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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 26.02.2020, RV/6100594/2018

Beschwerde betreffend Geschäftsführerhaftung; teilweise Stattgabe

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R über die Beschwerde der A, vertreten durch B, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Salzburg-Land, vertreten durch C, vom betreffend Haftungsinanspruchnahme gem. § 9 iVm § 80 Bundesabgabenordnung (BAO) zu Recht erkannt:
 

Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird dahingehend abgeändert, dass die Beschwerdeführerin gem. den §§ 9 und 80 BAO zur Haftung im Ausmaß von nunmehr € 11.047,93 herangezogen wird.

Zur Gliederung der Haftungssumme siehe in der Beilage, die einen Bestandteil dieses Erkenntnisses bildet.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

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Entscheidungsgründe

Mit Bescheid des Finanzamtes Salzburg-Land vom wurde die Beschwerdeführerin (Bf) A gem. den §§ 9 und 80 BAO zur Haftung für Abgabenschulden der Fa. D GmbH (kurz GmbH), FN YZ, im Ausmaß von € 15.948,00, siehe Aufgliederung im Haftungsbescheid, herangezogen.

In der Begründung wurde ausgehend von § 9 BAO im Wesentlichen auf die Bestimmung nach § 80 BAO und die aufgrund der ständigen Rechtsprechung geltenden Beweislastumkehr hingewiesen.

Zu den abgabenrechtlichen Pflichten eines Vertreters gehöre es jedenfalls, dafür zu sorgen, dass die Abgaben ordnungsgemäß und rechtzeitig (Erg. aus den Mitteln die er verwaltet) entrichtet würden. Die Bf sei als Geschäftsführerin seit allein verantwortlich gewesen.

Die Uneinbringlichkeit bei der Primärschuldnerin ergebe sich daraus, dass die Gesellschaft infolge der Eröffnung des Konkursverfahrens aufgelöst worden sei.

Festgestellt wurde auch, dass der an die Bf übermittelte Geschäftsführer-Vorhalt vom unbeantwortet blieb. Neben Ausführungen zur Beweislastumkehr und zum Gleichbehandlungsgebot wurde die Bf auch auf das Erfordernis der konkreten Darstellung liquider Mittel und deren Verwendung an das Finanzamt bzw. an die übrigen Gläubiger hingewiesen.

Die Konkursquote in der Höhe von € YX sei bei der Ermittlung der Haftsumme berücksichtigt worden.

Auf die im Haftungsbescheid zu treffende Ermessensentscheidung (welche zu Ungunsten des Bf getroffen wurde) wird verwiesen.

Die der Haftung zugrundeliegenden – auf bescheidmäßiger Vorschreibungen beruhenden Abgaben - Abgabenbescheide waren beigelegt.

Gegen den Haftungsbescheid brachte die Bf mit Schriftsatz vom das Rechtsmittel der Beschwerde ein.
Darin wurde neben dem Haftungsbescheid auch der zugrundeliegende Umsatzsteuerbescheid 2016 bekämpft.

In der Begründung bezüglich Umsatzsteuer wurde ausgeführt, dass der Bf die Grundlagen der vom Finanzamt vorgenommenen Schätzung nicht bekannt gewesen seien.

Betreffend Haftung wurde ausgeführt, dass eine schuldhafte Verletzung ihrer Pflichten nicht vorliege. Es hätten ab dem Monat 6/2016 die angeführten Abgaben nicht mehr beglichen werden können, da durch nachgewiesene Forderungsausfälle von Kunden und Schäden durch Subunternehmer die Geldmittel nicht mehr vorhanden gewesen wären. Im Jahr 2016 sei an das Finanzamt eine Summe von 11.682,14 bezahlt worden. Tatsächlich sei das Finanzamt daher bei Verteilung der vorhandenen Mittel der GmbH nicht schlechter als andere Gläubiger behandelt worden. Dies deshalb, da ab 6/2016 die liquiden Mittel zur Verteilung sehr gering gewesen wären und die restlichen Gläubiger nicht besser behandelt worden seien als das Finanzamt.

Diese Beschwerde gegen den Haftungsbescheid wurde seitens des Finanzamtes mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet abgewiesen.

In der Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die ständige Judikatur des VwGH eine ziffern– und zeitraummäßige Aufstellung als Nachweis der Gläubigergleichbehandlung verlangt. Eine solche wurde trotz Aufforderung (Vorhalt vom ) nicht vorgelegt. Die verbale Beschreibung wonach „die liquiden Mittel ab dem Zeitpunkt 6/2016 sehr gering gewesen wären und die restlichen Gläubiger anteilsmäßig nicht so viel erhalten hätten“, sei für einen qualifizierten Nachweis nach der Rechtsprechung nicht ausreichend.

Die Beschwerde gegen den Umsatzsteuerbescheid wurde mit Beschwerdevorentscheidung ebenfalls vom als gegenstandslos erklärt, da dem Beschwerdebegehren durch eine Aufhebung des Umsatzsteuerbescheides nach § 299 BAO (Datum Aufhebungsbescheid ) und einem neuen Umsatzsteuerbescheid vom entsprochen worden sei.                                                                                                                     

Daraufhin stellte die Bf mit Anbringen vom einen Vorlageantrag gem.
§ 264 BAO gegen den Haftungsbescheid.
Als Begründung wurde vorgebracht, dass der in der Beschwerdevorentscheidung geforderte Nachweis erbracht werden könne. Dies erfordere jedoch eine umfangreiche Liquiditätsberechnung, welche bislang noch nicht erstellt worden sei, da grundlegende Firmenunterlagen der GmbH bei einem Gerichtsgutachter in Wien gewesen wären und sie ihr erst jetzt wieder zu Verfügung stünden. Die Unterlagen würden nachgereicht.

Mit Schriftsatz vom beantragte die Bf durch ihren nunmehr ausgewiesenen Vertreter die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesfinanzgericht. Außerdem werde noch ein ergänzendes Beschwerdevorbringen (belegt mit entsprechenden Unterlagen) erstattet. Aus diesem Grund werde ersucht die Beschwerdeverhandlung nicht vor dem Juni 2019 anzuberaumen.

Aus dem Akteninhalt werden noch folgende Feststellungen getroffen:

Aus dem Abgabenkonto der GmbH (aktuelle Rückstandsaufgliederung) ist zu ersehen, dass sich der Abgabenrückstand aufgrund der weggefallenen Umsatzsteuer für 2016 auf € 11.047,93 verringert hat.

Aus einer aktuellen Meldeabfrage ist ersichtlich, dass die Bf seit an der Adresse F gemeldet ist.

Aus dem Firmenbuch ist zu ersehen, dass die GmbH infolge der Eröffnung des Konkursverfahrens aufgelöst wurde. Mit Beschluss vom wurde der Konkurs nach Schlussverteilung aufgehoben (Konkursquote YX %).

Rechtslage und Erwägungen

§ 9 Abs. 1 BAO lautet:

Die in den §§ 80 ff bezeichneten Vertreter haften neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben in Folge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

§ 80 Abs. 1 BAO lautet:

Die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Ver­treter natürlicher Personen haben alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Ver­tretenen obliegen und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie ver­walten, entrichtet werden.

Zur teilweisen Stattgabe der Beschwerde ist darauf hinzuweisen, dass sich der Haftungsbetrag um die Umsatzsteuer 2016 in der Höhe von € 4.900,07 auf € 11.047,93 verringert hat, weshalb der Beschwerde teilweise stattzugeben und die Haftung auf € 11.047,93 einzuschränken ist.

Im Übrigen kommt der Beschwerde keine Berechtigung zu.

Unbestritten blieb, dass die Bf im haftungsgegenständlichen Zeitraum, Geschäftsführerin der GmbH bis zur Eröffnung des Konkursverfahrens (am XW) war und die nunmehr aushaftenden Abgaben – nach Abzug der sich aus dem Konkursverfahren ergebenden Quote -  bei dieser nicht eingebracht werden können. Dazu ist auf die Auflösung der Firma am zu verweisen.

Die Bf wurde in dem Haftungsbescheid des Finanzamtes vorangegangen Vorhalt sowie im Haftungsbescheid selbst und in der BVE auf die geltende Beweislastumkehr hingewiesen, wonach es Sache der Geschäftsführerin ist die Gründe darzulegen, die sie an der Entrichtung der Abgaben gehindert haben (siehe dazu zB. ). Andernfalls vom schuldhaften Verhalten der Geschäftsführerin ausgegangen werden kann.
Wie zudem vom Finanzamt ausgeführt wurde, trifft die Nachweispflicht, dass die Abgabenschulden im Verhältnis nicht schlechter behandelt wurden, den Vertreter. Auf ihm lastet auch die Verpflichtung zur Errechnung einer entsprechenden Quote und des Betrages der bei anteilsmäßiger Befriedigung der Forderungen der Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre (siehe ).
Der Geschäftsführer haftet für nicht entrichtete Abgaben auch dann, wenn die Mittel, die ihm für die Entrichtung aller Verbindlichkeiten der Gesellschaft zur Verfügung standen, hierzu nicht ausreichten, es sei denn, er weist nach, dass er diese Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet, die Abgabenschulden daher im Verhältnis nicht schlechter behandelt hat als andere Verbindlichkeiten ().

Dieser Nachweispflicht (konkrete ziffern– und zeitraumäßige Aufstellung) ist die Bf in keiner Weise nachgekommen. Die Bf hat im Vorlageantrag zwar vorgebracht die notwendigen Nachweise nachzureichen (wobei dies bis Juni 2019 erfolgen sollte), dies ist jedoch nie geschehen.
Daran ändert auch nichts, dass nicht unerhebliche Zahlungen im Jahr 2016 an das Finanzamt geleistet wurden.

Da somit eine Gleichbehandlung der Gläubiger im Sinne der Beweislastumkehr seitens des Bf nicht nachgewiesen wurde, ist vom Verschulden des Bf auszugehen, welches kausal für die Nichtentrichtung der Abgaben anzusehen ist.

Auf die Haftungsinanspruchnahme betreffend Lohnsteuern, welche vom Gleichbehandlungsgrundsatz ausgenommen sind, wurde bereits seitens des Finanzamtes hingewiesen (siehe insb. § 78 Abs. 1 und 3 EStG 1988). Dem ist die Bf ebenfalls nicht entgegengetreten und erfolgte die Haftungsinanspruchnahme für die angeführten Lohnsteuerbeträge zu Recht.

Insofern das Finanzamt eine Ermessensentscheidung zu Ungunsten des Bf getroffen hat, ist diesem zu folgen, da die Haftungsinanspruchnahme die einzige Möglichkeit darstellt, den Abgabenausfall zu kompensieren.

Gemäß § 274 Abs. 1 lit. 1 BAO hat über die Beschwerde eine mündliche Verhandlung stattzufinden, wenn es beantragt wird

a)  in der Beschwerde,

b)  im Vorlageantrag (§ 264),

c)  in der Beitrittserklärung (§ 258 Abs 1) oder

d)  wenn ein Bescheid gemäß § 253 an die Stelle eines mit Bescheidbeschwerde angefochtenen Bescheides tritt, innerhalb eines Monates nach Bekanntgabe (§ 97) des späteren Bescheides.

Ein Rechtsanspruch auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung setzt demnach einen rechtzeitigen Antrag des Beschwerdeführers voraus.
Anträge, die erst in einem die Beschwerde ergänzenden Schreiben gestellt werden, begründen keinen Anspruch auf mündliche Verhandlung. Dies gilt selbst dann, wenn dieses Schreiben innerhalb der Beschwerdefrist eingebracht wird (vgl. Ritz, BAO, Tz 3 zu § 274). 

Im gegenständlichen Fall wurde der Antrag mit Schriftsatz vom , sohin weit nach Ablauf der Beschwerdefrist, eingebracht, weshalb er keinen Anspruch auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung begründet.

Der Beschwerde kommt daher nur teilweise Berechtigung zu, sodass spruchgemäß zu entscheiden war.

Die Revision an den VwGH ist nicht zulässig, weil sie nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt (der Beweislastumkehr wurde im Sinne der ständigen Rechtsprechung des VwGH nicht nachgekommen; siehe z.B. und die weitere in dieser Entscheidung dargestellte VwGH-Judikatur), der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Salzburg-Aigen, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 9 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 80 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.6100594.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at