Säumnisbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 12.02.2020, RS/7100094/2019

Einstellung des Säumnisbeschwerdeverfahrens

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Barbara Straka in der Beschwerdesache Bf, Adr., vertreten durch ALTHUBER SPORNBERGER & PARTNER Rechtsanwälte GmbH, Julius-Raab-Platz 4, 1010 Wien, wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Finanzamtes Wien 1/23 betreffend Beschwerde gegen die Haftungsbescheide Kapitalertragsteuer vom für die Jahre 2011 bis 2015 und die diesbezüglichen Anträge auf Aussetzung der Einhebung beschlossen:

I. Das Säumnisbeschwerdeverfahren betreffend Beschwerde gegen die Haftungsbescheide Kapitalertragsteuer wird gemäß § 284 Abs 2 letzter Satz der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. 1961/194, idgF, eingestellt.

II. Die Säumnisbeschwerde betreffend Erlassung eines Bescheides über die Aussetzung der Einhebung wird gemäß § 284 Abs. 7 lit b in Verbindung mit § 260 Abs. 1 lit a BAO als unzulässig zurückgewiesen.

III. Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang:

Die beschwerdeführende Partei hat gemäß § 284 Abs. 1 BAO durch die bevollmächtigte Vertreterin Althuber Spornberger & Partner Rechtsanwälte GmbH Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch die belangte Behörde betreffend Beschwerden gegen die berichtigten Haftungsbescheide Kapitalertragsteuer vom für die Jahre 2011 bis 2015 samt Anträgen auf Aussetzung der Einhebung erhoben.

Dem Finanzamt wurde mit Beschluss des Bundesfinanzgerichtes vom gemäß § 284 Abs. 2 BAO aufgetragen, bis spätestens die säumigen Bescheide zu erlassen und eine Abschrift der Bescheide vorzulegen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht oder nicht mehr vorliegt.

Das Finanzamt hat am  eine Beschwerdevorentscheidung über die Beschwerden vom  erlassen. Die Zustellung erfolgte zu Handen des steuerlichen Vertreters HFP Steuerberatungs GmbH am .

Zur beantragten Aussetzung der Einhebung teilte das Finanzamt mit, dass eine Aussetzung der Einhebung betreffend die gegenständliche Kapitalertragsteuer bereits zuvor verfügt wurde und noch aufrecht ist. Der entsprechende Bescheid vom liegt dem Bundesfinanzgericht vor.

Mit Schreiben vom forderte das Bundesfinanzgericht die beschwerdeführende Partei auf, innerhalb von zwei Wochen bekannt zu geben, sollte sie entgegen der Mitteilung des Finanzamtes nicht klaglos gestellt sein.

Der Rechtsvertreter wendete anlässlich einer telefonischen Rücksprache am ein, keinen Bescheid über die Aussetzung der Einhebung erhalten zu haben. Die Richterin machte den Parteienvertreter Dr. Althuber auf den entsprechenden - an die Steuerberatungskanzlei rechtswirksam zugestellten - Bescheid vom aufmerksam.

Rechtsgrundlagen und rechtliche Würdigung:

Gemäß § 284 Abs 1 BAO kann die Partei wegen Verletzung der Entscheidungspflicht Beschwerde (Säumnisbeschwerde) beim Verwaltungsgericht erheben, wenn ihr Bescheide der Abgabenbehörden nicht innerhalb von sechs Monaten nach Einlangen der Anbringen oder nach dem Eintritt zur Verpflichtung zu ihrer amtswegigen Erlassung bekanntgegeben (§ 97 BAO) werden. Hiezu ist jede Partei befugt, der gegenüber der Bescheid zu ergehen hat.

Gemäß § 284 Abs 2 letzter Satz BAO idF 2. AbgÄG 2014, BGBl. I 2014/105, ist das Verfahren einzustellen, wenn der Bescheid erlassen wird oder wenn er vor Einleitung des Verfahrens erlassen wurde.

Gemäß § 284 Abs. 7 lit. b BAO ist § 260 Abs. 1 lit. a BAO sinngemäß anzuwenden. Danach ist die Säumnisbeschwerde mit Beschluss zurückzuweisen, wenn sie nicht zulässig ist. Das ist etwa dann der Fall, wenn überhaupt keine Entscheidungspflicht besteht (vgl. Ritz, BAO6, § 284 Tz 12; ).

Zum (telefonischen) Einwand des Parteienvertreters Dr. Althuber, dass eine ordnungsgemäße Zustellung der Beschwerdevorentscheidung an die Rechtsanwaltskanzlei hätte erfolgen müssen, ist folgendes zu entgegnen:

Durch Einsicht in die Datenbank der Finanzverwaltung ist festzustellen, dass weiterhin die Zustellvollmacht der HFP Steuerberatungs GmbH angemerkt ist. Bis zur Löschung dieser Eintragung durch den steuerlichen Vertreter ist von einer aufrechten Zustellvollmacht auszugehen und können Zustellungen der Abgabenbehörde daher rechtswirksam an die HFP Steuerberatungs GmbH erfolgen (§ 9 Abs. 4 ZustellG).

Da die Beschwerdevorentscheidung betreffend die Beschwerden vom gegen die berichtigten Haftungsbescheide Kapitalertragsteuer der Jahre 2011 bis 2015 am rechtswirksam erlassen wurde, war das Säumnisbeschwerdeverfahren einzustellen.

Zu den in der Säumnisbeschwerde als unerledigt gerügten Anträgen auf Aussetzung der Einhebung ist festzustellen, dass eine Aussetzung der Einhebung der Kapitalertragsteuer und der Säumniszuschläge für die Jahre 2011 bis 2015 vom Finanzamt bereits mit Bescheid vom bewilligt wurde. Diese Aussetzung der Einhebung war im Zeitpunkt der Einbringung der Säumnisbeschwerde aufrecht. Eine Verletzung der Entscheidungspflicht liegt daher nicht vor.

Da somit bezüglich der Anträge auf Aussetzung der Einhebung die Voraussetzungen zur Erhebung einer Säumnisbeschwerde gemäß § 284 Abs. 1 BAO fehlen, ist die Säumnisbeschwerde insoweit gemäß § 284 Abs. 7 lit. b BAO iVm § 260 Abs. 1 lit. a BAO als unzulässig zurückzuweisen.

Zur Zulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da sich die Rechtsfolge der Einstellung des Säumnisbeschwerdeverfahrens sowie auch der Zurückweisung unmittelbar aus dem Gesetz ergeben, liegt keine Rechtsfrage vor, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, weshalb die Revision nicht zuzulassen war.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 284 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 284 Abs. 7 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RS.7100094.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at