daran, dass eine Haftungsinanspruchnahme im Regelfall auf Basis eines erlassenen Abgabenbescheides zu erfolgen hat.

Eine Haftungsinanspruchnahme ohne zugrundeliegenden Abgabenbescheid stellt damit lediglich den Ausnahmefall dar, in dem kein Bescheid an den Abgabenschulder ergehen kann. Dies betrifft zB den Fall, in dem die Erlassung eines Abgabenbescheides an den ursprünglichen Schuldner nicht mehr möglich ist (; 96,94/14/0148 hinsichtlich eines im Zeitpunkt der geplanten Abgabenvorschreibung bereits aufgelösten Vereins).

Besteht die Möglichkeit der rechtsgültigen Erlassung und Zustellung des Abgabenbescheides an den Abgabenschuldner, so ist dies und die Bekanntgabe dieses Bescheides an den potentiell Haftungspflichtigen im Haftungsverfahren aus Sicht des erkennenden Senates unabdingbar.

Dabei ist aus Sicht des erkennenden Senates für die Frage, ob ein USt Bescheid an die Verkäuferin zu erlassen und zuzustellen gewesen wäre auf den Zeitpunkt der Erlassung des Abgabenbescheides abzustellen. Besteht in diesem Zeitpunkt - im gegenständlichen Fall jedenfalls in einem Zeitraum bis November 2016 - die Möglichkeit der Verkäuferin die USt aus dem Verkauf bescheidmäßig vorzuschreiben und ihr diesen Bescheid nach einer der im ZustellG genannten Möglichkeiten auch rechtswirksam zuzustellen, so ist ein derartiger Bescheid zu erlassen und der BF im Haftungsverfahren zur Kenntnis zu bringen

Dem FA ist zwar darin zuzustimmen, dass eine Zustellung an die Primärschuldnerin eventuell aufwändiger gewesen wäre, unmöglich war sie aber im Zeitpunkt der Erlassung des Haftungsbescheides im Jahr 2016 nach den Bestimmungen des ZustellG nicht.

Damit ist aber das gegenständliche Verfahren entschieden. Da der BF anlässlich der Erlassung des Haftungsbescheides keine Kenntnis über Grund und Höhe des feststehenden Abgabenanspruches verschafft wurde obwohl dies möglich gewesen wäre, führt dies dazu, dass der Haftungsbescheid rechtswidrig ist. (Ritz BAO6, § 248, Tz 8 mwN) Der Beschwerde war daher stattzugeben.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die gegenständliche Entscheidung basiert hinsichtlich der Frage, ob ein Haftungsbescheid rechtswidrig ist, wenn dem Haftungspflichtigen der zugrundeliegende Abgabenbescheid nicht zur Kenntnis gebracht wurde bzw. unter welchen Voraussetzungen ohne Vorliegen eines Abgabenbescheides Grund und Höhe des Abgabenanspruches im Haftungsverfahren zu prüfen ist, auf der oben zitierten Judikatur des VwGH. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt nicht vor.

Salzburg-Aigen, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 248 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 14 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Schlagworte
Haftungsbescheid
kein zugrundeliegender Abgabenbescheid
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.6100265.2017

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at