Absolute Verjährung im Finanzstrafverfahren; Berücksichtigung der Anhängigkeit höchstgerichtlicher Verfahren
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Ri. in der Finanzstrafsache gegen X., geb. am Datum, wohnhaft in Adr., vertreten durch Rechtsanwalt RA, wegen des Finanzvergehens des grob fahrlässigen Beitrages zur Verzollungsumgehung gemäß § 36 Abs. 1 iVm. § 11 dritte Alternative des Finanzstrafgesetzes (FinStrG) über die Beschwerde des Beschuldigten vom gegen das Erkenntnis der belangten Behörde Zollamt Salzburg als Finanzstrafbehörde vom , Strafnummer 2011//*, zu Recht erkannt:
1. Der Beschwerde des X. vom gegen das Erkenntnis des Einzelbeamten des Zollamtes Salzburg als Finanzstrafbehörde vom , Strafnummer 2011//*, wird stattgegeben und die bekämpfte Entscheidung dahingehend abgeändert, dass sie zu lauten hat:
Das gegen X. beim Zollamt Salzburg als Finanzstrafbehörde erster Instanz am unter der Strafnummer: 2011//*, eingeleitete Finanzstrafverfahren wegen des Verdachts, er habe fahrlässig dazu beigetragen, dass am auf dem Flugplatz Ort das direkt aus der Schweiz kommende Luftfahrzeug Reg.: Y, Baujahr: 1984, im Zollwert von € 100.000,00, worauf Eingangsabgaben iHv. € 29.240,00 (Zoll € 7.700,00 und EuSt € 21.540,00) lasten, vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Gemeinschaft gebracht wurde, da es auf einem nicht bewilligten Nebenverkehrsweg gelandet ist und der Verpflichtung zur Gestellung nicht nachgekommen wurde und er dadurch das Finanzvergehen der Verzollungsumgehung nach § 36 Abs. 1 iVm. § 11 dritte Alternative FinStrG begangen habe, wird wegen eingetretener absoluter Verjährung gem. §§ 82 Abs. 3 lit. c letzte Alternative iVm. § 136 Abs. 1 FinStrG eingestellt.
2. Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Mit Verfügung vom leitete das Zollamt Salzburg als Finanzstrafbehörde gegen den Beschuldigten ein Finanzstrafverfahren wegen des Verdachts ein, er habe fahrlässig dazu beigetragen, dass am auf dem Flugplatz Ort das direkt aus der Schweiz kommende Luftfahrzeug vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Gemeinschaft gebracht wurde, da es auf einem nicht bewilligten Nebenverkehrsweg gelandet ist und der Verpflichtung zur Gestellung nicht nachgekommen wurde. Er habe dadurch das Finanzvergehen der Verzollungsumgehung nach § 36 Abs. 1 iVm. § 11 dritte Alternative FinStrG begangen habe.
Mit Bescheid vom hat der Spruchsenat beim Zollamt Salzburg als Finanzstrafbehörde festgestellt, dass die Voraussetzungen für das Tätigwerden wegen Nichterreichen der Wertgrenzen nach § 58 Abs. 2 lit. a FinStrG nicht vorliegen.
Daraufhin erging am ein Erkenntnis des Einzelbeamten beim Zollamt Salzburg als Finanzstrafbehörde. Der Beschuldigte habe grob fahrlässig dazu beigetragen, dass das am direkt aus der Schweiz kommende und auf dem Flugfeld Ort gelandete eingangsabgabepflichtige Luftfahrzeug im Zollwert von € 50.000,00, worauf Eingangsabgaben iHv. € 14.620,00 lasten, keiner zollrechtlich konformen Abfertigung zugeführt und deshalb vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Europäischen Union verbracht wurde, weil der Beschuldigte es grob fahrlässig unterlassen habe, organisatorische Maßnahmen für die zollrechtskonforme Abwicklung von Drittlandsein- und -ausflügen am Flugfeld Ort zu unternehmen, so dass in weiterer Folge am obg. Luftfahrzeug unter seiner persönlichen Mitwirkung vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht wurde.
Der Beschuldigte brachte gegen dieses Erkenntnis mit Eingabe vom Beschwerde ein.
Als Beschwerdegründe wurden Unzuständigkeit der Behörde, inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge von Verletzung von Verfharensvorschriften geltend gemacht.
Mit Vorlagebericht vom wurden die Akten dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Sachverhalt:
Am landete am Zivilfluglatz Ort das in der Schweiz registrierte Luftfahrzeug mit der Kennung XY. Es ist am Flughafen Y (Schweiz) gestartet und ohne Zwischenlandung in Ort gelandet.
Für die Landung wurde nicht um Bewilligung eines Nebenwegverkehrs angesucht und weder vor noch nach der Landung in Ort die Zollbehörde verständigt.
Vor der Landung hat der Pilot dem Betriebsleiterstellvertreter die Kennung des Luftfahrzeugs bekannt gegeben und um Landeinformation ersucht.
Darüber hinaus hat er sich wenige Tage vor der Landung beim Beschuldigten, welcher Obmann des Vereins, welcher Halter des Zivilflugplatzes Ort war, über die Möglichkeit einer Landung in Ort erkundigt.
Der Beschuldigte hat diverse Auskünfte erteilt jedoch nicht nachgefragt, woher das Flugzeug kommt.
Nach der Landung wurden dem Luftfahrzeug vom Flugplatzbetriebsleiterstellvertreter der Stellplatz zugewiesen, und von diesem unter Angabe der Kennung, des Zeitpunktes der Landung sowie dem Namen des Piloten die Eintragungen in die "Startliste" vorgenommen.
Da es sich beim Flugplatz Ort nicht um einen Zollflughafen gehandelt hat, durfte das in der Schweiz registrierte Flugzeug nicht landen.
Es lag daher keine ordnungsgemäße Beförderung des Flugzeuges gem. Art. 38 Abs. 1 ZK iVm. § 50 Abs. 2 ZollR-DG vor. Das Flugzeug wurde daher vorschriftswidrig, also unter Verstoß gegen die in Art. 38 bis 41 ZK vorgesehenen Förmlichkeiten in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht.
Die Zollschuld ist für das Flugzeug gem. Art. 202 Abs. 1 Buchst. a ZK iVm. Art. 202 Abs. 2 ZK am entstanden.
Rechtliche Würdigung:
Gemäß § 150 Abs. 1 FinStrG ist Rechtsmittel im Finanzstrafverfahren die Beschwerde an das Bundesfinanzgericht.
Gemäß § 160 Abs. 1 FinStrG ist über Beschwerden nach vorangegangener mündlicher Verhandlung zu entscheiden, es sei denn, die Beschwerde ist zurückzuweisen oder der angefochtene Bescheid bereits aufgrund der Aktenlage aufzuheben, das Verfahren einzustellen oder es ist nach § 161 Abs. 4 FinStrG vorzugehen.
Gemäß § 161 Abs. 1 FinStrG hat das Bundesfinanzgericht, sofern die Beschwerde nicht gemäß § 156 FinStrG mit Beschluss zurückzuweisen ist, grundsätzlich in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden.
Gemäß § 31 Abs. 1 FinStrG erlischt die Strafbarkeit eines Finanzvergehens durch Verjährung. Die Verjährungsfrist beginnt, sobald die mit Strafe bedrohte Tätigkeit abgeschlossen ist oder das mit Strafe bedrohte Verhalten aufhört. Gehört zum Tatbestand ein Erfolg, so beginnt die Verjährungsfrist erst mit dessen Eintritt zu laufen. Sie beginnt aber nie früher zu laufen als die Verjährungsfrist für die Festsetzung der Abgabe, gegen die sich die Straftat richtet.
Gemäß § 31 Abs. 5 FinStrG erlischt die Strafbarkeit bei Finanzvergehen, für deren Verfolgung die Finanzstrafbehörde zuständig ist, jedenfalls, wenn seit dem Beginn der Verjährungsfrist zehn Jahre und gegebenenfalls die in Abs. 4 lit. c genannte Zeit verstrichen sind. Gemäß § 31 Abs. 4 lit. c FinStrG wird in die Verjährungsfrist nicht eingerechnet die Zeit von der Einbringung einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder einer Revision an den Verwaltungsgerichtshof bezüglich des Finanzstrafverfahrens oder der mit diesem im Zusammenhang stehenden Abgaben- oder Monopolverfahren bis zur deren Erledigung.
Gemäß § 56 Abs. 2 FinStrG gelten (unter anderem) für Fristen, soweit dieses Bundesgesetz nicht anderes bestimmt, die Bestimmungen des 3. Abschnittes der Bundesabgabenordnung (BAO) sinngemäß.
Gemäß § 108 Abs. 1 BAO wird bei der Berechnung der Fristen, die nach Tagen bestimmt sind, der für den Beginn der Frist maßgebliche Tag nicht eingerechnet.
Gemäß § 108 Abs. 2 BAO enden – von hier nicht relevanten Ausnahmen abgesehen – nach Jahren bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages des letzten Monates, der durch seine Benennung oder Zahl dem für den Beginn der Frist maßgebenden Tag entspricht.
Für die Ermittlung der Frist nach § 31 Abs. 4 lit. c FinStrG bedeutet dies, dass nunmehr für die Anhängigkeit bei den Höchstgerichten die jeweiligen Einbringungs- und Erledigungsdaten beim Verfassungsgerichtshof und beim Verwaltungsgerichtshof maßgeblich sind.
Aus den dem Bundesfinanzgericht vorgelegten Akten ergibt sich, dass in dem mit dem gegenständlichen Finanzstrafverfahren im Zusammenhang stehenden Abgabenverfahren (Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , RV/4200144/2012) eine außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof eingebracht wurde.
Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof zu Ra 2016/16/0057-7 war vom bis anhängig. Die Frist nach § 31 Abs. 4 lit. c FinStrG beträgt 180 Tage.
Die absolute Verjährung der Tathandlung vom ist daher am eingetreten. Damit ist die Strafbarkeit der dem Beschuldigten vorgeworfenen Tathandlung erloschen.
Das Erlöschen der Strafbarkeit wegen Ablaufs der absoluten Verjährung ist vom Bundesfinanzgericht auch bei Ablauf der Verjährungsfrist während des Rechtsmittelverfahrens wahrzunehmen (; vgl. , ).
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zur Unzulässigkeit der Revision
Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Auf die zitierte höchstgerichtliche Rechtsprechung wird verwiesen.
Salzburg-Aigen, am
Zusatzinformationen
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Materie | Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 136 Abs. 1 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958 Art. 133 Abs. 4 B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 § 150 Abs. 1 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958 § 160 Abs. 1 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958 § 161 Abs. 1 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958 § 161 Abs. 4 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958 § 31 Abs. 1 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958 § 31 Abs. 5 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958 § 31 Abs. 4 lit. c FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958 § 56 Abs. 2 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958 § 108 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 108 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 58 Abs. 2 lit. a FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958 § 50 Abs. 2 ZollR-DG, Zollrechts-Durchführungsgesetz, BGBl. Nr. 659/1994 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.6300003.2020 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at