Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 11.02.2020, RV/7100536/2020

Hochrechnung der Einkünfte, die für drei Monate im Kalenderjahr bezogen wurden; in den übrigen Kalendermonaten erhielt die Steuerpflichtige ein steuerfreies Weiterbildungsentgelt.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Ri in der Beschwerdesache Bf., adresse, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde, des Finanzamtes Wien 3/6/7/11/15 Schwechat Gerasdorf vom , betreffend die Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2017 zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Die Beschwerdeführerin (Bf.) befand sich im Zeitraum bis , somit an 273 Tagen, in Bildungskarenz und erhielt vom Arbeitsmarktservice Bezüge in Höhe von insgesamt 14.337,96 €.

Für die restlichen Monate des Streitjahres bezog die Bf. Einkünfte aus nicht selbständiger Tätigkeit in Höhe von 14.130,48 €.

Im Zuge der Arbeitnehmerveranlagung 2017 wurden von der Bf. Sonderausgaben in Höhe von  € 1.612,56 und Werbungskosten für Arbeitsmittel, Fachliteratur und Bildungskosten von  € 1.029,75 beantragt.

Das Finanzamt erließ den Einkommensteuerbescheid 2017 und errechnete nach Abzug der geltend gemachten Werbungskosten einen Gesamtbetrag der Einkünfte in Höhe von 13.100,73 € und ging nach Berücksichtigung der Sonderausgaben von einem Einkommen im Ausmaß von 12.697,59 € aus.

Auf Grund der Tatsache, dass die Bf. für neun Monate im Streitjahr Bezüge aus einer Weiterbildungskarenz bezogen hat, seien nach Ansicht der belangten Behörde gem. § 3 Abs. 2 erster Satz EStG 1988 die für das restliche Kalenderjahr erhaltenen und zum laufenden Tarif zu versteuernden Einkünfte aus nicht selbständiger Tätigkeit für Zwecke der Ermittlung des Steuersatzes auf einen Jahresbetrag hochzurechnen. Für die Ermittlung des Durchschnittssteuersatzes, den die belangte Behörde letztlich auf das zu versteuernde Einkommen in Höhe von 12.697,59 € anwandte, rechnete sie den Gesamtbetrag der Einkünfte aus nicht selbständiger Tätigkeit in Höhe von 13.100,73 € im Wege eines Umrechnungszuschlages auf einen Jahresbetrag hoch. Auf diese Weise ermittelte sie die Einkommensteuer und errechnete daraus den Durchschnittssteuersatz in Höhe von 28,19%. Die Einkommensteuer vom zu versteuernden Einkommen in Höhe von 12.697,59 € beträgt demzufolge  3.579,45 €.

Die Bf. erhob dagegen eine Beschwerde und brachte im Wesentlichen vor, dass das Finanzamt bei der Berechnung der Einkommensteuer von einer zu hohen Bemessungsgrundlage ausgegangen wäre.  Im Jahr 2017 sei die Bf. für neun Monate in Bildungskarenz gewesen und habe lediglich für drei Monate Gehalt bezogen.

Die belangte Behörde wies die Beschwerde, mit einer allgemein gefassten Begründung, die geforderten Unterlagen wären nicht beigebracht worden, als unbegründet ab.

Im Vorlageantrag wiederholte die Bf. im Wesentlichen ihre Ausführungen in der Beschwerde und legte überdies dar, dass der gewünschte Lohnzettel ihres Arbeitgebers bereits dem Finanzamt übermittelt worden wäre. 

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Aufgrund der Aktenlage und dem vorgelegten Lohnzettel sowie den Belegen des Arbeitsmarktservices ist unstrittig, dass die Bf. ein Weiterbildungsgeld nur für einen Teil des Kalenderjahres (01.01. bis 30.09.) bezogen und für die restlichen Monate des Streitjahres Enkünfte aus nicht selbständiger Tätigkeit in Höhe von 14.130,48 € erhalten hat.

In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen:

§ 3 Abs. 2 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 105/2017, bestimmt:

 "Erhält der Steuerpflichtige steuerfreie Bezüge im Sinne des Abs. 1 Z 5 lit. a oder c, Z 22 lit. a (5. Hauptstück des Heeresgebührengesetzes 2001), lit. b oder Z 23 (Bezüge gemäß § 25 Abs. 1 Z 4 und 5 des Zivildienstgesetzes 1986) nur für einen Teil des Kalenderjahres, so sind die für das restliche Kalenderjahr bezogenen laufenden Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 3 Z 1 bis 3 und die zum laufenden Tarif zu versteuernden Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 41 Abs. 4) für Zwecke der Ermittlung des Steuersatzes (§ 33 Abs. 10) auf einen Jahresbetrag umzurechnen. Dabei ist das Werbungskostenpauschale noch nicht zu berücksichtigen. Das Einkommen ist mit jenem Steuersatz zu besteuern, der sich unter Berücksichtigung der umgerechneten Einkünfte ergibt; die festzusetzende Steuer darf jedoch nicht höher sein als jene, die sich bei Besteuerung sämtlicher Bezüge ergeben würde."

Aus dieser Bestimmung und auch aus der Rechtsprechung des VwGH ergibt sich, dass die Bf. aufgrund der Tatsache, dass sie im Streitjahr für neun Monate ein steuerfreies Weiterbildungsentgelt und für die restlichen drei Monate Einkünfte aus nicht selbständiger Tätigkeit bezogen hat, den Tatbestand des ​ § 3 Abs 2 EStG 1988 erfüllte. Die in der zitierten Bestimmung geregelte Hochrechnung der Einkünfte aus nicht selbständiger Tätigkeit hat demnach zu erfolgen (vgl ​ , ​ , ​ ​Ro 2016/13/0004; ).

Die belangte Behörde hat entsprechend dieser gesetzlichen Regelung die Einkommensteuer in Höhe von 3.579,45 € zutreffend, wie im angefochtenen Einkommensteuerbescheid dargestellt, errechnet. Den Durchschnittssteuersatz in Höhe von 28,19% hat sie, nicht wie die Bf. in ihrer Beschwerde ausführte, auf das umgerechnete Einkommen in Höhe von 51.572,58 €, sondern lediglich auf das zu versteuernde Einkommen in Höhe von 12.697,59 € angewandt, das die Bf. im Rahmen ihrer nichtselbständigen Tätigkeit bezogen hat.

Ziel dieser Hochrechnung ist die Vermeidung einer unverhältnismäßigen Absenkung der Steuerprogression durch die Miteinbeziehung von steuerfreien Bezügen in das Jahreseinkommen. Es sollen über die Steuerfreiheit hinausgehende Vorteile für die Transferleistungen vermieden werden (vgl. Jakom/Laudacher, EStG 2018, § 3 Rz 120).

Dem angefochtenen Einkommensteuerbescheid ist dazu zu entnehmen, dass der Durchschnittssteuersatz in Höhe von 28,19 %  zur Festsetzung einer Einkommensteuer in Höhe von 3.579,45 € und unter Berücksichtigung der einbehaltenen Lohnsteuer zu einer Abgabengutschrift in Höhe von -33,00 € führte.

Zu beurteilen ist darüber hinaus, ob die auf Basis des Durchschnittssteuersatzes festgesetzte Steuer in Höhe von 3.579,45 € höher ist, als jene, die sich bei Besteuerung sämtlicher Bezüge ergeben würde. Die Einhaltung dieser Regelung wird mit einer Kontrollrechnung überprüft:


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Steuerpflichtiger Bezug
14.130,48 €
Bildungsentgelt
14.337,96 €
abzüglich Werbungskosten
-1.029,75 €
abzüglich Sonderausgaben
-403,14 €
zu versteuerndes Einkommen
27.035,55 €
0% für 11.000,00
0,00 €
25% für 7.000,00
            1.750,00 €
35% für 9.035,55
3.162,44 €
Jahressteuer
4.912,44 €
abzüglich  VAB
-400,00 €
 
 
Jahressteuer
4.512,44 €
Anrechenbare Lohnsteuer
-3.612,87 €
Einkommensteuer
899,47 €

Ein Vergleich der Hochrechnung mit der Kontrollrechnung ergibt, dass die im Rahmen der Hochrechnung festgesetzte Abgabengutschrift von - 33,00 € für die Bf. günstiger ist, als die nach der Kontrollrechnung festzusetzende Einkommensteuer in Höhe von 899,47 €, weshalb der angefochtene Einkommensteuerbescheid rechtsrichtig ist und die Beschwerde als unbegründet abzuweisen war.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine ordentliche Revision war nicht zulässig, da sich die Beantwortung der Frage der Hochrechnung von Bezügen aus nicht selbständiger Tätigkeit unmittelbar aus  § 3 Abs. 2 EStG 1988 und aus der in der Entscheidung zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ergeben hat.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7100536.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at