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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 11.02.2020, RV/7100157/2012

Kredittilgungen als Werbungskosten

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R. in der Be­schwer­desache Bf., vertre­ten durch Mag. Ute Bitt­mann, 2460 Bruck/Leitha, Bur­gen­land­straße 2, über die Be­schwerde vom gegen den Bescheid des Fi­nanz­amtes Bruck Eisen­stadt Ober­wart vom be­tref­fend Ein­kom­men­steu­er (Ar­beit­neh­mer­ver­an­la­gung) 2010 ent­schie­den:

I. Der Beschwerde wird teilweise stattgegeben. Der angefochtene Bescheid wird abge­än­dert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der Abgaben sind dem als Beilage ange­schlos­se­nen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Spruches.

II. Gemäß Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist die ordentliche Revision nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

1. Als der im Spruch angeführte Bescheid angefochten wurde, war der Unabhängige Fi­nanz­se­nat für die Rechtsmittelerledigung zuständig. Diese Zuständigkeit des Unabhängi­gen Fi­nanz­senates endete am . An die Stelle des Unabhängigen Finanzse­na­tes trat am das Bundesfinanzgericht (BFG), das alle mit Ablauf des an­hän­gigen Rechtsmittelverfahren – und damit auch dieses Rechtsmittelverfahren – wei­ter­führt.

Mit Einführung der Verwaltungsgerichtsbarkeit () haben sich die Be­zeich­nun­gen der Rechtsmittel geändert. Das Bundesfinanzgericht verwendet in seinen Ver­fah­ren die verwaltungsgerichtsübliche Terminologie: „Berufungen“ werden als „Be­schwer­den“ be­zeich­net, „Berufungsvorentscheidungen“ als „Beschwerdevorentscheidungen“ und „Be­ru­fungswerber“ als „Beschwerdeführer (Bf.)“.

2.Der Beschwerdeführer (Bf.) erklärte u.a. die Ausgaben (EUR 7.293,61) für den Kredit, den er für die Pilotenausbildung aufgenommen hatte, als Werbungskosten aus sei­ner nicht­selbständigen Arbeit als Berufspilot.

3. Die Kredit gebende Bank bestätigte am , dass die Gutschriften auf dem Kre­dit­konto im Kalenderjahr 2010 EUR 7.293,61 und die Zinsbelastungen EUR 301,30 betru­gen.

4. Im Bescheid betreffend Ein­kom­men­steu­er (Ar­beit­neh­mer­ver­an­la­gung) 2010 vom wurden nur die jährlichen Zinsen (EUR 301,30) als Werbungskosten ab­ge­zo­gen. Begründend wurde darauf verwiesen, dass (Kredit- oder) Darlehensrückzahlun­gen keine Werbungskosten seien.

Der Bescheid war innerhalb eines Monats ab Zustellung mit Beschwerde anfechtbar und wur­de mit der Beschwerde vom angefochten.

5. In der Beschwerde vom beantragte der Bf. den Kinderabsetzbetrag und EUR 7.293,61 als Werbungskosten abzuziehen. Die Ausbildung zum Piloten habe seine ge­samte Lebenssituation verbessert, weshalb EUR 7.293,61 nach der UFS – Ent­schei­dung vom , Geschäftszahl RV/3489-W/09, als Werbungskosten abziehbar sei­en.

6. Mit der Beschwerdevorentscheidung vom wurde der Beschwerde da­durch teilweise stattgegeben, dass der Kinderabsetzbetrag berücksichtigt wurde. Das Be­schwer­debegehren, den gesamten Rückzahlungsbetrag als Werbungskosten anzuer­ken­nen, wurde abgewiesen.

Die Beschwerdevorentscheidung wurde am zugestellt, war innerhalb eines Mo­nats ab Zustellung mit Vorlageantrag anfechtbar und wurde mit dem Vorlageantrag vom angefochten.

7. Im Vorlageantrag vom brachte der Bf. vor, er zahle die Ausbildungskos­ten in Raten zurück, weshalb sie in der beantragten Höhe (EUR 7.293,61) als Werbungskos­ten abziehbar seien. Davon abgesehen beantragte der Bf., die Differenz zwischen aus­be­zahl­ten Tagesdiäten und gesetzlichen Tagesdiäten (EUR 2.859,03) als Werbungskosten ab­zuziehen.

8. Aus den Reiseaufzeichnungen des Bf. stellte das Finanzamt fest, dass bei einer Reise ne­ben den Ta­ges­diäten auch Verpflegungskosten in Höhe von EUR 75,00 als Werbungs­kos­ten gel­tend ge­macht worden sind, hielt dies dem Bf. vor und teilte ihm mit, dass des­halb „nur“ EUR 2.784,03 als Werbungskosten abziehbar seien (Mail vom ).

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Der Vorlageantrag ist fristgerecht eingebracht worden. Deshalb gilt die Beschwerde als un­erledigt. Da die Beschwerde frist- und auch formgerecht eingebracht worden ist, ist über die Beschwerde „in der Sache“ zu entscheiden.

Wird ein Vorlageantrag fristgerecht eingebracht, scheidet die Beschwerdevorentschei­dung aus dem Rechtsbestand aus, weshalb über alle Beschwerdepunkte – und damit über den Anspruch auf den Kinderabsetzbe­trag, den Werbungskostenabzug Ausbildungskos­ten (EUR 7.293,61) und den Werbungskostenabzug Tagesdiäten (EUR 2.859,03) – zu ent­schei­den ist.

Über diese Beschwerdepunkte wird festgestellt und wie folgt entschieden:

ad) Kinderabsetzbetrag:

Nach Aktenlage hat der Bf. einen Anspruch auf den Kinderabsetzbetrag. Der Beschwer­de ist daher in diesem Punkt stattzugeben. Der Kinderabsetzbetrag ist bereits anspruchs­kon­form in der Beschwerdevorentscheidung gewährt worden. Die Beschwerdevorent­schei­dung wird daher in diesem Punkt bestätigt.

ad) Ausgaben – Pilotenausbildung als Werbungskosten:

Der Entscheidung über diesen Beschwerdepunkt ist folgende Sach- und Beweislage zu­grun­de zu legen: Um die Pilotenausbildung zu finanzieren, hat der Bf. ein Darlehen aufge­nom­men. Im Streitjahr hat er insgesamt EUR 7.293,61 an die Kredit gebende Bank ge­zahlt. Von diesen EUR 7.293,61 entfallen EUR 301,30 auf Zinsen.

Gemäß § 16 Abs 1 EinkommensteuergesetzEStG 1988 in der im Streitjahr gelten­den Fas­sung sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Siche­rung oder Erhaltung der Einnahmen. Gemäß § 16 Abs 1 Z 10 EStG 1988 idgF sind Auf­wen­dun­gen für Aus- und Fortbildungsmaßnahmen im Zusammenhang mit der vom Steu­er­pflich­tigen ausgeübten oder einer damit verwandten beruflichen Tätigkeit und Auf­wen­dun­gen für umfassende Umschulungsmaßnahmen, die auf eine tatsächliche Ausübung eines anderen Berufes abzielen, auch als Werbungskosten abziehbar.

Nach der Sachlage im Beschwerdefall sind die Ausgaben des Bf. für die Pilotenausbil­dung zwei­felsfrei Ausbildungskosten und sind als solche als Werbungskosten abziehbar.

Gemäß § 19 Abs 2 EStG 1988 sind Ausgaben in dem Kalenderjahr als Werbungskosten ab­ziehbar, in dem sie geleistet worden sind.

Deshalb ist entscheidungsrelevant, in wel­chem Kalenderjahr die Ausbildungskosten im Sin­ne des § 19 Abs 2 EStG 1988 idgF „ge­leis­tet“ worden sind.

Eine Ausgabe ist in dem Zeitpunkt „geleistet“, in dem die rechtliche und tatsächliche Ver­fü­gungs­macht über Geld oder Geldeswert verloren geht.

Zahlt Jemand bar, leistet er eine Aus­gabe im Zeitpunkt der Barzahlung. Nimmt Je­mand ein Darlehen oder einen Kredit auf, hat Derjenige ab dem Zeit­punkt der Dar­le­hens- oder Kre­ditaufnahme Schulden in Höhe des geliehenen Betrages: Er hat da­her den ge­lie­he­nen Be­trag in dem Zeitpunkt „geleistet“, in dem er das Darlehen oder den Kre­dit aufgenom­men hat.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind daher durch Darlehen oder Kredite finanzierte Ausgaben im Zeitpunkt der Darlehens- oder Kreditaufnahme Wer­bungs­kosten und sind im Zeitpunkt der Darlehens- oder Kredittilgung keine Werbungskos­ten (; ).

Der Bf. hat das Darlehen / den Kredit nicht im Kalenderjahr 2010 aufgenommen, sondern hat das Darlehen /den Kredit teilweise getilgt. Der auf die Darlehens- oder Kredittilgung ent­fallende Betrag ist daher nicht als Werbungskosten abziehbar. Das Beschwerdebe­geh­ren, den auf die Darlehens- oder Kredittilgung entfallenden Betrag als Werbungskos­ten ab­zuziehen, ist daher abzuweisen.

Der Vollständigkeit halber wird darauf verwiesen, dass die Kreditzinsen (EUR 301,30) im an­gefochte­nen Be­scheid als Werbungskosten abgezogen worden sind. Über diese Kre­dit­zin­sen ist daher nicht zu entscheiden.

ad) Tagesdiäten als Werbungskosten:

Gemäß § 16 Abs 1 Z 10 EStG 1988 sind Mehraufwendungen des Steuerpflichtigen für Verpflegung und Unterkunft bei ausschließlich beruflich veranlassten Reisen als Wer­bungs­kosten absetzbar. Diese Aufwendungen sind ohne Nachweis ihrer Höhe als Wer­bungs­kosten anzuerkennen, soweit sie die sich aus § 26 Z 4 ergebenden Beträge nicht übersteigen.

Der Entscheidung über diesen Streitpunkt sind die Reiseaufzeichnungen des Bf. zugrun­de zu legen. Aus diesen Aufzeichnungen hat das Finanzamt festgestellt, dass bei einer Rei­se ne­ben den Tagesdiäten auch Verpflegungskosten in Höhe von EUR 75,00 als Wer­bungs­kos­ten geltend gemacht worden sind. Da entweder Tagesdiäten oder Verpflegungskos­ten als Werbungskosten abziehbar sind, sind nicht EUR 2.859,03 sondern „nur“ EUR 2.784,03 als Werbungskosten abziehbar. Der Beschwerde ist daher in diesem Punkt teilweise statt­zu­geben.

Revision

Gemäß Art 133 Abs 1 Z 4 B-VG ist die ordentliche Revision an den Verwaltungsge­richts­hof gegen Erkenntnisse oder Beschlüsse des Bundesfinanzgerichtes zulässig, wenn die Ent­scheidung von der Lösung einer Rechtsfrage mit grundsätzlicher Bedeutung ab­hängt. Eine grundsätzlich bedeutende Rechtsfrage musste das Bundesfinanzgericht nicht be­antworten, da der Verwaltungsgerichtshof bereits in , und , ausgesprochen hat, dass Darlehens- und Kredittilgun­gen nicht als Werbungskosten abziehbar sind. Die (ordentliche) Revision ist daher nicht zu­lässig.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7100157.2012

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at