Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 04.02.2020, RV/5101081/2015

Pendlerpauschale und Pendlereuro 2013

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Peter Binder in der Beschwerdesache Bf., geb. am GD, whft. in WS, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt FA vom , betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2013 zur Steuernummer (StNr.) 12, zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der in dem angefochtenen Einkommensteuerbescheid angeführten Abgabe betragen:


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Bemessungsgrundlage
Abgabe
Jahr
Art
Höhe
Art
Höhe
2013
Einkommen
€ 21.664,77
Einkommensteuer
  € 3.642,15
 
 
 
anrechenbare Lohnsteuer
Rundung gem. § 39 Abs. 3 EStG 1988

- € 3.980,73


- €        0,42
ergibt folgende festgesetzte Einkommensteuer
- €     339,00

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt, das einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses bildet, zu entnehmen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

I) Verfahrensverlauf:

Mit Antrag vom (Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2013) machte die im Veranlagungsjahr durchgehend von einem Arbeitgeber (AG) ausschließlich dem Lohnsteuerabzug gemäß § 47 Einkommensteuergesetz (EStG) 1988 idgF unterliegende nichtselbständige Einkünfte nach § 25 leg. cit. beziehende Beschwerdeführerin (Bf.) im Zuge der durchzuführenden Arbeitnehmerveranlagung zu berücksichtigende Sonderausgaben gemäß § 18 Abs. 1 Z 5, außergewöhnliche Belastungen gemäß §§ 34 f, sowie einen Kinderfreibetrag gemäß § 106 f EStG 1988 idgF geltend.

Mit abgabenbehördlichen Bescheid vom wurde unter Heranziehung des vom AG gemäß § 84 EStG 1988 idgF übermittelten Lohnzettels, aus welchem u. a. ersichtlich war, dass vom AG für die Ermittlung der lohnsteuerpflichtigen Einkünfte der Bf. ein Pendlerpauschale von € 696,00 berücksichtigt worden war, unter Ansatz der der Bf. von Amts wegen zustehenden bzw. von ihr geltend gemachten einkommens- bzw. steuer-mindernden Beträge an Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen und Kinderfreibetrag; sowie Verkehrs- und Arbeitnehmerabsetzbetrag gemäß § 33 Abs. 5 Z 1, 2 EStG 1988, die anfallende Einkommensteuer mit € 3.714,15 bestimmt und, nach Anrechnung der (vom AG) einbehaltenen Lohnsteuer und unter Anwendung der Rundungsbestimmung des § 39 Abs. 3 EStG 1988 idgF, die Einkommensteuer 2013 mit - € 267,00 festgesetzt.

Mit abgabenbehördlichen Bescheid vom  wurde das Verfahren betreffend die Einkommensteuer 2013 zur genannten StNr. mit der Begründung einer sich aus einem übermittelten berichtigten/neuen Lohnzettel ergebenden geänderten Einkommensteuerfestsetzung gemäß § 303 Abs. 1 Bundesabgabenordnung (BAO) wiederaufgenommen und in dem gleichzeitig ergangenen neuen Sachbescheid (§ 307 BAO), die Einkommensteuer 2013 unter erstmaligem Ansatz eines als (zusätzlicher) Absetzbetrag zu berücksichtigenden einkommenssteuermindernden Pendlereuros  gemäß § 33 Abs. 5 Z 4 EStG 1988 iHv. € 53,84 mit - € 320,00 neu festgesetzt.

Gegen diesen Einkommensteuerbescheid erhob die Bf. mit Eingabe vom form- und fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde (§ 243 ff BAO) und machte unter Hinweis auf die Ergebnisse des Pendlerrechners geltend, dass ihr für die mit dem Kraftfahrzeug (Kfz) zurückgelegte Wegstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte das große Pendlerpauschale zustehe, da ihr die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht zumutbar sei.

Mit abgabenbehördlicher Beschwerdevorentscheidung (§ 262 BAO) vom  wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. In der zugehörigen Begründung wurde festgestellt, dass, indem der Bf. für die Zurücklegung des Arbeitsweges die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel möglich und auch zumutbar sei, lediglich das bereits beim Lohnsteuerabzug entsprechend berücksichtigte kleine Pendlerpauschale zustehe.

Am beantragte die Bf. form- und fristgerecht die Entscheidung über ihre Beschwerde durch das Verwaltungsgericht (Vorlageantrag; § 264 BAO) und führte darin an, dass der (vom Finanzamt) ins Netz gestellte Pendlerrechner für sie eine Unzumutbarkeit der Benützung eines öffentlichen Verkehrsmittels ermittelt habe. Aus diesem Grund sei es auch zu der Beschwerde gekommen. Eine neuerliche (als Beilage angeschlossene) Abfrage durch den Pendlerrechner für das Jahr 2014 habe wiederum eine Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme öffentlicher Verkehrsmittel für den zurückgelegten Weg zwischen Wohnung und Arbeitsstätte ergeben.

Über Vorhalt des Finanzamtes vom , mit dem der Bf. mitgeteilt worden war, dass ihre Arbeitsstätte mit öffentlichen Verkehrsmitteln innerhalb von 61 Minuten erreichbar sei, und sie gleichzeitig aufgefordert worden war, eine genaue Aufstellung über die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte (Arbeitszeiten; Wege zwischen Wohnung-Haltestelle-Arbeitsstätte und zurück; Angaben über benützte Verkehrsmittel) beizubringen, gab die Bf. mit Schreiben vom  ihre Arbeitszeiten dezidiert mit Montag - Freitag: 07:45 - 16:45 Uhr bekannt. Aufgrund dieser fixen Arbeitszeiten sei es ihr 2013 insofern nicht möglich gewesen, ihre Arbeitsstätte mit öffentlichen Verkehrsmitteln in einer zumutbaren Zeit von ihrer Wohnung aus zu erreichen, als bei einer Wegstrecke zwischen ihrem Wohnort über UK und BW zum Arbeitsplatz entweder (bei Verlassen des Wohnortes um 05:00 Uhr) die Wartezeit zu lange, oder, bei Verlassen des Wohnortes um 06:00 Uhr, die Ankunftszeit am Arbeitsplatz (07:40 Uhr) zu spät, da zu Beginn der Arbeitszeit der Computer bereits hochgefahren sein müsse. Der Stellungnahme angeschlossen war eine von der Bf. am erstellte Erklärung zur Berücksichtigung des Pendlerpauschales und des Pendlereuros ab (L 34), sowie eine ausgefüllte Berechnungshilfe (L-34a).      

In dem auch der Bf. übermittelten Vorlagebericht der belangten Behörde vom (§ 265 BAO) an das Bundesfinanzgericht (BFG) wurde unter Hinweis auf bestehende, in den Beilagen entsprechend dargelegte zumutbare Verkehrsverbindungen mit öffentlichen Verkehrsmitteln die Abweisung der Beschwerde beantragt. Weiters wurde festgehalten, dass bei der (abgabenbehördlich festgestellten) Wegzeit von 72 Minuten in jedem Fall die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel als zumutbar erscheine. Selbst wenn man aber die (erst) ab 2014 geltenden (günstigeren) Zumutbarkeitskriterien laut Pendlerverordnung heranziehe, ergäbe sich, wie die beigelegten Ausdrucke (u. a. Pendlerrechner vom ; sowie drei Routenplaner-Abfragen vom ) ersichtlich machten, keine andere Beurteilung, als dass der Bf. lediglich das im angefochtenen Einkommensteuerbescheid bereits entsprechend berücksichtigte "kleine" Pendlerpauschale iHv. € 696,00 zustehe.

II) Sachverhalt

Als maßgeblicher Sachverhalt konnte Nachstehendes festgestellt werden:

Die Bf. ist in der WS, wohnhaft. Die Anschrift der von ihr an jeweils mehr als 10 Tagen pro Kalendermonat von der Wohnung aus aufgesuchten Arbeitsstätte lautet AS. Laut Angaben der Bf. ist die täglich gleichbleibende ("fixe") Arbeitszeit (Arbeitswoche: Montag bis Freitag) von 07:45 Uhr bis 16:45 Uhr.

Die (einfachen) Fahrstreckenzwischen dem genannten Wohnort und der Arbeitsstätte der Bf. lagen bei Verwendung eines Kfz (kürzeste Strecke) zwischen 24,1 km (Routenplaner ÖAMTC vom ); 24,2 km (Routenplaner Google vom ); 25 km (Routenplaner Michelin vom ) und 26 km (Pendlerrechnerabfrage der Bf. für ); d. e. einem (aufgerundeten) Durchschnittswert von 25 km. Diese Autofahrstrecke konnte in 21 Minuten (aufgerundeter Durchschnittswert aus den laut Routenplanern ausgewiesenen Fahrtzeiten von 19, 21 bzw. 22 Minuten) zurückgelegt werden.

Die unter der Verwendung öffentlicher Verkehrsmittel (zuzüglich anfallender Gehwege) zurückgelegte (einfache) Wegstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte betrug (gerundet) laut Pendlerrechnerabfrage des Finanzamtes vom für den insgesamt 36 km.

Der für einen rechtzeitigen Arbeitsbeginn unter Verwendung verfügbarer Massenbeförderungsmittel für den (reinen) Arbeitsweg vom Verlassen der Wohnung bis zur Erreichung der Arbeitsstätte anfallende Zeitaufwand (einschließlich Gehzeiten zum bzw. vom jeweiligen Massenbeförderungsmittel, sowie entsprechenden Umsteige- und Wartezeiten) laut vorstehend genannter Pendlerrechnerabfrage, ausgehend von den nachfolgend angeführten Geh-, Fahrt-, Warte- und Umsteigezeiten, ergibt insgesamt einen Gesamtwert von 73 Minuten:

Gehweg vom Wohnsitz zur Bushaltestelle in Einstieg1 (0,4 km): 06:20 Uhr bis 06:25 Uhr

Fahrt mit Bus1 zum Einstieg2: 06:25 Uhr bis 06:41 Uhr

Gehweg vom Umsteigepunkt/Einstieg2 bis zum Einsteigepunkt/Einstieg2 (0,1 km): 06:41 Uhr bis 06:43 Uhr

Wartezeit: 06:43 Uhr bis 06:47 Uhr

Zugsfahrt Einstieg2 bis Einstieg3 mit dem RegionalExpress Zug1: 06:47 Uhr bis 07:03 Uhr

Wartezeit: 07:03 Uhr bis 07:04; Zugsfahrt Einstieg3 bis Haltestelle Einstieg4 mit dem Regionalzug Zug2: 07:04 Uhr bis 07:06

Gehweg zum Bushaltestelle Einstieg5 (0,1 km): 07:06 Uhr bis 07:08 Uhr

Wartezeit: 07:08 Uhr bis 07:11 Uhr

Busfahrt von Einstieg4 mit der Linie Bus2 zur Haltestelle Einstieg6: 07:11 Uhr bis 07:19 Uhr

Wartezeit: 07:19 Uhr bis 07:22 Uhr

Busfahrt von Einstieg6 mit dem Obus Bus3 zur Haltestelle Ausstieg: 07:22 Uhr bis 07:30 Uhr

Gehweg zur Arbeitsstätte (0,2 km): 07:30 Uhr bis 07:33 Uhr.

Bei einem festgelegten Arbeitsbeginn um 07:45 Uhr ergibt sich somit eine entsprechende Wartezeit bis zum planmäßigen Arbeitsbeginn von 12 Minuten (07:33 Uhr bis 07:45 Uhr).             

III) Beweiswürdigung

Der dargestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem mit dem Vorlagebericht elektronisch übermittelten Akt des abgabenbehördlichen Verfahrens.

Hinsichtlich der (regelmäßigen bzw. fixen) Dienstzeiten der Bf. an ihrem Arbeitsplatz bestehen weder seitens der belangten Behörde noch seitens des Bundesfinanzgerichtes Zweifel. Die Bf. legte ihre (gleichbleibenden) Arbeitszeiten gegenüber der Abgabenbehörde dezidiert dar.

Das Finanzamt führte neben den genannten Routenplaner-Abfragen für die Ermittlung der Autofahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte der Bf. am  eine Pendlerrechnerabfrage für den durch, aus welcher sich unter Inanspruchnahme der bezeichneten öffentlichen Verkehrsmittel die oben genannte Streckenführung und eine dabei zurückzulegende Wegstrecke (Geh- und Fahrtkilometer) von (gerundet) 36 km sowie eine dafür aufzuwendende reine Wegzeit (Gehzeiten zu den Massenverkehrsmitteln; Fahrtzeiten der öffentlichen Verkehrsmittel laut Fahrplänen, sowie Wartezeiten beim Umstieg) von 73 Minuten, bzw. eine vom Verlassen der Wohnung bis zum Arbeitsbeginn insgesamt zu veranschlagende Zeitspanne von 85 Minuten (73 + 12 Minuten Wartezeit) ergibt.

Auch wenn das Ergebnis einer Pendlerrechnerabfrage hinsichtlich der Zumutbarkeits-Beurteilung der Verwendung von Massenbeförderungsmitteln für die Zurücklegung der (20 km übersteigenden) Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte eines Pendlers, wie unter Pkt. IV. noch darzulegen sein wird, für das Kalenderjahr 2013 noch keine Rechtsverbindlichkeit entfalten kann, so kann dennoch anderen, in den Ergebnissen der Abfrage (über die Zumutbarkeit hinaus) getroffenen Aussagen, wie etwa über die für die Bewältigung des Arbeitsweges zur Verfügung stehenden Verkehrswege bzw. dafür zur Verfügung stehende Fortbewegungs- bzw. Verkehrsmittel, die dabei zurückgelegten Entfernungen und die dabei für die Zurücklegung der einzelnen Teilstrecken bzw. für die Gesamtstrecke aufzuwendende Zeitspanne(n), im Sinne einer sich aus § 166 BAO ergebenden Unbeschränktheit aller vorhandenen Beweismittel für den entscheidungsmaßgeblichen Sachverhalt, insofern eine entsprechende Indizwirkung zu, als bereits in den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage zu der ab 2013 neu geregelten Bestimmung des § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 (vgl. 2113 BlgNR XXIV. GP, 2 und 4) diesbezüglich auf einen "Entfernungsrechner auf der Internetseite des BMF" hingewiesen wird (vgl. zur Beweiskraftwirkung von Pendlerrechner-Angaben vor 2014 etwa ; ; und ).

Dass die vom Finanzamt für einen Wochentag des Kalenderjahres 2015 im Wege der Pendlerrechnerabfrage vom mit einer entsprechenden, sich aus den zum Abfragedatum geltenden Fahrplänen der Massenbeförderungsmittel ergebenden zeitmäßigen Unterlegung (Geh-, Fahrt-, Umsteige- und Wartezeiten) verbundene, Streckenführung (dabei verwendete öffentliche Verkehrsmittel: ÖBB/Post-Regionalbus; 2 Regionalzüge der ÖBB, sowie 2 innerstädtische Buslinien) auch (bereits) für den hier zu beurteilenden Beschwerdesachverhalt (Veranlagungsjahr 2013) entsprechende Beweiskraft entfaltet bzw. die ermittelten Daten als taugliche Entscheidungsgrundlagen herangezogen werden können, ergibt sich auf Grund folgender Überlegungen:

Zum Einen handelt es sich bei den vom Pendlerrechner ermittelten Massenbeförderungsmitteln (ÖBB/Post-Bus und ÖBB-Züge mit den genannten Linienbezeichnungen) um bereits seit vielen Jahren auf typischen Pendlerstrecken in den Zentralraum eingesetzte Regionalverkehrsmittel, deren Einrichtung bzw. deren (festgelegte) Fahrzeiten v. a. eine möglichst rasche und effiziente Anbindung der Arbeitnehmer aus ihren Wohnorten an die jeweiligen, oftmals in innerstädtischen Bereichen gelegenen Arbeitsorte gewährleisten soll. Dass eine derartige Zielsetzung nur durch eine entsprechende verkehrsmittelübergreifende Planung bzw. mit einer weitgehend aufeinander abgestimmten, sich über mehrere Fahrplanperioden erstreckende zeitliche Kontinuität erreicht werden kann, kann daher angenommen werden. Zum Anderen ist v. a. für die hier berührten innerstädtischen Bereiche davon auszugehen, dass die dort eingesetzten öffentlichen Verkehrsmittel insbesondere zu den täglichen Verkehrsspitzenzeiten eine dem Aufkommen entsprechend hohe Frequenzdichte (so liegen diese aktuell bei den genannten Bus-Verbindungen zwischen 7 und 10 Minuten) aufweisen werden. Die genannten Überlegungen lassen es daher wahrscheinlich erscheinen, dass bereits im Beschwerdezeitraum für den Arbeitsweg der Bf. eine den Ergebnissen des Pendlerrechners 2015 festgestellte Situation im Hinblick auf die Verfügbarkeit und die Fahrtzeiten der öffentlichen Verkehrsmittel vorgelegen ist. Berücksichtigt man zudem, dass auch die Bf. zu der ihr zuletzt durch die Abgabenbehörde zur Kenntnis gebrachten (kürzest möglichen) Streckenführung unter Verwendung von Massenbeförderungsmitteln und der dabei aufzuwendenden reinen Wegzeit keinerlei Einwendungen erhoben bzw. hinsichtlich der sich daraus ergebenden Wartezeit am Arbeitsplatz (bis zum tatsächlichen Arbeitsbeginn) kein gegenteiliges Vorbringen (mehr) erstattet hat, so kann mit einer hohen, letztlich überragenden Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass der Bf. bereits im verfahrensgegenständlichen Veranlagungsjahr für die Zurücklegung des (kürzesten) Arbeitsweges die in der Pendlerrechenabfrage genannten öffentlichen Beförderungsmittel zur Verfügung standen und ihr, unter durchschnittlichen Verkehrsverhältnissen, eine Bewältigung des beschriebenen Arbeitsweges innerhalb von 73 Minuten (Zeitspanne ab Verlassen der Wohnung bis zum Eintreffen bei der Arbeitsstätte) bzw. eine Zeit vom Verlassen der Wohnung bis zum Arbeitsbeginn von 85 Minuten möglich gewesen ist.                                                

IV) Rechtslage

1) Gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 in der für den beschwerdegegenständlichen Zeitraum 2013 geltenden Fassung laut BGBl I 53/2013 sind Werbungskosten unter anderem auch

"Ausgaben des Steuerpflichtigen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Für die Berücksichtigung dieser Aufwendungen gilt:


a) Diese Ausgaben sind durch den Verkehrsabsetzbetrag (§ 33 Abs. 5 Z 1) abgegolten. Nach Maßgabe der lit. b bis j steht zusätzlich ein Pendlerpauschale sowie nach Maßgabe des § 33 Abs. 5 Z 4 ein Pendlereuro zu. Mit dem Verkehrsabsetzbetrag, dem Pendlerpauschale und dem Pendlereuro sind alle Ausgaben für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte abgegolten.
….

c) Beträgt die Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mindestens 20 km und ist die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zumutbar, beträgt das Pendlerpauschale:


Bei mindestens 20 km bis 40 km 696 Euro jährlich,
bei mehr als 40 km bis 60 km 1 356 Euro jährlich,
bei mehr als 60 km 2 016 Euro jährlich.

     
d) Ist dem Arbeitnehmer die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zumindest hinsichtlich der halben Entfernung nicht zumutbar, beträgt das Pendlerpauschale abweichend von lit. c:


Bei mindestens 2 km bis 20 km 372 Euro jährlich,
bei mehr als 20 km bis 40 km 1 476 Euro jährlich,
bei mehr als 40 km bis 60 km 2 568 Euro jährlich,
bei mehr als 60 km 3 672 Euro jährlich.


e) Voraussetzung für die Berücksichtigung eines Pendlerpauschales gemäß lit. c oder d ist, dass der Arbeitnehmer an mindestens elf Tagen im Kalendermonat von der Wohnung zur Arbeitsstätte fährt.
….

j) Der Bundesminister für Finanzen wird ermächtigt, Kriterien zur Festlegung der Entfernung und der Zumutbarkeit der Benützung eines Massenverkehrsmittels mit Verordnung festzulegen."

2) § 5 Abs. 1 der  dazu ergangenen Pendlerverordnung, BGBl II 276/2013, zuletzt geändert durch BGBl I Nr. 156/2013, lautet folgendermaßen:


"(1) Diese Verordnung ist vorbehaltlich des Abs. 2 anzuwenden, wenn


1. die Einkommensteuer veranlagt wird, erstmalig bei der Veranlagung für das Kalenderjahr 2014,


2. die Einkommensteuer (Lohnsteuer) durch Abzug eingehoben oder durch Veranlagung festgesetzt wird, für Lohnzahlungszeiträume, die nach dem enden."

3) Gemäß § 33 Abs. 5 Z 4 EStG 1988 in der für den beschwerdegegenständlichen Fall geltenden Fassung steht bei Einkünften aus einem bestehenden Dienstverhältnis ein Pendlereuro in Höhe von jährlich zwei Euro pro Kilometer der einfachen Fahrstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu, wenn der Arbeitnehmer Anspruch auf das Pendlerpauschale gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 hat. Für die Berücksichtigung des Pendlereuros gelten die Bestimmungen des § 16 Abs. 1 Z 6 lit. b und lit. e bis j entsprechend.

(Anmerkung: Fettdruck jeweils durch das BFG). 

V) Erwägungen

1. Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren war strittig, ob der Bf. im Jahr 2013 für die Zurücklegung ihres Weges zwischen Wohnung und Arbeitsstätte die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zumutbar war.

Die Beantwortung dieser Frage war maßgeblich für die Beurteilung, ob ihr im gegenständlichen Veranlagungsjahr das sog. "große Pendlerpauschale" gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 li. d EStG 1988 oder lediglich das (bereits beim Lohnsteuerabzug berücksichtigte) "kleine Pendlerpauschale" (§ 16 Abs. 1 Z 6 lit. c leg. cit.) zustand.

Fest steht, dass die Bf. den bei Verwendung öffentlicher Verkehrsmittel 36 km ausmachenden Weg zwischen ihrer Wohnung und der 25 km entfernt gelegenen Arbeitsstätte im streitgegenständlichen Jahr 2013 an mindestens elf Tagen in den einzelnen Monaten des beschwerdegegenständlichen Kalenderjahres zurückgelegt hat.

2. Zur Anwendbarkeit der Pendlerverordnung:

Wie sich aus der oben zitierten Bestimmung des § 5 der Pendlerverordnung ergibt, sind die Bestimmungen der Pendlerverordnung und insbesondere die darin getroffenen Aussagen hinsichtlich der (neuen) Zumutbarkeit bzw. Unzumutbarkeit der Verwendung von Massenbeförderungsmitteln für den zurückzulegenden Arbeitsweg, und damit auch die (vorgesehene) Ermittlung dieser Zumutbarkeit durch den dafür eingerichteten Pendlerrechners erst ab dem Jahr 2014 anwendbar.


Die Pendlerverordnung kann demnach für die Gewährung des Pendlerpauschales im Jahr 2013 grundsätzlich noch keine bindende Rechtsgrundlage darstellen.
Wie oben unter dem Punkt "Beweiswürdigung" ausgeführt, war den (darüber hinaus angestellten) Berechnungen des Pendlerrechners hinsichtlich der Ermittlung einzelner, jeweils auch nach der alten Rechtslage maßgeblicher Wegstrecken zwischen Wohnung und Arbeitsstätte sehr wohl aber im Rahmen der Beweiswürdigung bereits eine entsprechende Indizwirkung zuzubilligen.

Mangels Anwendbarkeit der Pendlerverordnung für das Jahr 2013 waren die Voraussetzungen gemäß den Bestimmungen des § 16 Abs. 1 Z 6 lit. c EStG 1988 in der für 2013 geltenden Fassung zu prüfen.

3. Gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 lit. d EStG 1988 ist die Zuerkennung des großen Pendlerpauschales dann möglich, wenn "dem Arbeitnehmer die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zumindest hinsichtlich der halben Entfernung nicht zumutbar" ist.

Was unter dem Begriff "Zumutbarkeit" zu verstehen ist, ist dem Gesetz selbst nicht zu entnehmen. Zur somit gebotenen Auslegung dieses unbestimmten Gesetzesbegriffes gibt es aber bereits eine umfangreiche Judikatur des Unabhängigen Finanzsenates (UFS), des BFG, sowie des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH), zu den diesbezüglich gleichlautenden Vorgängerbestimmungen.

So haben der UFS und auch das BFG in ihren Entscheidungen regelmäßig darauf hingewiesen, dass bei Überschreiten der Wegzeit von 90 Minuten für die einfache Wegstrecke mit dem Massenbeförderungsmittel dessen Benützung dann zumutbar ist, wenn die Wegzeit für die einfache Wegstrecke mit dem Massenbeförderungsmittel höchstens dreimal so lang dauert wie die Fahrzeit mit dem Kfz (vgl. etwa ; -F/12; ; -F/11; -K/12).

Vor allem hat aber der VwGH eine hier letztlich wesentliche Aussage zum Kriterium der "Zumutbarkeit" insofern getroffen, als er im Zusammenhang mit der im Wesentlichen gleichlautenden Vorgängerbestimmung des § 16 Abs. 1 Z 6 lit. c EStG 1988 idF BGBl I 2004/57 (StReformG 2005)auf entsprechende Aussagen in den Gesetzesmaterialien hingewiesen hat (siehe etwa ).

Hinsichtlich des unbestimmten Gesetzesbegriffes der "Unzumutbarkeit" ist den Gesetzesmaterialien zu § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 Folgendes zu entnehmen (621 BlgNR XVII. GP, 75): "Unzumutbar sind im Vergleich zu einem Kfz jedenfalls mehr als dreimal so lange Fahrzeiten (unter Einschluss von Wartezeiten während der Fahrt bzw. bis zum Arbeitsbeginn) mit den Massenbeförderungsmitteln als mit dem eigenen Kfz; im Nahbereich von 25 km ist die Benützung des Massenbeförderungsmittels entsprechend den Erfahrungswerten über die durchschnittliche Fahrdauer aber auch dann zumutbar, wenn die Gesamtfahrzeit für die einfache Fahrtstrecke nicht mehr als 90 Minuten beträgt. Kann auf mehr als der halben Strecke ein Massenbeförderungsmittel benützt werden, dann ist die für die Zumutbarkeit maßgebliche Fahrtdauer aus der Gesamtfahrzeit (Kfz und Massenbeförderungsmittel) zu errechnen."

Die "Wegzeit" umfasst die Zeit vom Verlassen der Wohnung bis zum Arbeitsbeginn oder vom Verlassen der Arbeitsstätte bis zur Ankunft in der Wohnung, also Gehzeit oder Anfahrtszeit zur Haltestelle des öffentlichen Verkehrsmittels, Fahrzeit mit dem öffentlichen Verkehrsmittel, Wartezeiten usw.. Stehen verschiedene gleichermaßen geeignete Verkehrsmittel zur Verfügung, ist bei Ermittlung der Wegzeit immer von der Benützung des schnellsten öffentlichen Verkehrsmittels auszugehen. Darüber hinaus ist eine optimale Kombination zwischen Massenbeförderungs- und Individualverkehrsmittel zu unterstellen. Dies gilt auch dann, wenn dadurch die Fahrtstrecke länger wird (vgl. wiederum , mwN).

4. Im gegenständlichen Fall betrug die Wegzeit für die Zurücklegung der einfachen Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte
- mit dem öffentlichen Verkehrsmittel 85 Minuten
- mit dem Kfz rund 21 Minuten.

Im Nahbereich von 25 km (Entfernung Wohnung - Arbeitsstätte) ist die Benützung eines Massenbeförderungsmittels auch dann zumutbar, wenn die Gesamtfahrzeit für die einfache Strecke nicht mehr als 90 Minuten beträgt.

Im gegenständlichen Fall liegt die Wegzeit mit den öffentlichen Verkehrsmitteln bei 85 Minuten. Eine Zumutbarkeit der Verwendung öffentlicher Verkehrsmittel für die Zurücklegung des Arbeitsweges ist daher gegeben.  

5. Ist die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zumutbar, bemisst sich die für das Pendlerpauschale maßgebliche Entfernung nach den Streckenkilometern des Massenbeförderungsmittels samt allfälliger Straßenkilometer und Gehwege (vgl. etwa Schubert in Wiesner/Grabner/Wanke, EStG § 16 Anm. 85).

Diese Definition entspricht grundsätzlich jener, die sich für die Bemessung der "Weg- bzw. Fahrtstrecke" nach der Judikatur zu § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 in der bis BGBl I 53/2013 geltenden Fassung herauskristallisiert hat, dies auch bereits unter Beachtung der geographisch-objektivierbaren Parameter, wie sie in der Folge durch den sog. Pendlerrechner auf Basis der Pendlerverordnung zum Ausdruck gebracht wurden (siehe dazu auch ).

Die für die Bemessung des Pendlereuros heranzuziehende Fahrstrecke ist jene, die auch für das Pendlerpauschale maßgeblich ist (Schubert aaO, § 33 Anm. 129c). 

Aus den vom Finanzamt übermittelten Ausdrucken aus dem Pendlerrechner geht hervor, dass die an den Wochentagen bestimmende Fahrtstrecke gerundet 36 km betrug. Daraus ergibt sich auch die Berechnung des Pendlereuros für das Jahr 2013 mit € 72,00.

Ergebnis:

a) Aufgrund obiger Erwägungen war gemäß  § 16 Abs. 1 Z 6 lit. c EStG 1988 in der für das beschwerdegegenständliche Jahr 2013 geltenden Fassung ein "kleines" Pendlerpauschale in Höhe von 696,00 € (Entfernung Wohnung - Arbeitsstätte zwischen 20 km bis 40 km, Zumutbarkeit der Benützung eines Massenbeförderungsmittels) zu gewähren.
Da dieses bereits im angefochtenen Bescheid berücksichtigt worden war, war das entsprechende Beschwerdebegehren als unbegründet abzuweisen.

b) Der Pendlereuro war jedoch im angefochtenen Bescheid vom lediglich mit 53,84 € (das entspricht einer Wegstrecke von 26,92 km) in Ansatz gebracht worden.
Bei der nunmehr als erwiesen anzusehenden einfachen Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte von 36 km im Jahr 2013 und dem gesetzlich gebotenen Ansatz von zwei Euro/km beträgt der diesbezüglich der Bf. zustehende Absetzbetrag nach der zitierten Bestimmung jedoch € 72,00 € (2 x 36 km), sodass daher d er angefochtene Bescheid im Rahmen der sich aus § 279 Abs. 1 BAO für das BFG ergebenden Abänderungsbefugnis (vgl. etwa Ritz, BAO6, § 279 TZ 17) entsprechend abzuändern war.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Fall war die Frage der Zumutbarkeit der Benützung eines öffentlichen Massenbeförderungsmittels zur Zurücklegung der Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte strittig. Diese Frage war im Rahmen der Beweiswürdigung bezogen auf den im Einzelfall konkret vorliegenden Sachverhalt zu lösen. Es lag sohin keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Schlagworte
Zumutbarkeit-Massenbeförderungsmittel
Wegzeit
Fahrstrecke
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.5101081.2015

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at