Verfahrenshilfe – Einzel – Beschluss, BFG vom 27.01.2020, VH/7100018/2019

Verfahrenshilfeantrag - eine Fülle von auf der Sachverhaltsebene zu lösenden Fragen

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. RR. über die Anträge des Bf., vom auf Gewährung der Verfahrenshilfe gemäß § 292 Bundesabgabenordnung (BAO) im Beschwerdeverfahren der Gesellschaft, gegen die Bescheide des Finanzamtes Wien 2/20/21/22 vom und , betreffend Umsatz- und Körperschaftsteuer 2008 bis 2016 und Anspruchszinsen 2008 bis 2015 beschlossen:

Die Anträge auf Gewährung der Verfahrenshilfe werden abgewiesen.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Schreiben vom stellte Bf.
1.) für sich und 2.) (als alleiniger Gesellschafter, Geschäftsführer bzw. Abwickler) für die Gesellschaft Verfahrenshilfeanträge wie folgt:
Das Verfahren ist sehr umfangreich und rechtlich äußerst kompliziert und setzt eine
Fachkenntnis voraus welche ich nicht habe - um drohende Rechtsnachteile zu
vermeiden ist eine fachkundige Vertretung notwendig. Leider ist es weder für mich noch
der GmbH in Liquidation möglich die Verfahrenskosten und die Vertretung aus
eigenem zu bezahlen.
Deshalb bitten wir um die Gewährung der Verfahrenshilfe. ...
Beilage: 2 Vermögensverzeichnisse [betreffend Bf. und die Gesellschaft]

Mit Beschluss vom trug das Bundesfinanzgericht der antragstellenden Partei gemäß § 85 Abs. 2 iVm § 2a BAO auf, folgende Mängel zu beheben:
Dem Antrag auf Bewilligung von Verfahrenshilfe vom   fehlen:
- die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt (§ 292 Abs. 8 Z 2 BAO).
Die Behebung der angeführten Mängel wird innerhalb einer Frist von
4 Wochen
ab Zustellung dieses Beschlusses aufgetragen.
Nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist gilt der Antrag als zurückgenommen; werden die Mängel rechtzeitig und vollständig behoben, gilt der Antrag als ursprünglich richtig eingebracht (§ 85 Abs. 2 BAO).
Begründung
Dem Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe sind die in der Bestimmung des § 292 Abs. 8 BAO normierten Punkte nicht zur Gänze zu entnehmen. Da der Auftrag zur Mängelbehebung gemäß § 85 Abs. 2 BAO nicht in das Ermessen des Gerichts gestellt ist (z.B. ), war spruchgemäß zu entscheiden.

Die Mängelbehebung wurde wie folgt vorgenommen:
Ich mache die Inhalte meiner Beschwerde vom sowie der Ergänzenden Beschwerde vom zum Inhalt der Ansuchen um Verfahrenshilfe und halte die in den beiden Eingaben aufgelisteten Begründungen der Rechtswidrigkeit des FA-Bescheides aufrecht und erhebe die beiden Eingaben zum Inhalt des Ansuchens um Verfahrenshilfe.
Die Beschwerde ist nicht mutwillig eingebracht worden und ist auch nicht aussichtslos.

Nach Aufzählung einer Vielzahl von für die Rechtswidrigkeit der beschwerdegegenständlichen Bescheide sprechenden Gründen
(das Finanzamt habe nicht auf das tatsächliche Geschehen abgestellt, das Schätzungsergebnis widerspreche der Lebenserfahrung, das Prüfungsergebnis sei unlogisch, nicht nachvollziehbar und unzureichend begründet, die angewandte Schätzungsmethode sei unrichtig, die Schätzung stelle eine Strafschätzung dar, auf der Einnahmenseite habe die Prüferin nicht nachvollziehbare und dem Zuflussprinzip widersprechende und tatsachenfremde Schätzungen vorgenommen, es habe eine unstatthaftes und aktenwidriges Pauschalieren der Aufwände ohne nachvollziehbare Begründung stattgefunden usw.)
wurde neuerlich vorgebracht, das Verfahren sei sehr umfangreich und rechtlich äußerst kompliziert und setze eine Fachkenntnis voraus, welche der Antragsteller nicht habe.
Um drohende Rechtsnachteile zu vermeiden sei eine fachkundige Vertretung notwendig.

Über die Anträge wurde erwogen:

Verfahrenshilfe ist gemäß § 292 Abs. 1 BAO u.a. zu bewilligen, wenn Beschwerdegegenstand zu entscheidende Rechtsfragen sind.
Weiters sind gemäß Art. 47 GRC bzw. Art. 6 EMRK
- Schwierigkeiten tatsächlicher Art, die etwa im Hinblick auf die Ermittlung des Sachverhaltes, bestehen, zu berücksichtigen und
- der Umstand, ob der Antragsteller auf Grund seiner Fähigkeiten sein Anliegen wirksam zu vertreten vermag.

Den Beschwerdegegenstand bilden, wie den Beschwerden, den bekämpften Bescheiden, dem Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung, der Beschwerdevorentscheidung und dem Vorlageantrag zu entnehmen ist, nicht zu entscheidende Rechtsfragen, sondern eine Fülle von auf der Sachverhaltsebene zu lösenden Einwendungen des Antragstellers gegen die zahlreichen Feststellungen der Prüferin.

Das Beschwerdevorbringen (Beschwerden, Vorlageantrag, Ergänzungen) wurde vom Bundesfinanzgericht, ausgehend von den Beschwerden und dem Vorlageantrag, anhand des Berichtes über das Ergebnis der Außenprüfung und der Beschwerdevorentscheidung - und Heranziehen des elektronischen Arbeitsbogens - einer Beurteilung unterzogen, dessen Ergebnis dem Antragsteller mit dem am heutigen Tag an ihn abgefertigten Schreiben zur Kenntnisnahme und der Einladung, hierzu Stellung zu nehmen, übermittelt wird.

Der Inhalt des h.a. Schreibens zeigt - unter Bedachtnahme auf den Inhalt der Beschwerden und des Vorlageantrages - das Nichtbestehen von Schwierigkeiten tatsächlicher Art, etwa im Hinblick auf die Ermittlung des Sachverhaltes:

  • Betreffend jene Feststellungen der Prüferin, denen auf Grund der Aktenlage nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes kein ausreichendes Tatsachensubstrat zugrunde liegt, werden im Schreiben die beabsichtigten Änderungen (bspw. niedrigere Pachterlöse der jeweiligen Lokale) angeführt.

  • Betreffend jene Einwendungen des Antragstellers, die über das Aufstellen von Behauptungen nicht hinausgingen (bspw. erfolgslos gebliebene Einbringungsversuche, Gerichtsurteile, Gerichtsverfahren - als Nachweise verminderter, von der Prüferin überhöht angesetzter Pachterlöse), wird dem Antragsteller Gelegenheit gegeben, die im Einzelnen von ihm selbst ins Treffen geführten Unterlagen (wie z.B. die Belege (Überweisungen) hinsichtlich der behaupteten Rückzahlungen von Pachterlösen an die Pächter) vorzulegen.

Indem der Antragsteller für seinen Standpunkt eine Fülle von Einwendungen vorgebracht hat, die (bereits im Rahmen der Beschwerdevorentscheidung eine umfangreiche Auseinandersetzung nach sich zog und) nunmehr im verwaltungsgerichtlichen Verfahren eine weitere Aufarbeitung des Falles nach sich zieht, zeigt sich - wie das heutige umfangreiche h.a. Schreiben mit einer Reihe seitens des Bundesfinanzgericht zugunsten des Antragstellers beabsichtigter Änderungen der Bescheide dokumentiert - der Umstand, dass der Antragsteller auf Grund seiner Fähigkeiten sein Anliegen wirksam zu vertreten vermag.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 292 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:VH.7100018.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at