Zulässigkeit einer von einem Bilanzbuchhalter eingebrachten Beschwerde
Entscheidungstext
BESCHLUSS
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Ri. in der Beschwerdesache A. B., Adr_1, StNr., gegen die Bescheide des Finanzamtes Braunau Ried Schärding vom betreffend
1) Anspruchszinsen (§ 205 BAO) der Jahre 2008, 2009, 2010 und 2011 und
2) Verspätungszuschlag (§ 135 BAO) betreffend die Einkommensteuer für die Jahre 2008, 2009, 2010, 2011, 2012 und 2013
beschlossen:
Die Beschwerde vom , welche C.D., Adr_2, eingebracht hat, wird als unzulässig zurückgewiesen.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Sachverhalt
Mit Bescheiden vom schrieb die belangte Behörde der Bf. Anspruchszinsen gemäß § 205 BAO (Bundesabgabenordnung) betreffend die Jahre 2008, 2009, 2010 und 2011 sowie Verspätungszuschläge mit 6% wegen verspäteter Abgabe der Steuererklärung (§ 135 BAO) betreffend die Einkommensteuer für die Jahre 2008, 2009, 2010, 2011, 2012 und 2013 vor.
Eine Beschwerde gegen die genannten Bescheide vom wurde mit Schriftsatz vom , der Post übergeben am und bei der belangten Behörde eingelangt am , von C. D., Buchhaltungsbüro Unternehmensberatung, Adr_2, "im Auftrag" der Bf. eingebracht. Dieser Schriftsatz enthält die Bezeichnung und Adressdaten von "C. D. Buchhaltungsbüro" und ist offenbar zwar von C. D., jedoch nicht von der Bf. unterfertigt und nimmt im Betreff auf die Steuernummer der Bf. konkret Bezug, ohne sich jedoch ausdrücklich auf eine erteilte Vollmacht zu berufen.
Mit Beschwerdevorentscheidungen vom wurde die Beschwerde von der belangten Behörde abgewiesen. Mit Vorlageantrag vom beantragte die Bf. per FinanzOnline die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht, welche mit auch erfolgte.
C. D. als Einschreiter betreffend die Erhebung der gegenständlichen Bescheidbeschwerde betreibt die Bilanzbuchhaltung nach dem Bilanzbuchhaltungsgesetz (BiBuG) 2014.
Der Einschreiter und die Bf. wurden mit Beschluss vom aufgefordert, binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses die erteilte Bevollmächtigung von C. D. zur Einbringung der Beschwerde nachzuweisen. Auf die Bestimmungen des § 2 Abs. 1 Z 3, 4 und 7 des BiBuG 2014, wonach der Einschreiter nicht berechtigt ist, im Rechtsmittelverfahren einzuschreiten, wurde ausdrücklich hingewiesen.
Seitens von C. D. wurde bislang kein Dokument (beispielsweise eine entsprechende Vollmacht) vorgelegt.
Als Reaktion auf den Beschluss vom brachte die Bf. einen Schriftsatz vom ein, wonach sie die Beschwerde gegen die im Spruch genannten Bescheide zurückziehe.
Beweiswürdigung
Der festgestellte Sachverhalt ist unstrittig und ergibt sich aus dem Akteninhalt.
Rechtslage
Nach § 260 Abs. 1 der Bundesabgabenordnung (BAO) idF BGBl. I Nr. 14/2013 ist die Beschwerde mit Beschluss (§ 278) zurückzuweisen, wenn sie
a) nicht zulässig ist oder
b) nicht fristgerecht eingebracht wurde.
§ 2 des Bundesgesetzes über die Bilanzbuchhaltungsberufe (Bilanzbuchhaltungsgesetz 2014 – BiBuG 2014) idF BGBl. I Nr. 191/2013 lautet:
„Berechtigungsumfang – Bilanzbuchhalter
§ 2.
(1) Den zur selbständigen Ausübung des Berufes Bilanzbuchhalter Berechtigten ist es vorbehalten, folgende Tätigkeiten auszuüben:
1. die pagatorische Buchhaltung (Geschäftsbuchhaltung) einschließlich der Lohnverrechnung und der Erstellung der Saldenlisten für Betriebe und der Einnahmen- und Ausgabenrechnung im Sinne des § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes 1988, BGBl. Nr. 400/1988,
2. den Abschluss von Büchern (Erstellung von Bilanzen) nach Handelsrecht oder anderen gesetzlichen Vorschriften im Rahmen der durch § 221 Abs. 1 in Verbindung mit § 221 Abs. 4, 6 und 7 des Unternehmensgesetzbuches, dRGBl. S 219/1897 festgesetzten Merkmale,
3. die Beratung in Angelegenheiten der Arbeitnehmerveranlagung und die Abfassung und Übermittlung der Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung an die Abgabenbehörden des Bundes als Bote auch auf elektronischem Weg unter Ausschluss jeglicher Vertretung,
4. die Vertretung in Abgaben- und Abgabenstrafverfahren für Bundes-, Landes- und Gemeindeabgaben, ausgenommen die Vertretung vor den Abgabenbehörden des Bundes, den Verwaltungsgerichten und dem Verwaltungsgerichtshof,
5. die Akteneinsicht auf elektronischem Wege gegenüber den Abgabenbehörden des Bundes, sowie das Stellen von Rückzahlungsanträgen,
6. die Vertretung einschließlich der Abgabe von Erklärungen in Angelegenheiten der Umsatzsteuervoranmeldungen und der Zusammenfassenden Meldungen, sowie die Erklärung zur Verwendung von Gutschriften (§ 214 der Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961),
7. die Vertretung einschließlich der Abgabe von Erklärungen in Angelegenheiten der Lohnverrechnung und der lohnabhängigen Abgaben, sowie die Vertretung im Rahmen der gemeinsamen Prüfung aller lohnabhängigen Abgaben, jedoch nicht die Vertretung im Rechtsmittelverfahren und
8. die kalkulatorische Buchhaltung (Kalkulation).
(2) Die zur selbständigen Ausübung des Berufes Bilanzbuchhalter Berechtigten sind weiters berechtigt, folgende Tätigkeiten auszuüben:
1. sämtliche Beratungsleistungen im Zusammenhang ihres Berechtigungsumfanges gemäß Abs. 1,
2. die Beratung in Beitrags-, Versicherungs- und Leistungsangelegenheiten der Sozialversicherungen,
3. die Beratung und Vertretung vor gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgemeinschaften in Beitragsangelegenheiten,
4. die Vertretung bei den Einrichtungen des Arbeitsmarktservice, der Berufsorganisationen, der Landesfremdenverkehrsverbände und bei anderen in Wirtschaftsangelegenheiten zuständigen Behörden und Ämtern, soweit diese mit den für den gleichen Auftraggeber durchzuführenden Tätigkeiten gemäß Abs. 1 unmittelbar zusammenhängen,
5. die Vertretung in Angelegenheiten der Kammerumlagen gegenüber den gesetzlichen Interessenvertretungen,
6. sämtliche Tätigkeiten gemäß § 32 der Gewerbeordnung 1994, BGBl. Nr. 194.“
Erwägungen
Nach dem BiBuG 2014 ist die Vertretung durch den Einschreiter C. D. im Rechtmittelverfahren generell ausgeschlossen. Dennoch ist dieser – offenbar ohne Berechtigung zur Vertretung – im gegenständlichen Verfahren eingeschritten.
Als erster Schritt war daher zunächst zu prüfen, ob der Einschreiter dazu bevollmächtigt war. Schreitet ein bevollmächtigter Vertreter ein, der nicht durch eine schriftliche Vollmacht ausgewiesen ist, so gilt § 85 Abs. 2 BAO sinngemäß (Mängelbehebungsauftrag, Zurücknahmebescheid). Ein Mängelbehebungsverfahren nach § 85 Abs. 4 BAO ist jedoch unzulässig, wenn sich ein berufsrechtlich hiezu befugter Bevollmächtigter auf die ihm erteilte Bevollmächtigung berufen könnte (vgl. ). Solche Befugnisse ergaben sich im Zeitpunkt der Einbringung der Beschwerde etwa aus § 88 Abs. 9 WTBG (Wirtschaftstreuhandberufsgesetz) 1999, § 36 Abs. 5 BibuG 2014, § 8 Abs. 1 RAO (Rechtsanwaltsordnung) oder § 5 Abs. 4a NO (Notariatsordnung). Bestehen – etwa aus der Aktenlage – konkrete Zweifel, ob der betreffende Parteienvertreter tatsächlich bevollmächtigt ist, so haben die Abgabenbehörde bzw. das Verwaltungsgericht von Amts wegen entsprechende Ermittlungen vorzunehmen. Ein Auftrag zur Vorlage der Urkunde kann ein zielführender Erhebungsschritt sein ().
Im gegenständlichen Fall ergaben sich aus der Aktenlage aus folgenden Gründen Zweifel an einer Bevollmächtigung von C. D. durch die Beschwerdeführerin:
Nach § 2 BiBuG 2014 ist die Vertretung durch den Einschreiter in den im Spruch genannten Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht bzw. im Rechtmittelverfahren generell ausgeschlossen.
Der Einschreiter hat sich nicht auf eine ihm erteilte Bevollmächtigung berufen.
Somit war der Nachweis einer erteilten Bevollmächtigung erforderlich. Dieser Nachweis wurde jedoch nicht erbracht.
Nicht zulässig im Sinne des § 260 Abs. 1 BAO ist eine Beschwerde insbesondere dann, wenn sie von einem hiezu nicht Legitimierten eingebracht wird (vgl. ). Da C. D. zur Einbringung der Beschwerde vom weder bevollmächtigt, noch berechtigt war, war diese Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen. Die mit Schreiben der Bf. vom erklärte "Zurückziehung" der unzulässigen Beschwerde hat sich zudem damit erübrigt.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im gegenständlichen Fall sind die zu klärenden Rechtsfragen durch die zitierte ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entschieden, sodass eine Revision nicht zulässig ist.
Zudem ist die Rechtslage nach den in Betracht kommenden Normen klar und eindeutig. Somit liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG vor, und zwar selbst dann, wenn zu einer dieser anzuwendenden Normen noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergangen wäre (Vgl. ).
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 205 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 135 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 205 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 205 Abs. 6 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 295a Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 20 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 134 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 119 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 85 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 85 Abs. 4 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 88 Abs. 9 WTBG, Wirtschaftstreuhandberufsgesetz, BGBl. I Nr. 58/1999 WTBG, Wirtschaftstreuhandberufsgesetz, BGBl. I Nr. 58/1999 § 36 Abs. 5 BiBuG 2014, Bilanzbuchhaltungsgesetz 2014, BGBl. I Nr. 191/2013 § 8 Abs. 1 RAO, Rechtsanwaltsordnung, RGBl. Nr. 96/1868 § 5 Abs. 4a NO, Notariatsordnung, RGBl. Nr. 75/1871 Art. 133 Abs. 4 B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 § 260 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 BiBuG 2014, Bilanzbuchhaltungsgesetz 2014, BGBl. I Nr. 191/2013 § 32 GewO 1994, Gewerbeordnung 1994, BGBl. Nr. 194/1994 § 214 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.5101248.2016 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at