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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 24.02.2020, RV/5101045/2019

Stundung, Stundungszinsen, Rückzahlung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache Bf, vertreten durch V, über die Beschwerden vom

I) vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Lilienfeld St. Pölten vom , betreffend die Festsetzung von Stundungszinsen in Höhe von 351,49 €

II) vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Lilienfeld St. Pölten vom über die Abweisung eines Rückzahlungsantrages

III) vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Lilienfeld St. Pölten vom  über die Abweisung eines Zahlungserleichterungsansuchens

IV) vom  gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Lilienfeld St. Pölten vom , betreffend die Festsetzung von Stundungszinsen in Höhe von 115,95 €

nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am  zu StNr. XY zu Recht erkannt: 

Die Beschwerden zu I, II, III, und IV werden gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis (I-IV) ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Sachverhalt

Der Beschwerdeführer (Bf) führte in den Jahren 2007 und 2008 als Franchisenehmer einer Unternehmenskette eine Speisen- und Getränkezustelldienst. Im Zuge einer GPLA-Prüfung wurde festgestellt, dass im Prüfungszeitraum als Speise- und Getränkezusteller tätige Personen in einem Dienstverhältnis zum (Bf) gestanden und Lohnsteuer, DB und DZ nachzuverrechnen seien. Mit Erkenntnis vom , GV/7101390/2015 änderte das BFG die angefochtenen Bescheide ab. Mit Beschluss vom , Ra 2017/13/0011 wies der Verwaltungsgerichtshof die ao Revision zurück.

I) Stundungszinsen

Den am eingebrachten Antrag um Zahlungserleichterung wurde mit Bescheid vom stattgegeben und dem Bf Stundung bis bewilligt (Abgabenrückstand 12.781,96 €).

Mit Bescheid vom wurden Stundungszinsen in Höhe von 351,49 € für den Zeitraum bis festgesetzt. In der Begründung wurde darauf hingewiesen, dass Stundungszinsen für jene Abgabenschuldigkeiten von jeweils mehr als 750,00 € vorzuschreiben gewesen seien, für die auf Grund des Zahlungserleichterungsansuchens bzw. aufgrund der Bewilligung einer Zahlungserleichterung Zahlungsaufschub eingetreten sei. Beigefügt war ein Berechnungsblatt.

In der Beschwerde vom wurde auf die mangelnde Bescheidbegründung hingewiesen. So könne dem Beiblatt nicht entnommen werden, wie sich die Stundungszinsen konkret berechnen. Für den Bf sei nicht nachvollziehbar, wie das Finanzamt zu den beschwerdegegenständlichen Stundungszinsen gelange, zumal die auf dem Berechnungsblatt aufscheinenden Datumsangaben sowie die Tagessalden nicht schlüssig seien. Letztendlich wurde das Fehlen einer nachvollziehbaren Bescheidbegründung iSd  § 93 Abs. 3 lit. a BAO moniert.

In der Beschwerdevorentscheidung vom  verwies das Finanzamt zunächst auf die bewilligte Stundung für den Betrag von 12.781,96 sowie auf die Tatsache, dass sich der Rückstand durch die Verbuchung des Einkommensteuerbescheides um 2.325,00 € auf 10.456,96 € vermindert habe. Die Aussetzungszinsen in Höhe von 146,59 € wurden aus der Berechnung ausgeschieden, die Höhe der unterschiedlichen Basiszinssätze wurde bekanntgegeben. Ebenso wurde darauf hingewiesen, dass bei jeder Änderung des Basiszinssatzes eine neue Berechnungszeile produziert werde. 

Im Vorlageantrag vom wurden die in der Beschwerde gestellten Anträge  und sämtliches Vorbringen aufrecht erhalten. Bezüglich der in der Beschwerdevorentscheidung vorgenommenen Berechnung und ausführlichen Begründung wurden keinerlei Aussagen getroffen. Letztendlich wurde der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gestellt.

II) Zahlungserleichterungsansuchen vom

Mit Schreiben vom beantragte der ausgewiesene Vetreter die neuerliche Stundung des Abgabenrückstandes von 12.781,96 bis zur Entscheidung des VwGH in eventu auf die Dauer eines Jahres. Ein Großteil der aushaftenden Abgaben resultiere aus dem Erkenntnis des Zl RV/7101390/2015, mit dem die ursprünglichen Bescheide zum Nachteil des Antragstellers abgeändert worden seien. Nachdem der VfGH die Behandlung der Beschwerde abgelehnt habe, sei am beim VwGH eine außerordentliche Revision erhoben worden. Die sofortige Entrichtung und allenfalls die zwangsweise Einbringung der Abgabenschuld würde für den Einbringer deshalb eine besondere Härte begründen, da das nunmehr vor dem VwGH angefochtene Erkenntnis ganz offenkundige Fehler enthalte, die nur mehr durch eine Entscheidung des Höchstgerichtes korrigiert werden könnten. Im vorliegenden Fall sei nach ständiger Rechtsprechung des , von einer solchen Härte auszugehen. So würde die sofortige Entrichtung des Abgabenbetrages bedeuten, dass der Antragsteller Aufwendungen tätigen müsste, welche ihm selbst im Falle der Stattgabe seiner Beschwerde vor dem Höchstgericht, zumindest nicht in voller Höhe, ersetzt würden und daher endgültig verloren wären. Da die Entrichtung eines derart hohen Betrages aus dem laufenden Einkommen für den Antragsteller auf Grund seiner persönlichen Einkommensverhältnisse und in Anbetracht seiner Sorgepflichten nicht möglich sei, müsste dieser den fälligen Abgabenbetrag entweder aus den vorhandenen Mitteln finanzieren, wodurch er mögliche Veranlagungszinsen verlieren würde, oder durch Aufnahme eines Kredites, wodurch Kreditzinsen anfielen. Auf Grund der gegebenen finanziellen Situation sei jedenfalls davon auszugehen, dass die Einbringlichkeit der Abgaben durch den Aufschub nicht gefährdet sei. Zudem würden die Abgabenschulden immer pünktlich entrichtet. Sollte dem Antrag (Stundung bis zur Entscheidung des VwGH) nicht entsprochen werden können, so werde in eventu Stundung für die Dauer eines Jahres begehrt. Letztendlich wurde beantragt, die Stundung am Steuerkonto ersichtlich zu machen.

Das Finanzamt wies das Ansuchen mit Bescheid vom ab. So begründe die Einbringung eines Rechtmittels noch keine erhebliche Härte. Auch habe die Einbringung einer Revision noch keine aufschiebende Wirkung. Auch ein drohender Zinsverlust reiche für die Annahme einer solchen Härte nicht. Nur wenn der bekämpfte Bescheid offenkundige, klare Fehler enthalte, liege eines solche Härte vor.

In der Beschwerde vom  wies der ausgewiesene Vertreter auf die lange Dauer des Revisionsverfahrens hin und folgerte daraus, dass die Annahme, der angefochtene Bescheid enthalte klare Fehler, durchaus berechtigt sei. Die sofortige Bezahlung eines derart hohen Betrages führe zu gravierenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten. So sei der Bf für 5 Kinder und seine Gattin sorgepflichtig. Dazu komme der drohende Zinsverlust. Zudem sei dem Bf zunächst eine Stundung bis bewilligt und seien seinerzeit die Voraussetzungen für gegeben erachtet worden. Letztendlich wurde der Vorwurf erhoben, die belangte Behörde habe kein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt.

Das Finanzamt wies in der weiteren Folge die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet ab. Aus der langen Verfahrensdauer im Revisionsverfahren könne nicht geschlossen werden, dass der angefochtene Bescheid offenkundige, klare Fehler enthalte. Was den Hinweis auf den drohenden Zinsverlust betreffe, so käme derzeit eine Fremdfinanzierung ohnedies günstiger. Auch würde der Rückstand, bedingt durch den Anfall von Stundungszinsen anwachsen. Im Zusammenhang mit den erwähnten Sorgepflichten müsse daher von einer Gefährdung der Einbringlichkeit der Abgaben ausgegangen werden. Was den Antrag auf aufschiebende Wirkung betreffe, so bestehe die Möglichkeit, diesen beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

Im Vorlageantrag vom  wurden keine neuen Gründe vorgebracht. Es wurde allerdings der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gestellt

III) Rückzahlung

Am wurde elektronisch vom Bf ein Antrag auf Rückzahlung eines Guthabens in Höhe von 4.302,00 € eingebracht. Auf dem Abgabenkonto bestand zunächst ein Rückstand von 12.781,96 €. Zum Zeitpunkt des Rückzahlungsantrages verminderte sich dieser Rückstand, nach Buchung der Gutschriften aus den Einkommensteuerbescheiden 2015 und 2016, sowie der Aussetzung der Einhebung der Aussetzungszinsen 2015 von 146,59 Euro und der Vorschreibung der Stundungszinsen 2017 von 351,49 Euro, auf 8.684,86 Euro.

Da auf dem Abgabenkonto zum Zeitpunkt des Rückzahlungsantrages somit weiterhin ein Rückstand und kein Guthaben bestand, wurde der Antrag auf Rückzahlung mit Bescheid vom  abgewiesen.

In der Beschwerde vom  brachte der ausgewiesene Vertreter dazu vor, dass aus der Festsetzung der Einkommensteuer 2016 ein Guthaben in Höhe von 1.977,09 resultiere, dessen Rückzahlung begehrt werde. Die Bescheidbegründung sei nicht nachvollziehbar, zumal für einen Rückstand in Höhe von 12.781,96 bis Stundung bewilligt worden sei. Dieser Rückstand betreffe strittige Abgabenfestsetzungen, hinsichtlich derer nach wie vor beim VwGH ein Verfahren anhängig sei. Diese Stundung habe jedoch keinen Eingang am Steuerkonto des Bf gefunden, sodass er am den Antrag gestellt habe, die bewilligte Stundung möge am Abgabenkonto ersichtlich gemacht werden. Da über diesen Antrag nicht innerhalb von 6 Monaten entschieden worden sei, habe er eine Säumnisbeschwerde erhoben, über die bis dato nicht entschieden worden sei. Zudem habe der Bf an neuerlich einen Antrag auf Stundung für einen Betrag von 12.781,96 € gestellt und zudem wiederum beantragt, dies am Konto ersichtlich zu machen. Auf Grund der offenen Anträge könne nicht davon ausgegangen werden, dass auf dem Abgabenkonto ein Rückstand bestehe, welcher der Auszahlung des aktuellen Guthabens aus der Arbeitnehmerveranlagung entgegenstehe. Vielmehr sei beim VwGH ein Verfahren anhängig und es bestünde zudem ein unerledigter Antrag auf Stundung sowie auf Ersichtlichmachung am Abgabenkonto. Zum Beweis dafür wurde die Einvernahme des Bf beantragt sowie auf die Säumnisbeschwerde hingewiesen.

In der Beschwerdevorentscheidung vom hielt das Finanzamt fest, vor Verbuchung des Einkommensteuerbescheides habe auf dem Abgabenkonto ein Rückstand in Höhe von 12.781,96 bestanden. Nach Buchung der Gutschriften aus den Einkommensteuerbescheiden 2015 und 2016 sowie der Aussetzung der Aussetzungszinsen iHv 146,59 € und der Vorschreibung von Stundungszinsen iHv 351,94 €, habe sich der Rückstand auf 8.684,86 € vermindert. Da auf dem Abgabenkonto kein Guthaben bestehe, sei auch keine Rückzahlung durchgeführt worden.

Im Vorlageantrag vom wurden keine neuen Gründe vorgebracht. Es wurde allerdings der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gestellt.

IV) Stundungszinsen

Mit Bescheid vom wurden Stundungszinsen für den Zeitraum bis in Höhe von 115,95 € festgesetzt. In der Begründung wurde darauf hingewiesen, dass Stundungszinsen für jene Abgabenschuldigkeiten von jeweils mehr als 750,00 € vorzuschreiben gewesen seien, für die auf Grund des Zahlungserleichterungsansuchens bzw. aufgrund der Bewilligung einer Zahlungserleichterung Zahlungsaufschub eingetreten sei. Beigefügt war ein Berechnungsblatt. 

In der Beschwerde vom  wurde auf die mangelnde Bescheidbegründung hingewiesen. So könne dem Beiblatt nicht entnommen werden, wie sich die Stundungszinsen konkret berechnen. Für den Bf sei nicht nachvollziehbar, wie das Finanzamt zu den beschwerdegegenständlichen Stundungszinsen gelange, zumal die auf dem Berechnungsblatt aufscheinenden Datumsangaben sowie die Tagessalden nicht schlüssig seien. Letztendlich wurde das Fehlen einer nachvollziehbaren Bescheidbegründung iSd  § 93 Abs. 3 lit. a BAO moniert.

Das Finanzamt wies die Beschwerde in der weiteren Folge mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet ab. So sei die Beschwerde vom gegen den Bescheid über die Abweisung eines Zahlungserleichterungsansuchens vom als neuerliches Ansuchen um Zahlungserleichterung gewertet worden. Da vom bis zum Ergehen der Beschwerdevorentscheidung am keine Einbringungsmaßnahmen weder eingeleitet noch fortgesetzt hätten werden dürfen, seien für einen Rückstand von 6.286,37 € Stundungszinsen zu verrechnen gewesen. In der weiteren Folge wurde die Berechnung genau dargestellt.

Im Vorlageantrag vom wurden keine neuen Gründe vorgebracht.

Am fand die mündliche Verhandlung in Abwesenheit des Bf (trotz ausgewiesener Ladung) statt. In deren Verlauf beantragte die Vertreterin der belangten Behörde die Abweisung der Beschwerden.

Beweiswürdigung

Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in die dem BFG vorgelegten Aktenteile. Der Sachverhalt ist nicht strittig. Strittig ist ob Stundung zu gewähren war, ob die Berechnung der Stundungszinsen richtig ist und ob das Guthaben zurückzuzahlen war oder nicht.

Rechtslage

Stundungszinsen I) und IV): Allgemeines

§ 212 Abs. 1 und 2 BAO lautet:

§ 212. (1) Auf Ansuchen des Abgabepflichtigen kann die Abgabenbehörde für Abgaben, hinsichtlich derer ihm gegenüber auf Grund eines Rückstandsausweises (§ 229) Einbringungsmaßnahmen für den Fall des bereits erfolgten oder späteren Eintrittes aller Voraussetzungen hiezu in Betracht kommen, den Zeitpunkt der Entrichtung der Abgaben hinausschieben (Stundung) oder die Entrichtung in Raten bewilligen, wenn die sofortige oder die sofortige volle Entrichtung der Abgaben für den Abgabepflichtigen mit erheblichen Härten verbunden wäre und die Einbringlichkeit der Abgaben durch den Aufschub nicht gefährdet wird. Eine vom Ansuchen abweichende Bewilligung von Zahlungserleichterungen kann sich auch auf Abgaben, deren Gebarung mit jener der den Gegenstand des Ansuchens bildenden Abgaben zusammengefaßt verbucht wird (§ 213), erstrecken.

(2) Für Abgabenschuldigkeiten, die den Betrag von insgesamt 750 Euro übersteigen, sind,

a) solange auf Grund eines Ansuchens um Zahlungserleichterungen, über das noch nicht entschieden wurde, Einbringungsmaßnahmen weder eingeleitet noch fortgesetzt werden dürfen (§ 230 Abs. 3) oder

b) soweit infolge einer gemäß Abs. 1 erteilten Bewilligung von Zahlungserleichterungen ein Zahlungsaufschub eintritt,

Stundungszinsen in Höhe von viereinhalb Prozent über dem jeweils geltenden Basiszinssatz pro Jahr zu entrichten; Stundungszinsen, die den Betrag von 50 Euro nicht erreichen, sind nicht festzusetzen. Im Fall eines Terminverlustes gilt der Zahlungsaufschub im Sinn dieser Bestimmung erst im Zeitpunkt der Ausstellung des Rückstandsausweises (§ 229) als beendet. Im Fall der nachträglichen Herabsetzung einer Abgabenschuld hat die Berechnung der Stundungszinsen unter rückwirkender Berücksichtigung des Herabsetzungsbetrages zu erfolgen.

§ 230 Abs. 3 BAO lautet:

(3) Wurde ein Ansuchen um Zahlungserleichterungen (§ 212 Abs. 1) vor dem Ablauf der für die Entrichtung einer Abgabe zur Verfügung stehenden Frist oder während der Dauer eines diese Abgabe betreffenden Zahlungsaufschubes im Sinn des § 212 Abs. 2 zweiter Satz eingebracht, so dürfen Einbringungsmaßnahmen bis zur Erledigung des Ansuchens nicht eingeleitet werden; dies gilt nicht, wenn es sich bei der Zahlungsfrist um eine Nachfrist gemäß § 212 Abs. 3 erster oder zweiter Satz handelt.

Stundungszinsen bilden den wirtschaftlichen Ausgleich für den Zinsverlust, den der Abgabengläubiger dadurch erleidet, dass er die geschuldete Abgabenleistung nicht bereits am Tag der Fälligkeit erhält (, mwN).

II) Stundung

Gemäß § 212 Abs. 1 BAO kann auf Ansuchen des Abgabepflichtigen die Abgabenbehörde für Abgaben, hinsichtlich derer ihm gegenüber auf Grund eines Rückstandsausweises (§ 229) Einbringungsmaßnahmen für den Fall des bereits erfolgten oder späteren Eintrittes aller Voraussetzungen hiezu in Betracht kommen, den Zeitpunkt der Entrichtung der Abgaben hinausschieben (Stundung) oder die Entrichtung in Raten bewilligen, wenn die sofortige oder die sofortige volle Entrichtung der Abgaben für den Abgabepflichtigen mit erheblichen Härten verbunden wäre und die Einbringlichkeit der Abgaben durch den Aufschub nicht gefährdet wird. Eine vom Ansuchen abweichende Bewilligung von Zahlungserleichterungen kann sich auch auf Abgaben, deren Gebarung mit jener der den Gegenstand des Ansuchens bildenden Abgaben zusammengefaßt verbucht wird (§ 213), erstrecken.

III) Rückzahlung

Gemäß § 239 Abs. 1 BAO erster Satz kann die Rückzahlung von Guthaben (§ 215 Abs. 4) auf Antrag des Abgabepflichtigen oder von Amts wegen erfolgen.

§ 215 Abs. 1 BAO lautet: Ein sich aus der Gebarung gemäß § 213 unter Außerachtlassung von Abgaben, deren Einhebung ausgesetzt ist, ergebendes Guthaben eines Abgabepflichtigen ist zur Tilgung fälliger Abgabenschuldigkeiten zu verwenden, die dieser Abgabepflichtige bei derselben Abgabenbehörde hat; dies gilt nicht, soweit die Einhebung der fälligen Schuldigkeiten ausgesetzt ist.

§ 215 Abs. 2 BAO normiert: Das nach einer gemäß Abs. 1 erfolgten Tilgung von Schuldigkeiten bei einer Abgabenbehörde verbleibende Guthaben ist zur Tilgung der dieser Behörde bekannten fälligen Abgabenschuldigkeiten zu verwenden, die der Abgabepflichtige bei einer anderen Abgabenbehörde hat; dies gilt nicht, soweit die Einhebung der fälligen Schuldigkeiten ausgesetzt ist.

§ 215 Abs. 3 BAO normiert: Ist der Abgabepflichtige nach bürgerlichem Recht nicht rechtsfähig, so ist ein nach Anwendung der Abs. 1 und 2 noch verbleibendes Guthaben unter sinngemäßer Anwendung dieser Bestimmungen zugunsten derjenigen zu verwenden, die nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes im eigenen Namen über das Guthaben zu verfügen berechtigt sind.

§ 215 Abs. 4 BAO normiert: Soweit Guthaben nicht gemäß Abs. 1 bis 3 zu verwenden sind, sind sie nach Maßgabe der Bestimmungen des § 239 zurückzuzahlen oder unter sinngemäßer Anwendung dieser Bestimmungen über Antrag des zur Verfügung über das Guthaben Berechtigten zugunsten eines anderen Abgabepflichtigen umzubuchen oder zu überrechnen.

Erwägungen

zu Stundungszinsen I)

Nach dem festgestellten Sachverhalt hat der Bf. einen Antrag auf Stundung für einen Betrag von 12.781,96 € (Ansuchen vom ) eingebracht und wurde mit Bescheid vom Stundung bis zum bewilligt.

Die vom Zahlungserleichterungsansuchen erfassten Abgabenschuldigkeiten übersteigen 750 Euro. Über das Zahlungserleichtungsansuchen des Bf. wurde mit Bescheid abgesprochen. Die gesetzlichen Voraussetzungen zur Festsetzung von Stundungszinsen liegen damit vor. Dabei ist unerheblich, dass die vom Stundungsansuchen erfassten Anspruchszinsen für sich allein den Betrag von 750 Euro nicht übersteigen. Der VwGH hat mit Erkenntnis vom , Ro 2015/15/0044 ausgesprochen, dass eine abgabenbezogene Unterteilung der Stundungszinsen nicht in Betracht kommt. 

Der rechtsfreundliche Vertreter hat das Fehlen einer ausreichenden Begründung moniert. Das Finanzamt hat in der weiteren Folge eine umfangreiche Begründung im Rahmen der Beschwerdevorentscheidung mit nachstehendem Inhalt nachgeliefert:

Im gegenständlichen Fall  sei dem  Antrag um Zahlungserleichterung gem. § 212 BAO vom vollinhaltlich stattgegeben und mit Bescheid vom eine Stundung des offenen Rückstandes iHv € 12.781,96 bis bewilligt worden. Aufgrund des Einkommensteuerbescheides 2015 habe sich dieser Rückstand um 2.325,00 € auf 10.456,96 € vermindert.

Mit Bescheid vom sei darüber informiert worden, dass aufgrund der Höhe des Rückstandes, mit der Vorschreibung von Stundungszinsen im Ausmaß von 4,5% über dem Basiszinssatz zu rechnen sei, welche mit einem gesonderten Bescheid angefordert würden. Vom - habe der Basiszinssatz minus 0,12%, vom - habe der Basiszinssatz minus 0,62% betragen. Aufgrund des Negativzinssatzes ergebe sich für den Zeitraum bis zum ein Jahreszinssatz von 4,38% und für den Zeitraum ab ein Jahreszinssatz von 3,88%. Um den Tageszinssatz zu erhalten, werde der Jahreszinssatz durch 365 dividiert. Bei gleichbleibenden Saldo und gleichbleibenden Basiszinssatz (Tageszinssatz) werde der Tagessaldo mit der Anzahl der Tage multipliziert, durch 100 dividiert und danach mit dem Tageszinssatz multipliziert, dadurch erhalte man Stundungszinsen für einen bestimmten Zeitraum. Bei jeder Änderung des Basiszinssatzes (Tageszinssatz) und/oder des Saldos werde eine neue Berechnungszeile produziert. Im konkreten Fall seien es vier Buchungszeilen (Datum , , und ). Addiere man die einzelnen Stundungszinsen der jeweiligen Buchungszeilen, erhalte man die Gesamtsumme der Stundungszinsen. Datum - Beginn der ST-Berechnung ergebe sich aus Ablauf der Aussetzung der Einhebung vom plus 1 Monat plus Postlauf. Datum - Änderung des Basiszinssatzes von -0,12% auf -0,62%. Datum - Ablauf der Aussetzung der Einhebung von Aussetzungszinsen iHv € 159,93 vermindert um die Berichtigung iHv € 13,34 aufgrund der BVE vom . Da eine Zahlungsfrist bis gegeben gewesen sei, erfolgte die Berechnung ab dem nächsten Tag. Datum - dem Antrag um Aussetzung der Einhebung (Vorlageantrag) sei Folge gegeben und aus der Stundungszinsenberechnung genommen worden. Da aufgrund des Antrages vom die aushaftende Abgabenschuld bis gestundet gewesen und somit die Einbringung gehemmt gewesen sei, sei auch die Vorschreibung der Stundungszinsen völlig zu Recht erfolgt.

Das Verwaltungsgericht hat keinerlei Grund von dieser nachvollziehbaren, richtigen Begründung abzugehen. Dazu kommt, dass der rechtsfreundliche Vertreter weder im Vorlageantrag noch in der mündlichen Verhandlung eine Fehlerhaftigkeit aufzuzeigen vermochte. Die Beschwerde war daher in diesem Punkte abzuweisen.

Stundungszinsen II iHv 115,95

Die Stundungszinsenpflicht besteht auch für Abgabenschuldigkeiten, solange auf Grund eines offenen Zahlungserleichterungsansuchens Einbringungsmaßnahmen weder eingeleitet noch fortgesetzt werden dürfen. Die Stundungszinsenpflicht besteht unabhängig von der der Art der Erledigung des Ansuchens (s. Ritz, BAO, 6. Auflage, § 212 Rz 23).

Die für Ansuchen um Zahlungserleichterungen geltenden Vorschriften sind auf Bescheidbeschwerden gegen die Abweisung derartiger Ansuchen und auch solche Beschwerden betreffende Vorlageanträge sinngemäß anzuwenden § 212 Abs. 4 BAO.

Im beschwerdegegenständlichen Fall wurde die Beschwerde vom gegen den Bescheid über die Abweisung eines Zahlungserleichterungsansuchens auch als neuerliches Ansuchen um Zahlungserleichterung gem. § 212 BAO gewertet (§ 212 Abs. 4 BAO) und am mit Beschwerdevorentscheidung abgewiesen. Da im Zeitraum ab Einbringung der Beschwerde bis zur Entscheidung mittels Beschwerdevorentscheidung vom Einbringungsmaßnahmen weder eingeleitet noch fortgesetzt wurden, sowie der Abgabenrückstand 750,00 € überstieg, waren gem. § 212 Abs. 2 BAO Stundungszinsen in Höhe von 4,5% über dem jeweils geltenden Basiszinssatz zu verrechnen. Der Basiszinssatz betrug seit minus 0,62% jährlich. Daraus ergibt sich ein Jahreszinssatz an Stundungszinsen von 3,88%. Dividiert man den Jahreszinssatz durch 365 erhält man den Tageszinssatz an Stundungszinsen von 0,0106%. Der Tageszinssatz und der Jahreszinssatz werden in jeder Stundungszinsenberechnung angegeben (s. dazu auch den bekämpften Bescheid). Der Saldo welcher für die Stundungszinsenberechnung vom für den Zeitraum bis herangezogen wurde, betrug unverändert 6.286,37 €. Für die Stundungszinsenberechnung wird bei einem gleich bleibenden Saldo und gleichbleibenden Basiszinssatz (Tageszinssatz) der Tagessaldo mit der Anzahl der Tage multipliziert, durch 100 dividiert und anschließend mit dem Tageszinssatz multipliziert. Angemerkt wird, dass im beschwerdegegenständlichen Fall die Berechnung bereits vom vorgenommen hätte werden können.

Im Übrigen wurde vom rechtsfreundlichen Vertreter weder in der Beschwerde, noch im Vorlageantrag die Unrechtmäßigkeit der Festsetzung aufgezeigt.

Zahlungserleichterung

Festgestellt wird, dass in der Beschwerde neuerlich eine Stundung des Abgabenrückstandes bis zur Entscheidung des VwGH beantragt wurde.

Wenn der im Zahlungserleichterungsansuchen bzw. in der Beschwerde oder im Vorlageantrag begehrte letzte Zahlungstermin im Zeitpunkt der Entscheidung über die Beschwerde bereits abgelaufen ist, ist nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die Beschwerde abzuweisen (), weil die Bewilligung von Zahlungserleichterungen nicht über den beantragten Rahmen, insbesondere über den zeitlichen, hinausgehen darf, da Zahlungserleichterungsbescheide antragsgebundene Verwaltungsakte sind und die Behörde im Falle der Bewilligung von Zahlungserleichterungen ohne Vorliegen eines darauf gerichteten Antrages eine ihr nicht zukommende Zuständigkeit in Anspruch nehmen würde (; ; ).

Da darüber hinaus eine - auch durch das Verwaltungsgericht - gewährte Stundung lediglich ex nunc wirkt, kann nach Verstreichen des Termines, bis zu welchem ein Abgabepflichtiger die Stundung begehrt hat, die Behörde bei Erlassen ihres Bescheides diese vom Abgabepflichtigen begehrte Stundung nicht mehr (rückwirkend - ex tunc) gewähren ().

Da bereits aus den genannten Gründen die beantragte Stundung (aufgrund des zwischenzeitigen Ablaufs der beantragten Frist) nicht (mehr) zu bewilligen ist, war eine Auseinandersetzung mit den übrigen gesetzlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Zahlungserleichterungen (Vorliegen einer erheblichen Härte und Nichtvorliegen einer Gefährdung der Einbringlichkeit) somit nicht mehr geboten (s. beispielsweise ).

III) Rückzahlung

Zunächst ist vorauszuschicken, dass ein Guthaben entsteht, wenn auf einem Abgabenkonto die Summe der Gutschriften (Zahlungen, sonstige Gutschriften) die Summe der Lastschriften übersteigt. Maßgeblich sind die tatsächlich durchgeführten Gutschriften (Lastschriften) und nicht diejenigen, die nach Meinung des Abgabepflichtigen durchgeführt hätten werden müssen (Ritz, BAO, 6. Auflage, § 215 Rz 1, ).

Dem Rückzahlung santrag gemäß § 239 BAO ist der Erfolg zu versagen, wenn im Zeitpunkt der Antragstellung das Abgabenkonto kein Guthaben aufweist. Im Fall eines Rückzahlung santrages ist grundsätzlich nur über jenen Betrag abzusprechen, der im Zeitpunkt der Antragstellung auf dem Abgabenkonto aufscheint ().

Das Finanzamt hat in der Beschwerdevorentscheidung festgehalten, weshalb zum Zeitpunkt der Antragstellung auf dem Abgabenkonto kein Guthaben sondern ein Rückstand in Höhe von 8.684,86 € bestand. Im Hinblick auf die obigen Ausführungen erweist sich die Beschwerde daher bereits als unbegründet.

Selbst unter dem Aspekt des § 216 BAO steht ein unerledigter Stundungsantrag der Verwendung von Gutschriften zur Tilgung vom Stundungsantrag umfasster Abgabenschuldigkeiten nicht entgegen.

Die Stundung wurde lediglich bis bewilligt. Am stellte der ausgewiesene Vertreter neuerlich ein Zahlungserleichterungsansuchen, welches mit Bescheid vom abgewiesen wurde. Abgesehen davon, dass die BAO das Instrumentarium der Anmerkung einer Stundung am Abgabenkonto nicht vorsieht,war zum Zeitpunkt der Stellung des Rückzahlungsantrages keine Stundung bewilligt. Selbst wenn eine Bewilligung vorgelegen hätte, hätte eine Umbuchung erfolgen dürfen, weil die Guthabensverwendung keine Einbringungsmaßnahme iSd § 230 Abs. 5 BAO ist (Ritz, BAO. 6. Auflage, § 215 Rz 4). 

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine ordentliche Revision ist nicht zulässig weil keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu klären waren und das Verwaltungsgericht nicht von der ständigen Rechtsprechung des VwGH abgewichen ist.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 212 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 239 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 212 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.5101045.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at