Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 12.02.2020, RV/5200159/2012

Angabe eines unzutreffenden Warenortes in der Versandanmeldung

Rechtssätze


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Folgerechtssätze
RV/5200159/2012-RS1
wie RV/5200076/2014-RS1
Wurde für die im externen gemeinschaftlichen Versandverfahren beförderten, an einem zugelassenen Warenort eingetroffenen und vorübergehend verwahrten Waren noch am selben Tag eine weitere Versandanmeldung abgegeben und vom Zollamt die Überlassung der Waren zum Versandverfahren verfügt, liegt vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des (X BV), solange sich die Waren unverändert am zugelassenen Warenort befanden - auch bei einer versehentlichen Angabe eines im Bereich desselben Zollamtes gelegenen unzutreffenden Warenortes in der anschließenden Versandanmeldung - noch kein Entziehen aus der zollamtlichen Überwachung im Sinne des Art. 203 ZK vor.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R. in der Beschwerdesache Bf., vertreten durch A., über die Beschwerde vom  gegen den Bescheid der belangten Behörde Zollamt Linz Wels vom , Zahl: 01, betreffend die Festsetzung von Eingangsabgaben und einer Abgabenerhöhung zu Recht erkannt: 

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos aufgehoben.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensablauf:

Mit Bescheid vom , Zl. 01 setzte das Zollamt gegenüber der nunmehrigen Beschwerdeführerin (folgend kurz Bf.) einen Abgabenbetrag gemäß Art. 203 Abs. 1 und Abs. 3, zweiter Anstrich ZK iVm § 2 Abs. 1 ZollR-DG, in Höhe von 1.115,38 € (Zölle auf landwirtschaftliche Erzeugnisse: 498,84 €, EUSt: 616,54 €), sowie zusätzlich eine Abgabenerhöhung gem. § 108 ZollR-DG in Höhe von 19,22 € fest. In der Begründung dieser Entscheidung führt die Abgabenbehörde aus, dass von einem Bediensteten der Bf. mit Ankunftsanzeige (TR200) dem Zollamt mitgeteilt worden sei, dass die vom Versandschein T1 0X umfassten Waren am am zugelassenen Warenort B., eingetroffen seien. Dieser Vorgang fände auch durch die Eingabe der Entladevermerke ("A2" = konform) Bestätigung. Dass sich die Waren am angemeldeten Warenort befunden hätten ergebe sich aus den eigenen Ausführungen der Bf. in ihren Schriftsätzen vom und . Auf Grund einer durch das Zollamt durchgeführten Versandscheinprüfung sei jedoch festgestellt worden, dass der Versandschein T1 0X zwar ordnungsgemäß am zugelassenen Warenort B. gestellt worden wäre, jedoch seien im Anschluss die von diesem Versanddokument erfassten und hier den Gegenstand der Abgabenvorschreibung bildenden Waren - ohne sie einer weiteren zollrechtlichen Bestimmung zugeführt zu haben und ohne Wissen der zuständigen Zollbehörde - vom zugelassenen Warenort B., entfernt worden. Die Waren seien dadurch der zollamtlichen Überwachung entzogen worden, wodurch die Zollschuld nach Art. 203 Abs. 1 und Abs. 3, 2. Anstrich ZK entstanden wäre. Die Überführung der Waren in das Versandverfahren unter CRN 0Y vom durch einen Bediensteten der Bf. am zugelassenen Warenort C. wäre folglich ohne körperliches Vorhandensein der Waren erfolgt und könne somit nicht als "Anschlussverfahren" des T1 0X gewertet werden.

Dagegen erhob die Bf. durch ihre damalige Rechtsvertretung fristgerecht mit Schriftsatz vom Berufung (nunmehr Beschwerde). In dieser bringt sie sinngemäß im Wesentlichen vor, dass die Bf. über den Status einer zugelassenen Empfängerin gem. Art. 406 Abs. 1 ZK-DVO verfüge. Folglich sei die Bf. von der Gestellung der Waren bei der Bestimmungsstelle gemäß Art. 340b, Ziffer 3 ZK-DVO bzw. Art. 3 Buchstabe h) der Anlage I des Übereinkommens über ein gemeinsames Versandverfahren befreit. Gegenständlich stehe auch außer Streit, dass die Bf. ihrer Verpflichtung nachgekommen sei, die Ankunft der vom Versandschein T 1 0X umfassten Waren dem Zollamt mittels Ankunftsanzeige zu melden. Als Folge sei somit das Versandverfahren am um 6.36 Uhr beendet gewesen. Ein Teil dieser, mit dem zuvor genannten Versandschein angewiesenen Waren - nämlich 4 Paletten mit einer Rohmasse von 1.812 kg - sei für einen bulgarischen Abnehmer bestimmt gewesen und deshalb von der Bf. eine Weiteranweisung im Rahmen eines anschließenden externen Versandverfahrens (T1 0Y vom ) an eine näher in der damaligen Berufung genannte Niederlassung der Bf. veranlasst worden. Letztendlich sei die an die Niederlassung angewiesene Ware auch dort an Ort und Stelle am in den zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr mit innergemeinschaftlicher Anschlusslieferung (Code 4200) unter der Anmeldungsnummer 0Z überführt worden. Zutreffend sei die Ankunftsanzeige an das Zollamt betreffend die Versandscheinware des T 1 0X unter der Nennung des Warenortes der Bf. in B. durchgeführt worden, jedoch habe das Zollamt Linz Wels das anschließende Versandverfahren T1 0Y, in dem irrtümlich durch einen Arbeitsfehler der unrichtige Warenort der Bf. C. eingetragen worden wäre, angenommen. Im Übrigen sehe das Gemeinschaftsrecht den Grundsatz einer einmaligen Zollschuldentstehung vor. Die hier den Gegenstand der Abgabenvorschreibung bildenden Nichtgemeinschaftswaren seien nach Beendigung des Anschlussversandverfahrens (T1 0Y) unter der bereits zuvor genannten Anmeldungsnummer in den zollrechtlich freien Verkehr mittels Verfahrenscode 4200 überführt worden.
In den weiteren Ausführungen der Bf. in ihrem damaligen Berufungsschriftsatz setzte sich diese umfangreich damit auseinander, dass nach ihrer Ansicht unter Nennung zahlreicher Bestimmungen der MwStSystRL bei einer - wie vom Zollamt hier gegenständlich angenommenen - Entstehung der Abgabenschuld nach Art. 203 ZK keinesfalls auch die Umsatzsteuerschuld entstanden sei. Letztendlich bringt die Bf. sinngemäß noch vor, dass die Festsetzung einer Abgabenerhöhung nach den Bestimmungen des § 108 Abs. 1 ZollR-DG vom EuGH gebilligt worden sei. Dabei wäre der vorgenannte Gerichtshof jedoch davon ausgegangen, dass die Anwendung einer Abgabenerhöhung dann zum Tragen käme, wenn ein Wirtschaftsteilnehmer gegen Zollvorschriften verstoßen habe. Im gegenständlichen Fall weise das Anschlussversandverfahren T1 0Y als Vorverbuchung den Versandschein T 1 0X auf, sodass auch für die Zollbehörde klar erkennbar gewesen sei, dass auf Grund der erfolgten Ankunftsanzeige an das Zollamt gegenständlich keine Übereinstimmung im jeweils angegebenen Warenort vorgelegen wäre. Folglich ergebe sich im vorliegenden Fall auch ein Irrtum der Zollbehörde, weil diese trotz dieser vorliegenden Unstimmigkeit die anschließende Versandanmeldung angenommen habe. Die Vorschreibung der Abgabenerhöhung sei in einem derartigen Fall keinesfalls gerechtfertigt.

Mit Berufungsvorentscheidung (nunmehr Beschwerdevorentscheidung) vom , Zahl: 02 änderte die Abgabenbehörde den Spruch der angefochtenen Entscheidung vom  dahingehend ab, dass sie die Festsetzung der Abgabenerhöhung wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufhob und im Übrigen die Berufung als unbegründet abwies. Begründend verwies das Zollamt bezüglich der aufhebenden Entscheidung hinsichtlich der festgesetzten Abgabebenerhöung darauf, dass ab Inkrafttreten des § 30a FinStrG mit die Vorschreibung einer Abgabenerhöhung nach § 108 Abs. 1 ZollR-DG unzulässig gewesen sei.

In ihrer damaligen Beschwerde (nunmehr Vorlageantrag) vom an den Unabhängigen Finanzsenat (UFS) wiederholt die Bf. - mit Ausnahme der Ausführungen zur Abgabenerhöhung - im Wesentlichen sinngemäß die Einwendungen ihres Berufungsschriftsatzes vom und beantragte darin die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und eine Entscheidung durch den gesamten Senat.

Das Zollamt legte den gegenständlichen Aktenvorgang dem damaligen UFS mit Vorlagebericht vom vor. Die in der damaligen Beschwerde gestellten Anträge auf Abhaltung einer mündlichen Verhandlung, sowie dass eine Entscheidung im Senat getroffen werden möge, zog die Bf. mit Eingabe an das zurück. Mit Beschluss vom setzte das Finanzgericht das gegenständliche Verfahren nach § 271 BAO aus und bezog sich dabei auf die beim Verwaltungsgerichthof anhängig gewesene Amtsrevision gegen das Erkenntnis des GZ: RV/5200076/2014. Da eine Entscheidung über das, vom Finanzgericht der Aussetzung zugrunde gelegte Verfahren vom Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom , Ro 2018/16/0047 ergangen ist, war das gegenständliche Verfahren gemäß § 271 Abs. 2 BAO nunmehr durch das BFG fortzusetzen. Vor Erlassung der gegenständlichen Entscheidung wurde den Verfahrensparteien jeweils eine anonymisierte Ausfertigung des vorgenannten VwGH-Erkenntnisses mit Schreiben vom übermittelt und ihnen die Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme eingeräumt. Innerhalb der, im Schreiben des gesetzten Frist langte weder von der Bf. noch von der Amtspartei eine Gegenäußerung ein.    

II. Sachverhalt:

Die Bf. (eine Speditionsunternehmen) war Inhaberin einer vom Zollamt erteilten Bewilligung als zugelassener Empfänger und als zugelassener Versender. Weiters war der Bf. eine Bewilligung zur Teilnahme am Informatikverfahren gemäß § 55 Abs. 2 ZollR-DG sowie der Gestellung und Abfertigung an zugelassenen Warenorten gemäß § 11 Abs. 7 ZollR-DG von der Zollbehörde erteilt worden. Die vom Versandschein T1 0X vom  umfassten Waren (insgesamt 17 Packstücke mit 3.686 kg) wurden im externen gemeinschaftlichen Versandverfahren nach dem NCTS (New Computerized Transit System) zu dem im Bereich des Zollamtes Linz Wels (AT) für die Bf. zugelassenen Warenort in B. befördert. Das Versandverfahren wurde am vorbezeichneten Warenort am ordnungsgemäß beendet und ein Teil dieser Waren sollte wiederum im externen Versandverfahren in Österreich weitertransportiert werden. Noch am selben Tag meldete die Bf. beim Zollamt einen Teil dieser Waren (4 Packstücke mit 1.812 kg) im Informatikverfahren erneut zu einem externen gemeinschaftlichen Versandverfahren (T1 0Y) an, wobei sie in der Versandanmeldung die MRN (movement reference number) des vorangegangenen Versandverfahrens ( 0X) anführte, als „zugelassenen Warenort“ nunmehr allerdings C. angab. Nach Annahme der Versandanmeldung und Überlassung der Waren zum Versandverfahren wurden die von diesem Begleitdokument erfassten Waren, die sich weiterhin an dem für die Bf. zugelassenen Warenort in B. befanden, zu ihrem Bestimmungsort befördert. Das Versandverfahren wurde in der Folge ordnungsgemäß erledigt.

III. Rechtslage:

Eingangs ist zum anhängigen Verfahren auszuführen, dass infolge der Novellierung des Art. 129 B-VG mit an die Stelle des Unabhängigen Finanzsenates (kurz UFS) als Abgabenbehörde II. Instanz, das Bundesfinanzgericht getreten ist. Die am beim UFS noch anhängigen Verfahren sind gem. § 323 Abs. 38 BAO idF des BGBl 14/2013 vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden im Sinn des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen. Die hier noch nach § 85c ZollR-DG idF des BGBl 76/2011 beim Zollamt eingebrachte Beschwerde vom gegen die damalige Berufungsvorentscheidung des Zollamtes vom , GZ: 02 war daher gemäß § 264 BAO in der ab 2014 anzuwendenden Fassung als Vorlageantrag zu werten, wodurch im Sinne des § 264 Abs. 3 leg cit die nach § 85a ZollR-DG idF des BGBl. 52/2009 erhobene Berufung (nunmehr Beschwerde) vom gegen den Bescheid des Zollamtes vom , Zl. 01 wiederum als unerledigt gegolten hat.

Die maßgeblichen Bestimmungen des Zollkodex in der im gegenständlichen Beschwerdefall noch anzuwendenden Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12.10.19992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften lauten wie folgt:

Gemäß Art. 37 Abs. 1 ZK unterliegen Waren, die in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht werden, vom Zeitpunkt des Verbringens an der zollamtlichen Überwachung.

Sobald Nichtgemeinschaftswaren, die in einem Versandverfahren befördert worden sind, am Bestimmungsort im Zollgebiet der Gemeinschaft nach Maßgabe der Vorschriften für das betreffende Versandverfahren gestellt worden sind, finden gemäß Art. 55 ZK die Art. 42 bis 53 ZK Anwendung.

Nach Art. 48 ZK  müssen die gestellten Nichtgemeinschaftswaren eine der für Nichtgemeinschaftswaren zulässige zollrechtliche Bestimmung erhalten.

Gemäß Art. 50 ZK haben die gestellten Waren bis zum Erhalt einer zollrechtlichen Bestimmung die Rechtsstellung von Waren in vorübergehender Verwahrung. Die vorübergehend verwahrten Waren dürfen nach Art. 51 Abs. 1 ZK ausschließlich an von den Zollbehörden zugelassenen Orten und unter den von diesen Behörden festgelegten Bedingungen gelagert werden.

Alle Waren, die in ein Zollverfahren übergeführt werden sollen, sind gem. Art. 59 Abs. 1 ZK zu dem betreffenden Verfahren anzumelden.

Gemäß Art. 63 ZK werden Anmeldungen, die den Voraussetzungen des Artikels 62 entsprechen, von den Zollbehörden unverzüglich angenommen, sofern die betreffenden Waren gestellt worden sind.

Bei Abgabe der Zollanmeldung mit Mitteln der Datenverarbeitung gelten gem. Art 77 Abs. 1 ZK die Art. 62 bis 76 lg cit unter Beachtung der darin festgelegten Grundsätze sinngemäß.

Gemäß Art. 91 Abs. 1 ZK können im externen Versandverfahren u. a. Nichtgemeinschaftswaren zwischen zwei innerhalb des Zollgebiets der Gemeinschaft gelegenen Orten befördert werden, ohne dass diese Waren Einfuhrabgaben, anderen Abgaben oder handelspolitischen Maßnahmen unterliegen.

Das externe Versandverfahren endet gemäß Art. 92 Abs. 1 ZK, wenn die in dem Verfahren befindlichen Waren und die erforderlichen Dokumente entsprechend den Bestimmungen des betreffenden Verfahrens am Bestimmungsort der dortigen Zollstelle gestellt werden.

Gemäß Art. 203 Abs. 1 ZK entsteht eine Einfuhrzollschuld, wenn eine einfuhrabgabenpflichtige Ware der zollamtlichen Überwachung entzogen wird, und zwar gemäß Art. 203 Abs. 2 ZK in dem Zeitpunkt, in dem die Ware der zollamtlichen Überwachung entzogen wird.

Nach Art. 398 ZK-DVO in der hier noch anzuwendenden Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 der Kommission vom mit Durchführungsvorschriften zu der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften kann einer Person, die das gemeinschaftliche Versandverfahren in Anspruch nehmen möchte, ohne der Abgangsstelle oder an einem anderen zugelassenen Ort die in der Versandanmeldung aufgeführten Waren zu gestellen, der Status eines zugelassenen Versenders bewilligt werden.

Gemäß Art. 400 ZK-DVO übermittelt der zugelassene Versender der Abgangsstelle die Versandanmeldung. Die Überlassung der Waren kann erst nach Ablauf der Frist gemäß Artikel 399 Buchstabe b erfolgen.

Gemäß Art. 406 Abs. 1 ZK-DVO  kann einer Person, die im gemeinschaftlichen Versandverfahren beförderte Waren in ihrem Betrieb oder an einem anderen festgelegten Ort in Empfang nehmen möchte, ohne dass der Bestimmungsstelle die Waren gestellt und das Versandbegleitdokument - Versandbegleitdokument/Sicherheit vorgelegt werden, der Status eines zugelassenen Empfängers bewilligt werden. Nach Abs. 2 leg cit hat der Hauptverpflichtete seine Pflicht nach Art. 96 Abs. 1 des Zollkodex erfüllt und das Versandverfahren gilt als beendet, sobald die Waren zusammen mit dem Versandbegleitdokument - Versandbegleitdokument/Sicherheit, das die Sendung begleitet hat, dem zugelassenen Empfänger innerhalb der vorgeschriebenen Frist unverändert in seinem Betrieb oder an dem in der Bewilligung näher bestimmten Ort übergeben und die zur Nämlichkeitssicherung getroffenen Maßnahmen beachtet worden sind.

IV. Beweiswürdigung und rechtliche Erwägungen:

Der unter II. dargestellte Sachverhalt ergibt sich aus der, vom Zollamt dem damaligen UFS vorgelegten Aktenlage und steht zwischen den Verfahrensparteien ohnedies außer Streit. Über das in Punkt I. des gegenständlichen Erkenntnisses bereits genannte Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof (), welches für das BFG Anlass zur Erlassung des Aussetzungsbeschlusses vom n ach § 271 BAO im hiesigen Verfahren bewogen hat, wurde vom bezeichneten Höchstgericht mit Erkenntnis vom mittlerweile entschieden. Dieses VwGH-Verfahren betraf zwar eine Amtsrevision des Zollamtes gegen das ergangene Erkenntnis des , in der das Verwaltungsgericht eine stattgebende Entscheidung nach den Bestimmungen des Art. 236 Abs. 1 ZK getroffen hatte, diesem Erstattungsverfahren lag jedoch die selbe Rechtsproblematik wie hier vorliegend zugrunde. Auch im vorgenannten höchstgerichtlichen Verfahren vertrat das Zollamt jene Ansicht, wenn für eine Ware in einer Zollanmeldung ein anderer Warenort angegeben werde als der, an dem sich die Ware nachweislich befinde, seien die Voraussetzungen für die Annahme der Zollanmeldung gemäß Art. 63 ZK nicht erfüllt, weil ein wesentliches Element, nämlich die Gestellung der Waren am zugelassenen Warenort nicht erfüllt worden sei. Nach Ansicht des Zollamtes gehe in einem solchen Fall die Zollanmeldung für das Anschlussverfahren ins Leere, wodurch die Voraussetzungen für die Annahme dieser Anmeldung gemäß Art. 63 ZK nicht erfüllt wäre.

Der VwGH führt im vorgenannten Erkenntnis (vgl. Rz 38ff) aus, dass es im Revisionsfall dahingestellt bleiben könne, ob die Annahme der Anmeldung als begünstigende Entscheidung zurückzunehmen gewesen wäre, denn einerseits sei die Annahme der Anmeldung nach der Aktenlage nicht zurückgenommen worden und andererseits würde dies gemäß Art. 8 Abs. 1 ZK erfordern, dass die begünstigende Entscheidung (im Revisionsfall die Annahme der Anmeldung) auf Grund unrichtiger oder unvollständiger Tatsachen ergangen ist und dem Antragsteller die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der Tatsachen bekannt war und sie auf Grund der richtigen und vollständigen Tatsachen nicht hätte ergehen dürfen. Dass der Anmelder die Unrichtigkeit der Angabe zum Feld 30 der Versandanmeldung wusste oder vernünftigerweise hätte wissen müssen, hat das Bundesfinanzgericht nicht festgestellt und behauptet auch das revisionswerbende Zollamt nicht. Jedenfalls ist die Versandanmeldung unbestritten vom Zollamt angenommen worden und sind die in Rede stehenden Waren in das (anschließende) Versandverfahren übergeführt worden. Dass die Waren vom Beförderungsmittel abgeladen worden wären oder vom angegebenen Warenort, bei welchem das vorangegangene Versandverfahren beendet worden war, entfernt worden wären, bevor sie in das neuerliche Versandverfahren übergeführt worden waren, hat das Bundesfinanzgericht nicht festgestellt und behauptet auch das revisionswerbende Zollamt nicht.

Auch im gegenständlichen Fall haben sich demnach die in Rede stehenden Waren bis zur Überlassung in das Versandverfahren in der Rechtsstellung der vorübergehenden Verwahrung befunden, ohne dass sie den zugelassenen Warenort verlassen hätten, der in der Ankunftsanzeige des vorangegangenen Versandverfahrens angeführt worden war. Bis zur Überlassung in das (neuerliche) Versandverfahren konnten die Waren an diesem Ort kontrolliert werden und waren - entgegen der Ansicht des Zollamtes - der zollamtlichen Überwachung nicht entzogen. Die Angaben eines unzutreffenden Warenortes in der Anmeldung zum (neuerlichen) Versandverfahren ändert daran nichts. Die Möglichkeit des Zollamtes mag zwar erschwert oder eingeschränkt gewesen sein, die Waren für das angemeldete Versandverfahren zu kontrollieren. Doch unabhängig davon, ob die Anmeldung zum Versandverfahren hätte angenommen werden dürfen oder nicht, befanden sich die Waren noch in der vorübergehenden Verwahrung, bis sie zu dem (neuerlichen) Versandverfahren überlassen worden waren. Mit der Überlassung in dieses Versandverfahren waren sie zum Bestimmungsort zu befördern, weshalb ab diesem Zeitpunkt die Angabe des Warenortes in der Anmeldung keine Bedeutung mehr erlangt (siehe wiederum VwGH vom Ro 2018/16/0047, Rz 41 und 42).

Solange sich die Waren demnach unverändert am zugelassenen Warenort in B. befunden haben, wurden diese noch nicht der zollamtlichen Überwachung entzogen, auch wenn eine anschließende Versandanmeldung mit einer versehentlichen Angabe eines im Bereich desselben Zollamtes gelegenen unzutreffenden Warenortes (hier somit C.) angenommen wurde und die Waren in das Versandverfahren überführt worden sind.

Die gegenständlich angefochtene Abgabenfestsetzung mit Bescheid vom , Zl. 01 erfolgte daher zu Unrecht, wodurch der Beschwerde stattzugeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos aufzuheben war. 

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Die hier aufgeworfene Rechtsfrage ist durch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshöfen Ro 2018/16/0047 ausreichend geklärt. Folglich liegt gegenständlich keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor, wodurch die Zulässigkeit einer ordentlichen Revision zu verneinen war.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Zoll
betroffene Normen
Art. 37 ZK, VO 2913/92, ABl. Nr. L 302 vom S. 1
Art. 50 ZK, VO 2913/92, ABl. Nr. L 302 vom S. 1
Art. 203 ZK, VO 2913/92, ABl. Nr. L 302 vom S. 1
Verweise

ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.5200159.2012

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