§ 217 Abs. 7 BAO bezieht sich ausschließlich auf Säumnis und damit auf die Entrichtung der Abgabenschuld, nicht jedoch auf die Ausnahmebestimmung des §217 Abs. 4 BAO.
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den-Senat in der Beschwerdesache Bf., Adresse, vertreten durch die Veltze, Mares & Partner KG, Dresdner Straße 87/A21, 1200 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Wien 8/16/17 vom betreffend Antrag gemäß § 217 Abs. 7 BAO in der Sitzung am zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt von der Einkommensteuer 2013 in Höhe von € 80.997,04 und Anspruchszinsen 2013 in Höhe von € 4.888,88 jeweils erste Säumniszuschläge in Höhe von € 1.619,94 und € 97,77 mit der Begründung fest, dass diese Abgabeschuldigkeiten nicht bis spätestens entrichtet worden seien.
Mit Eingabe vom brachte die Beschwerdeführerin (Bf.) durch ihren steuerlichen Vertreter einen Antrag auf Herabsetzung des Säumniszuschlages gemäß § 217 Abs. 7 BAO ein und begehrte die Festsetzung der Säumniszuschläge mit EUR 0,00.
Begründung und Sachverhalt:
Die Säumniszuschläge seien festgesetzt worden, weil nach Abweisung des fristgerecht eingereichten Stundungsansuchens (vom ) mit Bescheid vom zwar umgehend ein Ratenansuchen gestellt (per ), jedoch versehentlich keine Beschwerde gegen den Bescheid über die Abweisung des Stundungsantrages eingebracht worden sei. Irrtümlicherweise habe die zuständige Sachbearbeiterin statt einer Beschwerde mit Ratenansuchen nur einen Antrag auf Ratenansuchen gestellt. Die Bf. treffe daher kein grobes Verschulden an der Fristversäumnis, da sie immer davon ausgegangen sei, dass aufrechte Zahlungserleichterungsansuchen bestünden und der Rückstand somit nicht fällig sei. Die Bearbeitungsdauer der jeweiligen Zahlungserleichterungsansuchen sei relativ lange gewesen, wodurch es auch für die steuerliche Vertretung schwierig geworden sei, den Status der Fälligkeit der Beträge im Auge zu behalten.
Es werde ersucht, in diesem Fall das lediglich leichte Versehen anzuerkennen und die Säumniszuschläge gemäß § 217 Abs 7 BAO auf EUR 0,00 herabzusetzen.
Mit Bescheid vom wies das Finanzamt den Antrag mit der Begründung ab, dass gemäß § 217 Abs. 7 BAO Säumniszuschläge auf Antrag des Abgabepflichtigen insoweit herabzusetzen bzw. nicht festzusetzen seien, als ihn an der Säumnis kein grobes Verschulden treffe, insbesondere insoweit bei nach Abgabenvorschriften selbst zu berechnenden Abgaben kein grobes Verschulden an der Unrichtigkeit der Selbstberechnung vorliege.
Der § 217 Abs. 7 BAO beziehe sich auf die Säumnis, also die verspätete oder nicht entrichtete Zahlung und nicht darauf, dass innerhalb einer Zahlungsfrist ein neuerlicher Antrag oder eine Beschwerde betreffend eine Zahlungserleichterung eingebracht worden sei.
Der § 217 Abs. 7 BAO sei in diesem Fall nicht anwendbar.
Außerdem werde darauf hingewiesen, da es sich bei Steuerschulden um Bringschulden handle, es einem Unternehmer zuzumuten sei, sich um steuerliche Belange so rechtzeitig zu kümmern, dass auch eine rechtzeitige Abfuhr der Steuerschuld ermöglicht werde.
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In der dagegen eingebrachten Beschwerde vom führte die steuerliche Vertretung aus, dass die Klientin an der Säumnis kein grobes Verschulden bzw. gar kein Verschulden treffe, da der Säuniszuschlag lediglich auf Grund eines Irrtums eines Sachbearbeiters der steuerlichen Vertretung entstanden sei, der keine Beschwerde gegen die Abweisung des Stundungsantrags (Bescheid vom ) sondern lediglich ein neues Zahlungserleichterungsansuchen (Ratenansuchen) innerhalb der Beschwerdefrist eingebracht habe.
Das eingebrachte Ratenansuchen sei sodann auch bewilligt und die Raten würden nunmehr laufend von der Bf. vereinbarungsgemäß bezahlt worden. Die Bf. sei somit bestrebt, den vorhandenen Rückstand am Abgabenkonto im Rahmen ihrer Möglichkeiten so rasch wie möglich zu begleichen.
Das Ratenansuchen habe die Zahlungsfrist nicht gehemmt, weshalb automatisch der Säumniszuschlag vorgeschrieben worden sei.
Der gegenständliche Säumniszuschlag sei somit lediglich auf Grund eines verfahrensrechtlichen Irrtums entstanden, an dem die Bf. keinerlei Schuld treffe (schon gar kein grobes Verschulden!). Grobes Verschulden sei gemäß § 8 Abs 3 Finanzstrafgesetz wie folgt definiert: „wer ungewöhnlich und auffallend sorgfaltswidrig handelt, sodass der Eintritt eines dem gesetzlichen Tatbild entsprechenden Sachverhaltes als geradezu wahrscheinlich vorhersehbar war. “
Das Verhalten der Bf. in diesem geschilderten Fall sei sicherlich keinesfalls als „ungewöhnlich und auffallend sorgfaltswidrig“ zu beurteilen! Der Bf. sei immer davon ausgegangen, dass aufrechte Zahlungserleichterungsansuchen bestünden und der Rückstand somit nicht fällig geworden sei. Das Ratenansuchen sei auch unmittelbar nach Abweisung des Stundungsantrages eingebracht worden ().
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Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab.
Eine Herabsetzung oder Nichtfestsetzung nach § 217 Abs. 7 BAO sei nur hinsichtlich des Verschuldensmaßstabs an der verspäteten Entrichtung zu beurteilen. Eine - wenn auch nur leichte Fahrlässigkeit" - an der verspäteten Einbringung oder eines irrtümlich nicht richtigen Zahlungserleichterungsansuchens sei nicht geeignet, eine Herab- oder Nichtfestsetzung von Säumniszuschlägen zu rechtfertigen.
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Mit Eingabe vom brachte die steuerliche Vertretung namens und auftrags der Bf. einen Vorlageantrag ein und begehrte die Durchführung einer mündlichen Senatsverhandlung.
Die Behörde führe aus, dass eine verspätete Einbringung oder ein falsches Zahlungserleichterungsansuchen nicht geeignet sei, eine Herabsetzung oder Nichtfestsetzung von Säumniszuschlägen zu rechtfertigen. Die Argumentation der Behörde gehe allerdings ins Leere.
Säumniszuschläge würden immer dann festgesetzt, wenn Zahlungen zu spät getätigt würden, und seien herabzusetzen, wenn die Säumnis der Zahlung nicht durch grobes Verschulden herbeigeführt worden sei.
Die verspätete Einbringung des Zahlungserleichterungsansuchens sei nunmehr die Begründung für die verspätete Zahlung und die Begründung, warum nicht grob fahrlässig zu spät bezahlt worden sei. Wie sonst sollte man den Verschuldensgrad der Zahlungssäumnis feststellen, wenn nicht mit einer Begründung.
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Mit Eingabe vom zog die Bf. den Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurück.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
§ 217 BAO lautet:
Abs. 1: Wird eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren (§ 3 Abs. 2 lit. d), nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so sind nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Säumniszuschläge zu entrichten.
Abs. 2: Der erste Säumniszuschlag beträgt 2% des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages.
Abs. 3: Ein zweiter Säumniszuschlag ist für eine Abgabe zu entrichten, soweit sie nicht spätestens drei Monate nach dem Eintritt ihrer Vollstreckbarkeit (§ 226) entrichtet ist. Ein dritter Säumniszuschlag ist für eine Abgabe zu entrichten, soweit sie nicht spätestens drei Monate nach dem Eintritt der Verpflichtung zur Entrichtung des zweiten Säumniszuschlages entrichtet ist. Der Säumniszuschlag beträgt jeweils 1% des zum maßgebenden Stichtag nicht entrichteten Abgabenbetrages. Die Dreimonatsfristen werden insoweit unterbrochen, als nach Abs. 4 Anbringen oder Amtshandlungen der Verpflichtung zur Entrichtung von Säumniszuschlägen entgegenstehen. Diese Fristen beginnen mit Ablauf der sich aus Abs. 4 ergebenden Zeiträume neu zu laufen.
Abs. 4: Säumniszuschläge sind für Abgabenschuldigkeiten insoweit nicht zu entrichten, als
a) ihre Einhebung gemäß § 212a ausgesetzt ist,
b) ihre Einbringung gemäß § 230 Abs. 2, 3, 5 oder 6 gehemmt ist,
c) ein Zahlungsaufschub im Sinn des § 212 Abs. 2 zweiter Satz nicht durch Ausstellung eines Rückstandsausweises (§ 229) als beendet gilt,
d) ihre Einbringung gemäß § 231 ausgesetzt ist.
Abs. 5: Die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages gemäß Abs. 2 entsteht nicht, soweit die Säumnis nicht mehr als fünf Tage beträgt und der Abgabepflichtige innerhalb der letzten sechs Monate vor dem Eintritt der Säumnis alle Abgabenschuldigkeiten, hinsichtlich derer die Gebarung (§ 213) mit jener der nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenschuldigkeit zusammengefasst verbucht wird, zeitgerecht entrichtet hat. In den Lauf der fünftägigen Frist sind Samstage, Sonntage, gesetzliche Feiertage, der Karfreitag und der 24. Dezember nicht einzurechnen; sie beginnt in den Fällen des § 211 Abs. 2 und 3 erst mit dem Ablauf der dort genannten Frist.
Abs. 7: Auf Antrag des Abgabepflichtigen sind Säumniszuschläge insoweit herabzusetzen bzw. nicht festzusetzen, als ihn an der Säumnis kein grobes Verschulden trifft, insbesondere insoweit bei nach Abgabenvorschriften selbst zu berechnenden Abgaben kein grobes Verschulden an der Unrichtigkeit der Selbstberechnung vorliegt.
Im vorliegenden Fall wurde das Zahlungserleichterungsansuchen vom mit Bescheid vom abgewiesen, der für die Entrichtung der Abgabenschuldigkeiten eine Nachfrist bis ausweist. Dieser Bescheid wurde nicht angefochten, sondern am ein neuerliches Zahlungserleichterungsansuchen eingebracht.
Unstrittig ist, dass der Säumniszuschlag nur durch Einbringung einer Beschwerde gegen den Bescheid vom zu verhindern gewesen wäre und dass das neuerliche Zahlungserleichterungsansuchen vom keine hemmende Wirkung hatte.
Unstrittig ist somit, dass durch die verspätete Einbringung grundsätzlich eine Säumnis eingetreten ist.
Sofern jedoch den Abgabepflichtigen an der Säumnis kein grobes Verschulden trifft, sind Säumniszuschläge nach § 217 Abs. 7 BAO - je nach den Umständen des Einzelfalls - entweder herabzusetzen oder nicht festzusetzen.
Nach der herrschenden Lehre knüpfen Säumnisfolgen ausschließlich an die nicht rechtzeitigen Entrichtung von Abgaben an: Die Pflicht zur Entrichtung eines Säumniszuschlages trifft jeden, der - gleichgültig ob ein Verschulden vorliegt oder nicht - eine Abgabe bis zum Fälligkeitstag nicht entrichtet und ein Ansuchen um Zahlungserleichterung nicht rechtzeitig eingebracht hat (Ellinger ua, BAO, § 217 E 28 mwN.). D.h. nur das Fehlen einer groben Fahrlässigkeit am Eintritt der Säumnis im Zusammenhang mit der Entrichtung von Abgaben ist geeignet, die Höhe des Säumniszuschlags zu mindern und neu festzusetzen.
Dies steht auch im Einklang mit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, der im Erkenntnis vom , Ra 2019/16/0154-4, unter Verweis auf das übereinstimmende Schrifttum (etwa Stoll, BAO Band 3, S 2334; Ritz, BAO6, § 217 Tz 35; Fischerlehner, Das Abgabenverfahren2, § 217 BAO Anm. 10) ausführt:
"Nach dem weiters eindeutigen Wortlaut des § 217 Abs. 5 BAO entsteht die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages nur dann und insoweit nicht, als die Säumnis nicht mehr als fünf Tage beträgt. Damit ist unmissverständlich die Säumnis bei der Entrichtung der Abgaben und nicht eine „Säumnis“ beim Einbringen eines Ansuchens um Zahlungserleichterungen, damit dieses etwa die in § 230 Abs. 3 BAO normierten Wirkungen entfaltet, erfasst (vgl. aus dem darin übereinstimmenden Schrifttum etwa Stoll, BAO Band, S. 2334; Ritz, BAO6, § 217 Tz 35; Fischerlehner, Das Abgabenverfahren § 217 BAO Anm. 10).
Zur insoweit wortgleichen Vorgängerreglung des § 221 BAO (bis zum Budgetbegleitgesetz 2001, BGBl. I Nr. 142/2000) wurde diese Frage nicht erst durch die vom Bundesfinanzgericht zitierte Entscheidung () beantwortet, sondern bereits durch frühere Erkenntnisse ( 818, 819/62, VwSlg 2.930/F, worauf auch beim von der Revisionswerberin erwähnten Rechtssatz im RIS hingewiesen wird; ).
Zwar ist dieses Erkenntnis zu § 217 Abs. 5 BAO ergangen, jedoch auch zu § 217 Abs. 7 BAO anzuwenden, da diese Bestimmung ebenfalls an den Terminus der "Säumnis" geknüpft ist, der wie bereits dargelegt nur die verspätete Tilgung erfasst, nicht jedoch Fristverstöße anderer Art wie verspätete Zahlungserleichterungsansuchen.
Bereits aus § 217 Abs. 1 BAO geht hervor, dass ein Säumniszuschlag zu entrichten ist, somit eine Säumnis vorliegt, wenn eine Abgabe nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet wird.
Weiters scheint die steuerliche Vertretung zu übersehen, dass die Fälligkeit einer Abgabe durch Nachfristen (§ 212 Abs. 3 BAO) nicht verändert wird.
Auch im Falle der zeitgerechten (vor Fälligkeit) Einbringung eines Zahlungserleichterungsansuchens liegt nach Verstreichen des Fälligkeitstages eine Säumnis im Sinne des § 217 Abs. 1 BAO vor, jedoch ist in einem solchen Fall aufgrund der Ausnahmeregelung des § 217 Abs. 4 BAO, solange die Hemmung besteht, kein Säumniszuschlag zu entrichten.
§ 217 Abs. 7 BAO bezieht sich ausschließlich auf Säumnis und damit auf die Entrichtung der Abgabenschuldigkeit, nicht jedoch auf die Ausnahmebestimmungen des § 217 Abs. 4 BAO.
§ 217 Abs. 7 BAO eröffnet somit nicht die Möglichkeit, Säumniszuschläge, die verwirkt wurden, da vom steuerlichen Vertreter anstatt einer Beschwerde gegen die Abweisung des Zahlungserleichterungsansuchens vom ein neuerlicher Antrag auf Zahlungserleichterung gestellt wurde, herabzusetzen.
Aus den o.a. Sach- und Rechtsgründen war der Beschwerde der Erfolg zu versagen.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Das gegenständliche Erkenntnis weicht von der oben zitierten Rechtsprechung des VwGH nicht ab.
Da die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht erfüllt sind, ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 217 Abs. 7 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 217 Abs. 5 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 230 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 221 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.7105666.2019 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
NAAAC-23514