Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 10.02.2020, RV/4100163/2015

Haftung, Geschäftsführer

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter M. H.P als Vorsitzenden, die Richterin Dr.in E.K, die fachkundigen Laienrichter M.W und MMag. Dr. R.D. in der Beschwerdesache M. H.G, vertreten durch D.H.K Steuerberatungsgesellschaft mbH & Co KG, Str. 131, Z.Kl., über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes vom betreffend Haftung gemäß § 9 Bundesabgabenordnung (BAO) in der Sitzung am nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt: 

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben und die Haftung für nachstehende Abgaben  auf Euro 19.635,20 eingeschränkt:


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Abgabenart
Zeitraum
Fälligkeitstag
Betrag
Säumniszuschlag 1
2012
268,26 
Säumniszuschlag 1
2012
111,18
Säumniszuschlag 1
2012
236,95
Säumniszuschlag 1
2012
260,93
Säumniszuschlag 1
2012
60,45
Säumniszuschlag 1
2012
44,50
Säumniszuschlag 1
2012
61,24
Lohnsteuer
05/2012
15.673,25
Dienstgeberbeitrag
05/2012
3.374,03
Zuschlag/Dienstgeberbeitrag
05/2012
307,41
Umsatzsteuer
04/2012
13.855,61
Säumniszuschlag 1
2012
276,36
Säumniszuschlag 1
2012
61,29
Säumniszuschlag 1
2012
93,81
Säumniszuschlag 1
2012
272,34
Säumniszuschlag 1
2012
59,34
Lohnsteuer
06/2012
14.071,69
Summe                                                               49.088,64

Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Die Firma D.U GmbH ist im Firmenbuch unter FN 123c g eingetragen. Als Unternehmensgegenstand ist der Betrieb eines technischen Büros angeführt. Das Unternehmen war auf die Entwicklung, Fertigung und Erzeugung von technischen Bauteilen aus Kunststoff für technische Anlagen ausgerichtet. Gesellschafter waren Ingenieur H.D, der 2/3 der Gesellschaftsanteile innehatte, und dessen Schwester S.l. (1/3 Gesellschaftsanteile).
Der Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf.) war vom bis selbständig vertretungsbefugter Geschäftsführer der GmbH (Konkurseröffnung: ).

Im Zeitpunkt der Bestellung des Bf. zum Geschäftsführer wurde dessen Geschäftsführung im Innenverhältnis insoweit beschränkt, als er die GmbH lediglich im Vertretungsfalle des Gesellschaftergeschäftsführers H.D nach außen vertrete (Geschäftsordnung, Beschluss v. ). Schriftlich wurde unter der Überschrift "Geschäftsordnung" von den beiden Gesellschaftern und dem Bf. als (neuem) Geschäftsführer festgehalten: 

"Vertretungsbefugt nach außen ist allein der Geschäftsführer Herr Ing. H.D, der Geschäftsführer Herr M. H.G vertritt die Gesellschaft nur im Vertretungsfall des Ing. H.D nach außen."

Konkurs:

Die GmbH beantragte durch den Bf. als Geschäftsführer mit Schriftsatz vom die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über die GmbH. Begründet wurde der Insolvenzantrag mit der schwachen Eigenkapitalausstattung und den hohen Verbindlichkeiten der GmbH. Dadurch sei es nicht mehr möglich gewesen, Zahlungsausfälle bei Kunden zu kompensieren.
Zusätzlich habe die wichtigste Bank am die Fälligstellung der Kredite angekündigt, wenn nicht eine Umschuldung zu einer anderen Bank erfolge.
Vorgelegt wurden das Vermögensverzeichnis, die Saldenliste, Liste der Gläubiger, Liste der nicht ausbezahlten Nettolöhne in den Monaten Juni und Juli 2012. Die Gesamtverbindlichkeiten wurden mit einem Betrag iHv € 4.042.160,00 angeführt und setzten sich wie folgt zusammen:

Bankverbindlichkeiten                 iHv    € 2.892,000,00;
Gläubiger diverse                        iHv    €    257.949,82;
Finanzamt                                  iHv    €    135.519,00;
Krankenk.                                           iHv    €    609.149,18;
Magistrat                                    iHv    €      52.966,47;
   Löhne                                         iHv    €     283.061,00.   
 

Die Aktiven iHv. insgesamt € 1.358.157,00 wurden wie folgt angeführt:

Faktorbank:                € 500.500,84;
Geschäftseinrichtung:  € 899.000,00; 
Bankguthaben:           €   57.262,75.

Laut der Liste "Kreditoren" betrugen die Forderungen aus Lieferungen und Leistungen (Konto 2000) Euro 581.392,90 und die Forderung gegenüber dem Finanzamt wegen der Forschungsprämie gemäß § 108c EStG 1988 Euro 295.398,08.

Am wurde die Forschungsprämie in Höhe von Euro 293.603,23 auf das Abgabenkonto beim Finanzamt überwiesen und gutgeschrieben. Dadurch verringerte sich der zu diesem Zeitpunkt aushaftende Saldo am Abgabenkonto iHv. insgesamt Euro 300.223,65 auf Euro 6.620,42. 

Die Gemein-Schuldnerin hatte mit der Bank eine Factoring-Vereinbarung  getroffen, wonach 80% der abgerechneten Aufträge von der Bank bezahlt wurden und gleichzeitig die Kundenforderungen zu 100 % an die Bank abgetreten werden. Die Bank hat am die Vorfinanzierung von Aufträgen eingestellt und von der GmbH die  Umschuldung der Kredite verlangt. Am  kündigte die Bank der GmbH an, sämtliche Kredite fällig zu stellen (Konkursantrag vom ). Die GmbH war somit endgültig nicht mehr in der Lage ihren finanziellen Verpflichtungen nachzukommen.

Mit Beschluss des Landesgerichtes vom , Zahl Zahl123, wurde über die GmbH das Konkursverfahren eröffnet und das Unternehmen geschlossen.

Forderungen im Konkursverfahren (insgesamt):

Die angemeldeten Forderungen betrugen Euro 5,019.520,49 (ON 1 bis ON 114);
die festgestellten Forderungen Euro 4,680.799,49;
Bestritten wurden Euro 338.721,00 (Anmeldungsverzeichnis im Konkursverfahren).

Die größten Glaubiger waren:

Bank (ON 3) mit Forderungen iHv.           €   1,319.874,19;
Krankenk. S3:                                                     €      126.867,32;
A-Ba. AG (14):                                               €       147.241,98;
Wirtschaftsförderungsfonds (ON 23):                     €        207.452,92;
x Krankenk. (ON 42):                                                   €        546.773,17;
Steuerberater:                                                     €          27.142,09;
Bankhaus J.L & Co AG (OZ.25):              €        347.187,80;
Finanzamt (ON 50):                                              €        197.430,70;
H.Bank AG (ON 63):                                 €        322.719,03;
(Abstattungskredit über € 350.000,00 aus 2011)
Forderung M. H.G:                             €           82.028,24;
Forderung M. H.G:                             €           21.650,00;
Finanzamt (ON 113):                                             €         140.290,10.   

Die Gehälter von Juli 2012 bis an die 43 Mitarbeiter wurden  nicht mehr ausbezahlt. Die Löhne für Juni 2012 wurden verspätet in drei Tranchen im Juli gezahlt.
(Konkursakt, Forderungsanmeldungen Mitarbeiter von ON 65 bis 106; Parteivorbringen).
Urlaubsgeld, Überstunden, Weihnachtsrenumeration und Abfertigungen wurden nicht mehr bezahlt.

Forderungen des Beschwerdeführers:
Die Insolvenzforderung (Lohn/Gehalt/Abfertigung) des Bf. betrug insgesamt € 82.028,24. Der Bf. machte die Gehälter für den Monat Februar, Mai, Juli und 1.8. bis , mitsamt Urlaubsgeld und Weihnachtsrenumeration, das Entgelt für 224,5 Überstunden sowie die Abfertigungsansprüche geltend.
Unter der OZ. 106 des Forderungsanmeldungsverzeichnisses machte der Bf. eine weitere Forderung Kapital iHv Euro 21.000,00 geltend, weil er am diesen Betrag auf das Konto nu123mm45er bei der S. Bank AG überwiesen hat. Auf diesem Konto hafteten zum Euro 175.948,70 aus.

Mit Beschluss vom wurde der Konkurs nach Verteilung des Massevermögens gemäß § 139 IO aufgehoben und die Firma im Firmenbuch gemäß § 40 FBG gelöscht. Auf die Gläubiger gelangte die Konkursquote von 1,148% zur Auszahlung.

Das Finanzamt erhielt ausgehend von festgestellten Forderungen iHv Euro 197.430,70 einen Betrag in Höhe von Euro 2.118,85 zugewiesen (ON 50). Zusätzlich wurden dem Finanzamt zu ON 113 ausgehen von festgestellten Forderungen iHv Euro 140.290,10 der Betrag iHv Euro 1.505,61 zugewiesen.

Die Gebietskrankenkasse erhielt ausgehend von festgestellten Forderungen in Höhe von Euro 430.997,16 den Betrag iHv Euro 4.625,51 zugewiesen.

Anfechtungsklage im Konkursverfahren:

Der Masseverwalter hat gegen die Republik A.L eine Anfechtungsklage beim Landesgericht eingebracht (Verfahren beim LG 21 Cg 987z) wegen Euro 314.603,23. Anlässlich der mündlichen Streitverhandlung am wurde ein bedingter Vergleich dahingehend abgeschlossen, dass die Republik sich verpflichtet hat, den Betrag iHv Euro 20.000,00 an den Masseverwalter zurückzuzahlen. Am zahlte das Finanzamt den Betrag iHv Euro 20.000,00 an den Masseverwalter.

Aus dem Konkursakt leitet sich schlüssig ab, dass die GmbH im Juli 2012 nicht mehr in der Lage war, die laufenden Aufwendungen und Forderungen frist- und zeitgerecht zu bedienen.

Haftungsbescheid:

Das Finanzamt zog mit Haftungsbescheid vom den Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf.) als Geschäftsführer für aushaftende Abgabenschuldigkeiten iHv insgesamt € 268.176,64 heran.

Die Abgaben betrafen Umsatzsteuer und Lohnabgaben für die Zeiträume März bis August des Jahre 2012 (Umsatzsteuer März, April, Mai, Juni, Juli  2012; Lohnabgaben Mai, Juni 2012 und die Lohnabgabennachforderungen 01-08/2012 entsprechend dem Abgaben- Haftungsbescheid vom ).

Begründend wurde auf die Stellung des Bf. als Geschäftsführer verwiesen.

Beschwerde vom :

Mit Schriftsatz vom wurde Beschwerde

1. gegen den Haftungsbescheid vom und
2. Beschwerde gegen die der Haftung zugrundeliegenden Bescheide vom , nämlich den
- Haftungsbescheid gemäß § 82 EStG 1988 für Lohnsteuer 1-8/2012;
- Bescheid über die Festsetzung des Dienstgeberbeitrages für 1-8/2012 sowie
- den Bescheid über die Festsetzung des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag für den Lohnzahlungszeitraum 1-8/2012 erhoben.

Schriftlich wurde zu den Lohnabgaben des Lohnzahlungszeitraumes 1-8/2012 ausgeführt,

- dass ausgehend von der Konkurseröffnung am  mangels Auszahlung der Löhne in den letzten drei Monaten keine Lohnabgaben anfallen dürften;

- der Bf. im Haftungsbescheid für Abgabenrückstände zur Haftung herangezogen wurde, die erst nach Insolvenzeröffnung am fällig geworden sind,

- die belangte Behörde den Bf. als Geschäftsführer zur Haftung herangezogen hat, obwohl er als Geschäftsführer nicht mehr über ausreichend liquide Mittel zur vollständigen Bezahlung aller Gläubiger verfügt hat und dem Finanzamt ohnehin zu viel an Abgaben vor Insolvenzeröffnung (gemeint: Zeitraum vom 1.1. bis ) entrichtet wurden.

Beantragt wurde, den Haftungsbescheid vom ersatzlos aufzuheben,
in eventu diesen durch einen neuen zu ersetzen, der dem Beschwerdevorbingen entspricht.
Um Aussetzung der Einhebung gemäß § 212 a BAO wurde ersucht.

Hinsichtlich der Lohnabgaben 1-8/2012 brachte der Bf. vor, dass in den Monaten Mai, Juni 2012 Lohnabgaben am Abgabenkonto gemeldet worden wären, obwohl zum Lohnabgaben iHv € 203.093,76 für 43 Mitarbeiter offen waren und nicht mehr ausbezahlt werden konnten.
Der Gesellschaftergeschäftsführer Ing. H.D (67% Beteiligung) erhielt in den Monaten Juni, Juli keinen Lohn mehr ausbezahlt.

Man habe gleichzeitig mit seiner Bestellung zum Geschäftsführer am eine Geschäftsordnung vereinbart, wonach er lediglich im Vertretungsfalle den Gesellschaftergeschäftsführer H.D (67%) die GmbH vertritt. 

Es habe insgesamt keine Schlechterstellung des Finanzamtes als Gläubiger gegeben. Der Masseverwalter habe sich sogar mit der Finanzprokuratur auf einen Betrag iHv 2% bzw. Euro 20.000,00 (Anfechtungs- und Insolvenzverfahren, Juni 2014) geeinigt, weil die Zahlungen der Primärschuldnerin zugunsten des Finanzamtes dieses begünstigt hätten. Der Abgabengläubiger sei nicht schlechter gestellt worden.

Die verbuchten Nettobezüge der Arbeitnehmer für Juli 2012 betrugen Euro 95.152,39, sodass neben den offenen Bezügen für den Monat Juli 2012 noch Euro 107.941,37 an nicht ausbezahlten Nettobezügen der Arbeitnehmer für Mai und Juni 2012 verbleiben würden.


Der Bf. habe für die GmbH am den Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens eingebracht, um die insolvenzrechtlichen Fristen hinsichtlich rechtzeitiger Antragstellung bei Zahlungsunfähigkeit zu wahren.

In der Gläubigertagsatzung am wurde mit der Finanzprokuratur ein Vergleich zur Zurückzahlung eines Betrages iHv € 20.000,00 abgeschlossen. Am erfolgte die Rückzahlung des Vergleichsbetrages iHv Euro 20.000,00 durch die Finanzprokuratur.

In rechtlicher Hinsicht wurde ausgeführt, dass sämtliche Nachverrechnungen an Lohnabgaben lediglich pauschale Nachverrechnungen wären.

Der Betrieb ist durch das Insolvenzgericht eingestellt worden, sodass sämtliche Dienstnehmerforderungen und auch die diesen Forderungen zuzurechnenden Lohnabgaben bei Verteilung an die Insolvenzgläubiger zu berücksichtigen wären. Der Prüfer ermittelte daher die bei Auszahlung durch den Insolvenzfonds noch nach der Konkurseröffnung fällig werdenden künftigen Lohnabgaben, um diese im Konkursverfahren anmelden zu können.

Diese pauschalen Nachverrechnungen an Lohnabgaben betreffen ausschließlich Lohnabgaben für erst nach Konkurseröffnung durch den Insolvenzfonds und den Masseverwalter zur Auszahlung gelangende Bezüge der Arbeitnehmer. Die in den Bescheiden vom nachverrechneten Lohnsteuern, Dienstgeberbeiträge und Zuschläge zum DB dürfen daher keineswegs in den Haftungsbescheid mitaufgenommen werden.

Insgesamt wären mit Bescheiden vom  Lohnabgaben iHv EUR 140,290,10 nachverrechnet worden. Die Bescheide der Lohnabgabenprüfung vom wären fehlerhaft, weil Ende Juli 2012 noch EUR 203.093,76 an Nettottobezügen der Mitarbeiter und drei Monatsbezüge an den Geschäftsführer iHv EUR 5.000,00 nicht ausbezahlt wurden.

Der Masseverwalter habe Dienstnehmerforderungen iHv € 741.000,00 anerkannt. Daraus leite sich ab, dass ein Großteil der Bezüge der Monate Mai, Juni 2012 noch offen waren und daher ein Großtei der Lohnabgaben für diese Monate Mai und Juni aus der Bemessunggrundlage für den Haftungsbescheid herauszunehmen sind.

Sämtliche Abgaben, die erst nach dem fällig wurden, wären aus der Bemessungsgrundlage für die Haftung auszuscheiden. Dabei handle es sich um folgende Abgaben:

Lohnsteuer 1-8/2012 laut Prüfung                   86.365,31
Zuschlag zum DB laut Prüfung                          3.816,34
Umsatzsteuer 06-07/2012                              57.974,81
Säumniszuschläge                                           1.143,96
Säumniszuschläge                                           1.316,11

SUMME                                                       150.616,53

Wegen Nichtauszahlung der Bezüge zu korrigierende Lohnabgaben:

Lohnsteuer 06/2012                                       36.314,00
Dienstgeberbeitrag 06/2012                            12.805,76
Zuschlag zum DB  06/2012                               1.166,75
50%  Lohnsteuer 05/2012                               15.673,25
50% Dienstgeberbeitrag 05/2012                       3.374,03
50% Zuschlag zum DB  05/2012                           307,41

SUMME                                                            69.641,20

Diese Forderungen wären vorweg aus dem Haftungsbescheid auszuscheiden, womit sich die Bemessungsgrundlage für per vor Insolvenzeröffnung offenen Abgabenrückstände iHv EUR 65.918,91 ergäbe.

Schließlich wäre die Konkursquote zu berücksichtigen.

Das Finanzamt gehe schließlich von einem aktenwidrigen Sachverhalt aus.

So sei das Finanzamt besser gestellt worden als andere Gläubiger. Daher habe die Finanzprokuratur im Vergleichswege mit dem Masseverwalter den Betrag iHv EUR 20.000,00 an den Masseverwalter rücküberwiesen.
Daraus sei abzuleiten, dass es der Aktenlage widerspreche, wenn die belangte Behörde meine, der Geschäftsführer habe eine schuldhafte Pflichtverletzung zu verantworten.

Der Bf. habe der GmbH ein Darlehen über Eur 21.662,67 (Kapital zzgl. Zinsen)gewährt (Forderungsanmeldung, ON 106). Schließlich habe der Bf. der GmbH im Gegensatz zu den anderen Mitarbeitern wesenlich höhere Bezüge gestundet und daher im Insolvenzverfahren EUR 82.028,24 an Forderungen angemeldet.

Daraus leite sich eine mangelhafte Ermessensübung ab, weil diese Umstände das Nichtvorhandensein einer schuldhaften Pflichtverletzung belegen.

Beschwerdevorentscheidung vom

Das Finanzamt gab mit Beschwerdevorentscheidung der Beschwerde teilweise statt und schränkte die Haftungssumme auf Euro 63.694,77 ein. Die Haftungssumme wurde antragsgemäß um Euro 150.616,51 für solche Abgaben verringert, deren gesetzliche Fälligkeit nach dem Zeitpunkt der Konkurseröffnung, dem , gelegen war. Das Finanzamt gab hinsichtlich der Lohnabgaben für den Zeitraum 1-8/2012, welche mit Abgaben- und Haftungsbescheiden vom  nach Konkurseröffnung festgesetzt wurden, statt.

Schriftlich wurde die Beschwerdevorentscheidung wie folgt begründet:
"Hinsichtlich der in  Haftung gebliebenen Abgabenschuldigkeiten von € 135.560,11 obliegt ihnen als potentiellem Haftungsschuldner der Nachweis, welcher konkrete Betrag bei Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger an die Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre. Ihr nur pauschales Vorbringen, es wären Abgabenverbindlichkeiten gegenüber anderen Gläubigern nicht schlechter, sondern im Hinblick auf die erfolgte Anfechtung sogar bevorzugt behandelt worden, reicht für sich alleine nicht aus, um eine Entkräftigung hinsichtlich der Heranziehung zur Haftung gegenüber ihre Person zu bewirken. Ihrem Vorbringen, die für Juni 2012, nicht entrichtete Lohnsteuer in Höhe von € 36.314,-- wäre wegen Nichtauszahlung der Gehälter aus der Haftung auszuscheiden, kann nicht beigepflichtet werden. Im Hinblick auf die dem Finanzamt vom Geschäftsführer Herrn H.D übermittelte Aufstellung wurde für Juni nur mehr ein Teil der Gehälter - ohne Urlaubsgelder - ausgezahlt, sodass sich die darauf entfallende Lohnsteuer um € 8.170,62 vermindert und die Haftung auf den Betrag in Höhe von € 28.143,38 abzuändern ist. Für die Lohnsteuer Mai 2012 konnte allerdings gegenüber ihrer Meldung vom keine Änderung festgestellt werden und fehlen daher für eine Ausscheidung dieser Abgabe aus der Haftung die Voraussetzungen. Die Haftungssumme verringert sich dementsprechend auf € 127.389,49."

Angesichts der nur vertretungsweise ausgeübten Geschäftsführertätigkeit reduzierte das Finanzamt die Haftungssumme entsprechend dem geringeren Schuldgehalt im Zuge der Ermessensübung auf die Hälfte der Haftungssumme in Höhe von insgesamt Euro 127.389,49, nämlich auf den Betrag iHv Euro 63.694,77.
Das Finanzamt zog den Bf. für nachstehende tabellarisch dargestellten Abgaben in verminderter Höhe zur Haftung heran:


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Abgabenart
Zeitraum
Fälligkeitstag
Betrag
Umsatzsteuer
03/2012
2.050,03 (entfällt)
Säumniszuschlag 1
2012
349,28 (-40,51)
Säumniszuschlag 1
2012
111,18
Säumniszuschlag 1
2012
236,95
Säumniszuschlag 1
2012
260,93
Säumniszuschlag 1
2012
60,45
Säumniszuschlag 1
2012
44,50
Säumniszuschlag 1
2012
61,24
Stundungszinsen
2012
1.399,82 (entfällt)
Lohnsteuer
05/2012
15.673,25
Dienstgeberbeitrag
05/2012
3.374,03
Zuschlag/Dienstgeberbeitrag
05/2012
307,41
Umsatzsteuer
04/2012
13.855,61
Säumniszuschlag 1
2012
276,36
Säumniszuschlag 1
2012
61,29
Säumniszuschlag 1
2012
93,81
Säumniszuschlag 1
2012
272,34
Säumniszuschlag 1
2012
59,34
Lohnsteuer
06/2012
14.071,69
Dienstgeberbeitrag
06/2012
6.402,88
Zuschlag/Dienstgeberbeitrag
06/2012
583,38
Umsatzsteuer
05/2012
4.039,13
Säumniszuschlag 1
2012
49,87
63.694,77

Diese Abgaben verringern sich um die Quotenzahlungen in Höhe von Euro 3.839,64, welche nach Vorlage der Beschwerde an das BFG beim Finanzamt im Jahr 2015 eingelangt sind.

Die Umsatzsteuervorauszahlung für März 2012 iHv Euro 2.050,03, die Stundungszinsen in Höhe von Euro 1.399,82 entfallen daher aus der Haftungssumme, sodass sich die Haftung um insgesamt Euro 3.839,64  und die Haftung für Säumniszuschläge um Euro 40,51 verringert (Bemessungsgrundlage neu: € 63.694,77 - €  3.839,64 = € 59.855,13).

Erörterungsgespräch:

Im Zuge des Erörterungsgespräches am  legte der steuerliche Vertreter für den Zeitraum bis folgende Unterlagen zum Zwecke einer Liquiditätsberechnung (Gleichbehandlung) vor:

1. Darstellung der zur Verfügung gestandenen Geldmittel iHv. Euro 2.246.165,64 im Zeitraum bis zur Insolvenzeröffnung am ;
2. Darstellung der Verwendung der Geldmittel iHv. Euro 2,229.641,44;
3. Detail Eingang Kundenforderungen;
4. Darstellung Entwicklung Verbindlichkeiten
(Wert zzgl. Neuzugang 2012 = Summe);
5. Zahlungen an das Finanzamt iHv Euro 422.000,00.
  

Aus der Darstellung der zur Verfügung stehenden Geldmittel ergibt sich wie folgt:

Eingänge off. Kundenforderungen                                        Euro        1,459.557,99;
Eingänge sonstige Forderungen                                           Euro             60.214,80;
Eingang Finanzamt Forschungsprämie                                  Euro           293.603,23;
Eingang aus Vorsteuerrückerstattung Deutschland                Euro                 995,60;
Eingang Forderung GF D.                                                    Euro             18.750,00;
Veränderung Banksalden -
Erhöhung BV incl. Bankguthaben                                         Euro             413.044,42,

In Summe standen demnach Euro 2.246.165,64 an Geldmittel zur Verfügung.         

Die Berechnung der quotenmäßigen Gleichbehandlung aller Gläubiger (in Euro):

Verbindlichkeiten 1.1.-                                             € 6,202.295,56;
z.Verfügung stehende Geldmittel                                               € 2,246.165,64;

quotenmäßige Befriedigung aller Gläubiger bei Gleichbehandlung             36,22%.

Die Berechnung der quotenmäßigen Befriedigung ergäbe aus der Berechnung, dass bei Gleichbehandlung aller Gläubiger jeder eine Quote iHv Euro 36,22 % erhalten hätte müssen.

Daraus leite sich für die Abgabenschuldigkeiten laut Bf. wie folgt ab:

Finanzamt Verbindlichkeit                                                   € 273.546,42;
Abgaben 01 -08/2012                                                                     € 394.177,88; 

Verbindlichkeit FA (Wert  zzgl. Abgaben 01-08/2012)            € 667.724,30;
Tats. Zahlungen an FA                                                                     € 442.609,23;
notwendige Zahlungen bei quotenmäßiger Gleichbehandlung              €  241.816,82;
Differenzbetrag:     Euro 180.792,41                                                                             

Der Bf. wendete, ausgehend von dieser vorgelegten Berechnung ein, dass das Finanzamt  um den Differenzbetrag iHv Euro 180.792,41 zu viel an Zahlungen erhalten hat.

Der Amtsvertreter gab im Zuge des Erörterungsgespräches an, dass nach der Beschwerdevorlage an das BFG insgesamt Euro 3.839,64 zusätzlich an Quotenzahlungen am Abgabenkonto eingelangt sind, welche mit der Haftungssumme aufzurechnen sind. Durch diese Anrechnung verringerte sich die Haftungssumme auf Euro 59.855,13.

Der Bf. legte den E-Mailverkehr zwischen ihm und dem Gesellschaftergeschäftsführer vor. Im April 2012 warnte der Bf. den Geschäftsführer, dass bei der Auszahlung der Löhne Mai 2012 auf die gleichteilige Bezahlung der Lohnabgaben zu achten sei. Auch die Krankenkasse sei mit einzubeziehen. Schriftlich wies der Bf. den Geschäftsführer darauf hin:

"Wir dürfen im Mai nur mehr jene Gehälter auszahlen, welche wir abgabenmäßig bedienen können.
…"

Weiters ergibt sich aus dem Aktenvermerk des Bf. vom  über die Besprechung mit dem Gesellschaftergeschäftsführer und Vertretern der kreditgewährenden Hausbank, dass diese die Kredite fällig stellen und einen Konkursantrag einbringen werden. Mit der Anzeige an die Staatsanwaltschaft wurde gedroht.

Mündliche Verhandlung:

In der mündlichen Verhandlung wendete der Bf. ein, dass es eine konkludente Aufteilung der Geschäftsbereiche beider Geschäftsführer von Beginn an gegeben habe. Dies sei mit der Rechtslage vereinbar.
So vertritt Universitätsprofessor M. Dr. Ulrich Torggler in seiner wissenschaftlichen Abhandlung zur Ressortverteilung unter Geschäftsführern die Rechtsmeinung, dass es für Geschäftsführerbeschlüsse im Allgemeinen keine Formvorschriften gebe. Daraus leite sich ab, dass die Ressortaufteilung auch konkludent erfolgen könne. Die Geschäftsführer haften grundsätzlich nur für eigene Pflichtverletzungen.

Eine solidarische Haftung eines Geschäftsführers setze voraus, dass ein Schaden selbst pflichtwidrig mitverursacht worden sei (Artikel Ressortaufteilung unter GmbH-Geschäftsführern, Artikel 642, RdW 12/2019, 811 ff.)  

Der Bf. habe faktisch über keine Zugangsberechtigungen bzw. "Tans" zu Bankkonten verfügt, sodass er Überweisungen und Zahlungen gar nicht hätte durchführen können.
Überweisungen und Zahlungen sind ausschließlich von den beiden Gesellschaftern in der Nacht durchgeführt worden. Der Gesellschaftergeschäftsführer und dessen Schwester hätten das Unternehmen wie einen Familienbetrieb geführt.

Er sei für das Controlling, Reporting, Aufbau Budgetierung 2012, IT-Neueinführung ERP, Förderwesen und Strukturierung des Admin-Bereiches zuständig gewesen.
Er habe mit dem Gesellschaftergeschäftsführer vereinbart, nach dem ersten Jahr eine konkrete Aufteilung der Geschäftsführungstätigkeiten vorzunehmen.

Es habe von Anbeginn die Ressortaufteilung gegeben, dass das gesamte Cash-Management (Zahlungswesen) nicht im Zuständigkeitsbereich des Bf. gelegen sei.
Die Zahlungsunfähigkeit habe bereits mit vorgelegen und habe der Bf. ab diesem Zeitpunkt der Geschäftsführung aus insolvenzrechtlicher Hinsicht nicht mehr zurücklegen können. Es habe innerhalb von 60 Tagen Insolvenz angemeldet werden müssen.
Aus dem vorgelegten Kontenblatt zum Gehalt sei ersichtlich, dass der Monatsgehalt Juni 2012 erst am 16., 17.7. und 24.7. ausbezahlt worden sei. Daher verschiebe sich die gesetzliche Fälligkeit auch nach hinten. Gleiches gelte für den Monat Mai 2012, der am 20.6.und 27.6. angewiesen wurde (Kontoauszug Gehalt 2012). Diese Abgaben seien nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit fällig geworden. 

Gegen die Abgabenbescheide sei ein Rechtsmittel eingelegt worden, sodass diese Umstände auch im Haftungsverfahren zu berücksichtigen sind.

Der steuerliche Vertreter schließt aus dieser internen, konkludenten Geschäftsaufteilung, dass eine schuldhafte Pflichtverletzung ausgeschlossen und dem Bf. nicht vorwerfbar sei. Schließlich habe das Finanzamt im Juni 2014 dem Masseverwalter Euro 20.000,00 im Vergleichswege zurückgezahlt.
Daraus ist objektiv ersichtlich, dass das Finanzamt unter allen Gläubigern begünstigt worden sei.

Schließlich finde eine solche gewählte Ressortaufteilung ihre Deckung in der herrschenden Lehre und Judikatur, wie sich aus dem sich vorgelegten Artikel des Universitätsprofessors M. Dr. Torggler. Demnach könne es eine konkludente Aufteilung der Ressorts unter den Geschäftsführern geben.

Aus der vorgelegten Quotenberechnung sei ersichtlich, dass es nicht möglich gewesen wäre, 100% der Gläubigerforderungen zu befriedigen. Zahlungen ab Mai sind nur mehr sporadisch erfolgt. Es lag ein typisches "start-up" Unternehmen vor. 

Auf den Umstand, dass die Krankenkasse lediglich 2% (gemeint: ca.8%) als Haftungssumme festgesetzt hat wurde verwiesen.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Voraussetzungen für die Haftungsinanspruchnahme sind:
- eine Abgabenforderung gegen den Vertretenen,
-die Stellung als Vertreter,
-die Uneinbringlichkeit der Abgabenforderung,
-eine Pflichtverletzung des Vertreters,
-dessen Verschulden an der Pflichtverletzung und die Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit.

Gemäß § 248 BAO kann der Haftungspflichtige unbeschadet der Einbringung einer Beschwerde gegen seine Heranziehung zur Haftung (Haftungsbescheid, § 224 Abs. 1 BAO) innerhalb der für die Einbringung der Beschwerde gegen den Haftungsbescheid offenstehenden Frist auch gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch Beschwerde einbringen. Beantragt der Haftungspflichtige die Mitteilung des ihm noch nicht zur Kenntnis gebrachten Abgabenanspruches, so gilt § 245 Abs. 2, 4 und 5 sinngemäß.

Zu den abgabenrechtlichen Pflichten eines Vertreters zählen insbesondere die Führung gesetzmäßiger Aufzeichnungen, die zeitgerechte und richtige Einreichung von Abgabenerklärungen, die Offenlegungs- und Wahrheitspflicht und die Entrichtung der Abgaben (siehe Ritz, Bundesabgabenordnung, § 9 Rz. 12 mit angeführter Rechtsprechung). Bei Betrauung Dritter (zB Angestellter) mit den abgabenrechtlichen Pflichten besteht die Haftung vor allem bei Verletzung von Auswahl- und Überwachungspflichten (; , 95/13/0261; , 2000/14/0106). Der Vertreter hat das Personal in solchen Abständen zu überwachen, die es ausschließen, dass ihm die Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten, insbesondere die Verletzung abgabenrechtlicher Zahlungspflichten, verborgen bleiben (; , 2000/14/0106; , 2007/15/0164). Nur schuldhafte Verletzungen abgabenrechtlicher Pflichten berechtigen zur Haftungsinanspruchnahme.

Gemäß § 78 Abs.1 Einkommensteuergesetz 1988 (EStG) ist der Arbeitgeber verpflichtet, die Lohnsteuer des Arbeitnehmers bei jeder Lohnzahlung einzubehalten. Gemäß § 79 Abs.1 EStG hat der Arbeitgeber die gesamte Lohnsteuer, die in einem Kalendermonat einzubehalten war, spätestens am 15. Tag nach Ablauf des Kalendermonats in einem Betrag abzuführen. Gleiches gilt auch für den Dienstgeberbeitrag und den Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag.

Nach § 78 Abs.3 EStG 1988 hat der Arbeitgeber, wenn die zur Verfügung stehenden Mittel nicht zur Zahlung des voll vereinbarten Arbeitslohnes ausreichen, die Lohnsteuer von dem tatsächlich zur Auszahlung gelangenden niedrigeren Betrag zu berechnen und einzubehalten. Wird in einem solchen Fall die Lohnsteuer nicht einbehalten und an das Finanzamt abgeführt, so ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes von einer schuldhaften Pflichtverletzung auszugehen (vgl. Zl. 2001/15/0187).

Maßgebend für die Haftung als Vertreter ist die gesellschaftsrechtliche Stellung als Geschäftsführer der GmbH. Unbestritten ist, dass der Bf. im haftungsgegenständlichen Zeitraum Mai bis Juli 2012 als selbständig vertretungsbefugter Geschäftsführer - neben dem Gesellschaftergeschäftsführer - zum Kreis der in § 80 BAO  genannten Vertreter zählt, der zur Haftung für die Abgaben der GmbH herangezogen werden kann.

Nach der Rechtsprechung des VwGH fällt es dem Geschäftsführer bei Abfuhrabgaben, insbesondere bei Lohnsteuer stets als Verschulden zur Last, wenn er die jeweilige Abzugssteuer nicht zur Gänze entrichtet (vgl ).

Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH ist es Aufgabe des Geschäftsführers darzutun, weshalb er den auferlegten Pflichten nicht entsprochen habe, widrigenfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden darf.

Der Geschäftsführer haftet für die nicht entrichteten Abgaben der Gesellschaft auch dann, wenn die Mittel, die ihm für die Entrichtung aller Verbindlichkeiten zur Verfügung gestanden sind, hierzu nicht ausreichen, es sei denn, er weist nach, dass er diese Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten  verwendet, die Abgabenschulden daher im Verhältnis nicht schlechter behandelt hat als andere Verbindlichkeiten.

Bei Selbstbemessungsabgaben ist maßgebend, wann diese Abgaben bei ordnungsgemäßer Selbstberechnung abzuführen gewesen wären. Maßgebend ist daher der Zeitpunkt ihrer gesetzlichen Fälligkeit, unabhängig davon, ob und wann die Abgaben bescheidmäßig festgesetzt werden. Bei ordnungsgemäßer Selbstberechnung wären die vorgeschriebenen Selbstbemessungsabgaben in den Zeitraum vor Konkurseröffnung gefallen.

Die Frage, ob bzw. inwieweit Zahlungen nach den Bestimmungen der Konkursordnung anfechtbar gewesen wären, ist nach ständiger Rechtsprechung des VwGH ausschließlich im Konkursverfahren zu überprüfen. Es kann daher im Haftungsverfahren dahingestellt bleiben, ob bzw. inwieweit eine vom Vertretenen geleistete Zahlung anfechtbar gewesen wäre (vgl. ). Ob der Behörde die Zahlungsunfähigkeit der GmbH bekannt war, kann daher ebenfalls außer Betracht bleiben. Hat ein Vertreter schuldhaft seine Pflicht verletzt, für die Abgabenentrichtung aus den Mitteln der Gesellschaft zu sorgen, darf die Abgabenbehörde auch davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung ursächlich für die Uneinbringlichkeit war.

Der Säumniszuschlag teilt als Nebengebühr das Schicksal des Hauptanspruches und war somit in die Haftung mit einzubeziehen.

Lohnzahlungen Mai, Juni 2012:

Im vorliegenden Fall liegt eine schuldhafte Pflichtverletzung darin, dass im zeitlichen Verantwortungsbereich Löhne gezahlt bzw. zum Teil gezahlt wurden, ohne die darauf entfallenden Lohnabgaben einzubehalten und abzuführen. Umsatzsteuervorauszahlungen wurden zum Zeitpunkt der gesetzlichen Fälligkeit nicht mehr geleistet.

Wenn nun der Bf. meint, er habe auf das Cash-Management überhaupt keinen Einfluss gehabt, weil dieses ausschließlich in den Händen des Gesellschaftergeschäftsführers und dessen Schwester gelegen ist, so räumt er damit ein, dass er sich dieser Agenden von vornherein nicht angenommen hat und dieser Bereich nicht in seinem Einfluss- und Überwachungsbereich gelegen ist.

Grundsätzlich ist eine Aufgabenzuweisung aufgrund einer internen Geschäftsverteilung anerkannt, dies führt jedoch nicht zur Aufhebung der solidarischen Verantwortlichkeit des einzelnen Vertreters.

Eine interne Geschäftsverteilung setzt eine im Vorhinein schriftlich festgelegte Zuteilung über die Zuständigkeiten der einzelnen Geschäftsführer voraus, sowie die Gewährleistung, dass das Vertrauen in den für die Erfüllung der zugeteilten Pflichten zuständigen Geschäftsführer gerechtfertigt ist.

Sobald die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft - wie im vorliegendem Sachverhalt - Anlass zu einer Überprüfung zugewiesener Pflichten gibt, tritt die allenfalls selbst vereinbarte Aufgabenzuweisung und die damit verbunden Haftungsbegrenzung hinter dem Grundsatz der Gesamtverantwortung zurück.

Aus dem vorliegendem Email-Verkehr mit dem Gesellschaftergeschäftsführer ergibt sich schlüssig, dass dem Bf. bereits im Monat April bewusst gewesen ist, dass von den ausbezahlten Löhnen für den Monat Mai 2012 auch die Lohnabgaben zu entrichten sein werden.

Dem Bf. waren die eklatanten wirtschaftlichen Schwierigkeiten bewusst, insbesondere dass es angesichts der finanziellen Verhältnisse gewährleistet sein muss, dass auch die Lohnabgaben und Sozialversicherungsbeiträge abgedeckt werden. Der Bf. hatte laut dem Mailverkehr mit dem Gesellschaftergeschäftsführer bereits im April 2012 davor gewarnt, Löhne unter Außerachtlassung der Lohnabgaben auszubezahlen.

Zum wiederholten Vorbringen, es habe von Beginn an eine konkludente Ressortaufteilung dahingehend gegeben, dass das gesamte Zahlungsmanagement beim Gesellschaftergeschäftsführer geblieben ist, wird festgestellt, dass es im Unternehmen keine Ressortaufteilung gegeben hat.

Vielmehr hat sich der Bf. gleichzeitig mit der Bestellung zum Geschäftsführer mit dem vorgenannten Beschluss zur Geschäftsordnung vom hinsichtlich der Ausübung seiner Funktion beschränken lassen, als er den Gesellschaftergeschäftsführer im Außenverhältnis nur bei dessen Verhinderung vertreten werde. Damit hat er von Beginn der Übernahme dieser Funktion sich in der Ausübung dieser Funktion eingeschränkt. 
Es wurde klar geregelt, dass er die Funktion "nur in Vertretung" ausüben werde.

Wenn sich der Geschäftsführer bei der Übernahme seiner Funktion mit der nahezu vollständigen Einschränkung der Befugnisse einverstanden erklärt hat und diese Beschränkung dazu führt, dass abgabenrechtliche Pflichten verletzt werden, liegt ein grundlegender Anlass vor, die Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung zu bezweifeln.

Der Bf. hat sich am Tage der Bestellung hinsichtlich seiner Stellung als Geschäftsführer darauf beschränken lassen, seine Befugnisse nur im Vertretungsfalle auszuüben. Damit hat er sich von vornherein mit der vollständigen Beschränkung seiner Geschäftsführungsfunktion, eben nur für den Fall der Vertretung, abgefunden.  

Der Hinweis es sei geplant gewesen nach einem Jahr eine konkrete Aufteilung der Geschäfte zu vereinbaren, lässt darauf schließen, dass eine Ressortaufteilung eben erst nach einem Jahr geplant gewesen ist bzw. vom Gesellschaftergeschäftsführer in Aussicht gestellt worden ist.

Soweit der Bf. unter Hinweis auf den § 67 Abs. 2 Insolvenzordnung (IO) meint, er hätte spätestens 60 Tage nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit Konkurs beantragen müssen, ist festzuhalten, dass die 60-Tagefrist den Geschäftsführer nicht vom Vorwurf einer schuldhaften Pflichtverletzung gegenüber der Abgabenbehörde zu befreien vermag ().
Schließlich ist das Bundesfinanzgericht nicht zur Auslegung der Insolvenzordnung berufen.

Insolvenzverfahren:

Die Haftung nach § 9 Bundesabgabenordnung ist eine Ausfallshaftung. Voraussetzung ist die objektive Uneinbringlichkeit der betreffenden Abgaben im Zeitpunkt der Inanspruchnahme des Haftenden. Uneinbringlichkeit liegt vor, wenn Vollstreckungsmaßnahmen erfolglos waren oder voraussichtlich erfolglos wären ().

Über das Vermögen der GmbH wurde mit Beschluss des LG vom  das Konkursverfahren eröffnet. Mit weiterem Beschluss vom wurde das Konkursverfahren nach Verteilung des Massevermögens aufgehoben.

Die rechtskräftige Bestätigung des Beschlusses über die Aufhebung des Insolvenzverfahrens der Primärschuldnerin steht der Geltendmachung der Haftung für die die Konkursquote übersteigenden Abgabenschulden nicht entgegen.

Aufgrund des Ergebnisses des Insolvenzverfahrens steht die Uneinbringlichkeit der im Haftungsbescheid dargestellten Abgabenbeträge bei der Primärschuldnerin für die die Quote übersteigenden Abgabenbeträge zweifelsfrei fest.

Soweit der Bf. einwendet, der Masseverwalter habe erfolgreich mit seiner Anfechtungsklage die Rückzahlung von Euro 20.000,00 am im Insolvenzverfahren erreicht wird rechtlich festgestellt, dass die Frage ob Zahlungen nach den Bestimmungen der Insolvenzordnung (§§ 30 ff. IO) unwirksam oder anfechtbar wären, ausschließlich im Konkursverfahren zu prüfen sind.

Diese Frage berührt inhaltlich nicht die Frage, ob der Abgabengläubiger gegenüber anderen Gläubigern benachteiligt worden ist.

Die Frage, ob ein Abgabenanspruch gegeben ist, ist als Vorfrage im Haftungsverfahren nach § 9 BAO nur dann zu beantworten, wenn kein eine Bindungswirkung auslösender Abgabenbescheid oder Haftungsbescheid (nach § 82 EStG 1988 hinsichtlich der Lohnsteuer oder nach § 95 EStG 1988 hinsichtlich der Kapitalertragsteuer) vorangegangen ist ().

Gehen einem Haftungsbescheid Abgabenbescheide voran, so ist die Behörde daran gebunden und hat sich in der Entscheidung über die Heranziehung zur Haftung grundsätzlich an diese Bescheide zu halten. § 248 BAO räumt dem Haftenden einen Rechtszug gegen die Abgabenbescheide ein (). Werden sowohl der Haftungsbescheid als auch die Bescheide über den Abgabenanspruch mit Beschwerde angefochten, ist laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zunächst über die Beschwerde gegen den Haftungsbescheid abzusprechen ().

Schließlich ist zu berücksichtigen, dass der Bf. mit Berufungsvorentscheidung nur für Hälfte der Lohnabgaben der Lohnzahlungszeiträume Mai und Juni zur Haftung herangezogen wurde.

Zu den Beschwerdeargumenten gegen die Richtigkeit der dem Haftungsbescheid zugrunde liegenden Abgaben kann der Bf. nur auf das gemäß § 248 BAO vom Finanzamt noch zu führende Beschwerdeverfahren verwiesen werden, wobei auf die Einschränkung (siehe unten) Bedacht zu nehmen sein wird.

Soweit der Bf. meint, die Lohnabgaben für Mai und Juni wären in unrichtiger Höhe am Abgabenkonto belastet, ist zu beachten, dass diese Beträge vom Gesellschaftergeschäftsführer dem Finanzamt gemeldet wurden.
 

Beschwerde gegen die Bescheide Haftung für Lohnabgaben 1-8/2012:

Aus der Aktenlage ergibt sich, dass die Lohnabgaben welche mit Haftungsbescheid 01-08/2012 vom  erst nach Konkurseröffnung festgesetzt und nachgefordert wurden.

Die Haftung für diese Abgaben, welche nach Konkurseröffnung festgesetzt wurden, wurde mit Beschwerdevorentscheidung aufgehoben und besteht insoweit nicht mehr. 

Liquidätsberechnung 1.1.-

Der Bf. erstellt für das gesamte Jahr 2012 bis zur Konkurseröffnung einen Liquidätsstatus und eine Liquiditätsberechnung, aus welcher sich ergebe, dass der Abgabengläubiger unterjährig besser gestellt worden ist, als die übrigen Gläubiger.
Demnach wären dem Finanzamt bei der so errechneten möglichen quotenmäßigen Befriedigung aller Gläubiger bei Gleichbehandlung unter dem ganzen Jahre 36,22% der Forderungen zugestanden.

Anstelle der sich so ergebenden Euro 241.816,82 habe jedoch das Finanzamt Euro 422.609,30 erhalten. Dies unter Zugrundelegung der Verbindlichkeiten beim Finanzamt iHv Euro 667.724,30.

Diese Aufstellung stellt eben zwar die Gleichbehandlung aller Gläubiger im Zeitpunkt der Fälligkeit der Abgaben nicht unter Beweis, bringt jedoch zum Ausdruck, dass die Verbindlichkeiten gegenüber den angeführten Gläubigern massiv angestiegen sind. So stiegen die Verbindlichkeiten zum um Euro 3.319.358,34 auf insgesamt Euro 6.202.295,56.
Die Finanzamtsverbindlichkeiten stiegen von Euro 273.546,42 um Euro 394.177,88 auf Euro 667.724,30 an.
An Zahlungen erhielt das Finanzamt im Jahr 2012 Euro 422.609,23 inclusive einer erhaltenen Forschungsprämie iHv Euro 293.603,23. Dabei steht fest, dass mit der Gutschrift aus der Forschungsprämie iHv Euro 293.603,23 am  die teilweise Tilgung von zu diesem Zeitpunkt aushaftenden Abgabenschuldigkeiten iHv Euro 300.223,65, sodass am  der verbleibende Saldo Euro 6.620,42 betrug.

Danach wurden die haftungsgegenständlichen Abgaben nicht mehr bezahlt.

Erwägungen

Folgende Abgaben waren daher im Haftungsverfahren zu berücksichtigen:


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Abgabenart
Zeitraum
Fälligkeitstag
Betrag
Säumniszuschlag 1
2012
268,26 
Säumniszuschlag 1
2012
111,18
Säumniszuschlag 1
2012
236,95
Säumniszuschlag 1
2012
260,93
Säumniszuschlag 1
2012
60,45
Säumniszuschlag 1
2012
44,50
Säumniszuschlag 1
2012
61,24
Lohnsteuer
05/2012
15.673,25
Dienstgeberbeitrag
05/2012
3.374,03
Zuschlag/Dienstgeberbeitrag
05/2012
307,41
Umsatzsteuer
04/2012
13.855,61
Säumniszuschlag 1
2012
276,36
Säumniszuschlag 1
2012
61,29
Säumniszuschlag 1
2012
93,81
Säumniszuschlag 1
2012
272,34
Säumniszuschlag 1
2012
59,34
Lohnsteuer
06/2012
14.071,69
Dienstgeberbeitrag
06/2012
6.402,88
Zuschlag/Dienstgeberbeitrag
06/2012
583,38
Umsatzsteuer
05/2012
4.039,13
Säumniszuschlag 1
2012
49,87
59.855,13

Die Abgaben verringerten sich um die Quotenzahlungen in Höhe von Euro 3.839,64, welche nach der Vorlage der Beschwerde beim Finanzamt eingegangen sind.

Die Umsatzsteuervorauszahlung 03/2012 iHv Euro 2.050,03 und die Stundungszinsen in Höhe von Euro 1.399,82 entfallen daher aus der Haftungssumme. Die Säumniszuschläge (Tabelle, Zeile 1) verringern sich um Euro 40,51, auf Euro 268,26.

Aus den vorstehend genannten Erkenntnissen und Feststellungen besteht aus der Sicht des erkennenden Richters die Haftung dem Grunde nach zu Recht.

Der Bf. hätte sich in seiner Funktion als Geschäftsführer nicht von Anbeginn an auf Vertretungsfälle einschränken lassen dürfen und im Zeitpunkt der Erkenntnis über die aussichtslose, katastrophale wirtschaftliche (April 2012) Lage des Unternehmens die Funktion zurücklegen können (Geschäftsordnung vom ).

Der Bf. meint, das Unternehmen sei bereits am zahlungsunfähig gewesen. Für Zwecke des Haftungsverfahrens wird sichtbar, dass die Löhne für den Monat Juni 2012 unvollständig und verspätet im Juli in mehreren Tranchen entrichtet wurden.
Damit steht aber auch fest, dass die Zahlungsunfähigkeit im Juli 2012 eingetreten ist, sodass hinsichtlich solcher Abgaben, deren Fälligkeit im Juli liegt, mangels Vorhandensein liquider Mittel nicht von einer schuldhaften Pflichtverletzung des Beschwerdeführers ausgegangen wird.

Für die Lohnsteuer Mai und Juni 2012 haftet der Vertreter aufgrund der Bestimmung des § 78 Abs. 3 EStG 1988 verschuldensunabhängig.

Von der Heranziehung zur Haftung für solche Abgaben, deren gesetzliche Fälligkeit am , liegen wird daher Abstand genommen, sodass sich die Abgaben wie folgt darstellen. Folgende Abgaben waren daher im Haftungsverfahren zu berücksichtigen:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Abgabenart
Zeitraum
Fälligkeitstag
Betrag
Säumniszuschlag 1
2012
268,26 
Säumniszuschlag 1
2012
111,18
Säumniszuschlag 1
2012
236,95
Säumniszuschlag 1
2012
260,93
Säumniszuschlag 1
2012
60,45
Säumniszuschlag 1
2012
44,50
Säumniszuschlag 1
2012
61,24
Lohnsteuer
05/2012
15.673,25
Dienstgeberbeitrag
05/2012
3.374,03
Zuschlag/Dienstgeberbeitrag
05/2012
307,41
Umsatzsteuer
04/2012
13.855,61
Säumniszuschlag 1
2012
276,36
Säumniszuschlag 1
2012
61,29
Säumniszuschlag 1
2012
93,81
Säumniszuschlag 1
2012
272,34
Säumniszuschlag 1
2012
59,34
Lohnsteuer
06/2012
14.071,69
49.088,64

Die haftungsrelevanten Abgaben verringern sich um jene Abgaben, welche am fällig geworden sind, somit von Euro 59.855,13 auf Euro 49.088,64. 

Ermessen

Die Geltendmachung der Haftung liegt im Ermessen der Abgabenbehörde, die sich innerhalb der im Gesetz aufgezeigten Grenzen (§ 20 BAO) zu halten hat. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Dem Gesetzesbegriff „Billigkeit" ist dabei die Bedeutung  „berechtigtes Interesse der Partei", dem Begriff „Zweckmäßigkeit" die Bedeutung „öffentliches Anliegen an der Einbringung der Abgaben" beizumessen. Es ist unbestritten, dass der Bf. als Geschäftsführer der GmbH ein in Betracht kommender Haftender iSd § 9 iVm § 80 BAO ist und dass die Abgabenschulden der Gesellschaft nicht mehr eingebracht werden können. Dem öffentlichen Anliegen des Staates an der Einbringung der Abgaben war somit der Vorzug gegenüber den Interessen des Berufungswerbers zu geben.

Der Bf. hat entgegen den Anweisungen des Gesellschaftergeschäftsführer am den Antrag auf Konkurseröffnung gestellt und damit noch höheren Schaden für die andrängenden Gläubiger abgewendet.

Beide Gesellschafter forderten den Bf. via E-mails schriftlich  auf, die Antragstellung auf Eröffnung des Konkursverfahrens zu unterlassen.

Vor der Konkurseröffnung hat die kreditgewährende Hausbank am angekündigt, den Antrag auf Konkurseröffnung einzubringen, wenn die Umschuldung nicht umgehend erfolgen würde.

Schließlich ist dem Beschwerdeführer die lange Verfahrensdauer zu Gute zu halten.

Der angefochtene Haftungsbescheid umfasst solche Abgaben, deren Fälligkeit in den letzten beiden Monaten vor der Konkurseröffnung liegen.

Dem Bf. ist das Bemühen um die Schadensbegrenzung in der letztlich ausweglosen Situation und schließlich die von ihm beantragte Eröffnung des Insolvenzverfahrens, entgegen dem Willen des Gesellschaftergeschäftsführers, positiv anzurechnen, sodass die Haftung aus diesen Gründen einzuschränken sein wird.

Schließlich hat der Bf. persönlich im Konkursverfahren insgesamt Gehaltsforderungen iHv über Euro 80.000,00 und eine Darlehensforderung iHv Euro 21.000,00 geltend machen müssen. Er ist selbst geschädigter Gläubiger des GmbH geworden.

Aufgrund dieser berücksichtigungswürdigen Umständen war die Haftungssumme um 3/5 des Betrages der haftungsgegenständlichen Abgaben zu verringern, sodass sich die Haftung ausgehend von dem Betrag iHv Euro 49.088,64 auf Euro 19.635,20 verringert.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da sich die Entscheidung auf die zu den jeweiligen Rechtsfragen ergangenen VwGH Judikatur stützt, war unter Hinweis auf diese im Erkenntnis angeführte Judikatur die ordentliche Revision nicht zuzulassen.

Klagenfurt am Wörthersee, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 9 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 80 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 224 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 248 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 78 Abs. 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 21 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.4100163.2015

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at