Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 02.12.2019, RV/4200053/2017

Entstehung der Einfuhrumsatzsteuerschuld im Verfahren 4200

Entscheidungstext

 

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R. in der Beschwerdesache Bf., vertreten Vertreter, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Zollamt Klagenfurt Villach vom , Zl. 420000/65044/4/2016, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Zollamt Klagenfurt Villach vom , Zl. 420000/65055/2016, und über die Beschwerde vom  gegen den Bescheid der belangten Behörde Zollamt Klagenfurt Villach vom , Zl. 420000/65056/2016, betreffend Eingangsabgaben und Nebenansprüche nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt: 

1.

Über die Beschwerde gegen den Bescheid des Zollamtes Klagenfurt Villach vom , Zl. 420000/65044/4/2016, wird gemäß § 279 BAO entschieden:

Der Bescheid I wird ersatzlos aufgehoben.

Der Bescheid II wird dahingehend ergänzt, dass die Beschwerdeführerin  (Bf.) gemäß § 71a Zollrechts-Durchführungsgesetz (ZollR-DG) als Schuldnerin der Einfuhrumsatzsteuer (EUSt) in Anspruch genommen wird. Die Einfuhrumsatzsteuerschuld wird mit € 91.906,24 festgesetzt. Die Höhe der Verzugszinsen beläuft sich auf € 5.638,19. Der zu entrichtende Gesamtbetrag beträgt € 97.544,43.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind dem Ende der Entscheidungsgründe den als Beilage angeschlossenen Berechnungsblattblättern zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

2.

Der Beschwerde gegen den Bescheid des Zollamtes Klagenfurt Villach vom , Zl. 420000/65055/2016, wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben:

Der angefochtene Bescheid wird ersatzlos aufgehoben.

3.

Über die Beschwerde gegen den Bescheid des Zollamtes Klagenfurt Villach vom , Zl. 420000/65056/2016, wird gemäß § 279 BAO entschieden:

Der Bescheid I wird ersatzlos aufgehoben.

Der Bescheid II wird dahingehend ergänzt, dass die Bf. gemäß § 71a ZollR-DG als Schuldnerin der EUSt in Anspruch genommen wird. Die Einfuhrumsatzsteuerschuld wird mit € 83.086,56 festgesetzt. Die Höhe der Verzugszinsen beläuft sich auf € 2.701,22. Der zu entrichtende Gesamtbetrag beträgt € 85.787,78.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind dem Ende der Entscheidungsgründe den als Beilage angeschlossenen Berechnungsblattblättern zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

4.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Zu Spruchpunkt 1.:

Mit Bescheid I vom , Zl. 420000/65044/4/2016, hat das Zollamt Klagenfurt Villach festgestellt, dass für die Bf. gemäß Art. 201 Abs.1 Buchstabe a und Abs.3 Zollkodex (ZK) iVm § 2 Abs.1 ZollR-DG eine Einfuhrabgabenschuld in der Höhe von € 27.104,52 (Zoll) entstanden sei. Buchmäßig erfasst wurden jedoch Einfuhrabgaben im Betrage von € 12.386,68 (Zoll), weshalb der Differenzbetrag von € 14.717,84 (Zoll) weiterhin gesetzlich geschuldet werde und gemäß Art. 105 Abs.4 Zollkodex der Union (UZK) nachzuerheben sei. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass anlässlich einer Betriebsprüfung Zoll festgestellt worden sei, dass die angemeldeten Kaufpreise nicht für die Zollwertermittlung herangezogen werden können, da die Rechnungspreise als außerordentlich niedrig im Verhältnis zum statistischen Mindesteinfuhrwert vergleichbarer Waren anzusehen sind. Der Zollwert sei daher nach der Schlussmethode des Art. 31 ZK iVm § 184 BAO zu schätzen. Basis der nunmehrigen Zollwertermittlung seien alle im Zeitraum bis aus China in Österreich in den zollrechtlich freien Verkehr übergeführten Waren dieser Positionen. Dabei sei gemäß Art. 151 Abs.3 Zollkodex-Durchführungsverordnung (ZK-DVO) der niedrigste von der Zollverwaltung nicht in Zweifel gezogene Transaktionswert als Zollwert herangezogen worden.

Mit unter derselben Zahl erlassenen Bescheid II hat das Zollamt Klagenfurt Villach festgestellt, dass für die Bf. gemäß Art. 204 Abs.1 Buchstabe b und Abs.3 ZK iVm § 2 Abs.1 ZollR-DG eine Einfuhrumsatzsteuerschuld in der Höhe von € 172.744,23 entstanden sei. Als Folge dieser Nacherhebung und der Nacherhebung von Zöllen laut Bescheid I seien gemäß Art. 114 Abs.2 UZK Verzugszinsen im Betrage von € 10.378,26 zu entrichten. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die verfahrensgegenständlichen Waren in den zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr mit anschließender steuerbefreiender Lieferung (Verfahren 4200) überführt worden seien. Die Bf. sei dabei als Fiskalvertreter und indirekter Vertreter der Warenempfängerin aufgetreten. Die italienische Warenempfängerin sei jedoch nicht mehr existent und habe die Waren in Italien nicht versteuert.

Gegen diese Bescheide wendet sich die in offener Frist eingebrachte Beschwerde vom . Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Bf. alle Maßnahmen ergriffen habe, einen Umsatzsteuerbetrug zu verhindern. So sei die UID-Nummer in der Abfragestufe 2 des Mehrwertsteuer-Informationsaustauschsystems (MIAS) geprüft worden. Die Container seien jeweils am Amtsplatz vorgeführt worden, Warenkontrollen seien durchgeführt und die Papiere überprüft worden. Sämtliche Dokumente würden auf den Wert hinweisen, der in den Rechnungen aufscheint. Allenfalls wäre Art. 220 Abs.2 ZK anzuwenden, zumal der Bf. die Überprüfung der Abgabenberechnung aufgrund der Komplexität des Falles nicht möglich sei.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom , Zl. 420000/60749/2016, hat das Zollamt Klagenfurt Villach die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde zu Bescheid I im Wesentlichen ausgeführt, dass die angemeldeten Kaufpreise um mehr als 50 % unter dem Mindesteinfuhrwert liegen würden. Eine derartige Preisdifferenz würden das Zollamt zur Anwendung von Art. 181a ZK-DVO berechtigen, da begründete Zweifel am angemeldeten Zollwert bestünden. Zu Bescheid II wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Bf. im Feld 14 der Zollanmeldung ihre Sonder-UID-Nummer angegeben und erklärt habe, als indirekter Vertreter der italienischen Warenempfängerin zu handeln. Die Bf. sei daher gemäß § 71a ZollR-DG Gesamtschuldner der Einfuhrumsatzsteuer. Eine Berufung auf Vertrauensschutz oder den Grundsatz von Treu und Glauben sei nicht möglich, da diese Frage in Art. 220 Abs.2 ZK abschließend geregelt sei. Im gegenständlichen Fall mangle es an einem aktiven Irrtum der Zollbehörde, da der Irrtum nicht von ihr geschaffen wurde.

Mit Eingabe vom stellte die Bf. den Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht (Vorlageantrag). Die Bf. beantragte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

Zu Spruchpunkt 2.:

Mit Bescheid vom , Zl. 420000/65055/2016, hat das Zollamt Klagenfurt Villach festgestellt, dass für die Bf. gemäß Art. 201 Abs.1 Buchstabe a und Abs.3 ZK iVm § 2 Abs.1 ZollR-DG eine Einfuhrabgabenschuld in der Höhe von € 74.090,57 (Zoll) entstanden sei. Buchmäßig erfasst wurden jedoch Einfuhrabgaben im Betrage von € 30.840,67 (Zoll), weshalb der Differenzbetrag von € 43.249,90 (Zoll) weiterhin gesetzlich geschuldet werde und gemäß Art. 105 Abs.4 UZK nachzuerheben sei. Als Folge dieser Nacherhebung seien gemäß Art. 114 Abs.2 UZK Verzugszinsen im Betrage von € 2.527,05 zu entrichten. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass anlässlich einer Betriebsprüfung Zoll festgestellt worden sei, dass die angemeldeten Kaufpreise nicht für die Zollwertermittlung herangezogen werden können, da die Rechnungspreise als außerordentlich niedrig im Verhältnis zum statistischen Mindesteinfuhrwert vergleichbarer Waren anzusehen sind. Der Zollwert sei daher nach der Schlussmethode des Art. 31 ZK iVm § 184 BAO zu schätzen. Basis der nunmehrigen Zollwertermittlung seien alle im Zeitraum bis aus China in Österreich in den zollrechtlich freien Verkehr übergeführten Waren dieser Positionen. Dabei sei gemäß Art. 151 Abs.3 ZK-DVO der niedrigste von der Zollverwaltung nicht in Zweifel gezogene Transaktionswert als Zollwert herangezogen worden.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die in offener Frist eingebrachte Beschwerde vom . Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass alle Container am Amtsplatz vorgeführt worden seien, Warenkontrollen seien durchgeführt und die Papiere überprüft worden. Sämtliche Dokumente würden auf den Wert hinweisen, der in den Rechnungen aufscheint. Allenfalls wäre Art. 220 Abs.2 ZK anzuwenden, da die Bf. von unbedenklichen Dokumenten ausgegangen und die Überprüfung der Abgabenberechnung aufgrund der Komplexität des Falles nicht möglich sei.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom , Zl. 420000/60780/2016, hat das Zollamt Klagenfurt Villach die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die angemeldeten Kaufpreise um mehr als 50 % unter dem Mindesteinfuhrwert liegen würden. Eine derartige Preisdifferenz würden das Zollamt zur Anwendung von Art. 181a Zollkodex-Durchführungsverordnung (ZK-DVO) berechtigen, da begründete Zweifel am angemeldeten Zollwert bestünden.

Mit Eingabe vom stellte die Bf. den Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht (Vorlageantrag). Die Bf. beantragte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

Zu Spruchpunkt 3.:

Mit Bescheid I vom , Zl. 420000/65056/2016, hat das Zollamt Klagenfurt Villach festgestellt, dass für die Bf. gemäß Art. 201 Abs.1 Buchstabe a und Abs.3 ZK iVm § 2 Abs.1 ZollR-DG eine Einfuhrabgabenschuld in der Höhe von € 61.818,00 (Zoll) entstanden sei. Buchmäßig erfasst wurden jedoch Einfuhrabgaben im Betrage von € 25.336,16 (Zoll), weshalb der Differenzbetrag von € 36.481,84 (Zoll) weiterhin gesetzlich geschuldet werde und gemäß Art. 105 Abs.4 UZK nachzuerheben sei. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass anlässlich einer Betriebsprüfung Zoll festgestellt worden sei, dass die angemeldeten Kaufpreise nicht für die Zollwertermittlung herangezogen werden können, da die Rechnungspreise als außerordentlich niedrig im Verhältnis zum statistischen Mindesteinfuhrwert vergleichbarer Waren anzusehen sind. Der Zollwert sei daher nach der Schlussmethode des Art. 31 ZK iVm § 184 BAO zu schätzen. Basis der nunmehrigen Zollwertermittlung seien alle im Zeitraum bis aus China in Österreich in den zollrechtlich freien Verkehr übergeführten Waren dieser Positionen. Dabei sei gemäß Art. 151 Abs.3 ZK-DVO der niedrigste von der Zollverwaltung nicht in Zweifel gezogene Transaktionswert als Zollwert herangezogen worden.

Mit unter derselben Zahl erlassenen Bescheid II hat das Zollamt Klagenfurt Villach festgestellt, dass für die Bf. gemäß Art. 204 Abs.1 Buchstabe b und Abs.3 ZK iVm § 2 Abs.1 ZollR-DG eine Einfuhrumsatzsteuerschuld in der Höhe von € 176.794,73 entstanden sei. Als Folge dieser Nacherhebung und der Nacherhebung von Zöllen laut Bescheid I seien gemäß Art. 114 Abs.2 UZK Verzugszinsen im Betrage von € 5.315,64 zu entrichten. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die verfahrensgegenständlichen Waren in den zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr mit anschließender steuerbefreiender Lieferung (Verfahren 4200) überführt worden seien. Die Bf. sei dabei als Fiskalvertreter und indirekter Vertreter der Warenempfängerin aufgetreten. Die italienische Warenempfängerin sei jedoch nicht mehr existent und habe die Waren in Italien nicht versteuert.

Gegen diese Bescheide wendet sich die in offener Frist eingebrachte Beschwerde vom . Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Bf. alle Maßnahmen ergriffen habe, einen Umsatzsteuerbetrug zu verhindern. So sei die UID-Nummer in der Abfragestufe 2 des MIAS geprüft worden. Die Container seien jeweils am Amtsplatz vorgeführt worden, Warenkontrollen seien durchgeführt und die Papiere überprüft worden. Sämtliche Dokumente, insbesondere auch ausdrückliche Erklärungen des chinesischen Lieferanten, würden auf den Wert hinweisen, der in den Rechnungen aufscheint. Allenfalls wäre Art. 220 Abs.2 ZK anzuwenden, zumal der Bf. die Überprüfung der Abgabenberechnung aufgrund der Komplexität des Falles nicht möglich sei.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom , Zl. 420000/60630/2017, hat das Zollamt Klagenfurt Villach die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde zu Bescheid I im Wesentlichen ausgeführt, dass die angemeldeten Kaufpreise um mehr als 50 % unter dem Mindesteinfuhrwert liegen würden. Eine derartige Preisdifferenz würden das Zollamt zur Anwendung von Art. 181a ZK-DVO berechtigen, da begründete Zweifel am angemeldeten Zollwert bestünden. Zu Bescheid II wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Bf. im Feld 14 der Zollanmeldung ihre Sonder-UID-Nummer angegeben und erklärt habe, als indirekter Vertreter der italienischen Warenempfängerin zu handeln. Die Bf. sei daher gemäß § 71a ZollR-DG Gesamtschuldner der Einfuhrumsatzsteuer. Eine Berufung auf Vertrauensschutz oder den Grundsatz von Treu und Glauben sei nicht möglich, da diese Frage in Art. 220 Abs.2 ZK abschließend geregelt sei. Im gegenständlichen Fall mangle es an einem aktiven Irrtum der Zollbehörde, da der Irrtum nicht von ihr geschaffen wurde.

Mit Eingabe vom stellte die Bf. den Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht (Vorlageantrag). Die Bf. beantragte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

Zu Spruchpunkt 1., 2. und 3.:

In der mündlichen Verhandlung vom legte die Bf. einen zuvor per E-Mail übermittelten Schriftsatz vom , Zahlungen und Schriftverkehr der italienischen Warenempfänger sowie Preisbeispiele von Internetforen, die die Waren weit günstiger als vom Zollamt ermittelt anbieten würden, vor. Inhaltlich wurde in der Verhandlung und im genannten Schriftsatz ergänzend vorgebracht, dass es für die Bf. nicht nachvollziehbar sei, wie das Zollamt die angenommenen Mindestwerte errechnet habe. Die Rechtmäßigkeit der Zollwerte seien zudem von den chinesischen Lieferanten bestätigt worden. Sämtliche Container seien am Amtsplatz ohne Beanstandungen überprüft und die Dokumente kontrolliert worden, weshalb auch ein Irrtum der Zollbehörde vorliege. Für sämtliche Warensendungen seien CMR-Frachtbriefe vorgelegt worden, die beweisen würden, dass die Waren in einen anderen Mitgliedstaat befördert wurden. Nach den EuGH Entscheidungen C-108/17, Rs. Enteco Baltic, und C-26/18, Rs. FedEx, seien die Waren ausschließlich dort steuerpflichtig, wohin sie verbracht wurden, wobei die Ankunft am Bestimmungsort nicht erforderlich sei. Die italienischen Warenempfänger hätten real existiert, für die Bf. hätten keine Anhaltspunkte bestanden, dass diese die Einfuhrumsatzsteuer nicht entrichten. Die Bf. sei ihren Verpflichtungen zur Gänze nachgekommen, um einen Umsatzsteuerbetrug zu verhindern, habe nicht schuldhaft gehandelt und sei somit nicht Schuldner der EUSt (EuGH C-531/&17, Rs. Vetsch). Der Bf. wäre das Recht auf Steuerbefreiung nur dann zu versagen, wenn sie selbst eine Steuerhinterziehung begangen hätte oder wenn sie wusste oder wissen hätte müssen, dass der von ihr bewirkte Umsatz mit einer Steuerhinterziehung des Erwerbes verknüpft war (EuGH C-108/17, Rs. Enteco Baltic). Der Vertreter des Zollamtes verwies bezüglich der Zollwertermittlung auf das Urteil des EuGH in der Rs. C-291/2015, nach welchem begründete Zweifel im Sinne des Art. 181a ZK-DVO vorliegen können, wenn die erklärten Zollwerte eklatant von den statistischen Mittelwerten abweichen. Er erklärte weiters, keine Kenntnis von einem etwaigen Finanzstrafverfahren gegen Beteiligte zu haben, die Bf. sei jedoch als Anmelder verschuldensunabhängig gemäß § 71a ZollR-DG Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer.

Sachverhalt:

Zu Spruchpunkt 1.:

Die italienische Firma A. bestellte die verfahrensgegenständlichen 43 Lieferungen verschiedener Taschnerwaren bei den chinesischen Lieferanten D, E und F. Die Versendung der Waren erfolgte in Containern mit der Lieferbedingung CIF Koper. Für die Abwicklung von Containerübernahme, Fracht und Verzollung wurde seitens der A ein Vermittler, die G-GmbH beauftragt, die mit dem Transport bis H. wiederum die I-GmbH beauftragte. Die Verzollungsaufträge zur Durchführung der Abfertigungen zum Verfahren 4200 wurden von der G-GmbH der Spedition J-GmbH, K, welche im Eigentum der Bf. steht, erteilt, diese übernahm auch als Subunternehmer der I-GmbH die Organisation der Frachtabwicklung.

Die Spedition J-GmbH bediente sich für die Zollabfertigung der Bf. als Anmelder unter deren Sonder-UID-Nummer für Spediteure und indirekter Vertreter der Warenempfängerin (Feld 37 des Einheitspapiers: Verfahrenscode 4200). Aufgrund der Annahme der von der Bf. als indirekten Vertreter der Warenempfängerin abgegebenen, vom Zollamt Klagenfurt Villach angenommenen und unter den in der Anlage des angefochtenen Bescheides angeführten CRN (Customs Registration Numbers) registrierten Zollanmeldungen zur Überführung der angemeldeten Waren in den zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr der Europäischen Union mit anschließender innergemeinschaftlicher Lieferung sind die auf die angemeldeten Waren entfallenden Zollschuldigkeiten jeweils mit Annahme der betreffenden Zollanmeldungen gemäß Art. 201 Abs.1 Buchstabe a ZK entstanden und gemäß Art. 221 Abs.1 ZK mitgeteilt worden.

Für die gegenständlichen Sendungen wurden CMR-Frachtbriefe von Koper nach K mit der Spedition J-GmbH als Empfängerin ausgestellt, welche die Waren in K übernommen und wiederum neue CMR-Frachtbriefe an die Lieferadresse A ausgestellt hat. Die gegenständlichen Frachtbriefe weisen im Feld 24 (Gut empfangen) einen Firmenstempel samt Unterschrift auf. Im Zuge der zwischen und erfolgten Zollabfertigungen wurden von der Bf. zu allen Abfertigungen die Gültigkeit der UID-Nummer der italienischen Warenempfängerin über Abfrage Stufe 2 des MIAS überprüft, wobei die Nummer als gültig bestätigt wurde.

Die italienische Finanzverwaltung teilte unter Bezugnahme auf die Verordnung (EU) Nr. 904/2010 des Rates vom über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden und die Betrugsbekämpfung auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer am mit, dass die A am ihre Geschäftstätigkeit eingestellt hat und der Inhaber unauffindbar ist. Das Unternehmen existiert nicht mehr, die gegenständlichen Waren wurden in Italien nicht versteuert. Die UID-Nummer der Firma wurde mit gelöscht.

Die verantwortlich handelnden Personen der Warenempfängerin haben die Waren bewusst der Erwerbsbesteuerung in Italien entzogen.

Zu Spruchpunkt 2.:

Die deutsche Firma B bestellte die verfahrensgegenständlichen 18 Lieferungen verschiedener Taschenartikel beim chinesischen Lieferanten L. Die Versendung der Waren erfolgte in Containern mit der Lieferbedingung CIF Koper. Für die Abwicklung von Containerübernahme, Fracht und Verzollung wurde seitens der B die Bf. beauftragt. Die Verzollungen zum Verfahren 4200 erfolgten zwischen und durch die Bf. als Anmelder unter ihrer Sonder-UID-Nummer für Spediteure und als indirekter Vertreter der Warenempfängerin. Aufgrund der Annahme der von der Bf. als indirektem Vertreter der Warenempfängerin abgegebenen, vom Zollamt Klagenfurt Villach angenommenen und unter den in der Anlage des angefochtenen Bescheides angeführten CRN (Customs Registration Numbers) registrierten Zollanmeldungen zur Überführung der angemeldeten Waren in den zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr der Europäischen Union mit anschließender innergemeinschaftlicher Lieferung sind die auf die angemeldeten Waren entfallenden Zollschuldigkeiten jeweils mit Annahme der betreffenden Zollanmeldungen gemäß Art. 201 Abs.1 Buchstabe a ZK entstanden und gemäß Art. 221 Abs.1 ZK mitgeteilt worden.

Für die gegenständlichen Sendungen wurden CMR-Frachtbriefe von Koper nach M ausgestellt. Alle 18 CMR-Frachtbriefe weisen im Feld 24 (Gut empfangen) einen Firmenstempel der B samt Unterschrift auf.

Die deutsche Finanzverwaltung teilte unter Bezugnahme auf die Verordnung (EU) Nr. 904/2010 des Rates vom über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden und die Betrugsbekämpfung auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer am mit, dass laut den Firmenunterlagen ein Teil der Waren an eine italienische Firma in H. weitergeliefert wurde. Weiters wurde mitgeteilt, dass die Buchführung der Firma nicht vollständig ist und die gebuchten Werte nicht mit dem MIAS übereinstimmen. Eine allfällige Berichtigung der Umsatzsteuer werde von den deutschen Behörden durchgeführt.

Zu Spruchpunkt 3.:

Die italienische Firma C, Adresse1, bestellte die verfahrensgegenständlichen 24 Lieferungen verschiedener Taschenartikel beim chinesischen Lieferanten N. Die Versendung der Waren erfolgte in Containern mit der Lieferbedingung CIF Koper. Für die Abwicklung von Containerübernahme, Fracht und Verzollung wurde seitens der C ein Vermittler, die G-GmbH beauftragt, die mit der gesamten Logistik vom Hafen bis zur von der Unternehmensadresse abweichenden Lieferadresse in H. einschließlich Verzollung die Spedition J-GmbH beauftragte.

Die Spedition J-GmbH bediente sich für die Zollabfertigung der Bf. als Anmelder unter deren Sonder-UID-Nummer für Spediteure und indirekter Vertreter der Warenempfängerin (Feld 37 des Einheitspapiers: Verfahrenscode 4200). Aufgrund der Annahme der von der Bf. als indirekten Vertreter der Warenempfängerin abgegebenen, vom Zollamt Klagenfurt Villach angenommenen und unter den in der Anlage des angefochtenen Bescheides angeführten CRN (Customs Registration Numbers) registrierten Zollanmeldungen zur Überführung der angemeldeten Waren in den zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr der Europäischen Union mit anschließender innergemeinschaftlicher Lieferung sind die auf die angemeldeten Waren entfallenden Zollschuldigkeiten jeweils mit Annahme der betreffenden Zollanmeldungen gemäß Art. 201 Abs.1 Buchstabe a ZK entstanden und gemäß Art. 221 Abs.1 ZK mitgeteilt worden.

Für die gegenständlichen Sendungen wurden CMR-Frachtbriefe von Koper nach K mit der Spedition J-GmbH als Empfängerin ausgestellt, welche die Waren in K übernommen und wiederum neue CMR-Frachtbriefe an die Lieferadresse C, Adresse2, ausgestellt hat. Die gegenständlichen Frachtbriefe weisen im Feld 24 (Gut empfangen) einen Firmenstempel samt Unterschrift auf. Die unter CRN 12345 vom verzollte Sendung wurde über Anweisung der G-GmbH von der Spedition J-GmbH an eine Zustelladresse in O geliefert. Im Zuge der zwischen und erfolgten Zollabfertigungen wurden von der Bf. zu allen Abfertigungen die Gültigkeit der UID-Nummer der italienischen Warenempfängerin über Abfrage Stufe 2 des MIAS überprüft, wobei die Nummer als gültig bestätigt wurde.

Die italienische Finanzverwaltung teilte unter Bezugnahme auf die Verordnung (EU) Nr. 904/2010 des Rates vom über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden und die Betrugsbekämpfung auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer am mit, dass die C an der registrierten Adresse in Adresse1, nicht existent oder tätig war. Der tatsächliche Ort der Geschäftstätigkeit war in Adresse3. Der gesetzliche Vertreter ist nicht auffindbar und soll sich in China befinden. Die UID-Nummer des Unternehmens wurde am widerrufen.

Der Empfang und die Erklärung der Waren wurden durch die italienischen Behörden nicht bestätigt. Die verantwortlich handelnden Personen der Warenempfängerin haben die Waren bewusst der Erwerbsbesteuerung in Italien entzogen.

Zu den Spruchpunkten 1., 2. und 3.:

Bei der Bf. wurde vom Zollamt Klagenfurt Villach eine abgabenbehördliche Prüfung im Sinne des § 25 ZollR-DG bzw. § 147 Abs.1 BAO für den Zeitraum bis durchführt, bei welcher die Verzollungen und Warenlieferungen aus China im Verfahren 4200 überprüft wurden. Der Prüfer traf in seiner Niederschrift vom , Zl. 420000/101166/2015, die Schlussfolgerung, dass die angemeldeten Kaufpreise nicht als Transaktionswerte für die Zollwertermittlung herangezogen werden können, da die angegebenen Rechnungspreise als außerordentlich niedrig im Verhältnis zum statistischen Mindesteinfuhrwert vergleichbarer Waren anzusehen sind. Das Zollamt Klagenfurt Villach hat daher bezogen auf die von der Zollanmelderin jeweils in den Zollanmeldungen bekannt gegebenen Positionen der Kombinierten Nomenklatur eine Aufstellung erstellt, die für alle im Zeitraum bis in Österreich in den zollrechtlich freien Verkehr überführten Waren dieser Positionen den niedrigsten von der Zollverwaltung nicht in Zweifel gezogenen Zollwert ausweist.

Ein Finanzstrafverfahren gegen Verantwortliche wegen des Verdachtes einer Unterfakturierung ist nicht anhängig. Von den Firmen E und N wurde bestätigt, dass die in den Rechnungen angegebenen Werte den Kaufpreisen entsprechen. Die Container wurden am Amtsplatz abgefertigt, dabei wurden 6 Container inhaltlich beschaut. Bei 11 Containersendungen wurden die Dokumente vom Zollamt Klagenfurt Villach gemäß Art. 78 ZK nachträglich überprüft, wobei der erklärte Wert der Waren nicht beanstandet wurde.

Beweiswürdigung:

Gemäß § 166 BAO kommt als Beweismittel im Abgabenverfahren alles in Betracht, was zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes geeignet und nach Lage des einzelnen Falles zweckdienlich ist.

Gemäß § 167 Abs.1 BAO bedürfen Tatsachen, die bei der Abgabenbehörde offenkundig sind, und solche, für deren Vorhandensein das Gesetz eine Vermutung aufstellt, keines Beweises.

Gemäß Abs.2 leg. cit. hat im Übrigen die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

Das Bundesfinanzgericht gründet den festgestellten Sachverhalt auf den Inhalt der vom Zollamt Klagenfurt Villach vorgelegten Verwaltungsakten, insbesondere die Niederschrift anlässlich der Schlussbesprechung vom , die Eingaben der Bf. vom und sowie die Ausführungen in der mündlichen Verhandlung.

Bei der bei der Bf. durchgeführten Außenprüfung wurde festgestellt, dass die angegebenen Rechnungspreise als außerordentlich niedrig im Verhältnis zum statistischen Mindesteinfuhrwert vergleichbarer Waren anzusehen sind. Dafür, dass von den italienischen bzw. deutschen Käufern an die chinesischen Lieferanten höhere Beträge, als in den vorliegenden Rechnungen ausgewiesen, bezahlt wurden, die vorliegenden Rechnungen somit betragsmäßig unrichtig (unterfakturiert) sind, findet sich in den Verwaltungsakten kein Hinweis. Auch in der mündlichen Verhandlung vom wurden keine Verdachtsmomente vorgebracht. Derartige Zweifel wurden auch nicht bei der nachträglichen Prüfung der Anmeldungen gemäß Art. 78 ZK durch das Zollamt Klagenfurt Villach am , , , und , bei denen 11 der Containersendungen betreffend Spruchpunkt 1. und 3. überprüft wurden, geäußert. Auch anlässlich der Beschau der Waren bestanden keine Zweifel am angemeldeten Wert der Waren. Zudem wurde von den Firmen E und N der in den Rechnungen angegebene Wert der Waren bestätigt. Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes liegen somit keine hinreichend begründeten Zweifel vor, dass die von der Bf. angemeldeten Transaktionswerte nicht den von den italienischen und deutschen Warenempfängern an die chinesischen Lieferanten gezahlten oder zu zahlenden Preisen entsprechen.

Hingegen sieht es das Bundesfinanzgericht aufgrund der Mitteilungen der italienischen Behörden vom und als erwiesen an, dass die beiden Empfängerfirmen nunmehr nicht mehr existieren und die gegenständlichen Waren laut Spruchpunkt 1. und 3. in Italien nicht versteuert wurden. Da die Warenempfängerin die in den Jahren 2013 und 2014 erfolgten 43 innergemeinschaftlichen Erwerbe nicht versteuert hat (Spruchpunkt 1.) bzw. die Warenempfängerin die erfolgten 24 innergemeinschaftlichen Erwerbe nicht versteuert und eine nicht existente Firmenadresse angegeben hat (Spruchpunkt 3.), sieht es das Bundesfinanzgericht zudem als erwiesen an, dass die verantwortlich handelnden Personen der Empfänger die Waren bewusst der Erwerbsbesteuerung in Italien entzogen haben.

Rechtliche Würdigung:

Zu Spruchpunkt 1. Bescheid I, Spruchpunkt 2. und Spruchpunkt 3. Bescheid I betreffend Zollwert:

Gemäß Art. 201 Abs.1 Buchstabe a ZK entsteht eine Einfuhrzollschuld, wenn eine einfuhrabgabepflichtige Ware in den zollrechtlich freien Verkehr übergeführt wird.

Gemäß Art. 201 Abs.2 ZK entsteht die Zollschuld in dem Zeitpunkt, in dem die betreffende Zollanmeldung angenommen wird.

Gemäß Art. 201 Abs.3 ZK ist Zollschuldner der Anmelder. Im Falle der indirekten Vertretung ist auch die Person Zollschuldner, für deren Rechnung die Zollanmeldung abgegeben wird. Liegen einer Zollanmeldung für ein Verfahren im Sinne des Absatzes 1 Angaben zugrunde, die dazu führen, dass die gesetzlich geschuldeten Abgaben ganz oder teilweise nicht erhoben werden, so können nach den geltenden innerstaatlichen Vorschriften auch die Personen als Zollschuldner angesehen werden, die die für die Abgaben der Zollanmeldung erforderlichen Angaben geliefert haben, obwohl sie wussten oder vernünftigerweise hätten wissen müssen, dass sie unrichtig waren.

Gemäß Art. 29 Abs.1 ZK ist der Zollwert eingeführter Waren der Transaktionswert, das heißt der für die Waren bei einem Verkauf zur Ausfuhr in das Zollgebiet der Gemeinschaft tatsächlich gezahlte oder zu zahlende Preis, gegebenenfalls nach Berichtigung gemäß den Artikeln 32 und 33 und unter der Voraussetzung, dass

a) keine Einschränkungen bezüglich der Verwendung und des Gebrauchs der Waren durch den Käufer bestehen, ausgenommen solche, die durch das Gesetz oder von den Behörden in der Gemeinschaft auferlegt oder gefordert werden; das Gebiet abgrenzen, innerhalb dessen die Waren weiterverkauft werden können; sich auf den Wert der Waren nicht wesentlich auswirken;

b) hinsichtlich des Kaufgeschäfts oder des Preises weder Bedingungen vorliegen noch Leistungen zu erbringen sind, deren Wert im Hinblick auf die zu bewertenden Waren nicht bestimmt werden kann;

c) kein Teil des Erlöses aus späteren Weiterverkäufen, sonstigen Überlassungen oder Verwendungen der Waren durch den Käufer unmittelbar oder mittelbar dem Verkäufer zugutekommt, wenn nicht eine angemessene Berichtigung gemäß Artikel 32 erfolgen kann;

d) der Käufer und der Verkäufer nicht miteinander verbunden sind oder, wenn sie miteinander verbunden sind, der Transaktionswert gemäß Absatz 2 für Zollzwecke anerkannt werden kann.

Gemäß Art. 30 Abs.1 ist der Zollwert, wenn er nicht nach Artikel 29 ermittelt werden kann, in der Reihenfolge des Absatzes 2 Buchstaben a) bis d) zu ermitteln, und zwar nach dem jeweils ersten zutreffenden Buchstaben mit der Maßgabe, dass die Inanspruchnahme der Buchstaben c) und d) auf Antrag des Anmelders in umgekehrter Reihenfolge erfolgt; nur wenn der Zollwert nicht nach einem bestimmten Buchstaben ermittelt werden kann, darf der nächste Buchstabe in der in diesem Absatz festgelegten Reihenfolge herangezogen werden.

Gemäß Abs.2 leg. cit. ist der nach diesem Artikel ermittelte Zollwert einer der folgenden Werte:

a) der Transaktionswert gleicher Waren, die zur Ausfuhr in die Gemeinschaft verkauft und zu demselben oder annähernd demselben Zeitpunkt wie die zu bewertenden Waren ausgeführt wurden;

b) der Transaktionswert gleichartiger Waren, die zur Ausfuhr in die Gemeinschaft verkauft und zu demselben oder annähernd zu demselben Zeitpunkt wie die zu bewertenden Waren ausgeführt wurden;

c) der Wert auf der Grundlage des Preises je Einheit, zu dem die eingeführten Waren oder eingeführte gleiche oder gleichartige Waren in der größten Menge insgesamt in der Gemeinschaft an Personen verkauft werden, die mit den Verkäufern nicht verbunden sind;

d) der errechnete Wert, bestehend aus der Summe folgender Elemente:

- Kosten oder Wert des Materials, der Herstellung sowie sonstiger Be- oder Verarbeitungen, die bei der Erzeugung der eingeführten Waren anfallen;

- Betrag für Gewinn und Gemeinkosten, der dem Betrag entspricht, der üblicherweise von Herstellern im Ausfuhrland bei Verkäufen von Waren der gleichen Art oder Beschaffenheit wie die zu bewertenden Waren zur Ausfuhr in die Gemeinschaft angesetzt wird;

- Kosten oder Wert aller anderen Aufwendungen nach Artikel 32 Absatz 1 Buchstabe e).

Gemäß Artikel 31 Abs.1 ZK ist der Zollwert der eingeführten Waren, wenn er nicht nach den Artikeln 29 und 30 ermittelt werden kann, auf der Grundlage von in der Gemeinschaft verfügbaren Daten durch zweckmäßige Methoden zu ermitteln, die übereinstimmen mit den Leitlinien und allgemeinen Regeln

- des Übereinkommens zur Durchführung des Artikels VII des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens,

- des Artikels VII des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens sowie

- der Vorschriften dieses Kapitels.

Gemäß Abs.2 leg. cit. darf der nach Absatz 1 ermittelte Zollwert  nicht zur Grundlage haben:

a) den Verkaufspreis in der Gemeinschaft von Waren, die in der Gemeinschaft hergestellt worden sind;

b) ein Verfahren, nach dem jeweils der höhere von zwei Alternativwerten für die Zollbewertung heranzuziehen ist;

c) den Inlandsmarktpreis von Waren im Ausfuhrland;

d) andere Herstellungskosten als jene, die bei dem errechneten Wert für gleiche oder gleichartige Waren nach Artikel 30 Absatz 2 Buchstabe d) ermittelt worden sind;

e) Preise zur Ausfuhr in ein Land, das nicht zum Zollgebiet der Gemeinschaft gehört;

f) Mindestzollwerte;

g) willkürliche oder fiktive Werte.

Gemäß Art. 181a Abs.1 ZK-DVO müssen die Zollbehörden den Zollwert von eingeführten Waren nicht auf der Grundlage des Transaktionswertes ermitteln, wenn sie unter Einhaltung des in Absatz 2 genannten Verfahrens wegen begründeter Zweifel nicht überzeugt sind, dass der angemeldete Wert dem gezahlten oder zu zahlenden Preis gemäß Artikel 29 entspricht.

Gemäß Abs.2 leg. cit. können die Zollbehörden in den Fällen, in denen sie Zweifel im Sinne des Absatzes 1 haben, gemäß Artikel 178 Abs.4 zusätzliche Auskünfte verlangen. Bestehen die Zweifel fort, sollen die Zollbehörden der betroffenen Person vor einer endgültigen Entscheidung auf Verlangen schriftlich die Gründe für ihre Zweifel mitteilen und ihr eine angemessene Antwortfrist gewähren. Die abschließende mit Gründen versehene Entscheidung ist der betroffenen Person schriftlich mitzuteilen.

Nach den Bestimmungen des Art. 29 ZK ist der Zollwert eingeführter Waren der Transaktionswert, das heißt der für die Waren bei einem Verkauf zur Ausfuhr in das Zollgebiet der Gemeinschaft tatsächlich gezahlte oder zu zahlende Preis.

Die wesentlichen Merkmale des zollwertrechtlichen Verkaufsbegriffs sind auf der einen Seite die Eigentumsverschaffung an der eingeführten Ware (Verschaffung der tatsächlichen und rechtlichen Verfügungsmacht) und auf der anderen Seite die Entgeltzahlung. Die bei der Zollwertermittlung nach Art. 29 ZK maßgebliche Transaktion muss ein Verkauf zur Ausfuhr in das Zollgebiet der Gemeinschaft sein. Das bedeutet, dass die Ware unmittelbar nach Abschluss des Kaufvertrages aus einem Drittland in das Zollgebiet der Gemeinschaft eingeführt werden muss. Für Waren, die nur einmal vor der Bewertung verkauft worden sind, reicht die bloße Tatsache der Anmeldung zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr der Europäischen Union als ausreichendes Indiz dafür aus, dass sie zum Zwecke der Ausfuhr in das Zollgebiet der Gemeinschaft verkauft wurden (Art. 147 Abs.1 ZK).

Ausgangspunkt für den tatsächlich gezahlten oder zu zahlenden Preis und damit für den Transaktionswert ist der zwischen dem Verkäufer und dem Käufer für die Einfuhrware individuell vereinbarte Kaufpreis. Deckt dieser Preis alle vom Käufer an den Verkäufer als Gegenleistung im Rahmen des Verkaufsvorganges erbrachten Zahlungen ab, so ist das der tatsächlich gezahlte oder zu zahlende Preis im Sinne des Art. 29 Abs.1 ZK.

Die Zollbehörden müssen gemäß Art. 181a Abs.1 ZK-DVO den Zollwert nicht auf der Grundlage des Transaktionswertes ermitteln, wenn sie unter Einhaltung des in Art. 181a Abs.2 ZK-DVO genannten Verfahrens wegen begründeter Zweifel nicht überzeugt sind, dass der angemeldete Wert dem gezahlten oder zu zahlenden Preis gemäß Art. 29 ZK entspricht.

Aufgrund der vorgenommenen Würdigung der Beweise und des festgestellten Sachverhaltes erweisen sich die der Betriebsprüfung des Zollamtes Klagenfurt Villach vorgelegten Rechnungen der chinesischen Lieferanten nicht nur als echt, vielmehr bestehen keine begründeten Zweifel im Sinne des Art. 181a ZK-DVO, dass die von den chinesischen Verkäufern an ihre Kunden fakturierten Kaufpreise den Transaktionswerten, also den bei einem Verkauf zur Ausfuhr in das Zollgebiet der Gemeinschaft von den italienischen und deutschen Käufern an die chinesischen Verkäufer gezahlten oder zu zahlenden Preisen im Sinne des Art. 29 ZK entsprechen.

Den Beschwerden gegen den Bescheid I zu Zl. 420000/65044/4/2016 (siehe Spruchpunkt 1.), der Beschwerde gegen den Bescheid Zl. 420000/65055/2016 (siehe Spruchpunkt 2.) und der Beschwerde gegen den Bescheid I zu Zl. 420000/65056/2016 (siehe Spruchpunkt 3.) war daher Folge zu geben und die angefochtenen Bescheide ersatzlos aufzuheben.

Zu Spruchpunkt 1. Bescheid II und Spruchpunkt 3. Bescheid II betreffend Einfuhrumsatzsteuer:

Gemäß Art. 204 Abs.1 Buchstabe b ZK entsteht eine Einfuhrzollschuld, wenn eine der Voraussetzungen für die Überführung einer Ware in das betreffende Verfahren oder für die Gewährung eines ermäßigten Einfuhrabgabensatzes oder einer Einfuhrabgabenfreiheit aufgrund der Verwendung der Ware zu besonderen Zwecken nicht erfüllt wird, es sei denn, dass sich diese Verfehlung nachweislich auf die ordnungsgemäße Abwicklung der vorübergehenden Verwahrung oder des betreffenden Zollverfahrens nicht wirklich ausgewirkt haben.

Gemäß Art. 204 Abs.2 ZK entsteht die Zollschuld in dem Zeitpunkt, in dem die Ware in das betreffende Zollverfahren übergeführt worden ist, wenn sich nachträglich herausstellt, dass eine der Voraussetzungen für die Überführung dieser Ware in das Verfahren oder für die Gewährung eines ermäßigten Einfuhrabgabensatzes oder einer Einfuhrabgabenfreiheit aufgrund der Verwendung der Ware zu besonderen Zwecken nicht wirklich erfüllt war.

Gemäß Art. 201 Abs.3 ZK ist Zollschuldner die Person, welche die Pflichten zu erfüllen hat, die sich bei einer einfuhrabgabenpflichtigen Ware aus deren vorübergehender Verwahrung oder aus der Inanspruchnahme des betreffenden Zollverfahrens ergeben, oder welche die Voraussetzungen für die Überführung der Ware in dieses Zollverfahren zu erfüllen hat.

Gemäß § 2 Abs.1 ZollR-DG gelten das im § 1 genannte Zollrecht der Union, dieses Bundesgesetz und die in Durchführung dieses Bundesgesetzes ergangenen Verordnungen sowie die allgemeinen abgabenrechtlichen Vorschriften und das in Österreich anwendbare Völkerrecht, soweit sie sich auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben beziehen (Zollrecht im Sinn des Artikels 1 des Zollkodex) weiters in allen nicht vom Zollkodex erfassten unionsrechtlich und innerstaatlich geregelten Angelegenheiten des Warenverkehrs über die Grenzen des Anwendungsgebietes, einschließlich der Erhebung von Abgaben (sonstige Eingangs- oder Ausgangsabgaben) und anderen Geldleistungen, soweit in diesem Bundesgesetz oder in den betreffenden Rechtsvorschriften die Vollziehung der Zollverwaltung übertragen und nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist.

Gemäß § 71a ZollR-DG schuldet in den Fällen einer Befreiung von der Einfuhrumsatzsteuer nach Art. 6 Abs.3 des Umsatzsteuergesetzes 1994 (UStG) eine nach Art. 204 Abs.1 ZK entstehende Einfuhrumsatzsteuerschuld auch der Anmelder, wenn er nicht bereits nach Art. 204 Abs.3 ZK als Schuldner in Betracht kommt.

Gemäß Art. 6 Abs.1 UStG sind innergemeinschaftliche Lieferungen steuerfrei.

Gemäß Art. 6 Abs.3 UStG ist die Einfuhr der Gegenstände steuerfrei, die vom Anmelder im Anschluss an die Einfuhr unmittelbar zur Ausführung von innergemeinschaftlichen Lieferungen (Art. 7) verwendet werden; der Anmelder hat das Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 7 buchmäßig nachzuweisen. Die Befreiung ist nur anzuwenden, wenn derjenige, für dessen Unternehmen der Gegenstand eingeführt worden ist, die anschließende innergemeinschaftliche Lieferung tätigt.

Gemäß Art. 7 Abs.1 UStG liegt eine innergemeinschaftliche Lieferung (Art. 6 Abs.1) vor, wenn bei einer Lieferung die folgenden Voraussetzungen vorliegen: 1. Der Unternehmer oder Abnehmer hat den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet; 2.a. der Abnehmer ist ein Unternehmer der den Gegenstand der Leistung für sein Unternehmen erworben hat; 3. der Erwerb des Gegenstandes der Lieferung ist beim Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat steuerbar.

Gemäß Abs.2 Z.1 leg. cit. gilt als innergemeinschaftliche Lieferung auch das einer Lieferung gleichgestellte Verbringen eines Gegenstandes (Art. 3 Abs.1 Z.1).

Gemäß Abs.4 leg. cit. ist, wenn der Unternehmer eine Lieferung als steuerfrei behandelt, obwohl die Voraussetzungen nach Absatz 1 nicht vorliegen, die Lieferung dennoch als steuerfrei anzusehen, wenn die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung auf unrichtigen Angaben des Abnehmers beruht und der Unternehmer die Unrichtigkeit dieser Angaben auch bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen konnte. In diesem Fall schuldet der Abnehmer die entgangene Steuer.

Gemäß Art. 3 Abs.1 Z.1 UStG gilt als Lieferung gegen Entgelt das Verbringen eines Gegenstandes des Unternehmens aus dem Inland in das übrige Gemeinschaftsgebiet durch einen Unternehmer zu seiner Verfügung, ausgenommen zu einer nur vorübergehenden Verwendung, auch wenn der Unternehmer den Gegenstand in das Inland eingeführt hat. Der Unternehmer gilt als Lieferer.

Die Bf., eine Spedition, reichte die in Rede stehenden Anmeldungen als indirekte Vertreterin der jeweiligen Warenempfänger zur Überführung in den zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr ein und beantragte in der jeweiligen Anmeldung durch Verwendung des Codes 4200 in Feld 37 des Einheitspapiers die Einfuhrumsatzsteuerbefreiung nach Art. 6 Abs.3 UStG.

Die Steuerbefreiung findet bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen auch für den Fall Anwendung, dass die Waren im Anschluss an die Einfuhr unmittelbar innergemeinschaftlich verbracht werden, da gemäß Art. 7 Abs.2 Z.1 UStG auch das einer Lieferung gleichgestellte Verbringen eines Gegenstandes iSd Art. 3 Abs.1 Z.1 UStG als innergemeinschaftliche Lieferung gilt.

Nach dem festgestellten Sachverhalt haben die italienischen Warenempfänger als verfügungsberechtigte Importeure die Einfuhr der Waren veranlasst und unmittelbar anschließend die Waren zu ihrer eigenen Verfügung in einen anderen Mitgliedstaat als den Mitgliedstaat der Einfuhr verbracht. Die Waren wurden jedoch bewusst im Bestimmungsmitgliedstaat der Erwerbsbesteuerung entzogen.

Steuerschuldner einer Einfuhrumsatzsteuer, welche nach § 26 Abs.1 UStG iVm § 2 Abs.1 ZollR-DG und Art. 204 Abs.1 ZK entsteht, ist nach Art. 204 Abs.3 ZK die Person, welche die Pflichten aus der Inanspruchnahme dieses Verfahrens oder die Voraussetzungen für die Überführung der Ware in dieses Verfahren zu erfüllen hat. Im Falle der an die Einfuhr anschließenden innergemeinschaftlichen Verbringung ist der Empfänger der Ware die Person, welche nach Art. 204 Abs.3 ZK als Zollschuldner anzusehen ist ().

Gemäß Art. 6 Abs.1 zweiter Satz UStG in der Fassung des Steuerreformgesetzes 2015/2016 gilt die Steuerfreiheit für innergemeinschaftliche Lieferungen nicht, wenn der Unternehmer wusste oder wissen musste, dass die betreffende Lieferung im Zusammenhang mit Umsatzsteuerhinterziehungen oder sonstigen die Umsatzsteuer betreffende Finanzvergehen steht. Unternehmer in diesem Sinn ist in den vorliegenden Fällen der, der die der innergemeinschaftlichen Lieferung gleichkommende innergemeinschaftliche Verbringung ausführt, sohin die jeweiligen italienischen Warenempfänger.

Nun mag zwar Art. 6 Abs.1 zweiter Satz UStG erst nach den zu beurteilenden Beschwerdefällen in Kraft getreten sein, der VwGH hat in seiner Entscheidung vom , Ra 2016/16/0059, dazu ausführlich ausgeführt, dass diese Bestimmung lediglich Ausfluss der Rechtsprechung des EuGH ist. Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung ist aus dem Nichterklären der innergemeinschaftlichen Erwerbe durch die Empfänger in Italien über einen längeren Zeitraum hindurch zu folgern, dass dem Steuerpflichtigen, dem Unternehmer, welcher das innergemeinschaftliche Verbringen bewirkt, somit im Beschwerdefall den von der Bf. indirekt vertretenen Empfängern, die Steuerbefreiung für das der innergemeinschaftlichen Lieferung gleichkommende innergemeinschaftliche Verbringen zu versagen ist.

Die von der Bf. erwähnten Urteile des EuGH stehen dazu nicht in Widerspruch:

Dem Urteil vom , Rs. C-108/17 („Enteco Baltic“), liegt eine innergemeinschaftliche Lieferung von Gegenständen zugrunde, bei welcher der nachfolgende Erwerber eine Steuerhinterziehung begangen hat. Verfahrensgegenständlich liegt eine innergemeinschaftliche Verbringung von Waren vor, da sie an denselben Steuerpflichtigen, den italienischen Warenempfänger, bewirkt wurde.

Nach dem („Vetsch“), wurde die innergemeinschaftliche Verbringung im anderen Mitgliedstaat ordnungsgemäß erklärt, erst bei einem späteren Umsatz, der mit der Verbringung in keinem Zusammenhang steht, wurde eine Steuerhinterziehung begangen, wobei es keinen Anhaltspunkt dafür gab, dass der Importeur wusste oder hätte wissen müssen, dass dieser spätere Umsatz in eine vom Empfänger begangene Steuerhinterziehung einbezogen war.

Dem Urteil vom , Rs. C-26/18 (FedEx), liegt zu Grunde, dass eine Mehrwertsteuerpflicht besteht, wenn aufgrund des Fehlverhaltens, das zur Entstehung der Zollschuld führte, angenommen werden kann, dass die fraglichen Waren in den Wirtschaftskreislauf der Union gelangt sind. Eine solche Vermutung kann widerlegt werden, wenn nachgewiesen wird, dass trotz des zollrechtlichen Fehlverhaltens, das zur Entstehung einer Einfuhrzollschuld in dem Mitgliedstaat führte, in dem dieses Fehlverhalten begangen wurde, ein Gegenstand im Gebiet eines anderen Mitgliedstaates in den Wirtschaftskreislauf der Union gelangt ist. Im verfahrensgegenständlichen Fall wurden die Waren jedoch im Mitgliedstaat Österreich mit Verfahrenscode 4200 in den zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr übergeführt, d.h. der Tatbestand der Einfuhr im Sinne des § 1 Abs.1 Z.3 UStG ist in Österreich erfüllt. Die Waren sind daher nach der Einfuhr im Einfuhrmitgliedstaat in den Wirtschaftskreislauf der Union eingegangen, die anschließende innergemeinschaftliche Verbringung ist bereits Teil dieses Wirtschaftskreislaufes.

Für die in Rede stehenden Waren ist daher nach § 26 Abs.1 UStG iVm § 2 Abs.1 ZollR-DG und Art. 204 Abs.1 ZK die Einfuhrumsatzsteuerschuld entstanden. Diese Versagung der Steuerbefreiung betrifft zunächst die Warenempfänger als Einfuhrumsatzsteuerschuldner nach § 26 Abs.1 UStG iVm Art. 204 Abs.3 ZK.

Da die italienischen Warenempfänger nicht mehr existent bzw. unauffindbar sind, wurde die Bf. für diese entstandenen Einfuhrumsatzsteuerschuldigkeiten als Anmelder nach § 71a ZollR-DG in Anspruch genommen. Subjektive Tatbestandsmerkmale sind dieser Norm nicht zu entnehmen. Die MwSt-RL stellt es den Mitgliedstaaten frei, eine oder mehrere Personen (letzterenfalls als Gesamtschuldner) als Steuerschuldner zu bezeichnen. Der vom EuGH geforderte Vertrauensschutz wird in den Einfuhrfällen über die Bestimmung des § 26 Abs.1 UStG iVm § 239 ZK und § 83 ZollR-DG geboten ().

Die Bf. verweist im Beschwerdeverfahren auf ihre Gutgläubigkeit und ihre UID-Abfrage in der Datenbank MIAS gemäß Stufe 2. Dazu hat der VwGH in seiner Entscheidung vom , 2012/16/0009, ausgesprochen, dass auch die Vertrauensschutzregelung des Art. 7 Abs.4 UStG bei dieser Sachlage nicht greift, weil es im Falle einer innergemeinschaftlichen Verbringung an einem Abnehmer mangelt, welcher unrichtige Angaben geliefert hätte.

Auch Art. 220 Abs.2 lit.b ZK ist nicht anwendbar, da kein Irrtum der Zollbehörde vorliegt. Einen den Vertrauensschutz des Zollschuldners begründenden Irrtum können die Zollbehörden nur dann begangen haben, wenn sie selbst gehandelt und nicht nur Erklärungen des Zollschuldners hingenommen haben.

Die behauptete Gutgläubigkeit der Bf. mag in einem Verfahren auf Erlass oder Erstattung der Einfuhrumsatzsteuer nach Art. 239 ZK iVm § 83 ZollR-DG (Art. 120 UZK iVm § 73 ZollR-DG) zu prüfen sein, welches zum Erlöschen der Zollschuld auch nur gegenüber einem Gesamtschuldner führen kann, jedoch nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist ().

In der Heranziehung der Bf. für die verfahrensgegenständlichen Einfuhrumsatzsteuerschuldigkeiten gemäß § 71a ZollR-DG liegt auch keine unbedingte Haftung vor, welche nach der Rechtsprechung des EuGH unverhältnismäßig wäre ().

Die Beschwerden gegen den Bescheid II zu Zl. 420000/65044/4/2016 (siehe Spruchpunkt 1.) und gegen den Bescheid II zu Zl. 420000/65056/2016 (siehe Spruchpunkt 3.) waren daher als unbegründet abzuweisen.

Zu Spruchpunkt 1. 2. und 3. betreffend Verzugszinsen:

Gemäß Art. 114 Abs.1 UZK werden ab dem Tag, an dem die Zahlungsfrist abläuft, bis zum Tag der Zahlung Verzugszinsen auf den Einfuhr- oder Ausfuhrabgabenbetrag berechnet. Für Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist, entspricht der Verzugszinssatz dem im Amtsblatt der Europäischen Union, Reihe C, veröffentlichten Zinssatz, den die Europäische Zentralbank auf ihre Hauptrefinanzierungsgeschäfte am ersten Tag des Fälligkeitsmonats angewandt hat, zuzüglich zwei Prozentpunkten.

Gemäß Abs.2 leg. cit. werden, wenn die Zollschuld aufgrund von Artikel 79 oder 82 entsteht oder die Zollschuld aufgrund einer nachträglichen Kontrolle mitgeteilt wird, ab dem Tag des Entstehens der Zollschuld bis zum Tag der Mitteilung der Zollschuld Verzugszinsen auf den Einfuhr- oder Ausfuhrabgabenbetrag berechnet. Der Verzugszinssatz wird nach Absatz 1 bemessen.

Der VwGH hat im Erkenntnis vom , Zl. 2012/16/0090, erkannt, dass die Abgabenbehörde im Falle einer Abgabenerhöhung von der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt ihrer Entscheidung auszugehen hat. Dies bedeutet, dass für die Vorschreibung von Verzugszinsen die Bestimmungen des Zollkodex der Union anzuwenden sind. Die Vorschreibung der Verzugszinsen wurden in Folge der geänderten Abgabenbeträge betreffend Spruchpunkt 1. und 3. entsprechend angepasst bzw. betreffend Spruchpunkt 2. vollständig aufgehoben.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des VwGH abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des VwGH nicht einheitlich beantwortet wird.

Die die Frage der begründeten Zweifel am erklärten Zollwert betreffenden Bescheide Spruchpunkt 1. Bescheid I, Spruchpunkt 2. und Spruchpunkt 3. Bescheid I, waren einzelfallbezogen im Rahmen der Beweiswürdigung zu beurteilen, weshalb keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorliegt. Hinsichtlich der Bescheide zu Spruchpunkt 1. Bescheid II, Spruchpunkt 3. Bescheid II (Einfuhrumsatzsteuer) und der Verzugszinsen stützt sich das Erkenntnis auf die angeführte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Eine Revision ist daher nicht zulässig.

Klagenfurt am Wörthersee, am

Zusatzinformationen


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Materie
Zoll
betroffene Normen
Art. 201 Abs. 1 ZK, VO 2913/92, ABl. Nr. L 302 vom S. 1
Art. 29 ZK, VO 2913/92, ABl. Nr. L 302 vom S. 1
Art. 181a ZK-DVO, VO 2454/93, ABl. Nr. L 253 vom S. 1
Art. 204 Abs. 1 Buchstabe b ZK, VO 2913/92, ABl. Nr. L 302 vom S. 1
§ 2 Abs. 1 ZollR-DG, Zollrechts-Durchführungsgesetz, BGBl. Nr. 659/1994
§ 71a ZollR-DG, Zollrechts-Durchführungsgesetz, BGBl. Nr. 659/1994
Art. 6 Abs. 3 UStG 1994 - Anhang, Umsatzsteuergesetz 1994 - Anhang (Binnenmarkt), BGBl. Nr. 663/1994
Verweise
EuGH, , C-108/17
EuGH, , C-531/17
EuGH, , C-26/18
VwGH, , 2012/16/0009
VwGH, , Ra 2016/16/0052
VwGH, , Ra 2016/16/0059
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.4200053.2017

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at