Familiensplitting - Fruchtgenusseinräumung an mj Sohn: keine Übertragung der Einkunftsquelle
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R in der Beschwerdesache der Bf, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt vom , betreffend Vorauszahlungen an Einkommensteuer für 2019 und Folgejahre zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang und Sachverhalt
Die Beschwerdeführerin ist Eigentümerin der Liegenschaft L1. Sie ist weiter Eigentümerin der Liegenschaft L2. Schließlich ist sie Eigentümerin der Liegenschaft L3. Die Beschwerdeführerin hat hinsichtlich dieser drei Liegenschaften jeweils Mietverträge mit Dritten (gültig ab , bzw. ab ) abgeschlossen.
Die Beschwerdeführerin schloss am mit ihrem im Jahr 2009 geborenen Sohn M (dieser vertreten durch eine Kollisionskuratorin) eine Fruchtgenussvereinbarung. Darin räumte sie ihrem Sohn M das Fruchtgenussrecht an den drei in ihrem Eigentum stehenden Liegenschaften ein. Unter Punkt 2. ist festgehalten, dass das Fruchtgenussrecht als Dienstbarkeit zu verbüchern ist. Punkt 3. lautet: "Sämtliche auf die Nutzung der vertragsgegenständlichen Liegenschaftsteile entfallenden kosten für Instandhaltung, Versicherungen, Betriebskosten sowie laufende Kosten wie Strom, Heizung udgl trägt Herr M allein." Punkt 5. lautet: "Die Rechtseinräumung erfolgt mit . Das Fruchtgenussrecht wird befristet auf die Dauer von 10 Jahren eingeräumt. Die Rückstellung der Liegenschaft bzw. des Fruchtgenussgegenstandes hat sohin bis längstens zu erfolgen." In Punkt 7. kommen die Parteien überein, dass drei abgeschlossene Mietverträge den Parteien bekannt sind, dass M keine Bestandverträge mit einer drei Jahre übersteigenden Laufzeit abschließen wird und dass er zur Vereinnahmung des Mietzinses berechtigt ist bzw. das Mietausfallsrisiko trägt.
Bei den vorgelegten Verwaltungsakten befindet sich ein Beschluss des Bezirksgerichts A zu GZ1 (Datum nicht ersichtlich), in dem die Fruchtgenussvereinbarung vom abgeschlossen zwischen der Kindesmutter (der Beschwerdeführerin) als Fruchtgenussgeberin und M, geboren am , als Fruchtgenussnehmer pflegschaftsgerichtlich genehmigt wird. Das Bezirksgericht A begründete seinen Beschluss wie folgt: "Da die Fruchtgenussvereinbarung das Kind in der Form berechtigt, dass er monatlich ein Realisat erzielt … [und da] der Kindesvater schriftlich … seine Zustimmung zum Abschluss der Fruchtgenussvereinbarung gegeben hat, war der Antrag, weil er dem Wohl des Kindes entspricht, zu genehmigen."
Mit Anbringen vom teilte die Beschwerdeführerin dem Finanzamt mit, dass sie mit sämtliche Mieteinnahmen an ihren Sohn M übertragen habe.
Am reichte die Beschwerdeführerin als Bevollmächtigte ihres Sohnes M in dessen Namen einen Fragebogen (Formular verf24) ein, in dem sie angab, dass ihr Sohn im Eröffnungsjahr und im Folgejahr jeweils EUR 18.900,- Jahresumsatz erwirtschaften und voraussichtlich jeweils EUR 13.000,- Gewinn erzielen werde.
Mit Vorauszahlungsbescheid vom setzte das Finanzamt die Vorauszahlungen an Einkommensteuer für 2019 und Folgejahre in Höhe von EUR 3.800,- fest. Begründend führte das Finanzamt aus, dass das Aufrechterhalten bereits abgeschlossener Mietverträge keine Einflussnahme auf die Einkünfteerzielung sei. Auch stelle die Einschränkung der erlaubten Mietdauer auf drei Jahre eine Einschränkung der Eigeninitiative am Markt dar.
In ihrer Beschwerde vom gegen den Vorauszahlungsbescheid brachte die Beschwerdeführerin vor, dass sie im Jahr 2019 keine Mieteinnahmen mehr habe. Daneben legte sie drei Nachträge zu den bestehenden Mietverträgen - allesamt datiert mit - samt pflegschaftsgerichtlicher Genehmigung vor. Diese Nachträge lauten jeweils: "Festgehalten wird, dass mit Herr M, geboren am , vertreten durch die Kindesmutter, als Vermieter in den Mietvertrag anstelle von [der Beschwerdeführerin] eintritt. Ab sind sämtliche Zahlungen aus dem Mietvertrag, insbesondere Mietzins und Betriebskosten auf das Konto von Herrn M … zu zahlen. …" Die drei Nachträge sind auf Vermieterseite jeweils von der Beschwerdeführerin als Vertreterin von M unterfertigt.
Mit Ergänzung vom zur Beschwerde legte die Beschwerdeführerin einen mit datierten Nachtrag zur Fruchtgenussvereinbarung vor, welcher lautet: "Die Fruchtgenussvereinbarung vom , abgeschlossen zwischen [der Beschwerdeführerin] und M, wird dahingehend abgeändert, dass der Passus, wonach M keine Bestandverträge abschließen wird, die die Laufzeit von drei Jahren überschreiten, entfällt. M kann sohin auch Bestandverträge mit mehr als dreijähriger Bestanddauer abschließen." Dieser Nachtrag ist von V (dem Kindesvater) und der Beschwerdeführerin unterfertigt und wurde pflegschaftsgerichtlich genehmigt.
Ebenfalls legte die Beschwerdeführerin einen Kontoauszug vom über ein auf M lautendes Bankkonto vor, auf dem Buchungen über den Zeitraum bis abgebildet sind. Die Buchungen betreffen Eingängen aus Mietzahlungen sowie Ausgänge für Zahlungen an Hausverwaltungen, eine Finanzamtszahlung sowie eine Zahlung mit nicht ersichtlichem Verwendungszweck.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt unter Hinweis auf die fehlenden Unternehmerinitiative und Dispositionsfähigkeit des M die Beschwerde ab. Die Fruchtgenusseinräumung ziele im Lichte der seit November 2018 bestehenden Einkommensverhältnisse der Beschwerdeführerin auf ein steuersparendes Einkünftesplitting ab.
Die Beschwerdeführerin beantragte am die Vorlage ihrer Beschwerde an das Bundesfinanzgericht. Mit Anbringen vom teilte die Beschwerdeführerin mit, dass die Verbücherung der Fruchtgenussvereinbarung mit M übersehen worden sei und umgehend nachgeholt werde. Der Mietvertrag für eine der drei Wohnungen sei gekündigt worden und M werde ab ca Mai 2020 einen neuen Mieter suchen.
Die Feststellungen zu Verfahrensablauf und Sachverhalt ergeben sich aus den vorgelegten Aktenteilen und dem Grundbuch.
Rechtslage und Erwägungen
Gemäß § 2 Abs 1 EStG ist der Einkommensteuer das Einkommen zugrunde zu legen, das der Steuerpflichtige innerhalb eines Kalenderjahres bezogen hat. Der Einkommensteuer unterliegen gemäß § 2 Abs 3 Z 6 EStG unter anderem Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (§ 28 EStG).
Strittig ist, ob die Einkünfte aus der Vermietung der drei im Eigentum der Beschwerdeführerin stehenden Wohnungen der Beschwerdeführerin selbst oder ihrem fruchtgenussberechtigten, minderjährigen Sohn zuzurechnen sind. Wirtschaftlich gesehen ermöglicht das Fruchtgenussrecht eine Trennung von Eigentum an Wirtschaftsgütern und deren Fruchtziehung. Bleibt dabei zivilrechtlich das Eigentum an der dienstbaren Sache selbst beim Fruchtgenussbesteller zurück, handelt es sich um einen Zuwendungsfruchtgenuss.
Zurechnungssubjekt von Einkünften ist derjenige, der die Möglichkeit besitzt, die sich ihm bietenden Marktchancen auszunützen, Leistungen zu erbringen oder zu verweigern. Maßgeblich ist die tatsächliche, nach außen in Erscheinung tretende Gestaltung der Dinge (vgl ).
Voraussetzung für die tatsächliche Übertragung einer Einkunftsquelle ist zunächst eine rechtlich abgesicherte Position des Fruchtgenussberechtigten. Diese kann durch eine längere Dauer der Fruchtgenussvereinbarung und eine entsprechende (auch grundbücherliche) Sicherstellung (Laudacher in Jakom, EStG, 12.A., Rz 54 ff zu § 2) ausgestaltet sein. Das Fruchtgenussrecht des Sohnes der Beschwerdeführerin wurde zwar vertraglich für 10 Jahre zugesichert, allerdings werden Verträge zwischen nahen Angehörigen selbst bei zivilrechtlicher Gültigkeit (welche bei der gegenständlichen Fruchtgenussvereinbarung aufgrund der pflegschaftsgerichtlichen Genehmigung gegeben ist) im Abgabenrecht nur dann anerkannt, wenn sie nach außen ausreichend zum Ausdruck kommen (Publizitätswirkung), einen eindeutigen, klaren und jeden Zweifel ausschließenden Inhalt haben und zwischen Familienfremden unter den gleichen Bedingungen abgeschlossen worden wären ( mwN). Die Publizitätswirkung fehlt dem Fruchtgenussvertrag zwischen der Beschwerdeführerin und ihrem minderjährigen Sohn, da er entgegen der Vereinbarung nicht verbüchert wurde. Dieser Umstand kann auch nicht als fremdüblich im Sinn der Rechtsprechung angesehen werden. Schon deshalb scheidet eine Zurechnung der Vermietungseinkünfte an den Fruchtgenussberechtigten aus.
Einkünfte aus einem Fruchtgenussrecht iSd ABGB sind grundsätzlich originäre Einkünfte des Berechtigten. Der Fruchtgenussberechtigte muss jedoch auf die Einkünfteerzielung Einfluss nehmen können, indem er am Wirtschaftsleben teilnimmt und die Nutzungsmöglichkeiten nach eigenen Intentionen gestaltet ( mwN).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist Voraussetzung für die Beurteilung der Einkünfte eines Fruchtnießers als (originäre) Einkünfte im Sinne des § 2 Abs 3 EStG die Übertragung der Einkunftsquelle auf diesen. Wird eine Einkunftsquelle nämlich nicht übertragen, dann bleiben die aus dieser Quelle fließenden Einkünfte grundsätzlich solche des Inhabers der Einkunftsquelle, auch wenn er die Einkünfte im voraus einem anderen abtritt. Die Verfügung des Steuerpflichtigen über die ihm zuzurechnenden Einkünfte bedeutet lediglich Einkommensverwendung. Für die Fruchtnießung an einem Gebäude, aus dem Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung fließen (Bestandsobjekt), bedeutet dies unter anderem, dass der Fruchtnießer auch die ihm gemäß § 512 und 513 ABGB obliegenden Lasten trägt (vgl mwN).
Wird eine Einkunftsquelle nicht übertragen , dann bleiben die aus dieser Quelle fließenden Einkünfte grundsätzlich solche des Inhabers der Einkunftsquelle . Die Verfügung des Steuerpflichtigen über die ihm zuzurechnenden Einkünfte bedeutet lediglich Einkommensverwendung. Einkünfte können einer Person nur dann zugerechnet werden, wenn sie die Einkunftserzielung nach eigenem Dafürhalten gestaltet und die anfallenden Aufwendungen trägt. Zurechnungssubjekt ist derjenige, der aus der entsprechenden Tätigkeit das Unternehmerrisiko trägt. Ein Fruchtgenussberechtigter muss - sollen ihm die Einkünfte zugerechnet werden - neben der Tragung der Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Gegenstand des Fruchtgenusses auf die Einkünfteerzielung Einfluss nehmen können, indem er am Wirtschaftsleben teilnimmt und die Nutzungsmöglichkeiten nach eigenen Intentionen gestaltet. In der Aufrechterhaltung eines Mietvertrages liegt keine unternehmerische Initiative der Fruchtgenussberechtigten (vgl und ; Toifl in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG, 20. Lfg 2018, Rz 147 zu § 2).
Im Beschwerdefall hat der fruchtgenussberechtigte, minderjährige Sohn der Beschwerdeführerin weder tatsächlich am Wirtschaftsleben teilgenommen noch Nutzungsmöglichkeiten nach eigenen Intentionen gestaltet. Er hat - vertreten durch die Beschwerdeführerin - lediglich die drei bestehenden Mietverträge aufrechterhalten, was durch die Nachträge zu den Mietverträgen vom dokumentiert ist. Das nicht weiter belegte Vorbringen dahin, dass einer der drei bestehenden Mietverträge gekündigt worden sei (wobei nicht angegeben wurde, wer den Mietvertrag wann gekündigt habe) und dass M "ca im Mai 2020" einen neuen Mieter suchen werde, ist nicht geeignet, eine tatsächliche Disposition des minderjährigen Sohnes der Beschwerdeführerin darzustellen.
Werden - wie im Beschwerdefall anhand der vorgelegten Kontoauszüge für den Zeitraum 1.3.- belegt - Zahlungen an die Hausverwaltung über das Konto geleistet, auf welches die Mieteinnahmen überwiesen werden, so wird dadurch Klarheit hinsichtlich der tatsächlichen Tragung von Aufwendungen für Mietobjekte aus den Mieteinnahmen im Sinn des § 512 ABGB geschaffen. Ein gestalterischer Einfluss des Fruchtgenussberechtigten auf die Erzielung der Einkünfte ergibt sich daraus nicht (vgl ).
Bei einem Fruchtgenussberechtigten besteht generell nur ein eingeschränktes Unternehmerrisiko, da die eingesetzten Wirtschaftsgüter nicht in seinem wirtschaftlichen Eigentum stehen und ein Verlust grundsätzlich nicht eintreten kann. Nach § 512 ABGB ist der Fruchtnießer zur Tragung von Aufwendungen nur insofern verpflichtet, als diese aus den während der Dauer der Fruchtnießung gezogenen Nutzungen bestritten werden können. Für eine Wertminderung der dienstbaren Sache bloß durch den rechtmäßigen Genuss ohne Verschulden des Fruchtnießers ist dieser nicht verantwortlich (§ 513 ABGB). Grundsätzlich können Fruchtnießer im ungünstigsten Fall Einkünfte von Null erzielen. Die pflegschaftsgerichtliche Genehmigung wurde mit der Begründung erteilt, dass das Fruchtgenussrecht dem minderjährigen Sohn der Beschwerdeführerin ausschließlich zum Vorteil dient. Auch diese Begründung untermauert, dass die Vorteilhaftigkeit unabhängig von der Initiative des minderjährigen Sohnes geben ist.
Die Zurechnung von Einkünften an den Fruchtgenussberechtigten hat daher zur Voraussetzung, dass die Unternehmerinitiative umso ausgeprägter vorliegt (vgl zu einem Fruchtgenussanteil an einer gewerblich tätigen KG). Das Bestehen einer solchen ausgeprägten Initiative des Fruchtgenussberechtigten in Hinblick auf die Bewirtschaftung der drei Liegenschaften ist aber nicht erkennbar (vgl ).
In der Zusammenschau dieser Elemente gelangt das Bundesfinanzgericht zu der Würdigung, dass die Beschwerdeführerin die verfahrensgegenständlichen Einkunftsquellen, und zwar die vermietete Liegenschaft L1, weiter die vermietete Liegenschaft L2, und schließlich die vermietete Liegenschaft L3, nicht an ihren minderjährigen Sohn übertragen hat, sodass die aus ihnen erwirtschafteten Einkünfte weiterhin der Beschwerdeführerin zuzurechnen sind. Die Beschwerde war daher abzuweisen.
Unzulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Das Bundesfinanzgericht konnte sich bei der Würdigung des festgestellten Sachverhaltes an der zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur (steuerlichen) Anerkennung von Verträgen zwischen nahen Angehörigen, zur Übertragung von Einkunftsquellen und zur Einflussnahme auf die Einkunftserzielung orientieren. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung wurde darüber hinaus nicht aufgeworfen.
Innsbruck, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.3100919.2019 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at