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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 28.01.2020, RV/7200102/2016

Festsetzung der Eingangsabgaben für Schmuggelzigaretten nach rechtskräftiger Verurteilung im Finanzstrafverfahren

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R. in der Beschwerdesache Bf., vertreten durch Dr. NN., über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Zollamt Wien vom , Zl. zzz, betreffend Eingangsabgaben zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheid vom , Zl. zzz, setzte das Zollamt Wien der nunmehrigen Beschwerdeführerin (Bf.), Frau Bf., eine Eingangsabgabenschuld in der Höhe von € 1.553,83 (€ 284,08 an Zoll, € 341,17 an Einfuhrumsatzsteuer und € 928,58 an Tabaksteuer) fest.

Sie habe im Zeitraum April 2015 bis November 2015 7.200 Stück Zigaretten der Marke „Winston“ erworben, obwohl sie im Zeitpunkt des Erwerbes wusste oder vernünftigerweise hätte wissen müssen, dass diese vorschriftswidrig in das Zollgebiet verbracht worden waren.

Dadurch sei für sie gemäß Art. 202 Abs. 1 Buchstabe a und Abs. 3 dritter Anstrich in Verbindung mit § 2 Abs. 1 ZollR-DG die Zollschuld im erwähnten Ausmaß entstanden.

Außerdem kam es mit diesem Sammelbescheid zur Vorschreibung einer Abgabenerhöhung gem. § 108 Abs. 1 ZollR-DG im Ausmaß von € 20,17.

In der gegen diesen Bescheid eingebrachten Beschwerde wandte die nunmehr anwaltlich vertretene Bf. unrichtige rechtliche Beurteilung sowie Mangelhaftigkeit des Verfahrens ein.

Das gänzliche Übergehen des Parteivorbringens stelle nach ständiger Rechtsprechung den Entzug des rechtlichen Gehörs und somit eine Verletzung nach Art. 6 EMRK dar.

Es sei unrichtig, dass die Bf. 7.200 Zigaretten der Marke Winston von Frau NN1, NN2 und NN3 erworben habe. Die Bf. kenne das Ehepaar Nn2 und sie habe für dieses Ehepaar ab und zu Reinigungsarbeiten erbracht und als Dank zeitweise Zigaretten der Marke Winston Gold erhalten.

Es sei nicht nachvollziehbar, wie die Behörde zu der vorgeworfenen Menge an Zigaretten gekommen sei. Die Bf. sei im Tatzeitraum hoch schwanger gewesen und habe ein Kind bekommen und sei daher selbst als Raucherin nicht in der Lage gewesen, einen derartig hohen Zigarettenkonsum an den Tag zu legen.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom , Zl. zzZ, hob das Zollamt den Spruch hinsichtlich der zur Vorschreibung gebrachten Abgabenerhöhung auf, im Übrigen wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

In dem gegen diese Beschwerdevorentscheidung eingebrachten Vorlageantrag - bezüglich der Aufhebung der zur Vorschreibung gebrachten Abgabenerhöhung ist Teilrechtskraft eingetreten - verwies die Bf. im Wesentlichen auf die Ausführungen in der Beschwerde. Es sei unberücksichtigt geblieben, dass die Bf. nicht in Kenntnis des Einfuhrverbotes gewesen sei und in Folge ihrer Schwangerschaft der in der Höhe vorgeworfene Eigenkonsum jedenfalls auszuschließen sei.

Im Übrigen seien die Strafzumessungsgründe nicht ausreichend berücksichtigt worden.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Gemäß Art. 202 Abs. 1 Buchstabe a der im Beschwerdefall noch maßgebenden Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften, ABlEG Nr. L 302 vom , (Zollkodex - ZK) entsteht eine Einfuhrzollschuld, wenn eine einfuhrabgabepflichtige Ware vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht wird.

Zollschuldner sind gemäß Art. 202 Abs. 3 dritter Anstrich ZK die Personen, welche die betreffende Ware erworben oder in Besitz gehabt haben, obwohl sie im Zeitpunkt des Erwerbes oder Erhalts der Ware wussten oder vernünftiger Weise hätten wissen müssen, dass diese vorschriftswidrig in das Zollgebiet verbracht worden war.

Mit Erkenntnis vom , Zl. ZZz, hat das Zollamt Wien als Finanzstrafbehörde die Bf. als schuldig erkannt, sie habe im Zeitraum April 2015 bis November 2015 im Bereiche des Zollamtes Wien vorsätzlich Waren, die zugleich Gegenstände des Tabakmonopols sind, nämlich 7.200 Stück (= 36 Stangen) Zigaretten der Marke „Winston“ hinsichtlich welcher von NN4 und andere die Finanzvergehen des Schmuggels und des vorsätzlichen Eingriffes in die Rechte des Tabakmonopols gemäß §§ 35 Abs. 1 lit. a und 44 Abs. 1 FinStrG begangen wurden, in Kenntnis deren zollunredlicher Herkunft zum Teil von NN1 und zum Teil von NN2 und NN3 an sich gebracht.

Sie habe dadurch die Finanzvergehen der vorsätzlichen Abgaben- und Monopolhehlerei gemäß §§ 37 Abs. 1 lit. a und 46 Abs. 1 lit. a FinStrG begangen.

Dieses Erkenntnis ist nach der Aktenlage unbeeinsprucht in Rechtskraft erwachsen.

Dazu ist auf die ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach ein rechtskräftiges Strafurteil bindende Wirkung hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen, auf denen sein Spruch beruht, entfaltet, wozu jene Tatumstände gehören, aus denen sich die jeweilige strafbare Handlung nach ihren gesetzlichen Tatbestandsmerkmalen zusammensetzt (beispielsweise ). Ein vom bindenden Strafurteil abweichendes Abgabenverfahren würde zu Lasten der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes einer Durchbrechung der materiellen Rechtskraft und einer unzulässigen Kontrolle der Organe der Rechtsprechung durch die Verwaltung gleichkommen (; ; u.a.). Die Bindungswirkung erstreckt sich auf die vom Gericht festgestellten und durch den Spruch gedeckten Tatsachen (), wobei die Bindung selbst dann besteht, wenn die maßgebliche Entscheidung rechtswidrig ist ().

Der nunmehr angefochtene Abgabenbescheid betrifft unstrittig genau jene Menge an vorschriftswidrig in die Union verbrachten Tabakwaren, die im Spruch des genannten Erkenntnisses genannt sind.

Dem in der Beschwerde noch erhobenen Einwand, die vom Zollamt ermittelte Zigarettenmenge entspreche nicht den Tatsachen, kann unter Bedachtnahme auf die erwähnte Bindungswirkung somit nicht gefolgt werden.

Das diesbezügliche Vorbringen steht überdies im Widerspruch zu den eigenen Angaben der Bf., die sich im Rahmen der am durchgeführten mündlichen Verhandlung vor Organen des Zollamtes Wien als Finanzstrafbehörde hinsichtlich des gesamten Tatvorwurfes vollinhaltlich geständig gezeigt und eingeräumt hat, im oben erwähnten Zeitraum tatsächlich 7.200 Stück Zigaretten zollunredlicher Herkunft der Marke „Winston“ angekauft zu haben.

Ob die Bf. damals in der Lage war, einen „derart geradezu astronomischen Zigarettenkonsum an den Tag zu legen“ bleibt ohne jeden Einfluss auf die Verwirklichung des abgabenrechtlichen Tatbestands. Denn die Zollschuld entsteht unabhängig davon, ob die angekauften Schmuggelzigaretten für den Eigenbedarf oder für allfällige andere Zwecke (etwa die Weitergabe an Dritte) erworben werden. Auf die in diesem Zusammenhang begehrte Einvernahme der Bf. konnte daher mangels Relevanz verzichtet werden.

Ein generelles Einfuhrverbot für Zigaretten drittländischer Herkunft besteht nicht. Ein diesbezüglicher Vorwurf ist auch dem vorliegenden Abgabenverfahren nicht zu entnehmen. Auf den Einwand, die Bf. habe keine Kenntnis „des Einfuhrverbots“ gehabt, braucht daher nicht näher eingegangen werden.

Die auf eine Reduzierung des Strafausmaßes abzielenden Ausführungen der Bf. entziehen sich einer näheren Behandlung im Rahmen des vorliegenden Abgabenverfahrens. 

Der mehrfach erhobene Einwand des nicht gewährten Parteiengehörs besteht zu Unrecht, da die Bf. sowohl in der Einvernahme vom und nach der Aufforderung zu Art. 22 Abs. 6 ZK vom ausreichend Gelegenheit hatte, Stellung zu nehmen. Eine entsprechende Möglichkeit bestand darüber hinaus sowohl in der Beschwerde als auch im Vorlageantrag.

Das Bundesfinanzgericht erachtet es nach dem Gesagten als erwiesen, dass die Bf. im Zeitraum April 2015 bis November 2015 die im angefochtenen Abgabenbescheid näher bezeichneten Tabakwaren erworben hat, obwohl sie im Zeitpunkt des Erwerbs der Zigaretten wusste oder vernünftigerweise hätte wissen müssen, dass diese vorschriftswidrig in das Zollgebiet verbracht worden waren.

Für die in Folge des vorschriftswidrigen Verbringens gem. Art. 202 Abs. 1 Buchstabe a ZK entstandene Zollschuld war die Bf. als Erwerberin gem. Art. 202 Abs. 3 dritter Anstrich ZK als Abgabenschuldnerin heranzuziehen.

Der Beschwerde war daher der Erfolg zu versagen.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die vorliegende Entscheidung kann sich auf die zitierte höchstgerichtliche Rechtsprechung stützen. Es musste daher der Revisionsausschluss zum Tragen kommen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Zoll
betroffene Normen
§ 2 Abs. 1 ZollR-DG, Zollrechts-Durchführungsgesetz, BGBl. Nr. 659/1994
Art. 202 ZK, VO 2913/92, ABl. Nr. L 302 vom S. 1
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7200102.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at