zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 26.02.2020, RV/1100549/2016

Keine begünstigte Besteuerung einer Pensionskassenleistung gemäß § 124b Z 53 EStG 1988 bei freiem Wahlrecht zwischen einer einmaligen Kapitalauszahlung und dem Bezug einer Rente

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Vorsitzenden Mag. A und die weiteren Senatsmitglieder Dr. W, Mag. T und Mag. M in der Beschwerdesache des Bf., Gde X, G-Straße-xx, vertreten durch Dr. XY, GDe Y, D-Straße-yy, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Z, Ge Z, S-Straße-zz, vertreten durch Mag. U, vom betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2015 in der Sitzung am zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
 

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.

Entscheidungsgründe  

Der im Inland wohnhafte und am abcd geborene Beschwerdeführer (in der Folge kurz: Bf.) war bis als Grenzgänger bei der Fa. AB AG (FL-GDE S, R-Straße-ss) in Liechtenstein unselbständig beschäftigt.

Mit trat der Bf. in den (vorzeitigen) Ruhestand und bezieht seither eine (AHV-)Altersrente aus Liechtenstein.

Infolge eines bei der Pensionskasse seiner bisherigen Liechtensteiner Arbeitgeberin, der XYZ Stiftung Berufliche Vorsorge, CH-gde H, G-Straße-hh, eingebrachten Antrages ließ sich der Bf. das vorhandene Altersguthaben (2. Säule) einmalig (per ) als Kapital (482.707,20 CHF bzw. 445.235,12 €) mittels Banküberweisungen auszahlen.

Entsprechend seiner am elektronisch eingelangten Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2015 und im Rahmen eines Vorhalteverfahrens vorgelegter Unterlagen [vgl. Ergänzungsersuchen der Abgabenbehörde vom , wonach der Bf. ersucht wurde, die Rentenverfügung AHV-Liechtenstein, den Jahreslohnzettel AB AG und die Auszahlungsverfügung der XYZ H (Pensionskasse) vorzulegen; siehe in diesem Zusammenhang auch die vom Bf. am übermittelten Unterlagen (Schreiben der Pensionskasse betr. vorobligatorische Beiträge, Leistungsabrechnungen, AB Jahresabrechnung 2015, AHV-Steuerbescheinigung, Beilage zur Steuererklärung, Berechnung der steuerfreien auf vorobligatorischen Beiträgen beruhenden Pensionskassenanteile)] wurde von Seiten des Bf. beantragt, ein Drittel des um den steuerfreien vorobligatorischen Anteil (11.380,85 CHF bzw. 10.497,37 €) verminderten Auszahlungsbetrag gemäß § 124b Z 53 EStG 1988 steuerfrei zu belassen und damit diesen verminderten Auszahlungsbetrag (471.326,35 CHF bzw. 434.737,76 €) "nur" im Betrage von 314.217,56 CHF bzw. 289.825,16 € der Besteuerung zu unterziehen.

Mit Bescheid vom veranlagte das Finanzamt den Bf. zur Einkommensteuer für das Jahr 2015; dabei unterzog die Abgabenbehörde die in Rede stehende (um den oben bezifferten steuerfreien vorobligatorischen Anteil verminderte) Kapitalauszahlung zur Gänze der Einkommensteuer und führte dazu in der zusätzlichen Bescheidbegründung (Verf67) vom selben Tag unter Verweis auf , aus, dass gemäß § 124b Z 53 dritter Satz EStG 1988 Zahlungen für Pensionsabfindungen von Pensionskassen auf Grund gesetzlicher oder statutenmäßiger Regelungen nach Abzug der darauf entfallenen Pflichtbeiträge ab dem Jahr 2001 und in den folgenden Jahren zu einem Drittel steuerfrei zu belassen seien. Bei dieser Begünstigung werde darauf abgestellt, dass (insbesondere bei ausländischen Pensionskassen im Hinblick auf die dortige gesetzliche Situation) den Anspruchsberechtigten keine andere Möglichkeit als die Inanspruchnahme der Pensionsabfindung eingeräumt sei. In einer solchen Situation sei es unbillig, Pensionsabfindungen zur Gänze tarifmäßig zu versteuern. Wenn kein Zwang zur Pensionsabfindung bestehe, sondern der Anwartschaftsberechtigte seine freie Wahl zwischen mehreren Ansprüchen (unter anderem dem Anspruch auf Einmalzahlung) treffe, diesem also im Rahmen einer obligatio alternativa (Wahlschuld iSd § 906 ABGB; zB Schweizer Bundesgesetz über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge oder Liechtensteiner Gesetz über die berufliche Personalvorsorge) ein Wahlrecht eingeräumt werde, liege keine "Abfindung" vor.

Mit der dagegen mit Schriftsatz vom erhobenen Beschwerde wandte sich der Bf. gegen die nicht gewährte Drittelbegünstigung gemäß § 124b Z 53 EStG 1988 und brachte begründend Folgendes (wörtlich) vor:

""Den Entscheid über die Verfügung des Kapitals aus der betrieblichen Pensionskassa musste ich in Unkenntnis der drohenden Sachlage (Streichung des ein Drittel Steuerfreibetrages) bereits im Sept. 2014 treffen, da die Pensionsversicherungsanstalt zur

Bereitstellung des Kapitals eine Vorlaufzeit von 3-4 Monaten vorgeschrieben hatte.
Im Feb. 2015 kam es zur gewünschten Auszahlung des Kapitals. Im Anschluss daran hat mir mein Steuerberater Herr Dr. XY im Mrz. 2015 unter Anwendung der 1/3-Regelung "steuerfrei" die Vorsteuer (wohl: Vorauszahlung) berechnet, die ich in der Folge an das FA Z abgeführt habe. Der Vorauszahlungsbescheid erfolgte in Abstimmung mit Herrn MF, Finanzamt Z.
Gleichzeitig begann meine persönliche Finanzplanung und Verwendung des verfügbaren Kapitals. So habe ich z. Bsp. einen tilgungsfreien CHF-Kredit (tilgungsfrei bis Sept. 2018) über 46.000,00 CHF vorzeitig beglichen. Weiter habe ich Kapital festverzinslich auf Zeit gebunden und Sanierungsarbeiten angeleiert. Insgesamt habe ich Sanierungen im Wert von 70-90.000,00 € an meinem Eigenheim geplant, wovon bereits ca. 35.000,00 € umgesetzt wurden. Im Falle der eingeforderten Nachbesteuerung sehe ich mich gezwungen, zur Umsetzung der geplanten Sanierungen und Aufrechterhaltung der Liquidität "frisches Kapital" zu beschaffen. Durch den "überfallartigen" Bescheid gerät meine Planungssicherheit in Schieflage. Im Falle einer nachträglichen Steuerlast gemäß Bescheid wäre die Umsetzung der geplanten Sanierungsarbeiten blockiert und ich wäre gezwungen Fremdkapital zu beschaffen.
Aufgrund der unvorhersehbaren, in keiner Art und Weise rechtzeitig kommunizierten, neuen Auslegung der Lohnsteuerrichtlinien durch die FINANZ wurde ich in meiner Entscheidung, gegebenenfalls andere Varianten der Kapitalverfügung zu erwägen, getäuscht.
Wählbare Varianten:
- Verrentung oder Teilverrentung der Pensionsgelder,
- Verlegung des Hauptwohnsitzes in ein steuerlich attraktiveres Land,
- Einrichtung eines Freizügigkeitskontos, d.h. Verzicht auf vorzeitigen Kapitalbezug (siehe auch UFS-Z - Berufungsentscheidung v. , GZ. RV/0429-F/09),
- etc.
Aufgrund meiner gesundheitlichen Verfassung (massive Rückenprobleme, ärztliche Befunde können vorgelegt werden) habe ich mich letztlich für den Vorruhestand entschieden. Somit konnte ich Langzeitkrankenstände, gegebenenfalls Invaliditätsrente oder Arbeitslosenunterstützungen umgehen.
Ich plante meine persönliche und finanzielle Situation auf "Treu und Glauben" an eine gerechte und stabile österreichische Steuergesetzgebung und im Vertrauen einer kompetenten Beratung meines Steuerberaters.""

Mit Einkommensteuerbescheid 2015 (Beschwerdevorentscheidung gemäß § 262 BAO) vom wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab; dabei wiederholte es im Wesentlichen die oben dargestellten begründenden Ausführungen im angefochtenen Einkommensteuer(erst)bescheid und erklärte außerdem, dass kein Anspruch darauf bestehe, dass eine als unrichtig erkannte Verwaltungspraxis weiterhin angewendet werde (im Übrigen wird an dieser Stelle auf die entsprechenden Ausführungen der Abgabenbehörde verwiesen).

Der Bf. beantragte in der Folge mit Schreiben vom , die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen und außerdem eine Entscheidung durch den Senat; dabei verwies er auf sein Beschwerdevorbringen und gab ergänzend noch Nachstehendes (wörtlich) an:

""Der Ministerrat hat in seiner Sitzung vom über die Initiative des damaligen Finanzministers Herr AS eine Regierungsvorlage hinsichtlich der Besteuerung von Pensionsabfindungen der Grenzgänger beschlossen. Mit dieser Regelung wurde bewirkt, dass Pensionsabfindungen im Regelfall gleich hoch besteuert werden wie die sonst erfolgenden Rentenzahlungen. Alle Vorarlberger Grenzgänger nach der Schweiz und Liechtenstein wurden von dieser Änderung mittels Briefes informiert.
Aufgrund der unvorhersehbaren, in keiner Art und Weise rechtzeitig kommunizierten, neuen und meines Erachtens gleichheitswidrigen Auslegung der Lohnsteuerrichtlinien durch die FINANZ wurde ich in meiner Entscheidung, gegebenenfalls andere Varianten der Kapitalverfügung (z.B. das Kapital auf ein Sperrkonto zu überweisen, womit kein steuerlicher Zufluss gegeben gewesen wäre) aus der Pensionskasse zu erwägen, getäuscht.
Das Inkrafttretungsdatum der geänderten Auslegung der Lohnsteuerrichtlinien war am . Das heißt, ca. ein Jahr nachdem ich mich für den Kapitalbezug - unter berechtigter Annahme des Ein-Drittel-Steuerfreibetrages - aus der Pensionskasse entschieden habe. Nähere Details hinsichtlich der Einflussnahme dieser unerwarteten Änderung auf mein persönliches Finanzkonzept entnehmen Sie der vorangegangenen, abgewiesenen Beschwerde an das Finanzamt Z.
Ich plante meine persönliche und finanzielle Situation auf "Treu und Glauben" an eine gerechte und stabile österreichische Steuergesetzgebung und im Vertrauen einer kompetenten Beratung meines Steuerberaters. Aufgrund anstehender Sanierungsarbeiten an meinem Eigenheim habe ich mich für den Kapitalbezug aus der Pensionskasse entschieden. Durch den vorliegenden, strittigen Steuerbescheid 2015, ohne Berücksichtigung des erwarteten Ein-Drittel-Steuerfreibetrages, gerät mein Finanzierungskonzept völlig aus dem Ruder. Notwendige Sanierungsmaßnahmen an meinem Eigenheim müssten fremdfinanziert werden. Ich bitte Sie, bei Ihrer Entscheidung auch zu berücksichtigen, dass der Staat durch die Sanierungsarbeiten ebenfalls Steuereinnahmen generieren wird.
Am wurden zwar die Lohnsteuerrichtlinien geändert, nicht jedoch die anzuwendende Gesetzesstelle. Dieses und die bisherige Verwaltungspraxis, auf welche ich vertraut habe, haben sich seit über 10 Jahren nicht geändert. Sowohl die grammatikalische als auch teleologische Auslegungsmethoden rechtfertigen m.E. nicht die neue Auslegung durch die Lohnsteuerrichtlinien. In diesem Zusammenhang möchte ich ausdrücklich auf die Auslegung und Interpretationen durch das BFG (RV/1100654/2015-RS1) verweisen.
Erkenntnis des (d.h. nach Inkrafttretung des ):
Eine teilweise "Barauszahlung" einer Austrittsleistung (Freizügigkeitsleistung iSd. § 2 FZG-Schweiz), die eine Grenzgängerin von der Schweizer Pensionskasse ihrer ehemaligen Dienstgeberin nach Beendigung des Dienstverhältnisses in der Schweiz und Aufnahme einer nichtselbständigen Tätigkeit in Österreich "wegen endgültigem Verlassens" der Schweiz 2014 erhalten hat und die den Barwert iSd. § 1 Abs. 2 Z 1 PKG übersteigt, ist als Pensionsabfindung nach der (ab 2001 anzuwendenden) Regelung des § 124b Z 53 letzter Satz EStG 1988 zu einem Drittel steuerfrei zu belassen. Die Freiwilligkeit der Entscheidung zur Barabfindung steht der Anwendbarkeit der Begünstigung nicht entgegen (; ).""

Mit Vorlagebericht vom legte das Finanzamt die in Rede stehende Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.

Das Bundesfinanzgericht (Senat) hat über die Beschwerde erwogen:

Aufgrund der Aktenlage wird der Entscheidung folgender (unstrittiger) Sachverhalt als entscheidungswesentlich zugrundgelegt:

Der im Inland wohnhafte und am abcd geborene Bf. war bis als Grenzgänger bei der Fa. AB AG (FL-GDE S, R-Straße-ss) in Liechtenstein unselbständig beschäftigt.

Mit trat er in den (vorzeitigen) Ruhestand und bezieht seither eine (AHV-)Altersrente aus Liechtenstein.

Infolge eines bei der Pensionskasse seiner bisherigen Liechtensteiner Arbeitgeberin, der XYZ Stiftung Berufliche Vorsorge, CH-gde H, G-Straße-hh, eingebrachten Antrages ließ sich der Bf. das vorhandene Altersguthaben (2. Säule) einmalig per als Kapital (zwei Teilzahlungen; gesamt 482.707,20 CHF bzw. 445.235,12 €) mittels Banküberweisungen auszahlen (vgl. entsprechende Leistungsabrechnungen der Pensionskasse vom ).

Beide Parteien des finanzgerichtlichen Verfahrens gehen übereinstimmend davon aus, dass vom Gesamtbetrag der Einmalzahlung von 482.707,20 CHF (445.235,12 €) ein Teilbetrag von 15.174,47 CHF (13.996,49 €) auf vor dem Jahr 1989 und damit ohne Bestehen einer entsprechenden gesetzlichen Verpflichtung geleistete (sog. "vorobligatorische") Beiträge (samt entsprechender Verzinsung) entfällt und dieser Teilbetrag nur mit 25% steuerpflichtig zu erfassen war [steuerfreier Teil: 11.380,85 CHF (10.497,37 €); siehe dazu die Bestätigung der Pensionskasse vom , wonach der Bf. bis zum vorobligatorische Beiträge iHv 5.012,00 CHF (4.622,92 €) geleistet habe, sowie die Berechnung des Bf. betreffend der steuerfreien auf obligatorischen Beiträgen beruhenden Pensionskassenanteile].


 

Rechtlich ergibt sich daraus Folgendes:

Zur allein strittigen Frage, ob die aus Liechtenstein als Einmalbetrag bezogene (um den steuerfreien vorobligatorischen Anteil verminderte) Pensionskassenleistung iHv 471.326,35 CHF (434.737,76 €) eine nach § 124b Z 53 EStG 1988 zu besteuernde "Pensionsabfindung" und folgedessen zu einem Drittel steuerfrei zu belassen ist, ist Folgendes zu sagen:

Das Bundesfinanzgericht hat bereits wiederholt in der gegenständlichen Beschwerdesache vergleichbaren Beschwerdefällen unter Bedachtnahme auf die höchstgerichtliche Rechtsprechung diese strittige Frage abschlägig beurteilt (vgl. zB ; ; ; ; ; ; ; ; ; ; ; siehe dazu unter https://findok.bmf.gv.at/findok?execution=e2s1); auf die umfangreichen begründenden Ausführungen in den oben bezeichneten Beschwerdeentscheidungen des Bundesfinanzgerichtes wird an dieser Stelle verwiesen.

§ 124b Z 53 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 54/2002, lautet:

"Zahlungen für Pensionsabfindungen, deren Barwert den Betrag im Sinne des § 1 Abs. 2 Z 1 des Pensionskassengesetzes übersteigt, sind gemäß § 67 Abs. 10 im Kalendermonat der Zahlung zu erfassen. Dabei ist bei Pensionsabfindungen, die im Jahre 2001 zufließen, nach Abzug der darauf entfallenden Beiträge im Sinne des § 62 Z 3, 4 und 5 ein Viertel steuerfrei zu belassen. Zahlungen für Pensionsabfindungen von Pensionskassen auf Grund gesetzlicher oder statutenmäßiger Regelungen sind nach Abzug der darauf entfallenden Pflichtbeiträge ab dem Jahr 2001 und in den folgenden Jahren zu einem Drittel steuerfrei zu belassen."

Gesetzliche Grundlage für die berufliche Vorsorge in Liechtenstein ist das Landesgesetz vom über die betriebliche Personalvorsorge (BPVG).

Nach Art. 8 Abs. 1 BPVG in der im Streitjahr geltenden Fassung beträgt das Rentenalter nach der staatlichen Alters- und Hinterlassenenversicherung 64 Jahre für Frauen und Männer. Gemäß Abs. 2 leg. cit. ist ein Vorbezug von ein bis vier Jahren hinsichtlich der ganzen oder halben Rente für Personen, die nach dem Gesetz über die AHV Anspruch auf eine Altersrente haben, möglich.

Altersleistungen werden idR als lebenslängliche oder temporäre Renten ausgerichtet. Das Reglement der Vorsorgeeinrichtung kann vorsehen, dass die anspruchsberechtigte Person anstelle einer Altersrente eine Kapitalabfindung verlangen kann, die mindestens 90% des versicherungstechnischen Barwertes der abzulösenden Rente betragen muss (Art. 9 BPVG).

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich mehrfach mit der Frage der Besteuerung von Pensionsabfindungen in unterschiedlichen Fallkonstellationen befasst (vgl. etwa , und die dort im Einzelnen angesprochenen Erkenntnisse) und wiederholt ausgesprochen, dass eine "Abfindung" eines Anspruches auf rentenmäßige Zahlung nicht vorliegt, wenn dem Anwartschaftsberechtigten das freie Wahlrecht (obligatio alternativa) zwischen der Rente einerseits und dem Rentenbarwert (als Kapitalanspruch) andererseits eingeräumt ist [vgl. , und ; ebenso unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Fellner in Hofstätter/Reichel, EStG Kommentar, § 67 Abs. 8 Tzen 33 ff; Knechtl in Wiesner/Grabner/Wanke, EStG, § 67 (Stand , rdb.at), Anm. 160 und 165; Kirchmayr/Schaunig in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG19, § 67 Tzen 134 und 145; Jakom/Lenneis EStG, 2018, § 67 Rz 35].
§ 124b Z 53 EStG 1988 setzt somit voraus, dass (insbesondere bei ausländischen Pensionskassen im Hinblick auf die dortige gesetzliche Situation) den Anspruchsberechtigten keine andere Möglichkeit als die Inanspruchnahme der Pensionsabfindung eingeräumt ist (vgl. , mit Hinweis auf , und ; ebenso jüngst , und ).

Wenn der Bf. die Anwendung der Drittelbegünstigung mit der Gesetzeslage gemäß § 124b Z 53 EStG 1988 begründet, wird auch auf die parlamentarischen Erläuterungen zur Regierungsvorlage (927 BlgNR 21. GP) verwiesen. Diese führen zu § 124b Z 53 EStG 1988 Folgendes aus:
"Ausländische gesetzliche Regelungen bzw. die darauf beruhenden Statuten der ausländischen Pensionskassen sehen vielfach Pensionsabfindungen vor. Eine Übertragung des abzufindenden Barwertes in eine inländische Pensionskasse ist nicht möglich. Diese Problematik betrifft insbesondere Grenzgänger, die in diesen Fällen keine andere Möglichkeit als die Inanspruchnahme der Pensionsabfindung haben. Es wäre daher unbillig, Pensionsabfindungen in diesen Fällen zur Gänze tarifmäßig zu besteuern".
Eine vom Gesetzgeber beabsichtigte generelle progressionsmildernde Begünstigung von Pensionsabfindungen von Pensionskassen auf Grund gesetzlicher oder statutenmäßiger Bestimmungen geht daraus nicht hervor (in diesem Zusammenhang wird auch auf die entsprechenden umfangreichen Ausführungen des , verwiesen). Zweck der Begünstigung des § 124b Z 53 EStG 1988 ist es vielmehr, wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , Ra 2018/15/0086, auch festgehalten hat, die bei einer Pensionsabfindung infolge der Zusammenballung der Bezüge gegenüber einer Rente greifende höhere Progression und damit eintretende höhere Steuerlast durch die steuerliche Befreiung eines Drittels der Abfindung in jenen Fällen abzumildern, in denen der Anwartschaftsberechtigte keine andere Möglichkeit hat, als die Pension in Form einer Pensionsabfindung in Anspruch zu nehmen.

Im Beschwerdefall steht unstrittig fest, dass der Bf. nach dem Reglement der Pensionskasse (siehe dazu Ziffer 38 des gegenständlichen Vorsorgereglements) ein Wahlrecht zwischen zwei gleichrangigen Ansprüchen hatte (Bezug einer Altersrente oder Einmalauszahlung des Alterskapitals) und er sich zugunsten der einmaligen Kapitalauszahlung entschied; damit konnte mangels Vorliegen einer unter § 124b Z 53 EStG 1988 subsumierbaren "Pensionsabfindung" die Drittelbegünstigung nicht zur Anwendung gelangen.

Mit dem Verweis auf die (stattgebende) Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes vom , RV/1100654/2015, war für den Bf. nichts zu gewinnen; die in Rede stehende Entscheidung war nämlich auf den konkreten Fall nicht übertragbar, zumal es dabei um eine Austrittsleistung aufgrund des Freizügigkeitsgesetzes nach Beendigung des Dienstverhältnisses und damit verbundenem endgültigen Verlassen der Schweiz ging. Mit der Beendigung des Dienstverhältnisses wurde auch das Versorgungsverhältnis mit der betrieblichen Pensionskasse ex lege beendet. Ein Wahlrecht auf Auszahlung einer Rente oder auf eine einmalige Kapitalauszahlung hat dabei aber gerade nicht bestanden und hat der Verwaltungsgerichtshof im Übrigen auch im Beschluss vom , Ra 2016/15/0025, sowie im Erkenntnis vom , Ra 2018/15/0086, ausdrücklich auf das Fehlen dieses Umstandes hingewiesen.

Auch wenn es zutreffen mag, dass es die Wahlmöglichkeit zwischen dem Bezug einer Rente und einer einmaligen Kapitalauszahlung auch im Zeitpunkt des Inkrafttretens des § 124b Z 53 EStG 1988 gab und Kapitalauszahlungen trotz bestehendem Wahlrecht über Jahre hinweg begünstigt besteuert wurden, kann aus einer solchen, sich nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Nachhinein als unrichtig darstellenden Vorgangsweise ein Rechtsanspruch für die Beibehaltung dieser Verwaltungspraxis nicht abgeleitet werden. Der Umstand, dass eine gesetzwidrige Vorgangsweise nicht mehr aufrechterhalten wird, stellt für sich allein keine Verletzung des Grundsatzes von Treu und Glauben dar (vgl. ; siehe zB auch ).

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes schützt der Grundsatz von Treu und Glauben nicht ganz allgemein das Vertrauen des Abgabepflichtigen auf die Rechtsbeständigkeit einer allenfalls auch unrichtigen abgabenrechtlichen Beurteilung für die Vergangenheit; die Behörde ist vielmehr verpflichtet, von einer als gesetzwidrig erkannten Verwaltungsübung abzugehen (vgl. zB , ; ). Nicht nur, dass besondere Umstände vorliegen müssen, die ein Abgehen von der bisherigen Rechtsauffassung durch die Abgabenbehörde unbillig erscheinen lassen, wie dies etwa der Fall sein kann, wenn ein Abgabepflichtiger von der Abgabenbehörde ausdrücklich zu einer bestimmten Vorgangsweise aufgefordert wird und sich nachträglich die Unrichtigkeit derselben herausstellt, wovon im konkreten Fall nicht auszugehen war bzw. von Seiten des Bf. auch nicht behauptet wurde, kann der Grundsatz von Treu und Glauben zudem

nur insoweit Auswirkungen zeitigen, als das Gesetz der Vollziehung einen Vollzugsspielraum einräumt (vgl. zB ; ; ). Ein Vollzugsspielraum in diesem Sinne bestand bei der Beurteilung der Anwendbarkeit der Bestimmung des § 124b Z 53 EStG 1988 aber nicht.

Nichts zu gewinnen war in diesem Zusammenhang auch mit den Ausführungen des Bf. betreffend das an alle Grenzgänger versandte Schreiben des damaligen Finanzministers vom . Abgesehen davon, dass es sich dabei um keine Auskunft der zuständigen Abgabenbehörde handelt, dieses noch vor der Veröffentlichung der geänderten Bestimmung des § 124b Z 53 EStG 1988 im BGBl. I Nr. 54/2002 (Datum der Kundmachung: ) und auch vor der parlamentarischen Behandlung verschickt wurde und offensichtlich parteipolitischen Zwecken diente, kommt diesem weder die Eigenschaft einer von der Rechtsprechung zu beachtenden Rechtsnorm noch einer authentischen Interpretation des Willens des Gesetzgebers zu (vgl. dazu auch ).

Ebenso vermögen die Ausführungen betreffend die erst im Dezember 2015 diesbezüglich erfolgte Änderung der Lohnsteuerrichtlinien (Rz 1110a) der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen, stellen erlassmäßige Aussagen des Bundesministeriums für Finanzen für das Bundesfinanzgericht doch keine bindende Rechtsquelle dar (vgl. ) und können daraus daher keine über die gesetzlichen Bestimmungen hinausgehenden Rechte abgeleitet werden (vgl. ). Zudem wurden in den bis zur angesprochenen Änderung in Geltung gestandenen Fassungen der Lohnsteuerrichtlinien keine die generelle Anwendbarkeit der Drittelbegünstigung im Falle ausländischer Pensionsabfindungen beinhaltenden Aussagen getroffen (vgl. dazu auch ).

Zulässigkeit der Revision:

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichts die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes uneinheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Beschwerdefall lag keine Rechtsfrage vor, der grundsätzliche Bedeutung zukam. Die im Beschwerdefall zu lösenden Rechtsfragen beschränkten sich einerseits auf Rechtsfragen, welche bereits in der bisherigen (oben zitierten) VwGH-Rechtsprechung beantwortet wurden. Im Übrigen hing der Beschwerdefall von der Lösung von nicht über den Einzelfall hinausgehenden Sachverhaltsfragen ab.
Eine (ordentliche) Revision ist daher nicht zulässig.
 

Gesamthaft war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Feldkirch, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.1100549.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at