Kredittilgungen als Werbungskosten
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R. in der Beschwerdesache Bf., vertreten durch Mag. Ute Bittmann, 2460 Bruck/Leitha, Burgenlandstraße 2, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Bruck Eisenstadt Oberwart vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2010 entschieden:
I. Der Beschwerde wird teilweise stattgegeben. Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der Abgaben sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Spruches.
II. Gemäß Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist die ordentliche Revision nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
1. Als der im Spruch angeführte Bescheid angefochten wurde, war der Unabhängige Finanzsenat für die Rechtsmittelerledigung zuständig. Diese Zuständigkeit des Unabhängigen Finanzsenates endete am . An die Stelle des Unabhängigen Finanzsenates trat am das Bundesfinanzgericht (BFG), das alle mit Ablauf des anhängigen Rechtsmittelverfahren – und damit auch dieses Rechtsmittelverfahren – weiterführt.
Mit Einführung der Verwaltungsgerichtsbarkeit () haben sich die Bezeichnungen der Rechtsmittel geändert. Das Bundesfinanzgericht verwendet in seinen Verfahren die verwaltungsgerichtsübliche Terminologie: „Berufungen“ werden als „Beschwerden“ bezeichnet, „Berufungsvorentscheidungen“ als „Beschwerdevorentscheidungen“ und „Berufungswerber“ als „Beschwerdeführer (Bf.)“.
2.Der Beschwerdeführer (Bf.) erklärte u.a. die Ausgaben (EUR 7.293,61) für den Kredit, den er für die Pilotenausbildung aufgenommen hatte, als Werbungskosten aus seiner nichtselbständigen Arbeit als Berufspilot.
3. Die Kredit gebende Bank bestätigte am , dass die Gutschriften auf dem Kreditkonto im Kalenderjahr 2010 EUR 7.293,61 und die Zinsbelastungen EUR 301,30 betrugen.
4. Im Bescheid betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2010 vom wurden nur die jährlichen Zinsen (EUR 301,30) als Werbungskosten abgezogen. Begründend wurde darauf verwiesen, dass (Kredit- oder) Darlehensrückzahlungen keine Werbungskosten seien.
Der Bescheid war innerhalb eines Monats ab Zustellung mit Beschwerde anfechtbar und wurde mit der Beschwerde vom angefochten.
5. In der Beschwerde vom beantragte der Bf. den Kinderabsetzbetrag und EUR 7.293,61 als Werbungskosten abzuziehen. Die Ausbildung zum Piloten habe seine gesamte Lebenssituation verbessert, weshalb EUR 7.293,61 nach der UFS – Entscheidung vom , Geschäftszahl RV/3489-W/09, als Werbungskosten abziehbar seien.
6. Mit der Beschwerdevorentscheidung vom wurde der Beschwerde dadurch teilweise stattgegeben, dass der Kinderabsetzbetrag berücksichtigt wurde. Das Beschwerdebegehren, den gesamten Rückzahlungsbetrag als Werbungskosten anzuerkennen, wurde abgewiesen.
Die Beschwerdevorentscheidung wurde am zugestellt, war innerhalb eines Monats ab Zustellung mit Vorlageantrag anfechtbar und wurde mit dem Vorlageantrag vom angefochten.
7. Im Vorlageantrag vom brachte der Bf. vor, er zahle die Ausbildungskosten in Raten zurück, weshalb sie in der beantragten Höhe (EUR 7.293,61) als Werbungskosten abziehbar seien. Davon abgesehen beantragte der Bf., die Differenz zwischen ausbezahlten Tagesdiäten und gesetzlichen Tagesdiäten (EUR 2.859,03) als Werbungskosten abzuziehen.
8. Aus den Reiseaufzeichnungen des Bf. stellte das Finanzamt fest, dass bei einer Reise neben den Tagesdiäten auch Verpflegungskosten in Höhe von EUR 75,00 als Werbungskosten geltend gemacht worden sind, hielt dies dem Bf. vor und teilte ihm mit, dass deshalb „nur“ EUR 2.784,03 als Werbungskosten abziehbar seien (Mail vom ).
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Der Vorlageantrag ist fristgerecht eingebracht worden. Deshalb gilt die Beschwerde als unerledigt. Da die Beschwerde frist- und auch formgerecht eingebracht worden ist, ist über die Beschwerde „in der Sache“ zu entscheiden.
Wird ein Vorlageantrag fristgerecht eingebracht, scheidet die Beschwerdevorentscheidung aus dem Rechtsbestand aus, weshalb über alle Beschwerdepunkte – und damit über den Anspruch auf den Kinderabsetzbetrag, den Werbungskostenabzug Ausbildungskosten (EUR 7.293,61) und den Werbungskostenabzug Tagesdiäten (EUR 2.859,03) – zu entscheiden ist.
Über diese Beschwerdepunkte wird festgestellt und wie folgt entschieden:
ad) Kinderabsetzbetrag:
Nach Aktenlage hat der Bf. einen Anspruch auf den Kinderabsetzbetrag. Der Beschwerde ist daher in diesem Punkt stattzugeben. Der Kinderabsetzbetrag ist bereits anspruchskonform in der Beschwerdevorentscheidung gewährt worden. Die Beschwerdevorentscheidung wird daher in diesem Punkt bestätigt.
ad) Ausgaben – Pilotenausbildung als Werbungskosten:
Der Entscheidung über diesen Beschwerdepunkt ist folgende Sach- und Beweislage zugrunde zu legen: Um die Pilotenausbildung zu finanzieren, hat der Bf. ein Darlehen aufgenommen. Im Streitjahr hat er insgesamt EUR 7.293,61 an die Kredit gebende Bank gezahlt. Von diesen EUR 7.293,61 entfallen EUR 301,30 auf Zinsen.
Gemäß § 16 Abs 1 Einkommensteuergesetz – EStG 1988 in der im Streitjahr geltenden Fassung sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Gemäß § 16 Abs 1 Z 10 EStG 1988 idgF sind Aufwendungen für Aus- und Fortbildungsmaßnahmen im Zusammenhang mit der vom Steuerpflichtigen ausgeübten oder einer damit verwandten beruflichen Tätigkeit und Aufwendungen für umfassende Umschulungsmaßnahmen, die auf eine tatsächliche Ausübung eines anderen Berufes abzielen, auch als Werbungskosten abziehbar.
Nach der Sachlage im Beschwerdefall sind die Ausgaben des Bf. für die Pilotenausbildung zweifelsfrei Ausbildungskosten und sind als solche als Werbungskosten abziehbar.
Gemäß § 19 Abs 2 EStG 1988 sind Ausgaben in dem Kalenderjahr als Werbungskosten abziehbar, in dem sie geleistet worden sind.
Deshalb ist entscheidungsrelevant, in welchem Kalenderjahr die Ausbildungskosten im Sinne des § 19 Abs 2 EStG 1988 idgF „geleistet“ worden sind.
Eine Ausgabe ist in dem Zeitpunkt „geleistet“, in dem die rechtliche und tatsächliche Verfügungsmacht über Geld oder Geldeswert verloren geht.
Zahlt Jemand bar, leistet er eine Ausgabe im Zeitpunkt der Barzahlung. Nimmt Jemand ein Darlehen oder einen Kredit auf, hat Derjenige ab dem Zeitpunkt der Darlehens- oder Kreditaufnahme Schulden in Höhe des geliehenen Betrages: Er hat daher den geliehenen Betrag in dem Zeitpunkt „geleistet“, in dem er das Darlehen oder den Kredit aufgenommen hat.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind daher durch Darlehen oder Kredite finanzierte Ausgaben im Zeitpunkt der Darlehens- oder Kreditaufnahme Werbungskosten und sind im Zeitpunkt der Darlehens- oder Kredittilgung keine Werbungskosten (; ).
Der Bf. hat das Darlehen / den Kredit nicht im Kalenderjahr 2010 aufgenommen, sondern hat das Darlehen /den Kredit teilweise getilgt. Der auf die Darlehens- oder Kredittilgung entfallende Betrag ist daher nicht als Werbungskosten abziehbar. Das Beschwerdebegehren, den auf die Darlehens- oder Kredittilgung entfallenden Betrag als Werbungskosten abzuziehen, ist daher abzuweisen.
Der Vollständigkeit halber wird darauf verwiesen, dass die Kreditzinsen (EUR 301,30) im angefochtenen Bescheid als Werbungskosten abgezogen worden sind. Über diese Kreditzinsen ist daher nicht zu entscheiden.
ad) Tagesdiäten als Werbungskosten:
Gemäß § 16 Abs 1 Z 10 EStG 1988 sind Mehraufwendungen des Steuerpflichtigen für Verpflegung und Unterkunft bei ausschließlich beruflich veranlassten Reisen als Werbungskosten absetzbar. Diese Aufwendungen sind ohne Nachweis ihrer Höhe als Werbungskosten anzuerkennen, soweit sie die sich aus § 26 Z 4 ergebenden Beträge nicht übersteigen.
Der Entscheidung über diesen Streitpunkt sind die Reiseaufzeichnungen des Bf. zugrunde zu legen. Aus diesen Aufzeichnungen hat das Finanzamt festgestellt, dass bei einer Reise neben den Tagesdiäten auch Verpflegungskosten in Höhe von EUR 75,00 als Werbungskosten geltend gemacht worden sind. Da entweder Tagesdiäten oder Verpflegungskosten als Werbungskosten abziehbar sind, sind nicht EUR 2.859,03 sondern „nur“ EUR 2.784,03 als Werbungskosten abziehbar. Der Beschwerde ist daher in diesem Punkt teilweise stattzugeben.
Revision
Gemäß Art 133 Abs 1 Z 4 B-VG ist die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gegen Erkenntnisse oder Beschlüsse des Bundesfinanzgerichtes zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage mit grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Eine grundsätzlich bedeutende Rechtsfrage musste das Bundesfinanzgericht nicht beantworten, da der Verwaltungsgerichtshof bereits in , und , ausgesprochen hat, dass Darlehens- und Kredittilgungen nicht als Werbungskosten abziehbar sind. Die (ordentliche) Revision ist daher nicht zulässig.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 16 Abs. 1 Z 10 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 19 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.7100157.2012 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at