Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 19.02.2020, RV/6100166/2019

Beschwerde gegen die Festsetzung eines ersten Säumniszuschlages iZm Verschulden bei einer GmbH

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Senatsvorsitzende V und die weiteren Senatsmitglieder Richter R, B1 und B2, in der Beschwerdesache A, vertreten durch B, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Salzburg-Stadt, vertreten durch C, vom , betreffend die Vorschreibung eines ersten Säumniszuschlages gemäß 217 Abs. 7 Bundesabgabenordnung (BAO) nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheid des Finanzamtes Salzburg-Stadt vom wurde der Beschwerdeführerin (Bf) Fa. A GmbH ein erster Säumniszuschlag in Höhe von € 3.480,84 vorgeschrieben, weil die Körperschaftsteuer für 7-9/18 (Vierteljahresbuchung; Vorauszahlung) in Höhe von € 174.031,82, nicht bis zum (Fälligkeitstag) entrichtet wurde.


Gegen diesen Bescheid brachte die Beschwerdeführerin durch ihre ausgewiesene Vertreterin mit Schriftsatz vom das Rechtsmittel der Beschwerde ein.
In der Begründung wurde ausgeführt, dass der Bf kein grobes Verschulden angelastet werden könne, weshalb von der Verhängung eines Säumniszuschlages abzusehen bzw. dieser herabzusetzen sei.
Auf die weiteren umfangreichen allgemeinen Ausführungen betreffend grober bzw. leichter Fahrlässigkeit, sowie der Bestimmungen des § 308 BAO (minderer Grad des Versehens) bzw. der Einführung des § 217 Abs. 7 BAO, wird verwiesen.

Konkret wurde ausgeführt, dass die Körperschaftsteuervorauszahlungen für die Bf vom Prokuristen und D mittels Telebankingsoftware veranlasst werden. Dieser habe in Ausübung seiner unternehmerischen Funktion bereits jahrzehntelang routinemäßig periodische Zahlungen (zB. Köst, USt usw.) an die öffentliche Hand durchgeführt. Eine auf Verschulden von D zurückzuführende Säumnis im Zusammenhang mit der Entrichtung der Körperschaftsteuervorauszahlung sei dabei nicht bekannt, jedenfalls nicht in den letzten 15 Jahren.

Für die gegenständliche Körperschaftsteuerschuld 7-9/18 kam es nun einmalig zur Säumnis der Entrichtung der den Säumniszuschlag auslösenden Abgabenschuld. Die Abgabenschuld wurde unmittelbar nach bekannt werden entrichtet.
Aus diesen geschilderten Umständen sei nicht zu erkennen, dass die Bf auffallend sorglos gehandelt hätte, insbesondere die im Verkehr mit der Abgabenbehörde und bei der Einhaltung von Fristen und Terminen die nach seinen persönlichen Fähigkeiten im konkreten Einzelfall zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen hätte.

Die aus einem Versehen resultierende Säumnis sei in Hinblick auf die seit Jahrzehnten fristgerecht einbezahlten Abgabenschuldigkeiten nicht grob fahrlässig bzw. könne darin kein auffallend sorgloses Handeln abgeleitet werden und es liege daher kein grobes Verschulden im Sinne des § 217 BAO vor.

Vielmehr beruhe die Säumnis auf einem Fehler, der gelegentlich auch einem sorgfältigen Menschen unterläuft und der als leicht fahrlässig zu qualifizieren sei, insbesondere da auch umgehend nach Bekanntwerden des Missgeschickes entsprechende Maßnahmen zur Wiedergutmachung gesetzt wurden.

Aus den angeführten Gründen sei der Säumniszuschlag auf Grundlage des § 217 Abs. 7 BAO daher mit € 0,00 und damit nicht festzusetzen.

Weiters wurde eine mündliche Senatsverhandlung beantragt, sowie eine Erörterung des Sachverhaltes angeregt.

Diese Beschwerde wurde seitens des Finanzamtes mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet abgewiesen.
In der Begründung wurde im Wesentlichen unter Anführung der Bestimmung des § 217 Abs. 7 BAO auf allgemeine Ausführungen betreffend grobes Verschulden verwiesen.
Festgestellt wurde, dass die Abgabe nicht spätestens am Fälligkeitstag, dem , sondern erst durch Überweisung am entrichtet wurde.

Hingewiesen wurde auch darauf, dass es nach ständiger Rechtsprechung für die Herabsetzung bzw. die Unterlassung der Festsetzung eines Säumniszuschlages auf die Umstände der konkreten Säumnis ankomme. Daher sei das Vorbringen, die Bf sei bisher all ihren Zahlungsverpflichtungen stets pünktlich nachgekommen, für die Anwendung des § 217 Abs. 7 BAO nicht von entscheidender Bedeutung (vgl. zB. ).

Daraufhin stellte die Bf durch ihre ausgewiesene Vertreterin, mit Schriftsatz vom den Antrag auf Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht.

Eine weitere Begründung erfolgte nicht, da diese entbehrlich sei (mit Hinweis auf Kommentarmeinungen zur BAO).

Anlässlich der am durchgeführten mündlichen Verhandlung, in der auf die Feststellungen aus dem Akteninhalt hingewiesen wurde, legte die Bf durch ihren steuerlichen Vertreter einen ergänzenden, als "Beschwerde" bezeichneten, Schriftsatz vom vor.
Dazu wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der für Abgabenzahlungen zuständige Prokurist die konkrete Zahlung übersehen habe.
Hingewiesen wurde darauf, dass zwei weitere Zahlungen im unmittelbaren Zusammenhang - in der Woche vor der Säumnis für L, DB, DZ, und U - fristgerecht durchgeführt wurden. Aus dem sei abzuleiten, dass der Geschäftsführer keine Veranlassung gesehen habe, mehr als bisher stichprobenweise zu kontrollieren.
Damit liege für diese Säumnis kein Kontrollverschulden vor, sondern leichte Fahrlässigkeit im Sinne des § 217 Abs. 7 BAO.

Nach Ansicht des Amtsbeauftragten habe im gegenständlichen Fall das Kontrollsystem nicht funktioniert bzw. werde daran gezweifelt, ob überhaupt ein Kontrollsystem zu diesem Zeitpunkt vorhanden war, weil die Säumnis erst nach Bekanntgabe des Säumniszuschlages nachgeholt wurde.
Dem wurde entgegengehalten, dass es das System der stichprobenmäßigen Überprüfung gegeben habe, das zu diesem Zeitpunkt ausreichend ausgestattet gewesen sei. Die nach Bekanntgabe der Säumnis erst nachträgliche Entdeckung des Fehlers sei dem System der stichprobenmäßigen Überprüfung immanent.
Im Umkehrschluss müsste der Geschäftsführer jede einzelne Zahlung an die öffentliche Hand überprüfen und jede Nichtüberprüfung würde eine Kontrollverschulden auslösen.

Hingewiesen wurde auch darauf, dass D seit Mitte des Jahres YX Prokurist, davor, Geschäftsführer war und demnach nicht Angestellter sondern Teil des Mangementes ist. Von diesem sei ein höherer Sorgfaltsmaßstab zu erwarten als dies gewöhnlich bei einem Angestellten der Fall sei.
Dazu liege jedoch kein Auswahlverschulden des Geschäftsführers vor, da dieser Prokurist diese Agenden bereits vorher Jahrzehnte lang zufriedenstellend erledigt habe, (in den letzten sieben Jahren erfolgte keine Säumnis hinsichtlich ertragssteuerlicher Pflichten).
Demgemäß sei es ausreichend, wenn bei regelmäßigen und routinemäßigen Zahlungen, die nicht über die üblichen Beträge hinausgehen, eine stichprobenmäßige Kontrolle erfolgt. Diesen Kontrollen komme der Geschäftsführer nach.

Aus dem Akteninhalt werden noch folgende Feststellungen getroffen:

Aus dem Abgabenkonto der Bf zu StNr. XY ist zu ersehen, dass am ein Säumniszuschlag iHv.€ 141,94 verhängt wurde.
Ein weiterer Säumniszuschlag wurde mit Bescheid vom iHv.
€ 874,64 betreffend einer selbst gemeldeten Umsatzsteuer für 11/17 verhängt, welche am fällig war.

Aus dem Abgabenkonto ist weiters zu ersehen, dass der mit fällige gegenständliche Säumniszuschlag erst am , somit verspätet entrichtet wurde.

Rechtslage und Erwägungen

§ 217 Abs. 1 BAO lautet:

Wird eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren (§ 3 Abs. 2 lit. d), nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so sind gemäß § 217 Abs. 1 BAO nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Säumniszuschläge zu entrichten.

Gemäß § 217 Abs. 2 BAO beträgt der erste Säumniszuschlag 2% des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages.

Gemäß § 217 Abs. 7 BAO sind auf Antrag des Abgabepflichtigen Säumniszuschläge insoweit herabzusetzen bzw. nicht festzusetzen, als ihn an der Säumnis kein grobes Verschulden trifft, insbesondere insoweit bei nach Abgabenvorschriften selbst zu berechnenden Abgaben kein grobes Verschulden an der Unrichtigkeit der Selbstberechnung vorliegt.

Strittig ist im gegenständlichen Fall ob die Bf an der Nichtentrichtung der Körperschaftsteuervorauszahlung für 7-9/18 iHv. € 174.031,82 grobes Verschulden trifft oder nicht.

Vorweg ist darauf hinzuweisen, dass bei Begünstigungstatbeständen wie ihn
§ 217 Abs. 7 BAO darstellt die Amtswegigkeit der Sachverhaltsermittlung gegenüber der Offenlegungspflicht des Begünstigungswerbers in den Hintergrund tritt. Der eine Begünstigung in Anspruch Nehmende hat also selbst einwandfrei und unter Ausschluss jeden Zweifels das Vorliegen all jener Umstände darzulegen, auf die die abgabenrechtliche Begünstigung gestützt werden kann.

Hinzuweisen ist auch darauf, dass nach ständiger Rechtsprechung des VwGH es auch bei Kapitalgesellschaften erforderlich ist - vergleichbar mit berufsmäßigen Parteienvertretern - Vorsorge durch entsprechende Kontrollen zu treffen, sodass Unzulänglichkeiten infolge menschlichen Versagens voraussichtlich auszuschließen sind ().

Demnach ist grobe Fahrlässigkeit dann anzunehmen, wenn jemand im Verkehr mit Behörden und für die Einhaltung von Terminen und Fristen die erforderliche und nach seinen persönlichen Fähigkeiten (hier Überwachung mit einem einzurichtenden Kontrollsystem) zumutbare Sorgfalt außer Acht lässt. Derartiges hat insbesondere auch für Zahlungsfristen - hier eine laufend wiederkehrende Zahlungspflicht - gegenüber dem Finanzamt zu gelten.
Leichte Fahrlässigkeit liegt demgegenüber vor, wenn ein Fehler unterläuft, den gelegentlich auch ein sorgfältiger Mensch begeht, der also nicht auffallend sorglos gehandelt hat.

Von der Bf wurde zunächst lediglich vorgebracht, dass aufgrund eines Versehens eine einmalige Säumnis vorläge, da bis dahin eine auf ein Verschulden der zuständigen Person zurückzuführende Säumnis bei Entrichtung von Körperschaftsteuervorauszahlung nicht bekannt sei.
Dem Finanzamt kann daher gefolgt werden, wenn es unter Hinweis auf das Konkretisierungsgebot betreffend eines aufgrund einer nicht näher erläuterten "Versehens" resultierenden Säumnis eines langjährigen für Zahlungen zuständigen Prokuristen bzw. Geschäftsführers die Beschwerde abgewiesen hat.

Vorweg ist auszuführen, dass der Bf in ihren Ausführungen dahingehend zu folgen ist, dass kein Auswahlverschulden der handelnden Person vorliegt.
Der Bf kann aber nicht gefolgt werden, wenn es Zahlungspflichten für Ertragssteuern und für Selbstbemessungsabgaben unterscheidet (sieben Jahre keine Verletzung der ersteren). Eine Sorgfaltsverletzung liegt für jede Zahlungsverpflichtung gegenüber dem Finanzamt in gleicher Weise vor, ebenso wie für jede Art von Terminen (welche eine Kontrolle bedürfen), die vorzumerken sind. Eine Unterscheidung ist daher nicht zu treffen.

Der Bf ist auch entgegenzuhalten, dass die vom Finanzamt zitierte VwGH-Entscheidung nicht wegen der inhaltlichen Vergleichbarkeit, sondern wegen der Aussage, die Umstände der konkreten Säumnis darzustellen, erfolgte.

Anlässlich der mündlichen Verhandlung (welches vom bisherigen Vorbringen wesentlich abweicht) wurde das "Versehen" dahingehend konkretisiert, dass die konkrete Zahlung vom Prokuristen übersehen wurde.
Weiters wurde ausgeführt, dass ohnedies stichprobenweise Kontrollen durch den Geschäftsführer erfolgten, was im gegenständlichen Fall als ausreichend angesehen wird. Dies wurde vom Finanzamt in Zweifel gezogen, da diesbezüglich weder konkrete Aussagen getroffen noch Nachweise (für stichprobenweise Kontrollen) dargelegt wurden.
Grundsätzlich kann den Aussagen der Bf gefolgt werden, wonach einmalig Fehler passieren können, wobei dies bei laufenden routinemäßigen Zahlungen, wie bei Körperschaftsteuervorauszahlungen, ohne Hinzutreten weiterer Gründe, nur schwer nachvollziehbar ist.
Wie den Feststellungen aus dem Akteninhalt zu entnehmen ist, sind dem gegenständlichen Säumniszuschlag innerhalb eines Jahres bereits zwei Säumniszuschläge vorangegangen.
Die Verlässlichkeit des dafür zuständigen Prokuristen wäre daher in Frage zu stellen gewesen.
Die richtige Terminisierung und Durchführung des Zahlungstermins (vergleichbar mit Terminen einer Rechtsanwaltskanzlei) wäre daher durch entsprechende Kontrollmechanismen durch den Geschäftsführer sicherzustellen gewesen. Dass derartiges erfolgt ist, wurde nicht behauptet.
Wie sich gezeigt hat, konnte eine stichprobenweise Kontrolle die nachfolgende Säumnis nicht verhindern und ist daher im gegenständlichen Fall nicht als ausreichendes Kontrollsystem im Sinne des VwGH zu sehen (welches geeignet sein muss, Unzulänglichkeiten infolge menschlichen Versagens voraussichtlich auszuschließen).
Vergleichsweise ist auch auf des Erkenntnis des , zu verweisen, wonach nur bei einer einmaligen Säumnis - eines einzelnen nicht laufend wiederkehrenden Zahlungstermins - und einem Fehler des Geschäftsführers bei Kontrolle des Fristenvormerks, nicht von grober Fahrlässigkeit auszugehen ist. Ein vergleichbarer Sachverhalt liegt im gegenständlichen Fall allein schon aufgrund der vorangegangen zweimaligen Säumnis nicht vor.

Daran ändert auch nichts, dass - im Zusammenhang mit der Säumnis - zeitnahe Zahlungen für Selbstbemessungsabgaben rechtzeitig erfolgten. Dabei bleibt es nicht nachvollziehbar, warum die gegenständliche Körperschaftsteuervorauszahlung, mit derselben Fälligkeit (wie die Selbstbemessungsabgaben), in der nicht unbeachtlichen Höhe von € 174.904,--, eben nicht entrichtet wurde.
Demnach geht auch das Vorbringen in die Richtung, dass der Geschäftsführer nicht verpflichtet sein kann, jede einzelne Zahlung zu überprüfen, ins Leere.

Umstände die eine leichte Fahrlässigkeit stützen könnten, zB. dass der Fehler noch vor Verhängung des Säumniszuschlages, aufgrund eines entsprechenden Kontrollmechanismus oder einer Nachkontrolle, selbst von der Bf festgestellt wurde, liegen nicht vor.
Zu beachten ist auch, dass der gegenständliche Säumniszuschlag selbst (siehe Feststellungen) nicht rechtzeitig zum Fälligkeitszeitpunkt sondern erst 22 Tage später (wenn auch ohne Säumnisfolgen) entrichtet wurde. Auch daraus ist mangelnde Sorgfalt abzuleiten.

Da somit die Voraussetzungen für die Anwendung des Begünstigungstatbestandes im Sinne des § 217 Abs. 7 BAO nicht vorliegen, kommt der Beschwerde keine Berechtigung zu, sodass spruchgemäß zu entscheiden war.

Die Revision ist nicht zulässig, weil sie nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt (die Entscheidung ergibt sich als Folge des Gesetzes und ist auch durch die Rechtsprechung des VwGH gedeckt), der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Salzburg-Aigen, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 217 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 217 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 217 Abs. 7 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.6100166.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at