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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 29.01.2020, RV/7101294/2017

Säumniszuschlag, fehlende Darstellung der Beträge für säumniszuschlagsvermeidende Wirkung eines Aussetzungsantrages unerheblich

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R. in der Beschwerdesache Bf., A-1, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Peter Michael Wolf, Bahnhofplatz 6 Tür 4, 2340 Mödling, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Wien 2/20/21/22 vom , Steuernummer N-1, betreffend Festsetzung von ersten Säumniszuschlägen zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt erste Säumniszuschläge in Höhe von insgesamt € 996,00 fest, da die Einkommensteuern 2013 und 2014 nicht bis zum Fälligkeitstag entrichtet worden seien:


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Abgabe
Fälligkeit
Betrag in €
Säumniszuschlag in €
Einkommensteuer 2013
31.392,00
627,84
Einkommensteuer 2014
18.408,00
368,16

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In der dagegen am rechtzeitig eingebrachten Beschwerde wandte die Beschwerdeführerin (Bf.) ein, dass in der Beschwerde vom ein Antrag auf Aussetzung der Einhebung gestellt worden sei.

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Das Finanzamt wies mit Beschwerdevorentscheidung vom die Beschwerde als unbegründet ab und führte aus:

Da die Einkommensteuern 2013 und 2014 nicht bis zum Fälligkeitstag entrichtet worden seien, seien mit Ablauf des Fälligkeitstages gemäß § 217 BAO erste Säumniszuschläge verwirkt gewesen.

Für die Abgabenkontonummer N-1 der Bf. sei kein Antrag gemäß § 212a BAO eingebracht worden.

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Die Bf. beantragte am rechtzeitig die Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht sowie die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung, ohne den Ausführungen der Beschwerdevorentscheidung entgegenzutreten.

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Mit Vorlagebericht vom legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht vor und führte ergänzend aus, dass entgegen den Ausführungen der Bf. für die Abgabenkontonummer N-1 kein Antrag auf Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO gestellt worden sei, dem nach § 217 Abs. 4 lit. b BAO iVm § 230 Abs. 6 BAO sowohl eine einbringungshemmende als auch säumniszuschlagsvermeidende Wirkung zukommen hätte können, da der Antrag auf Aussetzung der Einhebung vom lediglich die Abgabenkontonummern N-2 (G-1) und N-3 (P-1) umfasst habe.

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Mit Vorhalt vom an das Finanzamt stellte das Bundesfinanzgericht zum Beschwerdevorbringen, dass in der Beschwerde gegen die Einkommensteuerbescheide 2013 und 2014 auch ein Antrag auf Aussetzung der Einhebung eingebracht worden sei, fest, dass entgegen der Stellungnahme des Finanzamtes im Vorlagebericht und der Begründung der Beschwerdevorentscheidung vom aus dem Schriftsatz des Rechtsanwaltes vom die Einbringung von Beschwerden gegen die Einkommensteuerbescheide sowie des Aussetzungsantrages durchaus geschlossen werden könne, wenn auch die Anführung lediglich der Steuernummern der G-1 und des P-1 auf den ersten Blick vermuten lasse, dass die Beschwerde nur gegen diese eingebracht worden sei. Jedoch schienen als Einschreiter auch die Bf. und der dritte Gesellschafter P-2 auf und werde in der Aufzählung der bekämpften Bescheide auch darauf verwiesen, dass „gegen ihre Einkommensteuerbescheide betreffend 2012 bis 2015“ ebenfalls Beschwerde erhoben werde.

Sollte das Finanzamt Mängelbehebungsaufträge (Beschwerde und Aussetzungsantrag) erlassen haben, zumal auch die auszusetzenden Beträge nicht aufgegliedert worden seien, werde um Übermittlung dieser und der Beantwortung durch die Bf. ersucht. Andernfalls möge bekanntgegeben werden, weshalb das Finanzamt nicht von der Erhebung einer Beschwerde und Einbringung eines Aussetzungsantrages durch die Bf. ausgehe.

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Das Finanzamt erklärte dazu am telefonisch, sich der Rechtsmeinung des Bundesfinanzgerichtes anzuschließen und ersuchte um Stattgabe der Beschwerde.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Folgender Sachverhalt wurde festgestellt und der Entscheidung zugrunde gelegt:

Mit Bescheiden vom stellte das Finanzamt (unter anderem) für die Kalenderjahre 2013 und 2014 Einkünfte der G-1 (StNr. N-2) aus Gewerbebetrieb fest, die zu je einem Drittel der Bf., P-2 und P-1 zugeordnet wurden.

Daraufhin ergingen bei der Bf. zu ihrer StNr. N-1 am gemäß § 295 Abs. 1 BAO gegenüber den Bescheiden vom für das Kalenderjahr 2013 und vom für das Kalenderjahr 2014 geänderte Einkommensteuerbescheide mit den den Säumniszuschlägen zugrundeliegenden Nachforderungen. Diese waren gemäß § 210 Abs. 1 am fällig.

Dagegen erhob die Bf. mit Schriftsatz vom das Rechtsmittel der Beschwerde und brachte gemäß § 212a BAO auch einen Antrag auf Aussetzung der Einhebung ein, der bis dato noch unerledigt ist.

Beweiswürdigung:

Zu prüfen war, ob die Bf. mit dem Schriftsatz des Vertreters der G-1 und aller drei Gesellschafter vom gegen ihre Einkommensteuerbescheide 2013 und 2014 vom Beschwerden erhob und damit in weiterer Folge auch Aussetzungsanträge einbrachte.

Dazu ist festzustellen, dass zwar lediglich Steuernummern der G-1 (Umsatzsteuerbescheide 2012-2015) und des Gesellschafters P-1 (Einkommensteuerbescheide 2012-2015 und Anspruchszinsen 2012-2014) angeführt waren.

Da allerdings auch die Bf. als Einschreiterin aufscheint und in der Aufzählung der bekämpften Bescheide auch darauf verwiesen wurde, dass „gegen ihre Einkommensteuerbescheide betreffend 2012 bis 2015“ ebenfalls Beschwerde erhoben werde, muss im Zweifel davon ausgegangen werden, dass die Beschwerde auch gegen ihre Einkommensteuerbescheide 2013 und 2014 gerichtet war.

Damit gilt aber der allgemein und ohne Anführung von Beträgen gehaltene Aussetzungsantrag auch für die Einkommensteuern der Bf. eingebracht, zumal auf die Vermögenslosigkeit der Beteiligten hingewiesen wurde.

Rechtliche Würdigung:

Wird eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren, nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so sind gemäß § 217 Abs. 1 BAO nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Säumniszuschläge zu entrichten. Gemäß Abs. 2 beträgt der erste Säumniszuschlag 2 % des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages.

Gemäß § 217 Abs. 4 lit. b BAO sind Säumniszuschläge für Abgabenschuldigkeiten insoweit nicht zu entrichten, als ihre Einbringung gemäß § 230 Abs. 6 gehemmt ist.

Wurde ein Antrag auf Aussetzung der Einhebung gestellt, so dürfen gemäß § 230 Abs. 6 BAO Einbringungsmaßnahmen hinsichtlich der davon nach Maßgabe des § 212a Abs. 1 2 lit. b und 3 letzter Satz betroffenen Abgaben bis zu seiner Erledigung weder eingeleitet noch fortgesetzt werden.

Die Einhebung einer Abgabe, deren Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Bescheidbeschwerde abhängt, ist gemäß § 212a Abs. 1 BAO auf Antrag des Abgabepflichtigen von der Abgabenbehörde insoweit auszusetzen, als eine Nachforderung unmittelbar oder mittelbar auf einen Bescheid, der von einem Anbringen abweicht, oder auf einen Bescheid, dem kein Anbringen zugrunde liegt, zurückzuführen ist, höchstens jedoch im Ausmaß der sich bei einer dem Begehren des Abgabepflichtigen Rechnung tragenden Beschwerdeerledigung ergebenden Herabsetzung der Abgabenschuld. Dies gilt sinngemäß, wenn mit einer Bescheidbeschwerde die Inanspruchnahme für eine Abgabe angefochten wird.

Gemäß § 212a Abs. 3 BAO können Anträge auf Aussetzung der Einhebung bis zur Entscheidung über die Bescheidbeschwerde (Abs. 1) gestellt werden. Sie haben die Darstellung der Ermittlung des gemäß Abs. 1 für die Aussetzung in Betracht kommenden Abgabenbetrages zu enthalten (…)

Die einbringungshemmende Wirkung von Anträgen auf Aussetzung der Einhebung ergibt sich aus § 230 Abs. 6 BAO. Soweit dem Aussetzungsantrag einbringungshemmende Wirkung zukommt, hat er dem § 217 Abs. 4 lit. b BAO zufolge auch säumniszuschlagsvermeidende Wirkung. Diese Wirkung besteht bis zur Erledigung des Aussetzungsantrages (Ritz, BAO6, § 212a Rz 26).

Im gegenständlichen Fall waren die sich aus den Einkommensteuerbescheiden 2013 und 2014 vom ergebenden Nachforderungen am fällig. Da der Antrag auf Aussetzung der Einhebung dieser Abgaben bereits zeitgerecht am eingebracht, aber bis dato noch nicht erledigt wurde, besteht gemäß § 217 Abs. 4 lit. b BAO iVm § 230 Abs. 6 BAO eine einbringungshemmende und säumniszuschlagsvermeidende Wirkung infolge geschlossener Fristenkette (vgl. ).

Daran vermag auch der Umstand, dass die für die Aussetzung der Einhebung in Betracht kommenden Beträge nicht wie in § 212a Abs. 3 BAO gefordert dargestellt wurden, nichts zu ändern, da seit (BGBl I Nr. 14/2013) diesfalls nicht mehr mit Zurückweisung des Antrages vorzugehen ist, sondern an den Abgabepflichtigen ein Auftrag zur Behebung des Mangels zu ergehen hat (vgl. ; ).

Da somit die Festsetzung der angefochtenen Säumniszuschläge nicht zu Recht erfolgte, war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Über die Beschwerde hat gemäß § 274 Abs. 1 BAO eine mündliche Verhandlung stattzufinden, 1. wenn es beantragt wird a) in der Beschwerde, b) im Vorlageantrag, c) in der Beitrittserklärung oder d) wenn ein Bescheid gemäß § 253 an die Stelle eines mit Bescheidbeschwerde angefochtenen Bescheides tritt, innerhalb eines Monates nach Bekanntgabe des späteren Bescheides, oder 2. wenn es der Einzelrichter bzw. der Berichterstatter für erforderlich hält.

Da es im gegenständlichen Fall ausschließlich um die Lösung von Rechtsfragen ging und kein Sachverhaltselement strittig war, konnte von der Abhaltung einer mündlichen Verhandlung Abstand genommen werden, da kein ergänzendes Vorbringen vorstellbar ist, das zu einem anderen Ergebnis in der Sache geführt hätte.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Die Entscheidung folgt vielmehr der dargestellten ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 217 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 217 Abs. 4 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 230 Abs. 6 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 212a Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 212a Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7101294.2017

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at