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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 11.02.2020, RV/5101693/2017

Dreijahresverteilung einer teilweisen (50 %) Pensionsabfindung mit Anrechnung der ganzen Lohnsteuer im ersten Jahr.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Ri. in der Beschwerdesache Bf., Adr., vertreten durch Engelbrecht Rechtsanwalts GmbH, Annagasse 3, 1010 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Grieskirchen Wels zu StNr. vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2016 zu Recht erkannt: 

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Bisheriger Verfahrensgang und Sachverhalt

Die A AG hat Bf. (in der Folge: Bf. = Beschwerdeführerin) im Herbst 2015 das einmalige und nicht verhandelbare Angebot unterbreitet, ihren Anspruch auf eine Betriebspension in der Höhe von brutto € 441,00 monatlich (zahlbar 14 mal/Jahr) zu einem Anteil von 25, 50, 75 oder 100 % abzufinden. Dazu wurde der Bf. mitgeteilt, dass die nach versicherungsmathematischen Grundsätzen unter Berücksichtigung einer 3%igen Abzinsung pro Jahr zu bildende Rückstellung für ihre Pension insgesamt € 93.188,00 betrage. Die Bf. hat dieses Angebot auf Teilabfindung ihrer Betriebspension im Ausmaß von 50% dieses versicherungsmathematischen Barwertes im Dezember 2015 angenommen. Der Abfindungsbetrag iHv € 46.594,00 gelangte im Jahr 2016 zur Auszahlung und die auszahlende A AG behielt die darauf nach § 67 Abs. 10 EStG 1988 entfallende Lohnsteuer wie bei einem laufenden Bezug nach dem Lohnsteuertarif ein.

Im Zuge ihrer Einkommensteuererklärung für 2016 beantragte die Bf., die Teilabfindung nach § 37 Abs. 2 Z 2 iVm § 32 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG  auf drei Jahre zu verteilen.

Das Finanzamt verweigerte im Einkommensteuerbescheid 2016 vom diese beantragte Verteilung mit der Begründung, dass eine derartige Verteilung nur möglich sei, wenn Pensionsansprüche zur Gänze abgefunden werden.

Gegen diesen Bescheid brachte die Bf. mit Schriftsatz vom  eine Beschwerde ein, in der ausführlich anhand der Gesetzesmaterialien und der bestehenden Judikatur dargelegt wurde, warum die Voraussetzungen für eine Aufteilung auch bei einer Teilabfindung gegeben seien. Zudem wurde die Entscheidung über die Beschwerde durch einen Senat beantragt.

In der Beschwerdevorentscheidung vom begründete das Finanzamt die Abweisung der Beschwerde im Wesentlichen damit, dass eine Abfindung nur dann als eine begünstigte Entschädigung iSd § 37 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 iVm § 32 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988 für den Verlust eines Pensionsanspruches angesehen werden könne, wenn das Pensionsanwartschaftsrecht zur Gänze abgefunden wurde und somit für den Pensionsbezieher zur Gänze verloren ist. In dem dagegen eingebrachten Vorlageantrag vom verwies die Bf. auf ihr umfangreiches Beschwerdevorbringen.

Mit Vorlagebericht vom beantragte die belangte Behörde die Abweisung der Beschwerde als unbegründet, da eine Abfindung in Teilbeträgen nicht unter die Progressionsmilderung des § 37 Abs 2 Z 2 EStG 1988 falle, weil der Pensionsbezieher seines Pensionsanwartschaftsrechtes durch eine Teilabfindung nicht verlustig werde.

Mit Eingabe vom gab die Bf. bekannt, dass die von der B GmbH, Adr_2, durchgeführte versicherungsmathematische Berechnung der vollen Pensionsanwartschaft für 7 Jahre (mit 3% Abzinsung) einen Barwert von € 38.654,00 ergab.

Mit Schreiben vom zog die Bf. den Antrag auf Entscheidung durch den Senat zurück.

Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich widerspruchsfrei aus dem Akteninhalt und ist unstrittig.

Rechtliche Grundlagen

§ 37 Abs. 2 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 105/2014 lautet:

"(2) Über Antrag sind nachstehende Einkünfte, beginnend mit dem Veranlagungsjahr, dem der Vorgang zuzurechnen ist, gleichmäßig verteilt auf drei Jahre anzusetzen:

1. Veräußerungsgewinne im Sinne des § 24, wenn seit der Eröffnung oder dem letzten entgeltlichen Erwerbsvorgang sieben Jahre verstrichen sind.

2. Entschädigungen im Sinne des § 32 Abs. 1 Z 1, wenn überdies im Falle der lit. a oder b der Zeitraum, für den die Entschädigungen gewährt werden, mindestens sieben Jahre beträgt.

3. (Anm.: aufgehoben durch BGBl. I Nr. 112/2012)"

§ 32 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 112/2012 lautet:

"(1) Zu den Einkünften im Sinne des § 2 Abs. 3 gehören auch:

1. Entschädigungen, die gewährt werden

a) als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen einschließlich eines Krankengeldes und vergleichbarer Leistungen oder

b) für die Aufgabe oder Nichtausübung einer Tätigkeit, für die Aufgabe einer Gewinnbeteiligung oder einer Anwartschaft auf eine solche oder

c) für die Aufgabe von Bestandrechten, sofern der Bestandgegenstand enteignet wird oder seine Enteignung nachweisbar unmittelbar droht, oder

d) für die Aufgabe von Bestandrechten, deren zwangsweise Auflösung im Hinblick auf die künftige Verwendung des Bestandgegenstandes für einen Zweck, für den Enteignungsrechte in Anspruch genommen werden könnten, nachweisbar unmittelbar droht."

In zwei nahezu gleich gelagerten Fällen (, zu einer 25% Abfindung und , zu einer 50% Abfindung) hat der VwGH entschieden:

"17 Die Revision ist zulässig, weil der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom , Ro 2018/15/0008, zwar bereits die Frage geklärt hat, unter welchen Voraussetzungen auch Teilabfindungen der Dreijahresverteilung gemäß § 37 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 zugänglich sind. Auf Grund der in jenem Fall vorzunehmenden Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses des Bundesfinanzgerichts konnte jedoch eine Auseinandersetzung mit der weiters strittigen Frage der Anrechnung der einbehaltenen Lohnsteuer unterbleiben.

18 Im Erkenntnis vom , Ro 2018/15/0008, auf dessen Entscheidungsgründe gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen werden kann, sprach der Verwaltungsgerichtshof aus, dass entgangene oder entgehende Einnahmen iSd § 32 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988 auch dann vorliegen, wenn nur ein Teil der ursprünglich zustehenden Einnahmen auf Grund einer Abfindungsvereinbarung entgehen. Begünstigt ist eine Abfindung nach § 37 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 aber nur dann, wenn die Entschädigung für einen Zeitraum von mindestens sieben Jahren gewährt wird, also eine Entschädigung in Bezug auf sieben volle Jahresbeträge vorliegt. Eine Abfindung nur eines Teils eines Anspruchs bewirkt, dass die Zusammenballung nur in einem geringeren Ausmaß eintritt. Eine Abfindung etwa von 10 % der Pensionsanwartschaften würde bewirken, dass bei einer Abfindung über einen Zeitraum von sieben Jahren lediglich 70 % eines Jahresbetrages zu besteuern wären. Eine "erhebliche Zusammenballung" läge in diesem Fall nicht vor. Eine erhebliche Zusammenballung von Einkünften kann damit nur dann angenommen werden, wenn die Entschädigung dem Barwert der vollen Pensionsanwartschaft für zumindest sieben Jahre entspricht.

19 Im gegenständlich vorliegenden Fall einer Abfindung von 50 % der Pensionsanwartschaften ergibt bereits eine überschlägige Ermittlung des Barwerts (ausgehend von den vom Arbeitgeber zugrunde gelegten Prämissen, insbesondere einer Abzinsung von 3 %), dass die hier vereinbarte und ausbezahlte Abfindung in Höhe von 38.192 EUR diesen Betrag jedenfalls erreicht.

20 Damit setzte das Bundesfinanzgericht die teilweise Pensionsabfindung im Ergebnis zu Recht über Antrag der mitbeteiligten Partei auf drei Jahre verteilt, im Streitjahr 2016 somit zu lediglich einem Drittel an.

21 Für diesen Fall vertritt das revisionswerbende Finanzamt die Ansicht, dass nur ein Drittel der Lohnsteuer bei der Veranlagung angerechnet werden dürfe. Die verbleibenden zwei Drittel der Pensionsabfindung stellten im ersten Jahr keine "veranlagten Einkünfte" dieses Veranlagungsjahres dar.

22 Nach § 46 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 werden die durch Steuerabzug einbehaltenen Beträge, soweit sie auf veranlagte Einkünfte entfallen, auf die Einkommensteuerschuld angerechnet.

23 Zweck der Begünstigung des § 37 Abs. 2 EStG 1988 ist neben der Ermäßigung der Progression auch eine Steuerstundung (vgl. Fraberger/Papst in Doralt et al, EStG18 § 37 Tz 3). Vor diesem Hintergrund ist § 46 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 dahingehend zu interpretieren, dass die zum Zeitpunkt der Auszahlung der Abfindung einbehaltene Lohnsteuer zur Gänze bei der Veranlagung für das erste Jahr zur Anrechnung gelangt.

24 Auch der Umstand, dass der Arbeitgeber im Kalendermonat der Zahlung zu Recht von der Pensionsabfindung gemäß § 67 Abs. 10 EStG 1988 iVm § 124b Z 53 erster Satz EStG 1988 Lohnsteuer einbehalten hat und somit keine zu Unrecht einbehaltene Lohnsteuer iSd § 240 BAO vorliegt, steht entgegen der von der Revision vertretenen Ansicht einer Anrechnung der gesamten Lohnsteuer im Streitjahr nicht entgegen. § 67 EStG 1988 hat die lohnsteuerliche Behandlung sonstiger Bezüge zum Inhalt. Abschließend gibt er die steuerliche Behandlung sonstiger Bezüge aber nur insoweit vor, als diese nicht in eine Einkommensteuerveranlagung einzubeziehen sind (vgl. )."

Erwägungen des BFG zur gegenständlichen Beschwerde

Im gegenständlichen Streitfall ist der Abfindungsbetrag von € 46.594,00 höher als der absolute 7-Jahresbetrag der zugesagten Rente (441 x 14 x 7 = € 43.218,00). Ein abgezinster 7-Jahresbetrag wäre jedenfalls – gleichgültig ob versicherungsmathematisch abgezinst oder nur mit 3%-Abzinsung - nochmals niedriger, sodass die vom VwGH für die Anwendbarkeit der Drittelung geforderte Zusammenballung jedenfalls gegeben ist.

Es waren somit aus den steuerpflichtigen Einkünften laut dem angefochtenen Bescheid zwei Drittel des Abfindungsbetrages (€ 31.062,67) auszuscheiden und € 45.174,18 (statt bisher € 76.236,85) anzusetzen.

Hinsichtlich der anrechenbaren Lohnsteuer ergibt sich nach dem angeführten VwGH-Erkenntnis keine Änderung, da die gesamte für die Abfindung einbehaltene Lohnsteuer im Jahr der Auszahlung anzurechnen ist.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da nach den jüngsten oben angeführten Erkenntnissen des VwGH die hier strittigen Fragen geklärt sind, war die Revision als unzulässig zu erklären.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 67 Abs. 10 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 37 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 46 Abs. 1 Z 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 124b Z 53 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 240 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 43 Abs. 2 VwGG, Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985
§ 32 Abs. 1 Z 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
Verweise


ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.5101693.2017

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at